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(Aus dem Hygiene-Institut der Waffen-~ zu Berlin. ~ Leiter: ~-Standart~nffihrer Dozent Dr. Dr. Mrugowsk~.) Uber die Schutzwirkung versehiedener Fleckfieberimpfstoffe beim Menschen und den Fleckfieberverlauf nach Schutzimpfung. Von Dr. Emvin Ding~ l~-Sturmbannfiihrer. Mit 2 Textabbfldungen. Im Verlauf der 3 Winter 1940--1943 konnben in gro•em Rahmen Gruppenerkrankungen an Fleckfieber bei m~nnlichen Personen beob- achtet werden. Unter den Erkrankten befanden sich ~rzte, Pflege- personal, Soldaten und ZivilangehSrige. Der Einsatz der Schutzgeimpften fand mit deren Einverst~dnis in Gebieten und bei T~tigkeiten start, in denen die Beriihrung mit dem Fleckfieber und den dies fibertragenden L~usen besonders eng war und mit groBer Wahrscheinlichkeit zur Er- h'ankung ffihrte. Bei der Bearbeitung des Materials wurden die Erkrankten nach Geimp]ten der qinzelnen Impfstoffe und Ungeimp]ten in Gruppen zu- sammengefa•t. Es wurden dabei nur solehe Personen ausgew~hlt, bei denen sich der In]ektionstageindeutig bestimmen liell Die Personenzah/ war etwa gleichgrofl, so da~ Vergleiche der einzelnen Gruppen m6glieh wurden. Als ,,Normallleck/ieber" (Vergleichsgruppen I und II) wurden diejenigen Erkrankungen angesehen, die am gleichen Ort, zu gleicher. Zeit "und unter s weitgehend gleichen Bedingungen bei Un- geimptten auftraten. Bemerkenswcrt ist, dal~ im klinisehen Verlauf die beiden 6rtlich rind zeitlich getrenntcn Vergleichsgruppen-Erkran- kungen teilweise erhebliehe Unterschiede aufwiesen, eine Erscheinung, auf die unter anderem schon yon Mrugowsky 1 mi~ grol]em Nachdruck hingewiesen, wurde. Die durchsehnittliche Alterszugeh6rigkeit allcr bcobachteten Personen geht aus Tabelle 1 hervor. Tabelle 1. AltcrszugehOrigkeit im Durchschnitt. Impfstoffgruppc Vergl. Gruppe IA IB Jahre 35,6 32,9 I C schwach I C stark IIh II B I [ II 32,6 32,9 31,3 32,6 31,7 ] 30,1 Die beobachteten Personen, die sich in einem ])urchschnittsaltcr von 33,2 Jahren in Gruppe I und yon 31,2 Jahren in Gruppe II befanden,

Über die Schutzwirkung verschiedener Fleckfieberimpfstoffe beim Menschen und den Fleckfieberverlauf nach Schutzimpfung

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Page 1: Über die Schutzwirkung verschiedener Fleckfieberimpfstoffe beim Menschen und den Fleckfieberverlauf nach Schutzimpfung

(Aus dem Hygiene-Institut der Waffen-~ zu Berlin. ~ Leiter: ~-Standart~nffihrer Dozent Dr. Dr. Mrugowsk~.)

Uber die Schutzwirkung versehiedener Fleckfieberimpfstoffe beim Menschen und den Fleckfieberverlauf nach Schutzimpfung.

Von

Dr. Emvin Ding~ l~-Sturmbannfiihrer.

Mit 2 Textabbfldungen.

Im Verlauf der 3 Winter 1940--1943 konnben in gro•em Rahmen Gruppenerkrankungen an Fleckfieber bei m~nnlichen Personen beob- achtet werden. Unter den Erkrankten befanden sich ~rzte, Pflege- personal, Soldaten und ZivilangehSrige. Der Einsatz der Schutzgeimpften fand mit deren Einverst~dnis in Gebieten und bei T~tigkeiten start, in denen die Beriihrung mit dem Fleckfieber und den dies fibertragenden L~usen besonders eng war und mit groBer Wahrscheinlichkeit zur Er- h'ankung ffihrte.

Bei der Bearbeitung des Materials wurden die Erkrankten nach Geimp]ten der qinzelnen Impfstoffe und Ungeimp]ten in Gruppen zu- sammengefa•t. Es wurden dabei nur solehe Personen ausgew~hlt, bei denen sich der In]ektionstageindeutig bestimmen liell Die Personenzah/ war etwa gleichgrofl, so da~ Vergleiche der einzelnen Gruppen m6glieh wurden. Als ,,Normallleck/ieber" (Vergleichsgruppen I und II) wurden diejenigen Erkrankungen angesehen, die am gleichen Ort, zu gleicher. Zeit "und unter s weitgehend gleichen Bedingungen bei Un- geimptten auftraten. Bemerkenswcrt ist, dal~ im klinisehen Verlauf die beiden 6rtlich rind zeitlich getrenntcn Vergleichsgruppen-Erkran- kungen teilweise erhebliehe Unterschiede aufwiesen, eine Erscheinung, auf die unter anderem schon yon Mrugowsky 1 mi~ grol]em Nachdruck hingewiesen, wurde.

Die durchsehnittliche Alterszugeh6rigkeit allcr bcobachteten Personen geht aus Tabelle 1 hervor.

Tabelle 1. AltcrszugehOrigkeit im Durchschnitt.

Impfstoffgruppc Vergl. Gruppe

I A I B

Jahre 35,6 32,9

I C schwach I C stark I I h I I B I [ I I

32,6 32,9 31,3 32,6 31,7 ] 30,1

Die beobachteten Personen, die sich in einem ])urchschnittsaltcr von 33,2 Jahren in Gruppe I und yon 31,2 Jahren in Gruppe I I befanden,

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Schutzwirkung versehiedener Fleckfieberimpfstoffe. 671

k a m e n 6 - - 8 Wochen nach de r l e t z t en Schutzimp[unff zum Einsa tz . Vor- he r war b e i i h n e n j ede Berf ihrung mi t T y p h u s e xa n the mic us ausgeschlossen. Sic be fanden sich in ausgezeichnetem Erndhrungs. u n d K,r~i#ezustand u n d waren ffei ,con i n t e r k u r r e n t e n E r k r a n k u n g e n .

Art und Vertr~iyllchkeit der verwendeten Imp]sto/[e.

i n n e r h a l b de r oben e rw~hnten zwei G r u p p e n e r k r a n k u n g e n an F leck- f ieber wurden yon Uns zur a~iven Schutzimp]unff be im Menschen eine Anzah l ve r sch iedener Impfs to f fe beni i tz t , d ie aus abgd6teten R i c k e t t s i a prowazcki- und R icke t t s i a mooseri-S~i~mmen hergestel l~ worden sind. Auf eine e ingehende Dars te l lung der H e r s t e l l u n g s m e t h o d e n k a n n auf G r u n d dgs verSf fen t l ich ten Schr i f t tums ve rz ieh te t werden .

Imp#toll I A wurde aus L4used~rmen mit RicKettsia prowazeki-Stammen hergestellb nach dem Veffahren von Welgl in der Abttnderung yon Eyer 2. Er 'kam bei der/mpfung in Starken yon 17, 33 und 50 L~tused~rmen in 1 ccm zurAnwendung.

Imp#to// I B, hergestellt yon Gildemeister und Haafferb a vom Rober~ Koch. Institut, Berlin, in Anlehnung an die Verfahren yon Cox und Otto-Wohlrab. Bei diesem Impfstoff kamen reine l~ickettsia prowazeki-St~mme des europ~ischen Ostraumes zur Verwendung, wobei aus dem Dottersack des Hi~hnereies eine Impf. sboffmenge yon 25 ccm pro Ei gewonnen wurde.

Imp#toil I C ,,schwach", hergestellb yon den Behring.Werken Marburg (I~hn), unter Anlehnung an da~s Verfahren yon Otto und Wohlrab a. Bei der Ziichtung auf bebriiteten Hi~hnereidotters~icken wurden St~mme y o n Riqke~tsia mooseri und prowazeki gemischt. Ein Ei wurde zu 450 ccm Impfstoff aufbereitet. Dieser Impf- stoff wird nicht mehr hergesteUt.

Imp#toll I C ,,stark" wurde naeh dem gleiehen Verfahren wie ,,I C schwach" gewonnen, aber nut auf 250 ecru aufgesehwemmt. Dieser Impfst0ff ist also fast doppelt so reich an Rickettsien wie der Impfstoff ,,I C schwaeh". (Nicht mehr hergestellt.)

Imp/sto// I I A wurde entwickelt und hergestell~ yon Giroud ~ im Inst i tut Pasteur, Paris, aus Kaniuchenluug~n mit Rickettsia prowazeki-Stammen aus dem europ/~isehen Ostraum und Nordafrika *. Aus einer Kaninehenlunge im Gewieht yon 35--50 g wurde etwa 1 Liter Fleckfieberimpfstoff gewonnen.

Imp#toil I I B wurde hergestellt in Rum~inien nach den Angaben yon Com. biescu, Zotta, Manile*eu, Pop und Tazcau ~. )As Trager der Rickcttsien wurden bei diesem Impfstoff Hundelungen benutzt .

Vertrdglichkeit der Imp[stoHe.

Die Vertr@lichkeit dc r Impfs to f f e war im ganzen g u t und g ing n ich t i ibcr das h inaus , was be i d e r I m p f u n g mi t Typhus impfs to f f en b i she r b e k a n n t geworden i s t . Die r e l a t i v s t~ rks ten Ersche inungen ve ru r sach te de r I m p f s t o f f naeh dem Ver fahren yon Weigl (Abb. 1).

Es kam, besonders nach de r zwei ten In j ek t ion , zu 5r t l ichcn RS- tungen, Schwel lungen u n d ger ingf i igigen In f i l t r a t ionen , m i t u n t e r auch zu e inem T e m p e r a t u r a n s t i e g bis auf 37,80 C. Diese Ersche inungen ver- schwanden bis auf die In f i l t r a t ionen , die mehre re Tage sp i i rba r bl iehen,

* PersSnliche Mitteflung yon Prof. Giroud (Stature ,,Tunis-Razta" und ,,War- schau 13").

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672 Erwin DinE:

bereits naeh etwa 8--10 Stunden. :Die bestg Vertr~glichkeit wurde bei den Lungenimp/stoHen beobaehtet, bei denen etwa Dreiviertel der Schutzgeimpften ohne Erseheinungen blieben. Be~ dem Rest wurden wieder 5rtliehe RStungen, leiehte Schwellungen und geringfiigige Tempe- raturerhShungen beobaehtet. Bei den Impfstoffen I B, I C ,,schwaeh" u n d I C ,,stark" blieb etwa die I-~s ohne jede Veri~nderung des All- gemeinbefindens und ohfie 5rtliehe Erscheinul)gen. Die iibrigen 50% hatten auBer RStungen, Sehwellungen und leichten TemperaturerhS- hungen auf 37,6~ in ganz verefilzelten F~llen Kol0fschmerzen, Er- brechen und Bindehautentzii~dungen sowie Ieichte Durchfs Tn keinem FaUe kam-es zu einer Beeintrdchtigung der Arbeits/gihiglceit.

.Irnpfx/o ff v erlr#~'lichke/f Zmpt~loCI,A ~ Zmpt~/olfI.B" I,,Cxchw~b" ~,Cslapk " ZmpMo~,,A~Zm, wfslo~Z,,B "

~'g3 13J

Ge~a,'~Iza~/dew Geimpf/en

(7,Z, a = I. ,2 and Y ~nzelimpfung)

Abb. 1.

I Z , f l Z 3 1 ~ 3 1 Z $

Es war in allen beobachteten F~llen eine vollst~ndlg'e Sehutzimpfung in drei Zeiten durehgefithrt worden. Wiederholt Geimpfte wurden zu den Vergleichen nicht herangezogen.

Klinischer Verlau] des Fleck/iebers bei Ungelmplten und Schutzgeimp/ten. ])as klinische Bild des Fleekfiebers in den beiden Gruppenerkran-

kungen wurde yon uns bei Geimp/ten und Nichtschutzyeimp/ten genauestens beobachtet. Die Inkubation~zeit wird bei Fleckfieber yon Jis v mit 11--14 Tagen angegeben. Sehittenhelm s konnte bei eigener Fleckfieber- crkrankung in sicherer Kenntnis des Infcktionstages sine Zeit yon 13 Tagen bis zum Ausbrueh der Erkrankung erreebnen.

Naeh unscren Beobachtungen kamen jedoeh aueh wesentlich kiirzere Inkubationszeiten zur Kenntnis der behandelnden ~,rzte. Anl~131ich eines Laboratoriumszwischenfalls erkrankten 3 Personen an Fleckfieber dutch den im Meerschweinchenversuch als i~ul3erst virulent bekannten Stature ,,Matelska" * (Rickettsia prowazeki-Stamm aus dem RobertKoch-

�9 Pers6nliche Mitteilung yon Herr n Pr~isident Professor Gildemeister.

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Sehutzwirkung verschiedener Fleekfieberimpfstoffe. 673

I n s t i t u t Berlin). Alle 3 K_ranken waren nicht schutzgelmp# u n d sicher lduse/rei. Die 4. Person, deren Krankengesch ich te gekiirzt (s. un t en ) wiedergegeben 'werden soil, infizierte sich mi t e iner Lanzet te , die **lit e inem Ricket ts ia prowazeki-Stan~m auf Hi ihne re iku l tu r beschickt war. Bei diesem K r a n k e n war ein Vier te l jahr vorher eine Schutz impfung mi t Weigl-Impfstoff aus dem Fleckf icber -Forschungs ins t i tu t des OK/-[: in K r a k a u vo rgenommen worden.

1. H. A., 41 Jahre alt. Vor 48 Stunden Infektion mit Fleckfiebervirus. Sofo~t Aufnahme in das Seuchen|azarett. Prot. OX 19-Agglutination negativ.

Be/und. Guter Ernahrungs- und Kraftezustand. Haut und siehtbare Schleim. hi~ute miiBig durehblutet. Temp. ~7,7 ~ C. Puls 132, Bindehautentziindung, Licht- seheue, gedunsenes Gesicht, Milz nicht tastbar. Blutdruek nach RR 120/80.

Verlau/. Am 9. Tag nach der Infektion AufsehieSen des Exanthems, das am 12. Tage hi~molThagisch wurde. Ausdehnung jetzt aueh auf Handfl~tehen. Am 21. Tage Verschwinden des Exanthems. Prof. OX 19-Agglutination am 12. Tage 1 : 400 + , am 19. Tage 1 : 12 800 -5. Blutdruck seit dem 10. Tage abgesunken auf 85/50. Blutbild: Leukocytose, in der 2. Woche auf Werte um 20000. Am 4. Tage Ansteigcn der Stabkernigen auf 12%. 19. Tag Entfieberung. Puls l l0 ; wahrend des Fiebers tagelang delirante Zustande mit starker motoriseher Unruhe. l%ekonvaleszenz ohne Besonderheiten. - - Diagnose. Fleckfieber.

2. L.A., 29 Jahre alt. H~ufig rezidivierendes Gallensteinleiden. Als Kind Raehitis. Vet 10 Jahren Lungenentzfindung. - - Vet 3 Tagen Infektion mit l?]eek- fiebervirus. Prot. OX 19 Agglutination negativ.

Be/und. Guter Ernithrungs- und Kritftezustand. Temperatur 38,8; Puls 104. BIutdruek naeh RR 140/100. Starkste Liehtscheu, Bindehautentzfindung, ste- ehender Kop[schmerz, besonders in den AugenhShlen naeh dem Hinterkopf ziehend. Abgeschlagenheitsgeffihl, Drucksehmerzhaftigkeit der Wade, angedeutete Nacken- steifigkeit.

Verlau/. Am 7. Tage AufschieBen elnes kleinfleckigen, hellroten peteehialen Exanthems an Obersehenkeln und Stamm. An den H~nden vereinzelte kleine blal~rote Fleckchen. Blutdruck abgesunken alif 95/55, systolisches GerKusch fiber der Herzspitze. Patient inacht schwerkrapken Eindruek. Bei st~rkster motoriseher Unruhe der H~nde (Geldzs besonders gegen Abend Tobsuchtsanfs Fieber steigt auf 40% Am 16. Tage kritisehes Abfiebern auf 35,9 ~ C. Gcgen 20 la Uhr Eintritt des Todes. Blutdruek seit 8. Tag gesunken auf 95/55. An~ 16. Tag 80/50. Pulszahlen anfangs erh6ht bis auf 110, seit 14. Tag starke Bradykardie mit Puls- zahlen um 60. Blutbild in der 1. Woche leichte Leukoeytose yon 7 auf 81000, An- steigen der Stabkernigen, seit 5. Krankheitstag auf 20%. 11. Tag Prot. OX 19- Agglutination 1:200. - - Diagnose: Herzkreislauftod bei Fleekfieber.

3. P.A., 27 Jahre alt. Nie ernstlieh krank gewesen. Vet 48 Stunden Infektion mit Fleeldiebervirus. Prot. OX 19 Agglutination negativ.

l~e]und. Gegen Abend starke Kopfschmerzen, Zunge belegt, Gesicht gedunsen (Rotweintrinkergesieht), starke Drueksehmerzhaftigkeit der Waden, Kniesehnen- und Patellarsehnenreflexe besonders lebhaft. Temp. 38,2~ Puls 98. Milz tastbar.

Verlau/. Naeh der Temperaturerh(ihung am 2. Tage, gegen Morgen dos 3. Tages, normale Temperatur yon 36,8~ im Laufe des Nachmittags steiles Ansteigen auf 40,60 und Kontinua bis zum 16. Tag. Am 17. Tag kritisehe Entfieberung, an- sehliel~end normale Temperaturen. Am 8. Tage naeh der Infektion Aufschiel3en von blauroten Roseolen an Obemchenkeln und Baucb, vereinzelt aueh am Stamm. Am 10. Tage werden die Roseolen h~morrhagiseh. Haut zwischen den einzelnen Roseolen ger6tet. Ab 20. Tag Versehwinden des Exanthems. ~tarke Beteiligung dos Zentralnervensystems, Benommenheit, Schwerh6rigkeit, Doppelsehen'. Ver-

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674 Erwin Ding:

schwindet erst am 10. Tage nach der Entfieberung. Eine leichte SchwerhSrigkeit ist noeh ein Vierteljahr nach der Entfieberung nachzuweisen. Am lI. Tage Prot. OX 19-Agglutination 1 : 400 -F, am 18.1:600, 14 Tage nach Entfieberung noeh 1 : 6800. Blutdruck abgesunken seit 6. Tag.e auf Werte um 80/60, steigt seit Ent- fieberung auf 100/70 und erreieht 3 ~rochen naeh der Entfieberung Werte um 120/90. Anfangliehe Pulserh6hung auf 110; Puls ist seit Entfieberung auf normale Werte um 70--80 Schl~ge in der Minute zurfickgegangen. Hartn~ckiger Blasen- katarrh wahrend der Genesung. - - Diagnose. Fleckfieber.

4. E.D., Dr. reed., 30 Jahre alt. Frfiher keine ernstlichen Erkrankungem Am 3. Tage nach derInfektion mit Fleekfiebervirus gegen Abend Abgesehlagenheits- geffihl, leichter Kopfschmerz, hesonders fiber den Augen. Temperatur 38,2; am 4. Tag fast beschwerdefrei. 5. Tag Temperaturanstieg auf 38,9, st~rkste Kopf- schmerzen, besonders hinter den Augen, Bindehautentziindung und Lichtseheue, gedunsene Lider, Waden und Oberschenkel drucksehmerzhaft, ebenso Schulter. gfirtelmuskulatur. Haut am Stamm besonders bertihrungsempfindlich. Ganz vereinzelt Roseolen in beiden Flanken. Gegen Abend Einlieferung ins Lazarett.

Verlau]. Mittelsehweres Fleckfieber mit TemperaturerhShung auf 39,5 ~ Ganz geringe Beteiligung des Zentralnervensystems (auBer sehr starken Kopfsehmerzen keine Benommenheit). Kreislauf RR 90/50 fiber etwa 3 Wochen. 12. Tag kritische Entfieberung. Puls noch l~ngere Zeit erhSht auf Werte um 100. W~hr6nd der RekonvMesz~nz Neigung zu ohnmaehtsanfiillen, sonst beschwerdefrei. Prot. OX 19-Agglutination in der 2. Woehe 1 : 800 +.

Diagnose. Fleekfieber bei vorheriger Schutzimpfung. In den beobachteten Gruppenerkrankungen lagen die Inkubations-

zeiten in Vergleiehsgruppe I (ungeimpft) bei 2--5, in Gruppe I I (un- geimpft) bei 2---10 Tagen. Die gr6/3te Hdiu/ung des Krankheitsbeginns wurde' dabei in den ungeimpften Vergleichsgruppen am 2. und "3. Tag gesehen (Tabelle 2).

Das Krankenmaterial ergab ein klares Bild darfiber, da~ nach ganz ]curzer Inkubationszeit ein besonders schwerer Kranlcheitsveq'lau/ zu er- warten w~re. Alle ErkranIcungen mit In]cubationszeiten bis zu 5 Tagen sind als mittelschwer bis schwer zu bezeichnen, wobei eine starke Beteili- gung des Zcntralncrvcnsystems (DClirien, Ls cerebrales Er. breehen) und des Kreislaules im Vordergrund stand. Ausgesproehen leichte Erkrankungen wurden bei so kurzen Inkubationszeiten nicht beobachtet. Es besteht vielleicht die M6glichkeit, da~ eine sehr massive Infektion mit Fleekfiebererregern zu einem besonders schnellen Dureh- breehen der Abwehrkrs des K6rpers f6hrt und dann ein ausgesprochen schweres Krankheitsbild verursacht. Nach unserem Material seheint sich diese Annahme zu besti~$igen, denn s~mtlich e Erkrankungsfi~lle mit tSdliehem ~usgang in den niehtgeimpften Vergleichsgruppen hatten verkiirzte Inkubationszeiten yon 2--5 Tagen.

Bei vorhergegangener Schutzimp/ung sind die Inkubationszeiten den nngeimpften Vergleichsgruppen gegeniiber zwar verl~ingert (vgl. Tabelle 2), aber immer noch wesentlich ]ciirzer als im allgemeinen angenommen wird. Mit Ausnahme der Impfstoffgruppe I I B mit 4 und 5 Tagen liegt der Krankheitsausbruch in den iibrigen schutzgeimpften Gruppen gehs am 6:--7. Tag nach der Infektfon.

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Sohutzwirkung vorschiedener Fleckfieberimpfstoffe. 675

Tabelle 2, Inkuba t ionsze i ten der einzelnen Oruppenerkrankungen (Erkrankte in %:Zahlen; Tage der gr60ten H~ufung umrandet.)

Impfstoffgruppen Vergleichsgruppen Erkrunkungs.

tag

2~ no 3,

4. u. 5.

6. u. 7. 8. u. 9.

10. u. 11.

IA %

36,5 3,2

I B I C schwach % %

8,6 17,'8 17,8

25,7 24,5 5,7

I C stark %

18,2 32,2

14,2

IIA %

lO

l i b %

15 15

I %

I I %

21

10,5 5,3

Der Beginn der Fleckfiebererkrankung in den ungeimpften Ver- gleichsgruppen I u n d I I war gekennzeichnet dutch Temperaturanstieg auf 39--40 ~ C, starke Stirnkopfsehmerzen, besonders fiber den Augen, Glieder- 'und Muskelschmerzen (Wade), leichter Bindehautentziindung mit Lichtscheu, Gedunsenheit der Lider und geringen Katarrhen der Atemwege. ])as" Krankheitsbild bei diesen Gruppen stimmte weit- gehend fiberein mit den Beschreibungen, die Sonnenschein 9 und Walther lo yon Fleckfieber in den Anfangsstadien geben. Dagegen war der Verlauf der beginnenden Fleckfiebererkranknngen bei den Schutzgeimppen der einzelnen Gruppen untypisch. Temperaturanstieg auf 37,8, leichter Kopfschmerz, sowie ein gewisses Abgeschlagenheitsgefiihl waren auch

h i e r vorhanden, konnten abet w e g e n ihrer Geringffigigkeit nicht als charakteristische Fleckfiebersymptome gewertet werden. Wit stimmten mit den Erfahrungen yon Eyer und Mitarbeitern 11 fiberein, dab be- sonders in den ~orgenstunde n ein ausgesproehene's Minimum yon Krank. heitserscheinungen vorhanden ist, die jedoeh binnen 2 Stunden naeh dem Ve~lassen des Bettes wieder auftreten. Die mildesten Erscheinungen zeigten - - wie auch im spi~teren tdinisehen Verlauf - - die Impfstoffe I A, I B und I I A. Etwas stgrkere Anfangsaymptome wurden bei den Impfstoffen I C ,,schwach" und I C ,,stark" beobachtet. Auch diese zeigten eine deutliche Abschw6chung der ersten Erseheinungen gegenfiber den Vergleichsgmlppen.

Die Dauer der Teml~eraturerhShungen in den ungeimpften Vergleichs. gruppen I u n d I I m i t 17 und 18 Tagen (Tabelle 3) stimmt im wesent- lichen mit dem fiberein, was yon Schittenhelm s und anderen Autoren bei Fleekfieber angegeben wurde.

Bei Sehutzgeimp/ten t raten dagegen erhebliche Abweichungen auf, sowohl was die Fieberdauer als auch die Fieberh6he anbetrifft. S/~mtliehe Sehutzgeimpften zeigten im Durchschnit t den Vergleichsgruppen gegen- fiber mit 10--12 Tagen mittlerer Fieberdauer eine Verki~rzung um 5 bis 7 Tage. Dabei wurde bei den Kranken der Impfstoffgruppeg I B und I I A mit 10 Tagen sowie I A mit 11 Tagen im Durehsehnitt eine unwesentliche Verkfirzung gegeniiber den Behring-Impfstoffen I C

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676 Erwin Ding:

Tabelle 3. Fieberdhrchschni~t .

In Tagen ktirzeste und

Impfstoffgruppen Vcrgleichs- grulapen

6u . 5U. 7u . 8u : 6u . I 6u . 14u. 12u. /

l~tngste Fieberdauer 16 13 17 16 14 } 1 5 20 18

Durchschnitt in Tagen 12 10 (14)12 17: 18--

schwach und I C s~ark und dem I~undelungenimpfstoff I I B m i t 12 Tagen beobachtet; besonders deufl ich kommt in der Durchschnittskurve des Impfstoffes I I B die Remission nach anfiinglichem Fieber zum Ausdruck, auf die zuerst yon Nicolle IS und spi~ter yon Mr, ugowsky hingewiesen wurde. L6//ler,und Mooser 13 beobachteten die gleichen Erscheinungen bei murinem Fleckfieber. Die Fieberh6he zeigte den giinstigss Verlauf in den Durchschnittskurvcn (Abb. 2) der Impfstoffgl~ppen I A, I B und I ! A, bei denen die 390-Celsiusgrenze nicht iiberschritten wurde. Auch die Gruppen I C schwach, I C stark und I I B zeigten den Ver- gleichsgruppen gegenfiber eine ganz deutliche Abschw~chung der Fieber- hShe. Es mul~ demnach festgestellt werden , dab nach dem beobachteten Material eine Schutzimp/ung gegen Fleckfieber die Fieberdauer und -hShe gis beeinflul~t.

Weniger deutlich zeigt sich der Wert einer Schutzimp/ung dem Kreis." lau] gegeniiber. Wesentliche Unterschiede den ungeimpften Vergleichs- gruppen gcgcniiber mit einem durchschnitttichen Absfiaken des Blut- druckes auf 85/55 mm H g nach R.R. sind in keiner dcr Impfstoffgruppen festzustellen (Tabelle 4).

Tabelle 4. DurchschniStl iche Blutdrucksenkung.

" Impfst:ffgruppen 1 Vergleichsgruppen

~ -I C s ~ [ I C stark | (ungeim,ft)

mm. lo0/ L,O/ O ) 00/ 0 r 00<00 1 oo oo I oo<oo I l .,<,, ~ber den Puls kann gesagt werden, dab er nach Schutzimpfung

etwas /riCher wieder normale Werte erreicht als ohne diese l~aBnahme (Abb. 2). Bei Sichtung des gesamten Krankenmaterials wurde fest- gestellt, dab ein wesentlicher EiniluB der Schutzimpfung auf den Puls w~hrend der H6he der Erkrankungen nicht beobachte~ werden konnte im Gegensatz zur Rekonvateszenz.

'Ganz besonders wertvoll scheint dagegen die Wirkung der Schutz- impfung auf das Zentralnervensystem zu sein. Ws in den unge- impften Vergleichsgruppen I und I I das Zentralnervensystem 8ehr stark beteiligt war und sich mit den Besehreibungen yon Jiirgens 7

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oc x

Schutzwirkung vcrsehiedener Fleckfleberimpfstoffe. 677

Pul~-und Temp.-Durchschnitt~bil#er I m p f s l o ~ Z,,A " Ta~ der Znfeklion

R J. ~. 5.. G Z 8. ~ 10. 7~. lg T3. Y~, 15 ~B.. IZ ,~ I9 20. 21. 2 2 2 ~ 160 r VO

~ L ,IS or, Impfsto~ I ,,B"

160 F ~ ~ t~ F ~ s s ' - - Tempe,',atm,

% ZmpF~tojPz,,umschwach" 160 I- ~.~0 ~

, Z m p f ~ l o f f I . C s f a r k "

~ Vergle/ch~gruppe I "~176 ~ t ~ I ~ ~ ~ ~ ~ ~

~ ImprstojP ~,, A "

% ZrnpFslod~r ,, B " ;'60 F ~ ~

- -

o~ Yerg/e ichsgruppe

Abb. g.

vergleichen l~Bt, wurde an unserem Krankengut immer wieder fest- ges~ellt,, dab die schutzgehnpften Fleckfieberpatienten einen erheblich

Zeitschr. f. Hygiene. Bd. 12~. 45

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678 Erwin Ding:

weniger kranken Eindruck den ungeimpften gegeniiber machen. Die Beteiligung des ZNS. zeigte sich in Kopfschmerz, teflweise verlangsamter Sprache, h~ufigem ]~luskelzucken im Gesicht, Schlaflosigkelt bei Nacht, starker Schl~frigkeit am Tage, teflweise mit motoriseher Unruhe - - den ungeimpftea gegeniiber aueh bier in deutlicher Abschwdchung.

Starke Triibungen des Sensoriums wurden nur in den Impfstoff- gruppen I C ,,schwach" und I C ,,stark" beobachtet. I n einem Falle traten bier SchwerhSrigkeit und Delirien auf. Diese Symptome be- standen jedoch nur fiir etwa 2 ~ Tage, ws sie in den ungeimpften Vergleichs~ruppen teilweise bis zu 2 Wochen beobachtet wurden.

Bemerkenswert scheint der Einflul] der Schutzimpfung auf Dauer und Sts des Exanthems zu sein. Es wurde in den Vergleichsgruppen in 100% der beobachteten Fleckfieberkranken in roller St~rke sichtbar. Bei der ersten Gruppe blieben die Hautver~ndenmgen im Durehschnittl3, bei der zweiten 16 Tage lang bestehen.

I)emgegeniiber war das Exanthem in allen Gruppen mit Schutz- impfung durchschnittlich nur 6,8--8,4 Tage sichtbar (Tabelle 5), Auch die Qualit~,t des Exanthems war den Ungeimpften gegeniiber vers Die Roseolen wurden meist nicht h/imorrhagisch. Die Haut zw~scheh den einzelnen Roseolen war in keinem einzigen l~alle diffu~ gerStet, Auch

TabeUe 6. Bewegungen der Leukocy ten

Fieber Impfstoff B CI CII

Leuko- .Stab- Leuko- Stab- Leuko- Stab- Leuko- Stab- Woche Tag cyten kernige cyten kernige eyten kernige cyten kernige

1. 7806 7039 7998 7900 2. 7222 6580 7800 7860 3. 7300 5700 7462 7410

1. 4. 7 4 0 0 13,22% 6330 13,46% 7496 11,62% 7920 14,0% 5. 6998 5669 7800 8211 6. 6800 5900 8002 8410 7. 6900 6456 8400 8602

8. 7002 7200 8900 9100 9. 7663 7584 9240 9460

10. 7900 8222 9600 9980 2. 11. 8 2 0 0 6,68% 8400 6,17% I10100 6,27% 10604 6,78%

12. 8354 8371 19986 10410 13. 8555 8225 10222 10110 14. 8612 7585 10006 10020

3.

Page 10: Über die Schutzwirkung verschiedener Fleckfieberimpfstoffe beim Menschen und den Fleckfieberverlauf nach Schutzimpfung

Sehutzwirkung verschiedener Fleel~fieborimpfstoffc.

TabeUe 5. D u r e h s e h n i t t l i e h e E x a n t h e m d a u e r .

679

Impfstoffgruppen Vergleichsgruppen (ungelmpft)

I ~ IB IICsehwachllCstark] II2~ I I B l II I

Durehschnit~ I in Tagen 7,3 7,0 8,3 8,4 6,8 7,5 13,0 16,0

h ier k6nnen wir uns im wesen t l i chen den E r f a h r u n g e n yon Eyer und Mit- a r b e i t e r n anschlieBen. Al le rd ings i s t das Verha l t en des E x a n t h e m s in bezug auf se in A u f t r e t e n wechse lnd . I n den me i s t e n F~illen sehliei~t es in e inem Zug auf, in e twa e inem D r i t t e l de r Fifl le da ge ge n i n mehre ren k le inen Sehiiben. Die e inzelnen Impfs to f fe ze ig ten d a b e i noch fo lgendes V e r h a l t e n in bezug auf S t s u n d A u f t r e t e n des E x a n t h e m s :

Imp~st, o/~ I A. 58% der Erkrankten zeigten ein deutliehes, im Durehschnitt 7,2 Tage lang bestehendes Exanthem. Bei 13 % war es undeutlich, schneU fltichtig. 20% blieben frei yon siehtbaren Hautveranderungen.

Imp/sto]/ I B. 54,5% hatten ein durchsehnit~lich 7 Tage lang bestehendes \Exanthem. 11% zeigten undeutliehe, sehnell fliiehtige Hautver~nderungen. 34,5%

blieben frei davon. Imp]sto/f I G ,,schwach". In 91% der Erkrankungen blieb ein deutliehes Ex-

anthem 8,3 Tage fang bostehen. 6% zeigten sehnell fliichtige, undeutliche Er- scheinungen an der Haut. 3% blieben frei davon.

und S t a b k e r n i g e n be i F l e c k f i e b e r im D u r e h s c h n i t t .

Impfstoff t~ontrolle I Kontro]le I I

D

Leuko- Stab- Leuko- Stab- I~euko- Stab- Leuko- Stab- eyten kerntge cyten kernige cyten kcrnige cyten kernige

7158 7330 8150 ' 8500 7852 7280 6140 7421 7511 7270 7060 7540 7082 13,4% 7305 13,5% 6220 14,0% 7578 7011 6750 5580 7568 7088 6370 6940 8246 7276 6790 7210 8964

7811 7440 7680 9380 8129 7320 8050 9809 9800 8240 8780 13140 8258 6,1% 9425 7,1% 9530 14;2% 10330 8381 9105 8200 19400 7743 7990 8240 18600 7478 7805 7710 10260

14,2%

15,0 %

9,1%

45*

Page 11: Über die Schutzwirkung verschiedener Fleckfieberimpfstoffe beim Menschen und den Fleckfieberverlauf nach Schutzimpfung

680 Erwin Ding:

Imp/sto H C II ,,stark". Das Exan~hem.war bei 70,4% der Erkrankten 8,4 Tago lang durchschnittlich Sichtbar. 17,6% blieben exanthemfrei, 12% hatten einen schnell fliichtigen, verwaschenen Ausschlag.

Imp/eto.]/ 11 A. Bei 55% der Flecldieberkraizken wurde ein im I)urchschnitt 6,8 Tage lang bestehendes Exanthem beobachtet. 30% hatten schnell flfichtige, undeutliohe Hauterscheinungen; 15% blieben frei davon.

Imp/sto]/I1 B. Bei 60% der Kranken wurde ein deutlich sichtbares Exanthem beobachtet, das im Durchschnitt 7,5 Tage lang bestehen blieb. 25% zeigten fltich- tige Erscheinungen an der Haut; 15% blieben ohne sichtbaren Aussehlag.

Das rote Blutbild liei3 keine bemerkenswerten Veri~nde1~angen dem normalen gegeniiber erkennen.-

Dagegen war an unsercm Material das Verhalten de r wei[3en Blut- kSrperche~ in allen geirnpften und ungeimpften Gruppen abweichend. Es kam besonders w~hrend der 2. Krankhcitswoche zu einem langsamen Anr der Gesamtleukocyten auf Werte zwischen 10000 und 20000. Die grSBten HShen der Leukocytenzahlen wurden etwa am 3.--5. Tage naoh dem h6chsten Temperaturanstieg gesehen (Tabelle 6). Innerhalb der einzelnen Klassen des weillen Blutbfldes kam es zu einer Verschie. bung der Neutrophilen zu den Stabkernigen hin, die meist in der I. Krank. heitswoche stark erh6ht sind.' lqach ~chillin9 14 finden sich im normalen Blutbfld 4% Stabkernige. Wir sahen bei unserem X~leckfiebermaterial bis zu 15 %. -~hnliche und h6here Werte,bei l~leckfieber fanden Lampert 15 und Dawydowskie 16 in in seinem umfangreiehen russischen Material. Eine JSeukopenie, wie sie L~Hler und Mooser fiir Typhus exanthemicus dureh einen mexikanischen, murischen Stamm beschrieben, haben wir mit Rickettsia prowazeki-St~mmen nicht gesehen.

Ein Unterschied zwischen geimpften und ungeimpften Fleckfieber- kranken l~6t sich in bezug auf das Blutbfld nicht finden.

Komplikationen t ra ten auI~er bei den nicht geimpften Vergleichs- gruppen I und I I nur in den Impfst'offgruppen I C ,,schwach", I C ,,stark" und I I B auf. 70% davon waren Bronchopneumonien, bei den iibrigen 30% wurden Diphtherie, Ur t icar ia und Parotitis beobachtet.

Tabelle 7. Kompl ika t ionen in % der Erkrankten .

I mpfstoffgruppen Ve rgleicohiSmg~fu fP P e n ] ~ I (unget pft)

I I A I I B ] I G s c h w a c h I I C s t a r k ] I I h ] I I B I I I I I

Komplikationen I 0 ] 0 [ 0, 5 I 3 I 0 [ 2,1 I 11 I 14

Die durchschnittliehe Gewichtsabnahme in den einzelnen beobaehteten Gruppen liel~ keine groBen Unterschiede erkennen (Tabelle 8). Sie lag in den nichtgeimpften Vergleichsgruppen bei 7,4 bzw. 8,1 kg im Durch- schnitt, in den sehutzgeimpften Gruppen zwischen 5i2 und 6,4.kg. Sie

d i i r f te zum Teil yon FieberhShe und -dauer abh~ngig sein.

Page 12: Über die Schutzwirkung verschiedener Fleckfieberimpfstoffe beim Menschen und den Fleckfieberverlauf nach Schutzimpfung

Schutzwirkung verschiedener Flecldieberimpfstoffe. 681

Tabelle 8. Gewichtsver lus te im Durchschni t t .

Impfstoffgruppen Verglctchsgruppen (ungeimpft)

I i I B ICschwach I C s tark II~k I I B I I I kg kg kg kg kg kg kg kg

5,9 5,2 " 6,3 6,4 5,6 ~,3 7,4 8,1

Das serologlsche Verhalten der beobachteten Flecldiebererkrankungen war in den Vergleichsgruppen in bezug auf die Prot. OX 19-Aggluti- nation in 84% der F~lle ldhrbuchmiiBig. ~b e r das Versagen dieser Untersuehungsmethode wurde an anderer Stelle 1~ berichtet. Aus ~uBeren Griinden konnte die Prot. OX 19-Agglutination aul]er bei den Vergleichsgruppen I und I I nur bei den Impfstoffgruppen I I A und I i B laufend methodisch kontrolliert werden, w~hrend bei den iibrigen Gruppen Blutuntersuehungen nur zur Sicherung der Diagnose durchgefiihrt werden konnten. In der Impfstoffgruppe I I A blieb die Prot. OX 19- Agglutination bis zum 10. Tage negativ oder ,,untersehwellig" 17, d .h . sie erreichte nur HShen bis zu 1 : 100 4 . In den folgenden Tagen kam cs dann zu eincm Ansteigen der TiterhShe bis auf 1 : 1600 bei der fiber- wiegenden ]~Iehrzahl der Kranken, die sich bis zum Ende der 3. Woche hielt, um bis weit in die Rekonvaleszenz hinein dann langsam wieder abzunehmen.

_~anlieh verhielt sich die Gruppe, die mit dem Impfstoff I I B schutz- geimpft worden war. Hier wurde in 3 F&llen eine ,,grobe, schneeflocken- ar~ige Auffiockung der Kochsalzkontrolle" beobachtet 17, die nicht ein- wan4frei gekl~rt werden konnte.

Die Rekonvalezzenz der beobachteten Flecldieberkranken war in aTlen Impfstoffgruppen den ungeimpften Vergleichsgruppen gegeniiber deutlich verkiirzt. Der Kreislauf erholte sich schneller, der Puls kehrte friiher wieder zu r Norm zuriick, die Erscheinungen yon seiten des Zentral- nervensystems klangen bereits in den ersten beiden Wochen v611ig ab.

Die Sterblichkeit lag in der ungeimpften Vergleiehsgruppe I bei ctwa ein Drit tel der Erkrankten, in I I b e i ein Fiinftel. Die weitaus hiiufigste Ursache war in einem Versagen des Kreislaufes zu suchen.

f

In den Impfstoffgruppen I A, I B, I I h und I I B kam es zu keinen ,,schwach und I C , ,stark" verstarb Todesf~llen. In den Gruppen I C "

je 1 Person. Nach Durchsicht unseres ~lecldiebergutes muB gesagt werden, dab eine Fleckfieberschutzimpfung einen weitgehenden Schutz gegen. 16dlichen Ausgang bei dieser Erkrankung gew~hrt. Dabei haben auch stark verdttnnte Impfstoffe wie I C ,,sehwact/" und I C ,,stark", die aus Mischungen yon murinen und Rickettsia prowazeki-St~mmen hergeste]lt wurden, zu einer guten Immunit~tslage des K6rpers gefiihrb.

Page 13: Über die Schutzwirkung verschiedener Fleckfieberimpfstoffe beim Menschen und den Fleckfieberverlauf nach Schutzimpfung

682 Erwin Ding: Schutzwirkung verschiedcner Fleekfieberimpfstoffe.

Zusammen[assung.

Es k o n n t e innerha lb zweier grSflerer G r u p p e n e r k r a n k u n g e n an F leckf iebe r die Vertrggllchkeit u n d die Wirkung versch iedener I m p f - , stoffe b e o b a c h t e t werden , d ie aus L~used~rmen, H i ihne re ido t t e rku l - turen , Kan inchen - u n d H u n d e l u n g e n gewonnen wurden . ] ) abe l e rgab sieh fo lgendes Bf ld :

I . Die Inkubationszeit be i ~ leckf iebe r k a n n e rheb l ich ki~rzer sein, als b i she r a n g e n o m m e n wurde~ Dureh Sehu tz impfung wurde be i Er - k r a n k u n g a n T y p h u s e x a n t h e m i c u s die 2'ieberh6he herabgeaetzt, die Fiebe~dauer verki2rz~ u n d t ie r ge samte Verlau] in bezug auf d a s Zentral- nervensystem u n d den Kreislau] erhebl ieh gemilderb.

I I . Die I m p f u n g schiitzt in de r i ibe rwiegenden lV[ehrzahl d e r F~l le gegen den Tod. Die Er~aq~lcungshgu/igkei$ schein~ sie nich~ herabzuse tzen .

I I I . Bei )~leckfieber s ind die neue ren Impfs to f f e aus E i d o t t e r s a c k - ku l tu ren , Kan inchen - und H u n d e l u n g e n b rauchba r . Sic s ind nach unse ren E r f ah rungen solehen aus Ls163 gleichwer~ig, wenn sie aus re inen R i c k e t t s i a p r o w a z e k i - S t ~ m m e n gewonnen werden .

IV. Auch F leckf iebe r - Impfs to f fe aus Misch'ungen d e r R i c k e t t s i a mooser i u n d p rowazek i -S t~mme achw~ichen den K r a n k h e i t s v e r l a u f be i F l eck f i ebe r e rhebl ich ab .

V. I n a l len G r u p p e n wuHte das weifle Blutbild genau ver fo lg t . Es zeigt e in s t a rkes Ansfeigen der Stablcernigen. Eh~ U n t e r s e h i e d zwischen ge impf t en u n d u n g e i m p f t e n l~ leckf iebererkrankten l i i~ t s ieh in bezug auf das Blutbild nicht finden.

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