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Unterrichtsmaterialien zu Buchkultur Heft 172/2017 Inhalt 1. Alejandro Zambra: Ferngespräch ................................................................................................... 2 Epische Texte interpretieren .......................................................................................................... 2 Textinterpretation unter dem Aspekt des Erinnerns ................................................................... 3 2. Text und Kontext: Alejandro Zambra im Porträt ............................................................................ 5 Writing is searching, always ............................................................................................................ 6 Erzählen: In der Kürze liegt die Würze ......................................................................................... 8 3. Dialog(e) mit der Vergangenheit ................................................................................................... 8

Unterrichtsmaterialien zu Buchkultur Heft 172/2017€¦ ·  · 2017-05-24Text und Kontext: Alejandro Zambra im Porträt In der Buchkultur, ... Brigitte Steinhauser/Buchkultur 2017

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Unterrichtsmaterialien

zu Buchkultur Heft 172/2017

Inhalt

1. Alejandro Zambra: Ferngespräch ................................................................................................... 2

Epische Texte interpretieren .......................................................................................................... 2

Textinterpretation unter dem Aspekt des Erinnerns ................................................................... 3

2. Text und Kontext: Alejandro Zambra im Porträt ............................................................................ 5

Writing is searching, always ............................................................................................................ 6

Erzählen: In der Kürze liegt die Würze ......................................................................................... 8

3. Dialog(e) mit der Vergangenheit ................................................................................................... 8

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Brigitte Steinhauser/Buchkultur 2017 Seite 2

1. Alejandro Zambra:

Ferngespräch

Anregung 1.1. Einstiege: Lateinamerikanische Literatur: Chile

a) Literaturcafé: In der Gruppe diskutiert und besprecht ihr Textausschnitte bekannter lateinamerikanischer Schriftsteller/innen. b) Sammelt in der Gruppe Assoziationen zu Chile. -> Wo liegt Chile? -> Wie heißt Chiles Hauptstadt? -> Was wisst ihr über die Geschichte Chiles? -> Was über Kunst und Kultur? -> Besprecht oder recherchiert:

Pinochet, Allende, Bolano

-> Könntet ihr euch vorstellen, eine Zeit in Chile zu leben? Warum/nicht?

Epische Text schriftlich interpretieren

Alejandro Zambra gilt als einer der wichtigsten Autoren Chiles, der gleichzeitig einer neuen

Autor/innengeneration angehört. Lies die Leseprobe, die Kurzgeschichte "Instituto Nacional", aus

dem eben auf Deutsch erschienenen Werk Ferngespräch.

Du findest die Leseprobe unter http://www.buchkultur.net/schule.

Anregung 1.2. Fragen an den Text stellen

Um den Text zu erschließen, stelle Fragen an den Text!

-> Notiere dir Fragen zu Leerstellen im Text, Dinge, die für dich auffallend oder widersprüchlich sind oder möglicherweise für dich zunächst keinen Sinn ergeben

-> Stelle keine Fragen, die mit Ja oder Nein beantwortet werden können

-> Formuliere anspruchsvolle Fragen

Lest in der Gruppe die Fragen vor und diskutiert/interpretiert! Versucht, für eure Antworten genaue Belege/Textstellen zu finden!

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Brigitte Steinhauser/Buchkultur 2017 Seite 3

Textinterpretation unter dem Aspekt des Erinnerns

Zur Wiederholung: Beim Lesen eines Textes reagieren wir zuerst spontan. Wir konzentrieren uns

meist auf den Inhalt (Was), versuchen diesen zu verstehen, identifizieren uns mit den Figuren oder

lehnen diese ab, zeigen Interesse oder fragen nach der Aussage.

Für eine methodische Textinterpretation konzentrieren wir uns jedoch auf das Wie des Erzählens.

Wie die Geschichte erzählt wird, wird analysiert und interpretiert.

Dazu gehören neben Inhalt auch:

o Analyse der Figuren im Handlungszusammenhang o Erzählform und Erzählperspektive o Darstellungsweisen (Erzählbericht und Formen der Personenrede: erlebte Rede, innerer

Monolog, direkte und indirekte Rede) o Zeit und Raum o Sprachliche Besonderheiten im Text o Bauweisen (Einstieg und Schluss, Spannungsbögen etc.) o Textsorte o Text und Kontext

Du hast verschiedene Möglichkeiten, deine Textinterpretationen zu strukturieren. Wahrscheinlich

hast du schon Textinterpretationen verfasst, die systematisch die oben genannten Punkte behandeln

(Analyse) und in denen du in einem zweiten Schritt interpretierst.

Du kannst deine Textinterpretationen jedoch auch nach eigenen Gesichtspunkten aufbauen. Wähle

dir wichtigste Aspekt(e) im Text, stelle Interpretationshypothesen auf und analysiere und

interpretiere hinsichtlich dieser eigens gewählten Gesichtspunkte.

Im Werk Zambras wird dem Erinnern eine zentrale Position eingeräumt. Widmen wir uns besonders

diesem Aspekt und rücken die Erinnerungen in "Instituto Nacional" ins Zentrum der Interpretation:

Anregung 1.3. Methodische Interpretation

Lest noch einmal nach und beantwortet folgende Fragen:

1. Inhalt

- Welche Erinnerungen an die Schulzeit stehen im Vordergrund?

- Welche Erinnerungen beschreiben private, welche zeitgeschichtliche Ereignisse?

2. Analyse und Interpretation der Figuren im Handlungszusammenhang

- Warum erinnert sich der Ich-Erzähler an den 34er?

- Welche weitere Figuren ähneln diesem Schüler?

- Warum kommen diese Figuren in den Erinnerungen vor?

- Nimmt der Ich-Erzähler eine aktive Rolle ein?

- Wann handelt er und an welche Auswirkungen seines Handelns erinnert er sich?

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Brigitte Steinhauser/Buchkultur 2017 Seite 4

3. Erzählform und Erzählperspektive

- Wann erscheint es, als würde sich der Erzähler einschalten?

4. Zeit und Raum

- Welche Bedeutung kommt dem Instituto Nacional zu?

- Warum wurde dieser Titel für die Kurzgeschichte gewählt?

- Welche Schauplätze wurden gewählt und wie wird sich an sie erinnert?

- In einem Interview sagt Zambra über diesen Erinnerungsort (Text und Kontext):

http://www.newyorker.com/books/page-turner/fiction-this-week-alejandro-zambra-2015-07-06

- Finde Beispiele dafür, dass sich die Erlebnisse des Autors auch in der Kurzgeschichte wiederfinden.

- Welche Textstellen belegen, dass es einen großen Zeitabstand zwischen Erlebtem und den

Zeitpunkt des Erinnerns gibt?

- Warum ist dies von Bedeutung?

5. Sprachliche Besonderheiten

- Warum wird jeder Absatz mit "Ich erinnere mich..." (S. 121-125) eingeleitet?

- Warum wird mehrmals "Ich sage dir etwas ...." (S. 130) wiederholt?

6. Bauweisen

- Wie wird mit Spannung und Spannungsbögen gespielt?

- Welche Lücken im Erinnern gibt es? Was wird nicht oder unklar erzählt?

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Brigitte Steinhauser/Buchkultur 2017 Seite 5

Wenn du nun eine Textinterpretation verfasst, ist dies eine werkimmanente Interpretation, denn du

beziehst dich in deinen Ausführungen rein auf den Text. Gehen wir noch einen Schritt weiter.

Es kann dir helfen, auch von den Entstehungsumständen (Kontext) rund um die Geschichte Bescheid

zu wissen. Zum Kontext gehören zum Beispiel die Autorenbiografie, die Zeitumstände während der

Entstehung oder auch die Rezeption.

2. Text und Kontext: Alejandro Zambra

im Porträt

In der Buchkultur, Heft 172, stellt Holger Ehling den

chilenischen Autor Alejandro Zambra vor, eine der

wichtigsten literarischen Stimmen der lateinamerikanischen

Literatur. Betitelt ist das Porträt mit:

Foto: Instituto Cervantes de Tokio

Anregung 2.1. Einstieg: Bezüge zwischen Titel und Text

a) Besprecht: Was sagt der Titel des Porträts über den Autor und seine Texte aus?

b) Findet im Porträt alle Stellen, die von dieser Vergangenheit erzählen. Gebt diese in eigenen Worten wieder.

c) Nach dem genauen Lesen: Findet zu zweit drei weitere Titel für das Porträt. Besprecht diese im Plenum und wählt die beste Alternative zu "Im Dialog mit der Vergangenheit".

Anregung 2.2. Verfassen eines fiktives Interview

Lies das Porträt und recherchiere weiter im Netz zu Alejandro Zambra.

Verfasse dann ein (fiktives) Interview für eine Literaturzeitschrift. Formuliere gute, ausgeklügelte Interviewfragen (mind. 10) und erfinde passende Antworten.

Vergiss nicht, deine Quellen anzugeben!

TIPP

Ein Interview mit dem Autor findest du z.B. hier:

https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5404327&s=&SuchRahmen=Print/

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Brigitte Steinhauser/Buchkultur 2017 Seite 6

Anregung 2.3. Übung zum Interpretieren

a) Auch im Porträt greift Ehling die Kurzgeschichte "Instituto Nacional" heraus. Lies die Aussagen aus dem Porträt und vergleiche deine Interpretationsansätze mit den Aussagen. Bist du zu einem ähnlichen Schluss gekommen oder widersprichst du?

Anregung 2.4. Verfassen einer Textinterpretation

Verfasse aufgrund der erstellten Notizen eine Textinterpretation der Kurzgeschichte "Instituto Nacional". Berücksichtige dabei folgende Teilaspekte:

- Gib die in der Geschichte dargestellten Situationen und Handlungen zusammenfassend wieder! - Untersuche den Text hinsichtlich des Motivs der Erinnerungen! - Charakterisiere Protagonisten, die Schüler und ihr Verhältnis zu ihrer Zeit! - Deute die Geschichte im Sinne des von dir gewählten Interpretationsansatzes!

Schreibe 540 bis 660 Wörter! Markiere Absätze durch Leerzeilen!

"Writing is searching, always"

Dem Stil Zambras auf der Spur

http://centerforfiction.org/magazine/interviews/alejandro-zambra-interviewed-by-matt-nelson/

Arbeitsjournale, Tagebücher, Notizbücher, Morgenseiten - viele Menschen haben das Schreiben für

sich entdeckt und schreiben sich mittels dieser Journale Schreibblockaden, Frust und schlechte Laune

von der Seele und stellen gleichzeitig eine unmittelbare Verbindung zwischen Denken und Schreiben

her. Wer regelmäßig schreibt, trainiert und erweitert dabei natürlich den eigenen Schreibstil, was

nicht nur für die VWA und spätere Seminararbeiten hilfreich ist.

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Brigitte Steinhauser/Buchkultur 2017 Seite 7

Anregung 2.5. Freewriting

Wählt in der Gruppe den Begriff Erinnerungen als Ausgangspunkt.

- Stellt euch in der Gruppe eine Uhr auf 10, 15 oder 20 Minuten.

- Jede/r beginnt einfach zu schreiben, was immer einem auch durch den Kopf geht.

- Die schreibende Hand bleibt immer in Bewegung.

- Lies nicht, was du geschrieben hast. Schreib einfach weiter.

- Nichts löschen oder wegstreichen!

- Sorge dich nicht um Rechtschreibung, Grammatik, Satzzeichen ...

- Verliere die Kontrolle, folge einfach deinen Gedanken. Exkurse und Blödsinn sind okay.

- Wenn du nicht weiter weißt, schreib so lange "mir fällt nichts ein", bis wieder ein neuer Gedanke kommt...

- Wenn die Zeit um ist, schreib den angefangenen Gedanken fertig.

Lest, wenn ihr wollt, in der Schreibgruppe eure Texte/Gedanken vor oder vergleicht.

aus: Judith Wolfsberger: Frei geschrieben, 2010

In einem Interview meint Zambra, dass Schreiben immer eine Suche ist: "Writing is searching,

always." Er meint:

http://centerforfiction.org/magazine/interviews/alejandro-zambra-interviewed-by-matt-nelson/

Besprecht diese Aussage. Stimmt ihr zu? Was ist mit der Aussage des berühmten argentinischen Autors Jorge Luis Borge gemeint? Ist es euch auch schon einmal so beim Schreiben gegangen?

Zambra bezieht sich in der Beschreibung seines Schreibstils auf Ezra Pounds "Moralität der

Präzision":

http://centerforfiction.org/magazine/interviews/alejandro-zambra-interviewed-by-matt-nelson/

Besprecht diese Aussage. Was meint Zambra damit?

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Brigitte Steinhauser/Buchkultur 2017 Seite 8

Erzählen: In der Kürze liegt die Würze

6-Wort-Geschichten

Zambra hält sich, laut Ehling, an das Motto Mark Twains „Schreiben ist einfach. Man muss nur die falschen Wörter wegstreichen.“

Ernest Hemingway, ein Zeitgenosse Ezra Pounds, widmete sich in seinen Kurzgeschichten ebenfalls

der Reduktion und Präzision und trieb dies mit seinen six-word-stories bis ans Äußerste. Angeblich

schrieb Hemingway auf eine Wette hin, dass es ihm nicht gelingen würde, eine Geschichte in sechs

Worten zu erzählen, folgende Worte:

For sale: baby shoes, never used.

Anregung 2.6. Schreibspiel: six-word-stories

a) Schreibe Geschichten mit nur sechs Worten. b) Schreibe innerhalb von 10 Minuten so viele Geschichten auf wie möglich. c) Kombiniere die Geschichten dann. d) Vergleicht eure Kürzestgeschichten im Plenum bzw. wählt die beste, präziseste Geschichte.

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Brigitte Steinhauser/Buchkultur 2017 Seite 9

3. `Dialog(e) mit der Vergangenheit`

"Wie real ist also die Vergangenheit? Nicht besonders, muss man antworten, was in der Konsequenz natürlich auch bedeutet, dass unsere ach so stabile Gegenwart in der Zukunft ebenso prächtiges Material für Verklärungen, Umdeutungen und kleine oder größere Unwahrheiten liefern wird."

Dies konstatiert Ehling im Porträt. Außerdem berichtet Ehling davon, dass Alejandro Zambra häufig Meta-Literatur einstreut.

So auch in dem Roman "Bonsai"(2006). Hier verbindet das Liebespaar Emilia und Julio die Lüge, sie hätten beide Marcel Prousts Roman Auf der Suche nach der verlorenen Zeit gelesen. Als sie das Werk gemeinsam lesen wollen, kommen sie mit der Lektüre nicht mehr weiter, genauso wie sie auch in ihrer Beziehung stehen bleiben.

Gerade Marcel Prousts Werk gilt als das wichtigste, wenn es um Erinnerungen geht. In dem Werk gibt es die Madeleine-Episode, in der der Ich-Erzähler an seine eigene Kindheit erinnert wird.

Du findest den berühmten Ausschnitt z.B. hier:

http://www.peter-matussek.de/leh/s_18_material/s_18_m_07/proust_madelaine.pdf

Anregung 3.1. Textverständnis

1. Wie werden die Erinnerungen ausgelöst?

2. Welche Gefühle lösen die Erinnerungen aus?

3. Welche (Erinnerungs-)Orte lösen häufig Erinnerungen aus?

4. Wie wird in der Textstelle gezeigt, dass man sich auf Erinnerungen nicht verlassen kann?

Anregung 3 Kreatives Schreiben

Wähle dir ein aktuelles privates oder gesellschaftlich relevantes (kollektives) Ereignis. Stell dir vor, Jahre später schreibst du über dieses Ereignis.

Wähle eine geeignete Form (z.B. Kurzgeschichte) und verfasse einen Text, in dem Erinnerungen an die Kindheit/Jugend eine besondere Rolle spielen.