Molekularbiologische Methoden in der Tumordiagnostik

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J.H. Clement · K. Höffken · S.WölflKlinik für Innere Medizin II (Hämatologie,Onkologie,Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen)

der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Abteilung für Zell- und Molekularbiologie,

Hans-Knöll-Institut für Naturstoff-Forschung e.V., Jena

Molekularbiologische Methodenin der Tumordiagnostik

Genom kodiert sind, die Umsetzung dergenetischen Information, die Expressi-on der Gene und deren Zusammenspiel,alle zellulären Funktionen ermöglicht,die durch die Integration von äußerenund inneren Signalen reguliert werden(Abb. 1).

Fehlfunktionen können dabei aufallen Ebenen auftreten und in unter-schiedlicher Weise zu malignen Ent-wicklungen beitragen:◗ Genomebene:

(DNA, Chromosomen)Mutationen der BasensequenzDeletion eines GenabschnittsAmplifikation eines GenabschnittsTranslokation zwischen Chromo-somen

◗ RNA-Ebene(mRNA, ribosomale RNA)Defekte bei der Prozessierung der mRNADefekte beim Transport der mRNAVeränderte Stabilität der mRNA

◗ ProteinebeneVeränderte StabilitätMißfaltung Posttranslationale Modifikationen

Die möglichst effiziente Behandlungvon Tumorerkrankungen beginnt mitdem Erkennen der Tumorerkrankungselbst, ihrer exakten Charakterisierungund Beschreibung,als Voraussetzung fürdie Therapieentscheidung,sowie der Be-gleitung und Absicherung der daraus re-sultierenden Behandlung und nicht zu-letzt der regelmäßigen, kritischen Kon-trolle in der Nachsorge. Allen malignenErkrankungen liegt eine Veränderungdes Zellwachstums oder der Zellfunkti-on zugrunde. Für die Beurteilung derErkrankung spielt das Erkennen dergrundlegenden molekularen Fehlfunk-tionen eine entscheidende Rolle.Ziel da-bei ist, den individuellen Tumorursa-chen auf die Spur zu kommen und eineroptimierten Behandlung zugängig zumachen. Im klassischen Ansatz werdenmaligne Erkrankungen durch ein Er-kennen des veränderten Wachstums imZellverband im Lichtmikroskop identi-fiziert. Von dieser morphologischenEbene aus entwickelten sich mehr undmehr Verfahren, die nicht mehr diekomplexen Verhältnisse der Gewebeoder Zellverbände analysierten, sondernsich mit einzelnen Bestandteilen derZellen, mit Molekülen, nämlich Protei-nen, Nukleinsäuren und deren Verände-rungen als Ursache und Marker für ma-ligne Transformationen einer Zelle, ei-nes Zellverbandes oder eines Gewebesbeschäftigen. Dabei gilt für jede Zelle,daß die Grundlagen aller Funktionen im

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Zum Thema: Molekulare OnkologieOnkologe 1999 · 5: 867–876 © Springer-Verlag 1999

Molekularbiologische Verfahren dienender Untersuchung der Bausteine der Zel-len und ihren Veränderungen durch in-terne und externe Einflüsse. Die Analyseder genomischen DNA, der mRNA undder Proteine von Tumorzellen im Ver-gleich zu nicht-entarteten Zellen gibtwichtige Aufschlüsse über die Entste-hung einer Tumorerkrankung, ihre Ent-wicklung und daraus resultierend Hin-weise für die therapeutischen Maßnah-men, die ergriffen werden können. ImFolgenden sollen molekularbiologischeMethoden vorgestellt werden, die be-reits in der Diagnostik fest etabliertsind, oder in Zukunft für eine individua-lisierte Diagnostik zur Verfügung stehenwerden.

Dr. J. H. ClementKlinik für Innere Medizin II,

Hämatologie, Onkologie, Endokrinologie

und Stoffwechselerkrankungen

der Friedrich-Schiller-Universität Jena,

Erlanger Allee 101, D-07740 Jena,

e-mail: clement@polkim. med. uni-jena. de

spezifisch und notwendig für die Ent-wicklung des Tumors sind oder aber nurein eher unwesentliches Nebenproduktdes Tumorwachstums darstellen, ist z. Z.noch vollkommen offen. Fest steht, daßdie Expression von Genen im Tumorge-webe an den Stoffwechselbedarf des Tu-morwachstums angepaßt sein muß. ImVergleich zum normal differenziertenGewebe gilt für die Tumorzelle:

⇒ Optimierung des Stoffwechsels undder Zellzyklusregulation und Unter-binden von Mechanismen, die zumAbsterben der Zelle führen.

Wie dies von der Tumorzelle reguliertwird ist eine wesentliche Frage und ent-hält mögliche Schlüssel zum Verständ-nis von Tumoren, sowie zur Behandlung(Abb. 2).

Die Grundlage für die molekularenUntersuchungen bieten neue analyti-sche Methoden und die Entwickung aufdem Gebiet der menschlichen Genom-analyse. Mit dem in absehbarer Zeit zuerwartenden ersten Abschluß der Se-quenzierung des menschlichen Genoms,steht im Prinzip die Sequenzinformati-on aller menschlichen Gene zur Verfü-gung, durch die alle Gene eindeutigidentifiziert werden können. In Verbin-dung mit immunologischen Methodenkönnen somit jederzeit alle Genproduk-te einer Zelle auf allen Ebenen erfaßtwerden. Die Sequenzanalyse der DNAgibt Aufschluß über Mutationen auf derGenomebene, sequenzspezifische Ana-lyse auf der Ebene der mRNA zeigt dasExpressionspotential einer Zelle und aufder Proteinebene ist es dann auch nochmöglich zu erfassen, welche Interaktio-nen und Modulationen, z. B. Phosphory-lierung, in der Zelle erfolgen.

Basierend auf den bisherigenKenntnissen haben sich bereits eine Rei-he von molekularbiologischen Metho-den in der Diagnostik etabliert und sichein breites Anwendungsfeld erschlossen.Die wichtigsten Aufgaben bestehen:◗ in der diagnostischen Unterscheidung

neoplastischer und nicht-neoplasti-scher Prozesse, wie z. B. Entzündun-gen, sowie der Unterscheidung vonmalignen und benignen Wucherun-gen;

morerkrankungen, sowie bei deren wei-terem Verlauf spielen.Von den mehr als100.000 Genen im menschlichen Ge-nom werden entsprechend aktueller Un-tersuchungen und unterstützt durchklassische Überlegungen zur Komplexi-tät zellulärer Funktionen und desmenschlichen Organismus in jeder Zel-le zwischen 10.000 und 20.000 Gene ex-primiert. Zieht man davon die Gene fürden in allen Zellen erforderlichenGrundhaushalt des Stoffwechsels ab, ste-hen mehr als 90.000 Gene zur Anpas-sung an spezifische Zellfunktionen zurVerfügung.

Soweit bekannt, scheint für Tumor-zellen zu gelten, daß dort in der Regelmehr Gene exprimiert werden als in ver-gleichbaren nicht entarteten Zellen. Obdie Expression der zusätzlichen Gene

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Die Effekte dieser Veränderungen rei-chen von einem Funktionsverlust desGenprodukts über eine begrenzte Mo-dulation der Funktion bis hin zur star-ken Überaktivierung.Auch wenn Verän-derungen auf der DNA- und Chromoso-menebene eine überragende Bedeutungzukommt, führen Schäden auf den an-deren Ebenen genauso zu einer Verän-derung der Zellentwicklung (Abb. 2).

Mittlerweile sind diagnostische Me-thoden soweit verfeinert, daß die Verän-derungen einzelner Bausteine, z.B.Ami-nosäuren bei Proteinen oder Basenpaa-re bei Nukleinsäuren, in sehr wenig Aus-gangsmaterial nachgewiesen werdenkönnen.Dies führte zur Entdeckung vonGenen, mRNAs und/oder Proteinen, dieeine maßgebliche, wenn nicht entschei-dende Rolle bei der Entstehung von Tu-

Abb. 2 m Schematischer Überblick über molekulare Veränderungen währendder Tumorentstehung

Abb. 1 m Was sind Genexpressionsanalysen? Die Expression von Genen und die Funktion der Genprodukte werden durch äußere und zell-interne Bedingungen beeinflußt. Expressionsanalysen können auf mRNA- und Proteinebene durchgeführt werden

◗ in der Identifizierung des zellulärenUrsprungs des Tumors durch die Be-trachtung der Zelldifferenzierung;

◗ in der Analyse der Tumorprogression,sowie Gewinnung von Erkenntnissenüber die lokale oder die distale Aus-dehnung des Tumors,die zu einer bes-seren Einteilung und Unterteilung derTumoren führen können, was wiede-rum als Konsequenz zielgenauereTherapien nach sich zieht;

◗ in der Erkennung und Kontrolle derminimal residuellen Erkrankung oderdem erneuten Auftreten der Erkran-kung;

◗ im Nachweis vererbter Prädispositio-nen für bestimmte Tumoren. Hierstößt die molekulare Diagnostik auchan ethische Grenzen, die kontroversdiskutiert werden.

Molekularbiologische Metho-den in der Tumorforschung

Im Folgenden sollen in der gebotenenKürze die Verfahren vorgestellt werden,die im Rahmen der „molekularen Dia-gnostik“ eingesetzt werden, oder in na-her Zukunft zum Einsatz kommen wer-den. Obwohl immunologischen und im-munhistochemischen Nachweisverfah-ren große Bedeutung zukommt, werdenwir uns auf die molekularen Methodenauf Nukleinsäureebene beschränken.

Southern blot

Mit dem Southern blot [21] können Ver-änderungen oder Unterschiede in derDNA-Nukleotidsequenz, insbesonderewenn größere Bereiche,wie z.B.Translo-kationen, große Deletionen, Amplifika-tionen und Mikrosatellitenexpansionvorliegen, gezeigt werden. Außerdemkann mit dieser Methode der Nachweisfremder DNA, wie z. B. viraler DNA, inTumorzellen erfolgen. Die Nachteile lie-gen in der langen Versuchsdauer von et-wa 5–6 Tagen und in der Notwendigkeitbegründet, daß intakte hochmolekulareDNA vorhanden sein muß, was hoheAnforderungen an die Probengewin-nung stellt. Weiterhin ist eine relativniedrige Sensitivität (1 in 100 Zellen), so-wie der nach wie vor übliche Einsatz vonRadioaktivität zu nennen.

Kurze DNA-Moleküle binden an diekomplementären Sequenzen von einzel-strängiger DNA und dienen als Starter(Primer) für eine hitzestabile Polymera-se,deren bekanntester Vertreter eine Po-lymerase aus dem ArchäbakteriumThermophilus aquaticus (Taq-Polyme-rase) ist. Die Polymerase verlängert denPrimer und nutzt den vorhandenenStrang als Matrize, bis der Reaktionsan-satz hoch erhitzt wird und damit zumeinen die Polymerase von der DNA ge-löst wird und zum anderen der neu syn-thetisierte Strang vom Mutterstrang ge-trennt wird. Nach Abkühlen beginnt derZyklus von neuem. Bei jedem Zyklusverdoppelt sich im Idealfall die Zahl derMoleküle, die eine perfekte Anlagerungder Primer erlauben. Damit erreichtman mit n Zyklen letztlich 2n DNA-Mo-leküle, die dann nachgewiesen werdenkönnen.

Zur Untersuchung von mRNA ist esnotwendig, diese zuerst in DNA umzu-schreiben. Dies ist mit dem viralen En-zym „reverse Transkriptase“ möglich.Die so in vitro synthetisierte cDNA kanndann zur Amplifikation eingesetzt wer-den. Die RT-PCR (Reverse Transkripta-se-PCR) [12] wird zum Nachweis von tu-morspezifischen Transkripten, Fusions-transkripten, Transkripten von amplifi-zierten oder überexprimierten Genenverwendet. Die RT-PCR bietet die höch-ste Sensitivität (1 Zelle in 1 Mio. andererZellen) um okkulte, disseminierte Tu-morzellen und eine minimal residuelleErkrankung nachzuweisen. Bei hämato-logischen Erkrankungen wird diese Me-thode routinemäßig eingesetzt,weil cha-rakteristische, tumorspezifische Markerfür verschiedene hämatologische Neo-plasien bekannt sind. Bei soliden Tumo-ren mangelt es hingegen an solchen tu-morspezifischen Markern, obgleichzahlreiche Genprodukte als potentielleTargets zum Nachweis einer minimal re-siduellen Erkrankung oder einem Wie-derauftreten der Erkrankung vorge-schlagen wurden.

Vorteile der Methode beruhen auf:1. der Schnelligkeit der Durchführung,2. der Möglichkeit fragmentierte Nukle-

insäuren zu untersuchen, was bei Ma-terial, das in Paraffin eingebettet ist,von Bedeutung ist,

In den letzten Jahren sind eine Rei-he nicht-radioaktiver Methoden, die aufFarbreaktionen beruhen, entwickeltworden, die fast die Sensitivität der Mar-kierung mit Radioisotopen erreichenund zusätzlich erlauben, die Fragmentefür verschiedene Sonden mit unter-schiedlichen Farben zu markieren.

In Situ Hybridisierung und Fluores-zenz-In Situ Hybridisierung

Mit In Situ Hybridisierung (ISH) undFluoreszenz-In Situ Hybridisierung(FISH) [14, 15] können chromosomaleAbnormalitäten, die sich über größereBereiche auf einzelnen Chromosomenerstrecken, identifiziert werden. DNA-Proben, die aus dem interessierendenBereich stammen und radioaktiv- oderfluoreszenzmarkiert sind, werden gegenMetaphase-Chromosomen auf Objekt-trägern oder gegen Chromatin in denintakten Zellen hybridisiert. Als Probenwerden eingesetzt:◗ Gemische aus DNA-Fragmenten, die

aus dem zu untersuchenden Bereichstammen (Chromosome painting)oder

◗ DNA-Fragmente, die chromosomen-spezifische repetitive Sequenzen ent-halten oder

◗ DNA-Fragmente, die hochspezifische-nichtrepetitive Sequenzen enthalten,häufig Cosmide oder BACs (bacterialartificial chromosomes).

Die Methode eignet sich auch zum Ein-satz an formalinfixierten Paraffinschnit-ten. Erwähnenswert ist der Bezug zurMorphologie in den Gewebeschnitten,den diese Methode beinhaltet.

Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR)/Reverse Transkriptase (RT)-PCR

Die Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR)[16] nutzt 3 biochemische Gegebenhei-ten aus:◗ die Komplementarität von Nuklein-

säuren,◗ die Einzigartigkeit der Basenabfolge,◗ die Thermostabilität von bestimmten

Polymerasen.

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3. der nicht-radioaktiven Durchfüh-rung,

4. der hohen Sensitivität (1 Zelle in mehrals 10.000 Zellen).

Die hohe Sensitivität ist jedoch auch einNachteil, da ein einziges Template zu ei-nem (falsch-)positiven Resultat führenkann. Deshalb ist die räumliche Tren-nung von PCR-Vorbereitung, PCR-An-satz und PCR-Analyse sehr anzuraten.Ein weiteres Problem der PCR war langeZeit die fehlende Möglichkeit zur Quan-tifizierung. Durch den Einsatz internerStandards, sowie von kompetierendenDNA-Molekülen konnte zumindest einesemi-quantitiative Analyse vorgenom-men werden. Mit Einführung der real-time-PCR (TaqMan™ [9], LightCycler™[27]). ist man hier einen großen Schrittvorangekommen.

Eine weiteres wichtiges, wenn nichtgar das wichtigste Problem ist der Erhaltzuverlässiger und reproduzierbarerPCR/RT-PCR-Daten. Unabdingbare Vor-aussetzung hierfür ist die akkurate Ent-nahme der Probe und die bestmöglicheLagerung derselben. Darauf wies unteranderen die Melanom-Kooperations-gruppe der EORTC nach der Auswer-tung von Ringversuchen hin [13].

Hochparallele Expressionsanalyse

Wie bereits oben erwähnt ist von beson-derem Interesse, möglichst viele oderggf. sogar alle Gene zu erfassen, die nurim Tumor oder nur in der normalen Zel-le exprimiert werden. Abhängig davon,ob die Basensequenzen der Gene be-

als zwei Proben in einer experimentel-len Untersuchung miteinander vergli-chen werden. Jede Probe wird dann miteiner Reihe von RT-Primern in cDNAüberschrieben. Anschließend werdendiese cDNA Proben mit einer größerenZahl zufällig ausgewählter Primer undjeweils dem für die cDNA-Synthese ver-wandten Primer amplifiziert. Alle Pro-ben werden über Gelelektrophorese auf-getrennt und spezifische Produkte iden-tifiziert. Diese werden isoliert und se-quenziert.Abschließend wird überprüft,ob diese Gene tatsächlich differenziellexprimiert sind. Durch die sehr großeZahl von Reaktionen ist diese Methodeaufwendig und nur wenige der zunächstidentifizierten Fragmente werden tat-sächlich differenziell exprimiert.

Serielle Analyse der Genexpression

Bei der seriellen Analyse der Genexpres-sion [24, 28] wird von jeder zu untersu-chenden Probe RNA isoliert und incDNA überschrieben. Nach Erhalt vondoppelsträngiger cDNA wird diesedurch ein Restriktionsenzym verdaut.Jeweils die Hälfte jeder cDNA Probewird mit einem Linker A und einem Lin-ker B ligiert, die beide die Erkennungs-sequenz für ein Enzym enthalten,das imAbstand von 13 Nukleotiden schneidet.Dadurch erhält man bekannte Sequenz-fragmente für jede mRNA-Sequenz vonetwa 10–13 Nukleotiden, die jeweils ne-ben einer Schnittstelle des ersten Re-striktionsenzyms auf der cDNA liegen.Diese Fragmente werden ligiert und am-plifiziert,wiederum ligiert und anschlie-ßend zu Gruppen mit insgesamt 800 bpLänge kloniert und sequenziert. Nachder Sequenzanalyse werden die genspe-zifischen Sequenzmotive sortiert undmiteinander verglichen. Für die korre-spondierenden Gene läßt sich über dieHäufigkeit auch das relative Expressi-onsniveau bestimmen.

All diese Methoden haben einenentscheidenden Nachteil. Sie lassen sichzwar für viele wissenschaftliche Frage-stellungen einsetzen, sind jedoch sehraufwendig. Außerdem erfordern dieseMethoden eine unabhängige Überprü-fung der Ergebnisse bevor diese für wei-tere Arbeiten eingesetzt werden können.

kannt oder noch unbekannt sind, stehendazu im wesentlichen folgende Metho-den zur Verfügung: Subtraktive RT-PCR,Differential Display RT-PCR (DDRT-PCR), Serielle Analyse der Genexpressi-on (SAGE) und Hybridisierung aufcDNA- oder Oligonukleotid-Arrays.Subtraktive RT-PCR, DDRT-PCR undSAGE ermöglichen im Prinzip alle Ge-ne, auch unbekannte, zu erfassen. Diesist ein entscheidender Unterschied zuden Hybridisierungsmethoden, bei de-nen meist Sonden für bekannte Gene ge-nutzt werden und somit auch nur be-kannte Gene erfaßt werden.

Subtraktive RT-PCR

Von den beiden zu vergleichenden Pro-ben wird RNA isoliert, in cDNA über-schrieben und mit geeigneten Adapto-ren versehen. Eine Probe dient als Refe-renz die von der zweiten Probe, der Tar-getprobe, subtrahiert wird. Dazu wirdein Überschuß der Referenzprobe ein-gesetzt, um aus der Targetprobe alle Mo-leküle zu entfernen, die auch in der Re-ferenzprobe enthalten sind. Zurückblei-ben sollten nur Sequenzen die spezifischfür die Targetprobe sind. Diese werdenkloniert und sequenziert. Die Spezifitätder Expression der gefundenen Gene inden Targetzellen wird dann durch wei-tere Analysen überprüft [10, 23].

Differential Display RT-PCR (DDRT-PCR)

Bei der DDRT-PCR [1] wird von den zuuntersuchenden Proben RNA isoliert.Dabei können mit dieser Methode mehr

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Abb. 3 b SchematischerAufbau eines Oligonuk-leotid-Arrays. An definier-ten Positionen sind jeweils Oligonukleotideeiner Sequenz immobili-siert. Durch sequenzspezi-fische Hybridisierung können Moleküle komple-mentärer Sequenz nach-gewiesen werden

Für eine schnelle zuverlässige Untersu-chung insbesondere am Patienten sindsie jedoch ungeeignet.

Eine neue Perspektive für eine brei-te Anwendung in der molekularen Dia-gnostik und für fast alle Bereiche derklinischen Diagnostik scheint sich je-doch durch den Einsatz von DNA-Son-den-Arrays [6, 19, 22] zu eröffnen. Vondieser Technik wird erwartet, daß siesich bald zu einer schnellen und zuver-lässigen Methode entwickelt und auchim großen Routinemaßstab eingesetztwerden wird.

DNA Arrays (Sonden Arrays, DNA Chips)

Wie bei allen anderen Verfahren ist dieIsolierung von RNA aus den zu untersu-chenden Proben der erste Schritt. Diesewerden dann durch eine geeignete Me-thode (Fluoreszenz oder Radioisotopen)markiert oder zur Synthese von mar-kierter cDNA verwendet. Die markier-ten Proben werden zur Hybridisierungeines Sonden Arrays eingesetzt und an-schließend die Hybridisierungssignaleausgewertet. Nach Normalisierung aufeinen geeigneten internen Standardkönnen verschiedene Hybridisierungs-experimente miteinander verglichenwerden.

Voraussetzung für diese Methodeist der Zugang zu geeigneten Sonden Ar-rays. Diese können auf verschiedeneWeise erzeugt werden.

Verfahren für die Herstellung ent-sprechender Arrays sind:◗ die in situ Synthese [4, 6],◗ die Ablage von bereits synthetisierten

Oligonukleotiden,◗ die Ablage von PCR-Produkten

und/oder cDNA [19].

Je nach Träger und Größe spricht manvon ◗ Filter Arrays: auf Nylon Membranen,◗ miniaturisierten Arrays: z. B. auf Ob-

jektträgern [19],◗ DNA Chips: auf Glas oder Silizium

Wafern [4, 5, 6]

Allen gemeinsam ist, daß jeder Positionauf dem Array eine definierte Sonden-sequenz zugeordnet werden kann undein Signal an dieser Position die Expres-

dem Array können alle Signale einerspezifischen Hybridisierung mit einerimmobilisierten Sonde zugeordnet wer-den und geben einen Aufschluß, welcheGene von den durch die Sonden repre-sentierten Gene in der untersuchtenZellprobe exprimiert werden. Die Inten-sität der Signale ist proportional der inder Zelle vorhandenen mRNA Kopien.Durch Bezug zu internen Standards las-sen sich verschiedene Untersuchungenmiteinander vergleichen.

In Verbindung mit den Möglichkei-ten der Mikrosystemtechnologie befin-

sion eines Gens mit dieser Basense-quenz wiedergibt (Abb. 3).

Der große Vorteil dieser Methodeliegt in der einfachen Durchführung undder Möglichkeit, jede gewünschte Se-quenz an einer definierten Stelle abzule-gen.Ist die gesamte Sequenz des mensch-lichen Genoms bekannt, wird es möglichin einem Experiment die Expression al-ler Gene zu erfassen. Entsprechende Un-tersuchungen mit Sonden für alle Genewerden bereits bei der Bäckerhefe durch-geführt [3,8,11].Ob solche,komplexe Un-tersuchungen für die Diagnose geeignetsind,ist noch offen.Ein wesentliches Pro-blem stellt dabei die für jede Untersu-chung benötigte Menge an RNA dar, dieeine verhältnismäßig hohe Zahl an Zel-len, etwa 107 bis 109, je nach Gewebe undExpressionsniveau, erfordert.

Wie diese Methode eingesetzt wer-den kann, soll an einem Beispiel erläu-tert werden. In Abb. 4 ist eine Hybridi-sierung eines cDNA Arrays abgebildet(Atlas-Array™, Clontech, Heidelberg).Jeder Punkt auf der Filtermembran ent-spricht einem cDNA Fragment, wobeijede Sonde paarweise an zwei nebenein-anderliegenden Punkten immobilisiertist. Insgesamt sind hier Sonden für 588Gene abgelegt. Die Hybridisierung er-folgte mit 32P-markierter cDNA diedurch reverse Transkription von mRNAaus der Brustkrebszelllinie SK-BR-3 er-halten wurde. Durch die Position auf

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Abb. 4 m Hybridisierung auf einem cDNA Array (Atlas-Array™, Clontech, Heidelberg)mit32P-markierter cDNA der Brustkrebszelllinie SK-BR-3

Abb. 5 . DNA Chip in Hybridisierungskammer(mit freundlicher Genehmigung der CLONDIAG

CT GmbH Jena)

den sich vollintegrierte Systeme in Ent-wicklung, die eine einfache Handha-bung mit einer hohen Zuverlässigkeitbei der Durchführung von DNA Chip-Hybridisierungen ermöglichen sollen.Ein solches System aus einem DNA-Chip in einer miniaturisierten Hybridi-sierungskammer ist in Abb.5 dargestellt.

Für die nächste Zukunft ist zu er-warten, daß für klinisch relevante Frage-stellungen Gruppen von Genen definiertwerden können, die sich besonders alsExpressionsmarker für diagnostischeAnwendungen eignen (Abb. 6). Wirddarauf aufbauend nur eine begrenzteAnzahl von Genen untersucht, sollte esmöglich werden, durch selektive, gleich-zeitig aber auch parallele Amplifizierungdieser Expressionsmarker mit geringerenProbenmengen für die Untersuchungenauszukommen.So werden auch Analysenaus Biopsiematerial möglich.

In situ Hybridisierung und In situ RT-PCRvon mRNA

In allen oben beschriebenen Verfahrenzur Expressionsanalyse werden die Ver-änderungen von einer größeren Zahlvon Genen untersucht. Es kann jedochnicht unterschieden werden, ob dieseGene in allen Zellen oder nur in einemTeil der Zellen exprimiert werden. In Ex-perimenten mit nur einem einzelnenZelltyp in der Zellkultur darf angenom-men werden, daß sich die Expressions-profile in den einzelnen Zellen nicht we-sentlich unterscheiden. In Proben vonPatienten stellt sich jedoch die Frage oballe Zellen einer Probe gleich sind undin welchen Zellen welche Gene expri-miert werden. Zum einen kann die Tu-morprobe aus gesunden und malignenZellen bestehen, zum anderen könnte esauch Unterschiede in der Expressionzwischen den Tumorzellen geben.

In situ Hybridisierung [2, 7] und Insitu PCR/RT-PCR [17] ermöglichen es,die Expression in einzelnen Zellen inGeweben zu untersuchen.Zunächst wer-den die Gewebeschnitte fixiert,anschlie-ßend für die Hybridisierung mit einermarkierten Probe inkubiert und gewa-schen. Für die PCR/RT-PCR werden dieGewebeschnitte mit Primern,Puffer undEnzymen beschichtet und in einen ge-

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Tabelle 1

Ausgewählte molekulare Marker in der Krebsdiagnostik (modifiziert nach Jeffrey L. Sklar und José C. Costa [20])

Erkrankung Marker Nachweismethode

Hämatologische ErkrankungenCML t(9;22)(q34;q11) SB, RT-PCR, FISH

(BCR/ABL)CLL ARGs SB, PCR

Trisomie 12 FISHALL

B-Zellen ARGs SB, PCRt(9:22)(q34; q11) RT-PCR, FISH(BCR/ABL)t(1;19)(q23;p13) RT-PCR, FISH(E2A/PBX)t(8;14)(q24;q32), SB, FISHt(2;8)(p11;q24),t(8;22)(q24;q11)(MYC, IGH, IGK, IGL)t(4;11)(q21;q23) RT-PCR, FISH(MLL/AF2)

T-Zellen ARGs SB, PCRt(1;14)(p32; q11) del (1p32) SB, PCR, FISH(TAL1,TCRA)

AMLM2 t(8;21)(q22;q22) SB, RT-PCR, FISH

(AML1/ETO)M3 t(15;17)(q21;q11) SB, RT-PCR, FISH

(PML/RARA)M4 inv 16(p13q22) t(16;16)(p13;q22) SB, RT-PCR, FISH

(MYH11/CBFb)M4Eo t(6;9)(p23;q34) SB, FISH

(DEK/CAN)Non-Hodgkin Lymphome

Generell AGRs SB, PCRFollikuläre t(14;18)(q32;q21) SB, PCR

(BCL2/IGH)Burkitt’s t(8;14)(q24;q32) SB

t(2;8)(p11;q24), t(8;22)(q24;q11) SB, FISH(MYC, IGH, IGK, IGL)EBV-DNA SB, PCR, ISH

Intermediäre t(11;14)(q13;q32) SB(BCL1/IGH)

Großzellige t(3;14)(q27;q32) SB(BCL6/IGH)

Lymphome, mit Immun- EBV-DNA SB, PCR, ISHsuppression assoziiertAdulte T-Zell-Leukämien/ HTLV1 SB, PCR, ISHLymphome

Solide TumorenEwing’s Sarkom PNET t(11;22)(q24;q12) SB, RT-PCR

(FLI1/EWS)Neuroblastom N-MYC Amplifikation SB, FISHMammakarzinom HER2/NEU/ERBB2 Amplifikation SB, RT-PCR, FISHProstatakarzinom PSA mRNA RT-PCR

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Abb. 6 . Einbeziehung komplexer Genexpressionsanalysen zur Aufklärung molekula-rer Mechanismen der Tumorentstehung und Tumorprogression. Beitrag zur Diagnose-stellung und Therapieentscheidung

Tabelle 1 (Fortsetzung)

Erkrankung Marker Nachweismethode

Blasenkarzinom TP53-Mutation PCR/Oligo-Hyb.Mikrosatelliten Variationen PCR/Oligo-Hyb.

Kopf/Hals-Tumoren TP53-Mutationen PCR/Oligo-Hyb.(Plattenepithelkarzinome)Kolonkarzinom K-RAS-Mutationen PCR/Oligo-Hyb.Ösophaguskarzinom TP53-Mutationen PCR/SSCP

PCR/SequenzierungBronchialkarzinom

Kleinzellig RB-Verlust FISHNichtkleinzellig TP53-Mutationen PCR/Sequenzierung

Hereditäre TumorenMamma BRCA1/BRCA2-MutationenKolon APC, MSH2, MLH1, PMS1,

PMS2-MutationenRetinoblastome RB-Mutation,WT1-Mutation PCR/SSCPVerschiedene Sarkome PCR/BRC

PCR/DGGEWilms’Tumor TP53-Mutation PCR/Sequenzierung

DNA MikroarrayLi-Fraumeni-Syndrom RET-MutationMEN 1 und MEN 2 VHL-MutationNierenkarzinom, NF1, NF2-MutationNeurofibrosarkom

SB: Southern blot; PCR: Polymerase-Ketten-Reaktion; RT-PCR: reverse Transkription-PCR; FISH:Fluoreszenz-In situ Hybridisierung; ISH: In Situ Hybridisierung; Oligo-Hyb.: Oligonukleotid-Hybridisie-rung; SSCP: Einzelstrang-Konformations-Polymorphismus; BRC: Bakteriophagen Resolvase Spaltung;DGGE: Denaturierende Gradienten-Gel-Elektrophorese; AML: Akute myeloische Leukämie; ALL: Akutelymphatische Leukämie; APL: Akute Promyelozytenleukämie; CML Chronisch myeloische LeukämieUnter den genetischen Alterationen sind in Klammern die Namen der Marker angegeben

eigneten Thermozykler gegeben. In bei-den Fällen kann anschließend die Ver-teilung der spezifischen mRNA im Ge-webe beobachtet werden und in Bezie-hung zu morphologischen Unterschie-den zwischen den Zellen gesetzt werden.

Sequenzierung von cDNA-Fragmenten

Eine weitere Möglichkeit, die Expressionvon Genen mit Geweben und pathogenenProzessen in Beziehung zu setzen, ist dieSequenzierung von cDNA-Fragmentenaus entsprechenden Geweben. Die dabeierhaltenen Sequenzfragmente exprimier-ter Gene werden als „expressed sequencetags“ (ESTs) bezeichnet. Eine Reihe vonFirmen versuchen diese Methode kom-merziell für die Identifizierung neuer the-rapeutischer Targets zu nutzen.Im öffent-lichen Bereich sind entsprechende Projek-te in verschiedenen Ländern in Bearbei-tung und über Sequenzdatenbanken zu-gänglich,z.B.European Bioinformatics In-stitute; EBI Hixton, UK, Ressourcenzen-trum im Deutschen Humangenomprojekt,RZPD Berlin-Heidelberg,National Centerfor Bio-Informatics, NCBI, USA. Ein Ver-such diese Daten direkt mit Tumoren inBeziehung zu setzen erfolgt im CancerAnatomy Project am National Center forCancer Research in Bethesda,USA.

Anwendungsmöglichkeiten in der Tumordiagnostik

Zentrales Anliegen medizinischer For-schung ist die Verbesserung der Be-handlungsmöglichkeiten für den Pati-enten. Im Falle von Tumorerkrankun-gen heißt dies frühzeitiges Erkennender Krankheit, detaillierte Prognose mitder Erfassung individueller Faktoren,therapiebegleitende Untersuchungenund Folgeuntersuchungen, um Risikeneines Wiederauftretens oder der Bil-dung von Metastasen zu begegnen. Hierkönnen die genannten molekularbiolo-gischen Methoden im Rahmen einer„molekularen Diagnostik“ eine wichti-ge Rolle spielen [26].

Nachweis von Tumorgenen

Gene können aktiv durch Mutationenoder durch fehlerhafte Regulation an

der malignen Transformation beteiligtsein, man spricht dann von Onkogenen.Auch durch Inaktivierung oder Verlustvon Genen kann eine maligne Transfor-mation von Zellen ausgelöst werden.Diese Gene werden als Tumorsuppres-sorgene bezeichnet. Die Prozesse die zurkonstitutiven Aktivierung von Onkoge-nen, bzw. konstitutiven Inaktivierungvon Tumorsuppressorgenen führen rei-chen von Translokationen und Rearran-gements, über Amplifikationen undPunktmutationen bis zur Instabilität re-petitiver Sequenzen. Allerdings könnenauch andere Gene durch derartige Pro-zesse in ihrer Expression oder deren Re-gulation beeinflußt werden und somitzur Tumorprogression beitragen.

Translokationen finden sich über-wiegend bei lymphatischen Leukämienund betreffen die Loci der Immunglobu-lin(Ig)-Gene bei B-Lymphozyten und

Fusionsprodukt BCR/ABL wird aufDNA, mRNA/cDNA und Proteinebenenachgewiesen.Amplifikationen von Ge-nen, die für Wachstumsfaktoren, derenRezeptoren (EGFR, ERBB-2), sowieTranskriptionsfaktoren (MYC) kodie-ren, tragen zu einer Deregulation desZellwachstums in Tumoren bei.

Schließlich führen Punktmutatio-nen wie bei dem Signaltransduktions-molekül RAS zur permanenten Aktivie-rung,oder im Falle vom Genprodukt desRetinoblastoma-Gens (RB) oder von p53zu Verlust der normalen Funktion unddamit zur Deregulation des Zellzyklus.Die genannten malignen Veränderun-gen sind wichtige Indikatoren für dieDiagnostik. In Tabelle 1 sind ausgewähl-te Gene aufgeführt, die bei der primärenDiagnostik, bei der Prognose und beider Verlaufskontrolle hämatologischerNeoplasien, sowie bei soliden TumorenBedeutung erlangt haben.

Minimal residuelle Erkrankung

Viele Patienten versterben nicht an ih-ren Primärtumoren, sondern an Meta-stasen.Aus diesem Grunde werden viel-fältige Anstrengungen unternommen,um Marker zu finden, die anzeigen, obund wann solide Tumoren Tumorzellenabsiedeln.Als wichtige Kandidaten wer-den Proteasen angesehen, die es den Tu-morzellen ermöglichen, die Extrazellu-lar-Matrix zu durchdringen. Weiterhinwerden Gene und deren Produkte unter-sucht, die mit der tumoreigenen Neoan-giogenese in Verbindung stehen. Dazugehören Wachstumsfaktoren und derenRezeptoren wie VEGF/VEGF-Rezeptorund FGF/FGF-Rezeptor. Neben diesentumorspezifischen Markern, die auf be-stimmte Aktivitäten oder Fähigkeitendes Tumors hinweisen, könnte es vonBedeutung sein, ob sich bereits Tumor-zellen in der Peripherie befinden.

In den letzten Jahren gibt es zuneh-mend Hinweise, daß disseminierte Tu-morzellen Ausgangspunkt für entfernteMetastasen werden könnten. Deshalbsind Verfahren entwickelt worden, umTumorzellen in Lymphknoten, im Kno-chenmark, im peripheren Blut oder inder zerebrospinalen Flüssigkeit nachzu-weisen. Neben zytologischen und im-

die T-Zell-Rezeptor (TCR)-Gene imLaufe der T-Zell-Reifung. Gene, die inIg- und TCR-Loci transloziert werden,kodieren im allgemeinen für intakteProteine. Die Transkription der Genewird durch die Veränderung regulatori-scher Sequenzen permanent aktiviertund so der normalen Kontrolle entzogen[25]. Rearrangierte Gene können intaktbleiben,allerdings unter Kontrolle frem-der regulatorischer Sequenzen geratenund so dereguliert werden (BCL-2 beifollikulären Lymphomen und c-MYC beiBurkitt-Lymphomen).

Eine andere Möglichkeit ist die Ent-stehung von Fusionsgenen, bei denenTeile verschiedener Gene zusammenge-führt werden.Als klassisches Beispiel isthier das Philadelphia-Chromosom zunennen,daß durch eine reziproke Trans-lokation zwischen Chromosom 9 undChromosom 22 zustande kommt. Das

| Der Onkologe 10·99

Zum Thema: Molekulare Onkologie

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Tabelle 2

Marker zum Nachweis disseminierter Tumorzellen hämatologischerNeoplasien

Tumorentität Marker

ALL E2A/PBX-1E2A/HLF

B-ALL TEL-AML1T-ALL IgH

TCRδ,TCRγTAL-1BCL-2

B-CLL BCL-2Immunglobulingene

Non-Hodgkin-LymphomB-Zellen IgH

Mantelzell-Lymphom BCL-1/JHMultiples Myelom Immunglobulingene

Komplementäre determinierende Region IIIMyelodysplastisches Syndrom WT-1AML M2 AML1/ETO (MTG8)

M2 DEK/CANCBFb/MYH11TLS/ERG-FUSPartielle Tandem Duplikation von ALL1WT-1

CML BCR/ABLAPL PML/RARa

AML: Akute myeloische Leukämie; ALL: Akute lymphatische Leukämie; APL: Akute Promyelozytenleukämie; CML Chronisch myeloische Leukämie

munhistochemischen Verfahren wer-den auch immunzytologische Zellsor-tierverfahren und molekularbiologi-sche Methoden eingesetzt. Letztge-nannte beschränken sich wegen der ho-hen Sensitivität fast ausschließlich aufPCR oder RT-PCR. Für eine Reihe vonhämatologischen Neoplasien und soli-den Tumoren sind eine Anzahl von sog.tumorspezifischen Markern beschrie-

Fazit für die Praxis

Molekularbiologische Methoden spielenin der Tumordiagnostik neben zytologi-schen, immunhistochemischen, immuno-logischen und genetischen Verfahren eine wichtige Rolle. Aber nicht einzelneMethoden sind der Schlüssel zum besse-ren Verständnis des Tumorgeschehenssondern das Verzahnen der einzelnen Me-thoden und die Bündelung der Stärkender verschiedenen Verfahren, um den op-timalen Erfolg zum Nutzen des Patientenzu erzielen.

Die hier beschriebenen molekularbio-logischen Methoden nutzen die einfacheZugänglichkeit der DNA und mRNA-Ebeneaufgrund der Basensequenz. Der Bogender Anwendung spannt sich dabei vomNachweis und der Analyse von Einzelzellenbis zu komplexen Arrays, mit denen meh-rere 1.000 Gene/Genprodukte gleichzeitiganalysiert werden können. Die daraus re-sultierende Datenflut und die Bereitstel-lung von geeigneten Programmen, diesezu interpretieren, ist die damit verknüpftegroße Herausforderung für die Bioinfor-matik.

Der Einsatz molekularbiologischerMethoden bedeutet bereits heute einedeutliche Reduktion der benötigten Pro-benmengen und die Möglichkeit sehr vieleGene/Genprodukte gleichzeitig zu analy-sieren und verspricht dies noch weiter aus-zubauen.

Die zukünftige Diagnostik soll so dasKrankheitsgeschehen noch detaillierterentschlüsseln und damit weitere wichtigeParameter für die Therapieentscheidungliefern.Wahrscheinlich werden die hier an-gesprochenen Verfahren nicht zu dem ein-fachen, alles charakterisierenden Tumor-marker führen, sondern eine Vielzahl vonParametern erfassen, die in der Summe ei-ne individualisierte Diagnose ermöglichenwerden.

ben worden, die eingesetzt werden, umdisseminierte Tumorzellen nachzuwei-sen (Tabelle 2, 3). In einer aktuellenÜbersichtsarbeit diskutieren Pantelund Mitarbeiter [18] den aktuellenStand der Forschung über minimal re-siduelle Erkrankung in Patienten mitepithelialen Tumoren und die darausresultierenden diagnostischen und kli-nischen Schlußfolgerungen.

Der Onkologe 10·99 | 875

Tabelle 3

mRNA-Marker zum Nachweis disseminierter Tumorzellen solider Tumore

Tumorentität Marker

Blasenkarzinom Uroplakin IAUroplakin II

Bronchialkarzinom Surfactant-ProteineEwing- Sarkom EWS-FLI1

EWS-ERGHepatozelluläres Karzinom α-Fetoprotein

AlbuminKeimzelltumor Keimzell-spezifische Alkalische Phosphatase

(GCAP)Kolorektales Karzinom 17–1A

Karzinoembryonales Antigen (CEA)Guanylyl-Cyclase C (GCC)Zytokeratin 20

Mammakarzinom 17–1AHER2/NEU/ERBB2EGFRKarzinoembryonales Antigen (CEA)MammaglobinMUC-1Zytokeratin 19Maspin

Melanom TyrosinaseMART-1

Neuroblastom GAGE-FamilieTyrosin-hydroxylase

Prostatakarzinom Prostata-spezifisches Antigen (PSA)Prostata-spezifisches Membranantigen (PSMA)CD44-Splicevarianten

Retinoblastom Neuroendokrines Protein Genprodukt 9.5 (PGB9.5)Rhabdomyosarkom Untereinheiten des fetalen Acetylcholin-Rezeptors

MyogeninSchilddrüsenkarzinom ThyreoglobulinSynovialsarkom SYT-SSX1/2 Fusionstranskript

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| Der Onkologe 10·99876

M. Flentje, J. RichterStrahlenphysik für die Radioonkologie

Stuttgart, New York: Thieme, 1998. 208 S.,169 Abb., (ISBN 3-13-111481-9), geb.,DM 198,–

Der medizinische Strahlenphysiker Jürgen Richter

und der Radioonkologe Michael Flentje stellten

ein Lehrbuch über strahlenphysikalische Grundla-

gen für die sich in Ausbildung befindlichen Strah-

lentherapeuten zusammen. Es schließt an das

etablierte Werk von H. Sack und N.Thesen „Strah-

lungsplanung“ an. Namhafte Radioonkologen

und Strahlenphysiker steuerten die einzelnen

Beiträge bei, die sich mit den strahlenphysikali-

schen Grundlagen der Wechselwirkungen von

Strahlung und Materie, mit Dosisbegriffen, der

Gerätetechnik,Volumendefinitionen, Charakteri-

sierung der Dosisverteilungen und typischen

Bestrahlungstechniken befassen.

Besonders hervorzuheben sind die Kapitel

über Bildgebung, 3-D-Bestrahlungsplanung, Be-

strahlungssysteme, Brachytherapieplanung, in-

verse Bestrahlungstechniken und stereotaktische

Techniken. Hier ist das Buch praktisch konkurrenz-

los. Beiträge zur Qualitätssicherung und die ein-

schlägigen gesetzlichen Vorschriften runden die

Monographie ab.

Aufbau und Didaktik dürften der gestellten

Aufgabe gerecht werden. Auf für Mediziner ge-

wöhnlich nicht nachvollziehbare physikalische

Formeln wird verzichtet, die Kurven und Schema-

zeichnungen sind einfach und verständlich und

geben das Wesentliche wieder. Die Abfassung der

Beiträge ist kurz und größtenteils prägnant.Ver-

ständlich, daß bei einem „Mehrautoren-Buch“ die

Sprache didaktisch unterschiedlich ausgefallen

ist. Dem Verlag darf man für sein Konzept „Strah-

lentherapie komplett“ mit den Einzelbänden „Be-

strahlungsplanung“,„Strahlenbiologie“,„Strahlen-

physik für die Radioonkologie“ und „Brachythera-

pie“ (geplant für 1999) gratulieren.

R. Sauer (Erlangen)

Buchbesprechung

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