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® Verknüpfung von Erfahrungswissen und theoretischem Wissen in Prüfungen des dualen Systems Bonn, 18. Oktober 2013 Barbara Lorig, Katrin Gutschow, Miriam Mpangara Welches Wissen ist was wert? Soziale Inwertsetzung von Wissensformen, Wissensarbeit und Arbeitserfahrung in der Berufsbildung

Verknüpfung von Erfahrungswissen und theoretischem Wissen ... · Wissensdimensionen beschreiben unterschiedliche Arten von Wissen, die nach Anderson, Krathwohl et al. (2001) unterschieden

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Verknüpfung von Erfahrungswissen und theoretischem

Wissen in Prüfungen des dualen Systems

Bonn, 18. Oktober 2013

Barbara Lorig, Katrin Gutschow, Miriam Mpangara

Welches Wissen ist was wert? Soziale Inwertsetzung von Wissensformen, Wissensarbeit und Arbeitserfahrung in der Berufsbildung

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Welches Wissen wird benötigt, um Abschlussprüfungen dualer Ausbildungen erfolgreich zu absolvieren?

Erfahrungs- und theoretisches Wissen

in Prüfungen des dualen Systems

am Beispiel der Gestreckten Abschlussprüfung Teil 2

im Beruf Werkzeugmechaniker/Werkzeugmechanikerin

AB 4.1 Miriam Mpangara, Katrin Gutschow, Barbara Lorig, Robin Weber-Höller

AB 4.3 Markus Bretschneider

Fragestellung

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Empirische Basis: BIBB-Forschungsprojekt „Kompetenzbasierte Prüfungen“

Beruf „Werkzeugmechaniker/-in“ – Prüfungsstruktur

Kompetenzorientierung, Taxonomiestufen sowie Individualisierung in den

einzelnen Prüfungsbereichen der Gestreckten Abschlussprüfung Teil 2 im

Beruf Werkzeugmechaniker/-in

Fazit

Gliederung

AB 4.1 Miriam Mpangara, Katrin Gutschow, Barbara Lorig, Robin Weber-Höller

AB 4.3 Markus Bretschneider

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Empirische Basis

AB 4.1 Miriam Mpangara, Katrin Gutschow, Barbara Lorig, Robin Weber-Höller

AB 4.3 Markus Bretschneider

BIBB-Forschungsprojekt „Kompetenzbasierte Prüfungen im dualen System – Bestandsaufnahme und Gestaltungsperspektiven“

Forschungsfragen:

• Was kennzeichnet kompetenzbasierte Prüfungen im dualen System?

• Welche kompetenzbasierten Ansätze finden sich in der derzeitigen Prüfungspraxis?

• Wie kann man die Prüfungen kompetenzbasiert weiterentwickeln?

Methodisches Vorgehen:

Online-Befragung von Prüferinnen und Prüfern

Teilnehmende Beobachtungen in praktischen/mündlichen Prüfungen in vier ausgewählten Berufen

Analyse der schriftlichen Prüfungsaufgaben

Laufzeit: Juli 2010 – März 2014

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Gestreckte Abschlussprüfung Werkzeugmechaniker/-in

Abschlussprüfung Teil 1

Gewichtung: 40 % Abschlussprüfung Teil 2

Gewichtung: 60 %

Komplexe Arbeitsaufgabe

Prüfungsbereiche

• Arbeitsaufgabe inkl. situativer Gesprächsphase

Gewichtung: 50 % Vorgabezeit: 6,5 h

• Schriftliche Aufgaben-stellungen

Gewichtung: 50 % höchstens 1,5 h

• Arbeitsauftrag Praktische Arbeitsaufgabe oder Betrieblicher Auftrag mit Dokumentation und Fachgespräch Gewichtung: 50 % höchstens 14h bzw. 18,5h

• Auftrags- und Funktionsanalyse

• Fertigungstechnik • Wirtschafts- und

Sozialkunde Gewichtung: 50 % höchstens 5 h

Werkzeugmechaniker/-in Prüfungsstruktur

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Kompetenzorientierung

„Kompetenz bezeichnet im DQR die Fähigkeit und Bereitschaft des Einzelnen, Kenntnisse und Fertigkeiten sowie persönliche, soziale und methodische Fähigkeiten zu nutzen und sich durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten. Kompetenz wird in diesem Sinne als umfassende Handlungskompetenz verstanden.“

„Methodenkompetenz wird als Querschnittskompetenz verstanden und findet deshalb in der DQR-Matrix nicht eigens Erwähnung.“ (Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen 2001, S. 8f.)

Kompetenzorientierung in der beruflichen Bildung zeichnet sich durch die Orientierung an einem definierten Verständnis beruflicher Handlungskompetenz aus.

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Kompetenzorientierung

Schriftliche Prüfung –

Kompetenzdimensionen differenziert nach Aufgabenteilen in Prozent

100 100 100

58

39

14

56

67

12

0

20

40

60

80

100

GAP II AuF (N=52) GAP II FT (N=36) GAP II WiSo (N=29)

Wissen

Fertigkeiten

Methodenkompetenz

Sozialkompetenz

Selbständigkeit

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Kompetenzorientierung – Aufgabenbeispiel

Aufgabe 2_W_AuF_B_P1_06 Dimensionen:

• Wissen

• Fertigkeiten

• Selbständigkeit

• Methodenkompetenz

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Kompetenzorientierung

Arbeitsauftrag

Betrieblicher Auftrag Praktische Arbeitsaufgabe

• Wissen und (indirekt) Fertigkeiten • Reflexionsfähigkeit als Aspekt von

Selbständigkeit • Kommunikationsfähigkeit wird im

Fachgespräch erkennbar, aber (von der Anwendung von Fachsprache abgesehen) nicht bewertet.

• Wissen wird benötigt, Schwerpunkt auf Fertigkeiten und Methodenkompetenz.

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Taxonomiestufen

Kognitive Leistungsprozesse beschreiben die kognitive Anforderung, die in einer Prüfungsaufgabe vom Prüfling verlangt wird. Dabei wird nach Anderson, Krathwohl et al. (2001) unterschieden in:

− Erinnern („remember“)

− Verstehen („understand“)

− Anwenden („apply“)

− Analysieren („analyse“)

− Bewerten („evaluate“)

− Gestalten („create“)

Wissensdimensionen beschreiben unterschiedliche Arten von Wissen, die nach Anderson, Krathwohl et al. (2001) unterschieden werden in:

− deklaratives Wissen („factual knowledge)“

− konzeptionelles Wissen („conceptual knowledge“)

− prozedurales Wissen („procedural knowledge“)

− metakognitives Wissen („metacognitive knowledge“)

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Kognitive Leistungsprozesse

Schriftliche Prüfung -

Kognitive Leistungsprozesse differenziert nach Aufgabenteilen in Prozent

100 100

86

77 83

45 42 36

10 17

3 7 8

3 6

0

20

40

60

80

100

GAP II AuF (N=52) GAP II FT (N=36) GAP II WiSo (N=29)

Erinnern

Verstehen

Anwenden

Analysieren

Bewerten

Gestalten

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Kognitive Leistungsprozesse – Aufgabenbeispiel

Aufgabe: 2_W_AuF_B_P1_07

Leistungsprozesse:

• Erinnern

• Verstehen

• Anwenden

• Analysieren

• Bewerten

• Gestalten

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Kognitive Leistungsprozesse

Arbeitsauftrag

Die Bearbeitung beider Instrumente des Arbeitsauftrags erfordert, wenn auch auf unterschiedliche Weise, von den Prüflingen die kognitiven Leistungsprozesse „Erinnern“ – „Verstehen“ – „Anwenden“ – „Analysieren“ und „Bewerten“, beim „betrieblichen Auftrag“ teilweise auch „Gestalten“.

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Wissensdimensionen

Schriftliche Prüfung –

Wissensdimensionen differenziert nach Aufgabenteilen in Prozent

100 100 100

73

83

31

54 53

10

0

20

40

60

80

100

GAP II AuF (N=52) GAP II FT (N=36) GAP II WiSo (N=29)

Deklarativ

Konzeptionell

Prozedural

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Wissensdimensionen – Aufgabenbeispiel

Wissensdimensionen:

• Deklaratives Wissen

• Konzeptionelles Wissen

• Prozedurales Wissen

Aufgabe: 2_W_FT_A_16

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Wissensdimensionen

Arbeitsauftrag

Betrieblicher Auftrag Praktische Arbeitsaufgabe

• Beide Varianten erfordern deklaratives, konzeptionelles sowie prozedurales Wissen.

• Metakognitives Wissen in den Fachgesprächen in Ansätzen: Reflexion der gewählten Problemlösungsstrategien

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Individualisierung

Schriftliche Prüfung –

Individualisierung differenziert nach Aufgabenteilen in Prozent

Individualisierung beruht darauf, dass in der Aufgabe eine Problemsituation formuliert wird, die an die individuellen Erfahrungen des Prüflings in seinem Ausbildungsbetrieb anknüpft.

100 100 100

0

20

40

60

80

100

GAP II AuF(N=52) GAP II FT (N=36) GAP II WiSo (N=29)

trifft gar nicht zu

trifft teils-teils zu

trifft voll zu

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Individualisierung

Arbeitsauftrag

Betrieblicher Auftrag Praktische Arbeitsaufgabe

• Hohe Individualisierung, reale betriebliche Aufträge werden bearbeitet.

• Für alle Prüflinge identisch, Erfahrung im Umgang mit Maschinen und Material notwendig.

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In den Prüfungen zeigt sich berufliche Handlungsfähigkeit als Anwendung von Wissen zur Lösung von Aufgaben.

Die Auswahl der Instrumente muss sich an den Anforderungen des jeweiligen Berufs orientieren.

Im Beruf Werkzeugmechaniker/-in wird über alle berufsbezogenen Prüfungsbereiche hinweg Erfahrungs- und theoretisches Wissen benötigt, allerdings in einer unterschiedlichen Gewichtung.

Die berufsbezogenen Prüfungsbereiche erfordern häufiger das Verständnis systematischer Zusammenhänge.

Mit dem „betrieblichen Auftrag“ wurde ein Instrument eingeführt, das Erfahrungswissen als Arbeitsprozesswissen erfasst.

Fazit und Ausblick

Welches Wissen wird benötigt, um Abschlussprüfungen dualer Ausbildungen erfolgreich zu absolvieren?

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Kontakt:

Barbara Lorig, Katrin Gutschow, Miriam Mpangara

Bundesinstitut für Berufsbildung

AB 4.1 „Strukturfragen der Ordnungsarbeit, Prüfungswesen und

Umsetzungskonzeptionen“

Robert-Schuman-Platz 3, 53175 Bonn

E-Mail: [email protected], [email protected], [email protected]

Projektbeschreibung: https://www2.bibb.de/tools/fodb/pdf/at_42333.pdf

Zwischenbericht: https://www2.bibb.de/tools/fodb/pdf/zw_42333.pdf

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