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(Aus der Universit~ts-Ohren-Hals-Nasenklinik Frankfurt a.M. [Direktor: Prof. Dr. Vo[3].) Llber die traumatische Hyperglykitmie im Tierexperiment. Von Rudolf Wiederer. (Eingegangen am 6. M~rz 1933.) W. Metz hat an unserer Klinik auf Veranlassung yon Berberich im Rahmen systema~iseher Blutzuckerstudien Untersuchungen an Unf~llen und Verletzungen, die mit Commotio eerebri einhergingen, vorgenommen und festgestellt, dab fiber 50% der F~lle eine erhShte ]glutzuckerkurve zeigten. Diese Hyperglyks hs Inanehmal bis zu 6 Tagen an, um dann wieder zur Norm zuriickzukehren. Es gibt aueh F~lle, die innerhalb der Normen sich einige Tage an der oberen Blutzuekergrenze bewegen, um sich dann auf einen Mittelwert einzustellen. Die Aufgabe der folgenden Arbeit ist es, diese Erseheinungen dureh ~hnliehe traumatische Beeinflussungen im Tierversueh nachzuprfifen. Da im Rahmen dieser Arbeit eine erseh6pfende Behandlung sehon allgemein bekannter Tatsachen nicht gebraeht werden kann, sei sehon jetzt darauf hingewiesen, dab auf die eehte Diabeteshyperglyk~mie, auf Pharmaka, Gifte und andere Stoffe, die den Blutzucker ver~ndern, ferner auf innersekretoriseh bedingte J~nderungen in der Glyk~mie im allgelneinen nicht eingegangen werden soll. Wir haben in der Hyperglyk~mie tin so fiberaus vielseitiges Symptom vor uns, so dal~ es im einzelnen Falle oft unln5glich ist, die spezifische Ursaehe hierfiir festzuhalten. Alle Untersuchungen fiber die Beziehung des Zentralnervensystems zum Zuckerstoffwechsel nehmen wohl ihren Ausgang yon der bekalmten Piqfire Claude Bernards, und es ist sehon sehr lange bekannt, dal~ St6rungen im Kohlehydratstoffwechsel auch kiinstlieh hervorgerufen werden kSnnen. Aul3erordentlich wichtig ist natfirlieh, ob aueh das GroBhirn selbst bei der Entstehung yon St6rungen im Zuckerstoffwechsel urs~chliehe Bedeutung haben kann. In der mensehliehen Pathologie wird seit langem beobachtet, dal3 Erkrankungen und Verletzungen des Grol3hirns eine Hyperglyk~mie hervorrufen k6nnen. Wie man sich solehe Vorkommlfisse erkl~Lren soll ist nieht bekannt, obwohl man vermutet, dal3 yon den Krankheitsherden Erregungen auf das eine oder andere Zentrum ausstrahlen kSnnen. Claude Bernard dachte an zentripetale,

Über die traumatische Hyperglykämie im Tierexperiment

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(Aus der Universit~ts-Ohren-Hals-Nasenklinik Frankfurt a.M. [Direktor: Prof. Dr. Vo[3].)

Llber die traumatische Hyperglykitmie im Tierexperiment.

Von

Rudolf Wiederer.

(Eingegangen am 6. M~rz 1933.)

W. Metz hat an unserer Klinik auf Veranlassung yon Berberich im Rahmen systema~iseher Blutzuckerstudien Untersuchungen an Unf~llen und Verletzungen, die mit Commotio eerebri einhergingen, vorgenommen und festgestellt, dab fiber 50% der F~lle eine erhShte ]glutzuckerkurve zeigten.

Diese Hype rg lyks hs Inanehmal bis zu 6 Tagen an, um dann wieder zur N o r m zuri ickzukehren. Es g ib t aueh F~lle, die innerhalb der Normen sich einige Tage an der oberen Blutzuekergrenze bewegen, u m sich dann auf einen Mit te lwer t einzustellen.

Die Aufgabe der folgenden Arbeit ist es, diese Erseheinungen dureh ~hnliehe traumatische Beeinflussungen im Tierversueh nachzuprfifen. Da im Rahmen dieser Arbeit eine erseh6pfende Behandlung sehon allgemein bekannter Tatsachen nicht gebraeht werden kann, sei sehon jetzt darauf hingewiesen, dab auf die eehte Diabeteshyperglyk~mie, auf Pharmaka, Gifte und andere Stoffe, die den Blutzucker ver~ndern, ferner auf innersekretoriseh bedingte J~nderungen in der Glyk~mie im allgelneinen nicht eingegangen werden soll.

Wi r haben in der Hype rg lyk~mie t i n so fiberaus vielseit iges S y m p t o m vor uns, so dal~ es im einzelnen Fal le oft unln5glich ist , die spezifische Ursaehe hierfi ir fes tzuhal ten.

Alle Unte r suchungen fiber die Beziehung des Zen t ra lnervensys tems zum Zuckerstoffwechsel nehmen wohl ihren Ausgang yon der beka lmten Piqfire Claude Bernards, und es is t sehon sehr lange bekannt , dal~ St6rungen im Kohlehydra t s to f fwechse l auch ki inst l ieh hervorgerufen werden kSnnen. Aul3erordentl ich wicht ig is t natfir l ieh, ob aueh das GroBhirn selbst bei der En t s t ehung yon St6rungen im Zuckerstoffwechsel urs~chliehe Bedeu tung haben kann. I n der mensehl iehen Pathologie wird seit langem beobachte t , dal3 E r k r a n k u n g e n und Verletzungen des Grol3hirns eine Hype rg lyk~mie hervor rufen k6nnen. Wie m a n sich solehe Vorkommlfisse erkl~Lren soll i s t n ieht bekann t , obwohl man vermute t , dal3 yon den K r a n k h e i t s h e r d e n Er regungen auf das eine oder andere Zen t rum auss t rah len kSnnen. Claude Bernard dachte an zentr ipeta le ,

l~ber die traumatisehe ttyperglyk/~mie im Tierexperiment. 329

yore Organ nach dem verl~tngerten Mark und d a n n nach der Leber gehende Reize. Modernere Autoren ve rmu ten in gewissen ehemisehen Substanzen, z. ]3. der Milehs/~ure (C. v. Noorden), oder in bes t immten Ionen die beherrschenden Regulatoren.

Bellelli stell~e im Ansehlug an Bernards klassisehe Untersuehungen fest, dag Verletzungen versehiedener ttirnteile dieselben Folgen wie die Piqfire haben kSnnen. Er hat Itunden kleinste Zonen der Oblongata durch Nadeln bzw. Kauter verletzt. Die Dauer der auftretenden Hyperglyk~mie war proportional der Ausdehnung der Verletzung. Bellelli glaubt, dab lediglich ZerstSrung bzw. Verletzung dutch Druek- einwirkung auf die Gehirnsubstanz zur BlutzuekererhShung fiihren kann. Zusammen mit Mellanby h~lt er die Erregung der zwisehen Kleh~hirn und Medulla gelegenen Zentren zur AuslBsung der BlutzuekererhBhung f fir ausreiehend, w/~hrend de la Paz auBerdem noeh ttemmungen seitens des GroBhirns vermutet. - - Von einem chronischen Zuekerstich bei Katzen, die in allen l%llen eine Hyperglyk~mie zeigten, beriehten Tychowsl~y und Crowell. - - Umber ffihrt die extrainsulin~re ttyper- glyk~mie auf erhBhte Zuekerbildung durch gesteigerte Erregbarkeit des zueker- bildenden Apparates zurfiek. Er nimmt an, dab diese Erregungen wahrseheinlieh auf nervSsen Bahnen, die vom Reizzentrum im Zentralnervensystem ausgehen, weitergeleitet werden. Brooks und Chandler vermu~en das Reflexzentrum in der NiChe des Vasomotorenzentrums und sie glauben, dab hShere Zentren zwar Kohle- hydrate mobilisieren, zum normalen Reflex aber nieht nBtig sin& - - Schon friiher haste Gri/fith bei Katzen und Kaninehen eine Reflexhyperglyk~mie auftreten sehen, wenn er Isehiadicus oder Cruralis mit einem tetanisierenden Induktionsstrom reizte. - - Sachs, Maxwell und McDonald fanden nach einer Stiehverletzung dos Hypothalamus eine ]31utzuekererhBhung, die 2 Tage lang anhielt.

Wir wissen, dab eine experimenr Erzeugung. yon ttyperglyk/~mie und Glykos- urie dureh Adrenalin, Pilokarpin, Phlorrhizin usw. hervorgerufen werden kann. Es handelg sieh im Prinzip also um das gleiche, was durch experimentell-operative Eingriffe am Nervensystem bewirk~ wird. Morita sah bei Kaninehen naeh dem K/~ltestich und folgender Abkfihlung bis auf 300 eine tIyperglyki~mie zentralen Ursprungs auftreten und land, dab naeh Exstirpation beider tIemisph~ren J~ther- narkose in gleicher Vc'eise zur BlutzuckererhBhung ffihrt wie ,zor dem Eingriff. Shinosalci zerstBrte bei ttunden ganze Hemisph/~ren und erzielte damit keine Hyperglyk~mie, dagegen geniigten oberfl/~ehliche Verletzungen der Uvula eerebelli, um sie hervorzurufen. Er nimmt an, dab der efferente Sehenkel der Zuekerregulation fiber den Kleinhirnwurm in seinen unteren Abschnitten verl/~uft.

Die Angaben ,con Brugsch, Dresel und Lewy, dag der dorsale Vagus- kern in einen oralen vagischen und einen kaudalen sympathischen Ab- schnit~ zerfalle und dab die Ver]etzung des ersteren zu einer Hypo-, die des letzteren zu einer Hyloerglykitmie fiihre, wurden ,con Hiller nach- untersueht , da sie fiir das Wesen der Piqfire -con grundlegender Be- deu tung sind. Bei 200 Kan inehen ergaben systematische Verletzungen des dorsalen Vaguskerns, bei denen keine Region unver le tz t blieb, immer eine Blutzuckersteigerung, hie aber eine Hypoglyk/~mie. Desgleiehen ,cerursaehten zerebellare Verletzungen erhebliche Steigerungen. Der jeweils auf t re tende Erregungszustand der Versuehstiere wurde dabei durch Ure thangaben ausgeschaltet. Shinosalcis Angabe, dab die Uvula cerebelli besonders geeignet fiir Stichhyloerglyks ist, konn te n icht besti~tigt werden.

330 Rudolf Wiederer:

Diese Ergeb~fisse sprechen also gegen die Annahme eines spezifischen zuckerregul ierenden Vaguskernes und gegen die Reizung sympathischer Bahnen. Sie zeigen, da~ beim Medullas~ich wie bei anderen, per ipher ausgelSsten I typerg lyk~mien die Reizung afferenter Bahnen das En t - scheidende ist.

Zu ~hnliehen Resultaten gelangten Krause und Popper. - - Daniel weil~ yon einer betr~chtlichen Abnahme des Blutzuekers beim Kaninchen zu beriehten, dem er die Gro~hirnrinde abtrug; dagegen sahen wiederum Houssay und Lewis schon frfiher eine Hyperglyk~mie zentralen Ursprungs auftreten, die durch den Splanchnieus fibertragen war, wenn Hunde, denen man Morphium gegeben hatte, dureh Bulbusstich getOtet wurden. - - Die Verh~ltnisse der Innervation des Zuekerstoffweehsels mfissen sogar in feinen Einzelheiten variieren kSnnen, da sowohl Reizsubstanzen des sympathisehen als aueh des parasympathischen Nervensystems auff~lligerweise eine Hyperglykitmie hervorrufen kSnnen. - - DaB der Vagus nieht als Leitungsbahn dient, zeigten sehon die Versuehe yon Lambert und Gamier, was aueh sparer Battez und Papilian best~itigen. So sah letzterer nach doppel- seitiger Vagusdurehsehneidung keine Pilokarpin- und Adrenalinhyperglyk~mie auf- treten. Die yon Romano erzielte BlutzuckererhShung, die er nach faradischer Vagusreizung beim tIunde bekam, soll dnreh eine Vermehrung der Glykogenolyse in der Leber, infolge l~eizung intrahepatiseher Vagusfasern, erfolg~ sein.

Neuere Untersuchungen yon Goebel ergeben wiederum, dal3 bei Sympathikotonie, naeh Durehsehneidung pneumo-gastriseher l~erven, die Alkalireserve unter Erh5hung der Blutzuekermenge vermindert ist. I-tingegen soll Vagotonie nach Durchtrennen der parasympathischen Nerven die Alkalireserve erhShen und die Blutzuekermenge herabsetzen. Yontaine und Herrmann sahen an 12 ttunden bei Durehtrennung des Baucheingeweidesympathieus, nieht aber bei seiner Freilegung, einen Einflul3 auf die Glyk~mie zustande kommen. Eine ausgesprochene HyperglykSmie, die dureh Kompression des l~uel, dors. rag. am Boden des 4. Ventrikels und Nuel. paraventr. hypothalamic, hervorgerufen wurde, welche Leber und Pankreas beeinflussen, hatte Vettori in vielen FglleIl von Hirndruek (Tumoren, Traumen und Meningitiden). M a r x beriehtet ~hnliches.

Weitere Untersuehungen fiber den Einflul3 des Nervensystems auf den Blut- zuekerspiegel hat La Grutta gemacht. Wenn er beim Hund das Rfickenmark in der HShe yon C 3--4 durehtrennte, trat eine Hypoglyk~mie auf, bei tieferer Dureh- trennung nieht. Er nimmt an, dal3 die hohe Durehtrennung die Verbindung des Zentralnervensystems mit dem Sympathicus unterbricht, dagegen bei tieferer Durchtrennung nur unbedeutende Aste unterbroehen werden.

S~.erbakow beriehtet, dM~ der Sehmerz der Isehiadieusreizung bei Katzen und kuraresierten Hunden nur den Blutzucker bei gleiehzeitig intakten l~ebennieren erhSht. Dieser Versuch zeigt, wie ein zentral empfundener l~eiz auf die hTeben- nierensekretion und somit aueh auf den Blutzueker seine Wirkung ausfibt.

Iqeueste VerSffentlichungen fiber die Beziehungen des ~ervensystems zum Zuekerstoffweehsel liefern Donhoffer und McLeod. Sie sahen beim an~sthesierten Kaninehen naeh einer Stiehverletzung am Boden des 4. Ventrikels keine Blutzucker- erhShung auftreten. Es ergibt sich ferner, dal3 regelm$13ige Hyperglyki~mie nur nach einer Dezerebrierung in der Ponsgegend auftritt. Die Quelle der Blutzueker- erhShung soll nicht allein im Glykogenabbau zu suchen sein, sondern vor allem in einer vermehrten Zuckerproduktion at~s andern Stoffen bestehen, da die Ab- nahme yon Muskel- un4 Leberglykogen nieht ausreichend ist, um die Hyperglykgmie allein zu erkl~ren. Ob ein Einflul~ der Durehtrennung der Lebernerven auf die BlutznekererhShung nach Dezerebrierung vorhanden ist, konnte nicht eindeutig ermittelt werden. Tourn, ade und Malm~jac werfen nochmals die Frage nach einem

~ber die traumatische Hyperglyk/imie im Tierexperiment. 331

in der Medulla gelegenen, zuckermobilisierenden, leberwirkenden Zentrum auf, denn sie beobachteten bei dezerebrierten nebennierenlosen Hunden mit Asphyxie und zerebraler Embolie, also bei Znst~nden, die kaum auf Leitungsbahnen erregend wirken darften, eine Hyperglyk~mie, die ihr Maximum nach 1/2 Stunde hatte. Dezerebrierung selbst soll bei normalen Hunden den Blutzucker mlr vorfibergehend erh6hen. Die Flfichtigkeit nnd Inkonstanz des Effektes spricht gegen die Annahme eines hemmenden Einflusses, der vom Gehirn auf das bulbgre Zuckerzentrum ausgefibt warde (Mella~by). Wenn den groBhirn- nnd nebennierenlosen Tieren die Splaneh~fici oder d~s Rfiekenmark in H6he yon DI durchschnitten war, so t rat naeh dem Asphyxieversueh nur eine ganz geringe, t r ig verlaufende Hyperglyk~mie ein; es mfiBte also durch das Erstickungsblut selbst eine geringe Zuckermobilisation in der Leber erfolgen k6nnen.

Einen wichtigen Faktor der traumatisch bedingten I-Iyperglyk~mie sehen wir in Angst- und Shockzustgnden. Nach Bang wirkt sich schon starke psychische Erregung auf die Adrenalinausschfittung aus. So stellte ~'ujii lest, dab bei ge- fesselten Kaninehen der Blutzucker innerhalb 3--6 Stunden yon 0,12 % ~uf 0,44 % anstieg. Bei t~glichen Fesselungen verminderte sich diese Hyperglykgmie, um nach eingeschalteten Pausen wieder anzusteigen. Die ganze Kurve macht einen unregelm~Bigen, rhythmisehen Eindruek. Satakd und Hirayama erhielten mit ghnliehen Versuchen gleiche Ergebnisse. Wie stark die Psyche auf die Hyper- glyk~mie wirkt, zeigt Britton bei Katzen, die 2- -3 Min. yon Hunden vor ihrem Kgfig gegngstigt wurden und innerhalb 3--20 Min. ihre Kurven um 5--67% erh6hten.

Einen weiteren Beweis far die psyehisch bedingte Hyperglyk~mie erbrachten die Untersuchungen yon Acqua und vor ihm anderer, in denen naehgewiesen wird, dab beim l~luge unter schwierigen physischen und psyehischen Bedingungen eine Erh6hung des Blutzuckers auftritt. Scheunert erklgrt den hohen Blutzucker der V6gel (137--200 mg-%) daraus, dab sie, abgesehen yon ihrer geringen GrOBe, die immerhin zu bertieksichtigen ist, doch dauernd dem EinfluB starker psychischer Erregungen ausgesetzt sind.

Da die Zeit ante operationem ftir den Patienten immerhin eine Beunruhigung bedeutet, ist es nicht zu verwundern, dab b'eitz in vielen Fgllen einen erh6hten Blutzuckerwert nachweisen konnte, der manchmal erst 14 Tage post operationem wieder ein normales Verhalten zeigte. Ja, Kinzel konnte sogar bei Operateuren ante operationem eine Hyperglyk~mie feststellen. AuBer der psychischen Kom- ponente weiB er sonst keinen Grund far diese Erscheinung zu linden. So berichtet auch Genzel fiber besonders hohe Blutzuckerwerte in 2 Fgllen yon hochgradiger Angst. Interessant sind die Versuche vonNielsen undJoergensen, die den Blutzucker in der ttypnose untersuchten. Sie fanden, dab keinerlei Ver~nderungen des Blut- zuekergehaltes erzielbar waren, aueh dalm nicht, wenn man den Versuchspersonen einen Shock suggerierte. Bowman sah bei Angstzustgnden yon Psychosen keine Hyperglyk~mie auftreten. Er ffihrt dies auf ~ichtbeteiligtsein des Sympathicus zurfick. Bei Seheinffitterung mit Zueker im hypnotischen Schlaf t rat eine Blut- zuckererhShung auf, wenn die suggerierte Zuckerart v o n d e r Versuehsperson gesehgtzt wurde. Bei Abneigung blieb dagegen die Hyperglykgmie aus (v. d. Velden). Feinblatt zeigte, da~ bei zerebralen Leiden, besonders Encephalitiden, Duratumoren und manisch-depressivem Irresein starke BlutzuckererhShungen bei Nichtdiabetikern ~uftreten.

Aus den erwghnten Tatsachen heraus muB angenommen werden, dal~ zweifellos der Psyche eine bedeutende Rolle bei der Kohlehydratregulation zustehen mu~.

Dal3 auch der anaphylaktische Shock eine BlutzuckererhShung hervorrufen kann, zeigten Kuno and Yoschimaro an Kaninchen, die gleichzeitig noch einen Temperatursturz erlitten. Diese Ergebnisse sind best~tigt durch Achard, Feuillid,

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Henderson, Underhill, Kuriyama, McCuUough und O'Neill, w/~hrend McGuigan und Ross beim anaphylaktisehen Shock des Hundes Blutzuckersenkungen feststellen konnten. Zunz und La Barre untersuchten daraufhin Meerschweinchen und glauben, dab die sich widersprechenden Ergebnisse verschiedener Autoren dadureh zustande gekommen sind, dab sie das Blur zu verschiedenen Zeiten nach der t~einjektion priiften. Man kBnnte an eine Abspaltung aus dem EiweiB denken, da der EiweiB- zucker ebenfalls ansteigt, auch auf einer plBtzlichen Einstellung der Glykolyse kBnnte die Zunahme beruhen, da schon w/~hrend des hyperglyk/~mischen Stadiums eine Milchsi~uresteigerung sich bemerkbar macht. Eine befriedigende Erkl/~rung wird aueh bier nieht gegeben. La Barre glaubt dann in weiteren Versuchen, die er im Histaminshock an dezerebrierten Meersehweinehen macht, nachweisen zu kBnnen, dab die Hyperglyk/~mie hepatogenen Ursprunges ist und auf para- sympathischer Reizung beruht, die die 1Jbcrffihrung yon Glykogen in Zucker bewirkt. Bleibt doeh bei Vagusausschaltung (Atropin) die Hyperglyk/~mie aus. Sinay hat in experimentellen Untersuchungen fiber den anaphylaktischen Shock und fiber anaphylaktoide Zust~nde festgestellt, dab der Blutzuckerspiegel auf der HBhe des Shocks um 40 % gegenfiber dem Status quo ante erhBht ist, und Chambers und Thompsen erzielten sogar in 30 Min. beim Hun@ eine ]31utzuckererhBhung unl 200%. Zeckwer, Goodell und Nadler haben naeh Bakterienanaphylaxie bei Kaninchen und Versuchen an Hunden in allen F~llen betr~chtliche Blutzucker- erhBhungen auftreten sehen, das Maximum beim Tode des Tieres. Sic glauben, dab die beim Shock auftretende Hyperglyk/~mie auf Grund einer ex~rem starken Sympathicusreizung erfolgt, was in diesem Falle die glykogenfreie Leber be- weisen sell.

Aueh durch Strahlenwirkung sind wir imstande, Blutzuckerver/~nderungen zu erhalten. Nuernberger fand, dab nach RBntgenbestrahlung in 8 Y/~llen sine deutliche Hyperglyk/~mie auftrat und erklgrt diese Erscheinung aus dem Freiwerden yon Kohlehydraten aus zerfallenen Lymphozyten, desgleichen sah Gentil nach Be- strahlung yon 41 malignen Tumoren eine BlutzuckererhBhung auftreten, er hatte dagegen keine Hyperglykgmie bei der Bestrahlung yon benignen Tumoren, Ent- ziindnngen und aueh yon Nervenzentren. Dureh die RBntgenwirkung aufs Blut konnten Kolta und FBrster einen sofortigen Zuckeranstieg erzielen und Sanno hatte bei 8 Kaninchen durch wiederholte Bestrahlung eine dauernde ErhBhung bis zu 80 %. - - Bei der Bestrahlung yon nfichternen Kaninchen erhielt Lgdin starke ErhShungen, beim Hungertier dagegen Erniedrigungen des ]31utzuckers. Prim/~r erbliekt er darin eine Leberfunktionssehgdigung, nieht eine direkte Nervcnreizung. Sonst ist ibm die Erseheinung unklar. - - Herold sieht die Zuekerregulation nach der Bestrahlung als parasympathisehen Reiz auf intrakutane Vagusendigungen oder als erfolgten Zellzerfall infolge Freiwerdens proteinogener Stoffe an. Mol/ino erzielt~ bei Nebennierenbestrahlung von Sympathikotonikern eine Hyperglyk/~mie, nicht abet bei Vagotonikern.

l~adiumstrahlen verhalten sieh analog den RBntgenstrahlen in bezug auf die ]31utzuekerregulation, wie Zunz und La Barre feststellen konnten; auch kurze elektrische Wellen (ElektronenrBhrensender), mit denen Schliephake uncl Weifien- berg das Gehirn besendeten, riefen schon nach wenigen Minuten einen steilen Blutzuckeranstieg hervor, dem ein sehneller Abstieg in den ersten Stunden bis welt unter die Norm folgte. Erst nach 12--24 Stunden wurde wieder die aloe HBhe erreicht.

Die Annahme, dab die Gchirnbesendung nervBse Zentren stBrt, w/ihrend die l~ankreasbesendung eine erhBhte Insulinabsonderung hervorruft, wird vertreten.

Schon sehr lange ist bekannt , dab nach der Narkose mit den ver- schiedensten Narko t ika eine mehr oder weniger starke Glykosurie auf t r i t t .

Uber die traumatische Hyperglyk~mie im Tierexperiment. 333

SehlieBlich nahm man an, dab diese Glykosurie von einem direkten EinfluB der Gifte auf die Blutzuckerregulation abh~ngig sei. Die yon H. C. Mi~ller auf Veran]assung von Berberich vorgenommenen Unter- suchungen fiber den Verlauf der Blutzuckerkurve in der Athernarkose ergaben: ,,Jede Operation in Athernarkose geht mit einer Hyperglyk~mie einher. Diese Hyperglyk~mie ist unabh~ngig yon der Art und Lokali- sation des Eingriffs. Die ErhShung des Blutzuckers in der Narkose schwankt zwischen l0 und 100%. Die Dauer der Narkose ist nicht yon EinfluB auf die Kurve, wohl aber die Tiefe der Narkose. Die Asphyxie wirkt steigernd auf den Blutzucker in der Narkose, der nach Beseitigung zuriickgeht."

Claude Bernard beobaehtete sehon, dab dutch das Trauma des Aderlasses beim Kaninchen eine Hyperglyk~mie auftrat. Dieselbe Angabe maeht 1895 Schenl'~. Er finder, dab der Zuckergehalt des Blutes um 70 mg-% steigt und abh~ngig vom Erns des Versuchs- tieres ist. Tatum best~tigte an 15 Kaninchen die AderlaBhyperglyk~tmie und Tachi und Hiroshi stellten lest, dab die in Venen und Arterien auftretende BlutzuckererhOhung durch die entzogene Blutmenge best immt wird. 25 g AderlaB pro Kilogramm Gewieht der Versuehstiere sind erforderlieh, um eine Hyperglyk~mie herbeizufiihren, die andererseits wieder im Frfihling und Winter sts sein sell als sonst. Auch bei splanehnicusdurchtrennten, nebennierenlosen Kaninchen war eine Blut- zuckererhShung festzustellen. Nitzescu wies naeh, dab bei Hunden die AderlaBhyperglyk~mie ausbleibt, wenn sie mit Ergotamin vorbehandelt werden, w~hrend bei Normaltieren, die naeh 14--18 Stunden Fasten entblutet werden, der Spiegel auf 312% ansteigt. Er glaubt an eine Sympathicuserregung und eine Hydrolyse des Leberglykogens. Parhon dagegen land, dab gewShnliehe AderlaBversuche eine Hypoglyks hervorrufen. Eine Erkl~rung gibt er nieht. Naeh Aggazotti sell die AderlaBhyperglyk~mie so zustande kommen, dab dutch die Asphyxie und Blutdrucksenkung als Reiz eine reflektorisehe Glykogenmobilisie- rung in der Leber auftritt .

Bei der Betrachtung der Blutzuckerkurve bei Operationen und nach Traumen darf der EinfluB der psyehisehen Erregung und der Shock- wirkung nieht vernachls werden. Blutzuckersteigernd wirkt ferner ein bei der Operation auftretender sts Blutverlust im Sinno der AderlaBhyperglyk~mie. Auch die Versehiebung im S~urehaushalt w/~hrend der Narkose nach der sauren Seite wird einen EinfluB auf die BlutzuekererhShung haben. Kingreen hat bei aseptisehen Operationen bei ruhigen Kranken keine, bei vorher aufgeregten dagegen Hyper- glyk~mien feststellen kSnnen. In infizierten Gebieten war stets der Blutzucker stark erhSht. Schneider gibt an, dab postnarkotisch und postoperativ eine StOrung im p~ eine Hyperglyk~mie herbeiffihren sell. Die zunehmende S~uerung verdr~ngt die Kohlehydrate aus ihren

334 l~udolf Wiederer:

Verbindungen mi~ dem Eiweig des Plasmas und der Proteine. Die Kohlehydrate werden so fiir die Zelle unb rauehba r und freigegeben.

Chantraine nnd vor ihm 1)ewes findet starke ]~lutzuckererh6hungen dutch ~Bauehfellreizung, wi~hrend er IIyperglyk&mien bei Operationen an blutleeren Extremitgten auf die starke psychisehe Erregung ante operationen bezieht. Naeh Eingriffen in Lumbalan/~sthesie finder Rindone eine voriibergehende, allerdings aueh bis zu 65 Stunden dauernde Blutzuekererh6hung. Cer] und Pauly, desgleichen Pecco sehen bei Operationen am VerdauungskanM die Hyperglyk~mie als konstante Reaktion an und beweisen diese Tatsaehe an 26 Patienten, deren Blutzueker jgos~ operationem 3 Tage anstieg. Naeh Lamare, Larget und Lecoq soll zwisehen der Intensitgt des operativen Shocks und der Blutzuekersteigerung eine enge Be- ziehung bestehen. Narkose steigert mehr als Lokalangsthesie und letz~ere ver- anlagt dureh Sympathieusreizung eine betr/~ehtliehe Hyperglyk&mie. Bremer und Leclerque haben die hinteren Wurzeln yon C7--D3 durehtrennt. Eine meehanisehe Reizung derselben fiihrt zur Hyperglykgmie, w~hrend die Reizung der vorderen Wurzeln ohne Einflug ist. Naeh Splanchnieusdurehtrennung tritt bei ihnen keine tIyperglykgmie auf. Derrier und Pidron fanden bei 2 Commotio eerebri, Epileptikern und Angstdelirien withrend der Lumbalpunktion eine Hypergtykgmie auftreten, wenn die psyehisehe Erregung sieh vorher nieht entladen hatte. Berberich und Nelken erzielte bei Eneephalographien dutch den Reiz der Lufteinblasung Blut- zuekererh6hungen, die zentral bedingt, spontan einsetzten, um dann naeh 20 bis 24 Stunden wieder zur Norm zurtiekzukehren. Mader beobaehtete Ahnliches und konnte diese zerebrale I-Iyperglyk~mie dutch Insulin unterdriieken. Laubenthal und Marx beriehten von einem Kriegsbesehgdigten, der dureh Bin Hirntrauma 5frets spontan einsetzende hypoglykgmische Zustgnde hat.

Bartle hatte bei Patienten mit sehweren, sehleeht heilenden Traumen oft einen sehr hohen Blutzueker (130--200 mg-%), meint allerdings, dab er sehon vorher erh6ht gewesen sei. Naeh Druek auf die Augenbulbi des Hundes konnten Santenoise, JFuehs u. a. voriibergehende Blutzuekersteigerung erzielen, besonders bei vagotonisehen, gutgeni~hrten Tieren. Barber beriehtet yon Hunden, bei denen naeh Gallenblaseninfektion sine Hyperglykgmie auftrat, und dutch Werner wissen wir, dab aueh naeh Kastration der Blutzueker sehr deutlieh erh6hg ist. ]31ut- extrakt yon Hunden, die 72 Stunden gefastet haben, verursaeht bei Kaninehen eine erhebliehe Hyperglyk/~mie. Slotopolsky hatte allerdings bei Geisteskranken, die fasteten, eine Senkung festgestellt, die im weiteren Verlauf des Fastens eher wieder zur Steigerung neigte.

Naeh den Li~eraturangaben fiber die post t raumat isehe mit Commotio eerebri einhergehende BlutzuekererhShung ist zusammenfassend zu sagen, dag sieher ein etwa auf t re tender Blutverlus~ im Sinne der AderlafL hyperglyk~mie wirkt. Die psyehisehe Erregung und die Shoekwirkung sind nieht zu vernaehl/~ssigen; ein genauer Einbl iek in die feineren Triebkr/tfte, die die Glyk~mie steuern, ist aber bis jetzt nieht gewonnen und alle Erkl/Lrungen hierffir haben noeh einen etwas hypothet isehen Charakter.

Was die Regulat ion des Blutzuekers angeh~, so dfirfte naeh den ausgezeiehneten Versuchen yon Hiller ein in der Medulla gelegenes Zuckerzent rum angezweifelt werden. Wahrseheinlieher is~, daft ,,die Reize auf den versehiedensten afferenten Bahnen naeh dent H6hlengrau des 3. Ventrikels t ibertragen werden und auf diese Weise den Blutzueker beeinflussen. Dieses vegetat ive Zengralgebiet des 3. Ventrikels soll

(~ber die traumatische Hyperglykiimie im Tierexperimenf. 335

imstande sein, auf Reize, die vom iibrigen Zentralnervensys~em, der Rinde, der Medulla und den peripheren Nerven ausgehen, mit einer Hyperglyk/~mie zu reagieren, wobei beim Mensehen ein subkortikaler neben einem in das Bewul3tsein eindringenden kortikMen Reflexmeeha- nismus angenommen werden darf". Diesem vegetativen Zentrum sell aueh die Regulation anderer Stoffwechselfunktionen obliegen.

Eigene Yersuche. Um die Einfliisse zerebraler und anderweitig lok~lisierter Traumen

auf die Glyk&mie naehzupriifen, habe ieh auf Veranlassung yon Berberich 30 Kaninchen systematisehe Blutzuekerbestimmungen gemaeht. Die Blutzuckerbestimmungen wurden nach der Methode yon Hagedorn-Jensen ausgefiihrt. Der Zuckergehalt der Blutproben, die yon 20 Tieren ent- nommen wurden, welehe niichtern waren, sehwankte zwisehen 96 und 132 mg-% und hatte im Durehsehnitt einen Weft yon 109 rag-%.

Bei 8 Kaninehen wurde, naeh vorheriger Bestimmung der Niiehtern- werte versueht, durch Seh/~deltraumen eine Commotio eerebri herbeizu- fiihren. 4 Tiere bekamen mehrere Hammersehl/ige auf den Kopf, wurden aber nicht bewuBtlos geschlagen. Es ergab sieh hier, dab die 1/2 Stunde naeh dem Trauma entnommenen Blutproben im Durchsehnitt um 22% gegeniiber dem Durehsehnittsnfiehternwert (111 mg- %) erh6ht waren. Aueh die 2 Stunden naeh dem Trauma angestellte Blu~zuekeranalyse zeigte mit einem Durch- sehnittswert yon 115 mg- % das Bestehen einer Hyper- Kanin glyk/~mie an. (hen

Bei den 4 anderen Kaninehen wurde mittels 80 der Hammerschl/tge eine 85

90 voriibergehende Bewugt- 49 losigkeit erzielt. Eines der Tiere kam dabei ad exitum. 89

91 Da durch dieses Trauma 92 sieherlieh eine Gehirnseh/~- 93 digung gesetzt wurde,

Tabelle 1.

T r a u m a

EV[ehrere ]-lammer - schl~ge auf den Kopf, nieht be-

wuBtlos

Dasselbe, aber bewuBtlos

Blutzucker in rag-%

I '/2 Std. i 2 Std. nfiehtern nach nach

Traulna Trallmt~

]10 117 113 96 134: 115

]32 149 120 ]06 125 112 I

96 161 119 ]12 149 126

D~bei get6tet 100 ! 122 I 115

]

miissen wir annehmen, dab dadureh eine noch st/~rkere Hyperglyk~mie auftrat. Die durehsehnittliche Erh6hung betrug hier 43%.

Im gleichen Rahmen liegen 10 Versuehe an Kaninehen vor, die nieht nfiehtern waren. Diese Tiere, yon denen auch Blutproben zu Beginn der Versuche entnommen wurden, hatten einen Blutzueker, der zwischen 108 und 180 mg- % sehwankte und einen Durehsehnittswert yon 123 mg- % hatte. Bei den Traumen, die gesetzt wurden, handelte es sich um 3 Sub- oecipitalsfiche, 6 Seh/ideldeekentrepanationen und eine Verletzung dureh mehrere leiehte H~mmerschl~ge auf den Kopf. S~mtliehe Traumen sind

336 Rudolf Wiederer:

bei vollem BewuBtsein der Tiere ausgefiihrt worden. Auch bei diesen Versuehen wurde so verfahren, dab kurz naeh der ersten Blutzucker- analyse das T rauma gesetzt und d a n n nach 1/2 un d naeh 2 S tunden wieder eine Blu tzuekerbes t immung gemacht wurde. I n der Versuchsreihe lieg sieh feststellen, dab die 1/2 Stunde naeh dem Trauma e n t nomme ne n Blutproben den vor t raumat i sehen Durehsehni t tswert u m 7,8% iiber- trafen. 2 S tunden naeh dem Trauma konnte m a n aueh noeh einen Wert yon 139 mg-% feststellen. Aus der folgenden Tabelle 2 ist noch ersieht- lieh, dab bei 4 Tieren eine Senkung des Blutzuekers auftrat .

An 5 Tieren haben wir Tabel le 2.

Xanin- (boil

65 74

65 78 79 80 81 82

78 79

Tr&lllllf~

Suboecipitalstieh

Seh~deldeeken- trepanation

Mehrere leichte ltammerschl~ge auf

den Kopf

]3lutzucker in rag-%

�9 ~ [~1~ Std I 2 St<l 9 lcaU ' h a t h " n' t "

~ T . . . . hal T t ' ? ~ l ~

138 134 119 180 176 212

105 163 126 110 121 130 107 129 117 101 113 114 108 117 136 117 129 108

129 94 95 l]0 98 101

fernerhin die schon yon ~'u]ii and anderen Autoren beobachtete Fesselungs- hyperglyk/hnie feststellen k6nnen. Zu diesem Ver- suehe wurden die Kanin- ehen, naeh vorheriger

Nt ieh te rnblu ten tnahme, ftir 1/2 Stunde an Vorder- und Hin te rbe inen gefesselt und in ihren K/ffig zu- riiekgelegt. Die daraufhin naeh der Entfesselung an- gestel l teBlutzuekeranalyse ergab im Durchsehni t t eine

Erh6hung u m 24% (Tabelle 3). 3 Tieren gelang es, sich im Kgfig der vorderen Fesseln zu entledigen. - - Wei terhin haben wir 2 Tiere fiir 15 Min. so an den Hin te rbe inen aufgeh/~ngt, dab sie mi t den Vorderpfoten gerade den Fu6boden beriihren konnten . I n diesem Falle waren die sofort nachher bes t immten Blutzuekerwerte sogar u m 52 % erhSht. Sicherlieh ha t bei diesen Versuchen neben der psychischen Erregung auch die motorische Unruhe der Tiere dazu beigetragen, diese starke Hyper- glyk~mie hervorzurufen.

Tabel le 3.

K a n i n e h e n

604 608 608 609 609

614 615

T r a u m a

Vorder- und Hinter- beine gefesselt

1/2 Std.

An ttinterbeinen aufgeh~ngt 1/4 Std.

n f i c h t e r n

115 108 104 101 115

101 108

B l u t z u c k e r in rag-%

n a o h Tra t l i i l a T r ftlnll8

148 132 130 119 127

131 ]81

2 S t4 . n a c h Tral l ina,

§ 114

Nieht entnommen

112

103 108

Ober die traumatische Hyperglyk/~mie im Tierexperiment. 337

Mit 5 weiteren Kaninchen wurde schlieBlich derart verfahren, dab man ihnen sofort naeh der Fesselung yon Vorder- und Hinterbeinen Insulin in die Rfickenhaut einspritzte (Tabelle 4).

Bei 2 Tieren wurden 10 bzw. 6 Einheiten gegeben, w/~hrend die 3 andern je 4 Einheiten erhielten. Es trat sp/~ter, zu einer Zeit, die ffir unsere Versuche nicht berficksichtigt werden braucht, bei allen Tieren ein hypoglyk~tmischer Shock auf, welcher bei zweien, trotz Traubenzuckerverab- K a n i n .

reichung, zum Tode ffihrte, then Am auff/~lligsten war sicher- lich die Hypoglyki~mie, 608 die bei den 2 Tieren auf- 609

611 trat, welche die grSBeren 612 Dosen Insulin bekommen 613 hatten. Hier betrug die Senkung des Blutzuckers

Tabelle 4.

Trauma : V o r d e r - u n 4 H i n t e r b e i n e

g e f e s s e l t

10 E. Insulin 6E . ,, 4E . ,, 4 E . ,, 4E. , ,

B l u t z u c k e r in m g - %

1/2St4 . 2 S t d . n f i c h t e r n n a e h n a c h

T r a u m a T r a u m a

123 100 31 109 71 28 109 78 50 107 74 42 104 83 42

71%. Die 3 andern, mit je 4 Einheiten gespritzten Tiere senkten dagegen ihren Blutzucker nur um 23 %.

Wie wir uns die Wirkung des Insulins auf die Glyk~mie in diesen FMlen erkl/s so]len, ist eine Frage, welche in einer anderen Arbeit zu besprechen w/~re.

Obwohl in der Literatur fiberaus zahlreiche Angaben fiber das Vor- kommen yon posttraumatischen BlutzuckererhShungen vorliegen, konnte eine einstimmige Erkls fiber ihre Entstehungsursache bis heute nicht gegeben werden. Wit haben aueh gesehen, dab den verschiedensten Ursaehen, die auf ein Individuum einwirken, ein traumatischer Charakter innewohnt. Denken wir nur an den Gegensatz der in unseren Versuchen dutch Hammerschl~ge und durch die alleinige Fesselung hervorgerufenen Ver/~nderungen in der Glyk/imie. Von den Experimenten der Piqfire an ist das Bestehen eines spezifischen, zuckerregulierenden Zeutrums in der Medulla angenommen worden. Die H i l l e r s c h e n Versuche zeigten dann, dab die Zuckerregulation schr wahrscheinlich yon einem im HShlengrau des 3. Ventrikels liegenden Zentrum ausgeht, dem aueh noch andere, so den Salz- und Wasserhaushalt angehende Regulationen innewohnen. Die erhShten Blutzuckerwerte, die yon M e t z und andereu Autoren naeh Unfs und Verletzungen, welche mit einer Gehirn- sch/idigung einhergehen, gefunden wurden und die Betraehtung unserer Versuchsergebnisse lassen die Annahme zu, dal~ eine spezifisehe Lokali- sation des die Blutzuckerwerte erhShenden Traumas auf keinen Fall vorliegen mul~. Aueh si~mtliehe sensorisehen und sensiblen Reize, sei es Angst oder eine sonstige plStzliehe Erregung, kSnnen wir als Trauma auffassen, da sic desgleichen zu einer Hyperglyki~mie ffihren kSnnen. Die Blutzuckererh5hung wird in allen diesen FMlen keine ausgesproehen

A r c h l y f . O h r e n - , N a s e n - u . K : e h l k o p f h e i l k ~ m d e . B 4 . 135. 23

338 Rudo l f Wiederer:

s p e z i f i s c h e E r s c h e i n u n g , s o n d e r n n u r d i e B e g l e i t e r s c h e i n u n g e i n e r z e n t r a l

w i r k e n d e n E r r e g u n g d a r s t e l l e n .

( ~ b e r d i e V e r s u c h e m i t I n s u l i n , d i e a u c h n o c h v o n Mader a n g e s t e l l t

w u r d e n , s t e h e n d i e g e n a u e r e n E r k l ~ r u n g e n n o c h a u s .

Zusammenfassung.

1. D i e i n u n s e r e r K l i l f i k u n d y o n a n d e r e n A u t o r e n g e f u n d e n e n

B l u t z u c k e r e r h 6 h u n g e n , d i e n a c h S c h s o h n e s p e z i f i s c h e L o k a l i -

s a t i o n a u f t r e t e n , w e l c h e a b e r m i t C o m m o t i o c e r e b r i e i n h e r g e h e n , k o n n t e n

i m T i e r v e r s u c h b e s t ~ i g t w e r d e n .

2. D i e I n t e n s i t i ~ t d e s T r a u m a s i s t a n s c h e i n e n d m a l ~ g e b e n d f i i r d e n

G r a d d e r B l u t z u c k e r e r h 6 h u n g .

3. D i e p s y c h i s c h e E r r e g u n g u n d d i e m o t o r i s c h e U n r u h e w i r k e n s i c h

a u c h s e h r s t a r k a u f d i e H 6 h e d e s B l u t z u c k e r s b e i m K a n i n c h e n a u s .

4. E i n e e x p e r i m e n t e l l e H y p e r g l y k ~ m i e k a n n d u r c h g l e i c h z e i t i g e

I n s u l i n g a b e n u n t e r b u n d e n w e r d e n , j a , es k a n n s o g a r z u r H y p o g l y k ~ m i e

d a b e i k o m m e n .

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