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Weltgesundheitstag 2015: Lebensmittelsicherheit und
10 Jahre AGES-Zoonosebroschüre
Toxoplasmose in Österreich Michael Hayde
Universitätsklinik für Kinder- und JugendheilkundeToxoplasmoselabor
Universität Wien
7. April 2015
Toxoplasma gondii
Protozoon der Klasse Apicomplexa und der Ordnung Coccidia
• ubiquitäre Lebensform• keine Wirtsspezifität• Infektion durch perorale Aufnahme von
sporulierenden Oozysten (Erde, Gemüse)Gewebszysten mit vitalen Bradyzoiten (Fleisch)
• Befall von Wirtszellen, Destruktionsherde, Zellteilung• Parasitämie; Trophozoiten• weitere Destruktionsherde• Zystenbildung mit lebenden Bradyzoiten
Toxoplasma gondii
• Parasit lebt intrazellulär• Langsame Immunantwort erleichtert die
Parasitämie• Intrazelluläre Lebensform schützt den
Parasiten vor zirkulierenden Antikörpern• Parasiten persistieren in Gewebszysten
lebenslang
Infektion mit Toxoplasma gondii
Immunantwort (IgM and IgG): 2 Wochen nach Infektion nachweisbar
Parasitämie endet mit Auftreten zirkulierender Antikörper
SFT: Höchsttiter 9 Wochen post infectionem
Höchsttiter persistieren Monate bis JahreToxoplasma-spezifische Antikörper persistieren lebenslang
Bradyzoiten in Gewebezysten
Tachyzoiten im Leukozyten
Fetale Infektion mit Toxoplasma gondii
Eine fetale Infektion ist nur dann möglich, wenn Parasitämie undSchwangerschaft zusammenfallen
Toxoplasma-spezifische Antikörper am Beginn der Schwangerschaftverhindern die fetale Infektion
Die fetale Infektion ist eine transplazentare (vertikale) Infektion, beider Tachyzoiten das fetale Kompartment erreichen (transzelluläre Migration)
Schwangerschaft und Infektion mit Toxoplasma gondii
• Die mütterliche Infektion ist in 90% der Fälle asymptomatisch
• Wenn Symptome, dann sind diese unspezifisch
• Das serologische Screening ist die einzige Option, eine gestationale Infektion zu identifizieren
Screening, um eine schwerwiegende fetale Protozoen-Infektion zu vermeiden bzw. diese zu mitigieren
Maximalvariante: Trias
Verkalkungen Retinochorioiditis Hydrozephalus
Gestationale Toxoplasma Infektion - warum brauchen wir ein Screening ?
1. Trimester
2. Trimester
3. Trimester
groß
mässig
gering
fetales Risiko Schaden
„Die allgemeine Titerverlaufskurve“
Wochen Monate Jahre
0 2 4 6 83 4 5 6 8 10 12 18 24 30 36 4 5 6 7
1:655361:163841:40961:10241:2561:641:161:4negativ
Methodenvergleich SFT vs. IIFT
1:4
1:16
1:64
1:256
1:1024
1:4096
1:16384
1:65536
Die allgemeine Titerverlaufskurve und ihre Interpretation
Basis der Befundung ist das Anpassen der individuellen Datenpunkte (Titerstufen oder AK-Konzentrationen) in die Standardkurve der IgM-und IgG-Immunantwort
Das ermöglicht:Einschätzen des fetalen Risikos (in welcher SSW
erfolgte die mütterliche Infektion)Vermeiden unnötiger Therapien durch Identifikationpräkonzeptioneller Infektionen
Toxoplasmose: Hintergrundinformation
1. IgG-Antikörper persistieren lebenslang:nur eine Schwangerschaft kann gefährdet sein, folgende Schwangerschaften sind geschützt
2. Präkonzeptionell bestehende Toxo-IgG-Antikörper schützen die aktuelle Schwangerschaft
3. Toxoplasma-spezische IgM-AK persistieren länger als 9 Monate (oft Jahre)
Das österreichische Toxoplasmose Screening
• Wer wird getestet? Alle Schwangeren im Rahmen der Mutter-Kind-Pass-Vorsorge
• Wer testet? Routinelabors (automatisierte ELISA)
• Seronegative: drei Tests vorgesehen, ein Test pro Trimester
• Durchführung und Testintervalle nach dem Ersttest obliegen der Einschätzung des Gynäkologen
• Konfirmationstests:
Referenzlabor: (Sabin Feldman-Test, ISAGA-IgM, PCR)
Prävalenz von Toxoplasma-Antikörpern im gebärfähigen Alter in
Österreich
• Österreich 52% 1977 (Thalhammer)
• Wien 45% 1992 (Hayde)
• Österreich 36% 1998 (Prusa et al.)
• Wien 33% 2002 (Prusa et al.)
• Oberösterreich 30-40% 2002-2007 (Sagel et al.)
In Österreich besteht seit 1974 ein obligatorisches Toxoplasmose ScreeningPrimäres Ziel des Screenings: Detektion der gestationalen InfektionTherapie der Schwangeren
Sekundäres ZielVermeiden der fetalen Infektion oderMitigieren der Symptome der erfolgten fetalen Infektion durch die Therapie der SchwangerenKritik: keine Daten bezüglich Inzidenz, Transmission undEffekt der Behandlung
Tool: Toxoplasmose Register (1992): Erstellen eines komplettenDatensatzes: Infektion der Schwangeren und Kind bis 13 Monate
Gestationale Toxoplasma-Infektionen in Österreich 1992-2008 (17 Jahre)
Geburtenzahl: 1 387 680 (19 267 Mehrlingsgraviditäten)Serologisches Screening im Rahmen des MKP
2147 Schwangere: Verdacht auf gestationale Infektion947 (45%): präkonzeptionelle Infektion (Follow-up: alle
Kinder gesund)1173 (55%): gestationale Infektion (Lymphonodomegalie: 3%
rohes Fleisch, Katzenkontakt: 0,2%)
PCR aus Amnionflüssigkeit: 707/1173 (60,3%)1189 Kinder (16 Gemini): vollständiges Follow-up 141 Kinder: konnatale Infektion
The AustrianToxoplasmosis Register,1992-2008; Prusa AR, Kasper DC, Pollak A,Gleiss A, Waldhoer T, Hayde M; CID 2015:60
Gestationale Toxoplasma-Infektionen in Österreich 1992-2008 (17 Jahre)
Inzidenz der gestationalen Toxoplasma-Infektion: 8.5/10 000 Schwangerschaften (95%CI, 7.98-8.95)
Inzidenz der konnatalen Toxoplasma-Infektion:
1.0/10 000 Lebendgeburten (95%CI, 0.84-1.18)
Inzidenz der konnatalen Toxoplasmose
0.12/10 000 Lebendgeburten
Maternofetale Transmissionsrate: 13%
The AustrianToxoplasmosis Register,1992-2008; Prusa AR, Kasper DC, Pollak A,Gleiss A, Waldhoer T, Hayde M; CID 2015:60
Maternofetale Transmissionsratenim Vergleich
Norwegen 28% (Chen et al, 2005 AJOG)
EMSCOT 29% (Dunn et al, 1999 Lancet)
Österreich 13% (Prusa et al. 2015 CID)
Die gestationale Toxoplasma-Infektion
Eine seltene Erkrankung?
Eine seltene Erkrankung hat eine Inzidenz 1:2000
Inzidenz der gestationalen Toxoplasma-Infektion
0,845/1000 Schwangerschaften (SD: 0,2)
d.h.: eine postkonzeptionelle Infektion auf 1183 Schwangerschaften (10-Jahres-Durchschnitt)
Die gestationale Toxoplasma Infektion ist keine seltene Erkrankung
Mütterliches Behandlungschema und maternofetale Transmissionsrate
gestationale Infektion konnatale Infektion Transmissionsrate %
n (%) n (%) (95% CI)
Behandlung________________________________________________________
Österr. Schema 1007 (85.8) 87 (61,7) 8.6 (6.9-10.4)
anderes Schema 103 (8.8) 22 (15.6) 21.4 (13.4-29.3)
keine Behandlung 63 (5.4) 32 (22.7) 50.8 (38.5-63.1)
alle 1173 141
_________________________________________________________________
P<0.001
The AustrianToxoplasmosis Register,1992-2008; Prusa AR, Kasper DC, Pollak A,Gleiss A, Waldhoer T, Hayde M; CID 2015:60
Toxoplasmose-Register(17 Jahre Follow-up): Ergebnisse
Das österreichische Toxoplasmose Screening im Rahmen des MKP ist hocheffizient.Es detektiert infizierte Schwangere und führt diese der antiparasitären Therapie zu.Die Behandlung der Schwangeren reduziert das fetale Infektionsrisiko. Die fetale Transmissionsrate beträgt nur 13%, wenn die Schwangere behandelt wird.Im Vergleich zum nicht behandelten Kollektiv bedeutet Therapie nach Schema eine 6-fache Reduktion der maternofetalen Transmission.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit
Das Österreichische Therapieschema
< SSW 16: Spiramycin≥ SSW 16: Sulfadiazin-Pyrimethamin/Folinsäure
Therapie abhängig vom PCR-Ergebnis (Amniozentese)
keine PCR oder positive PCR: Sulfadiazin-Pyrimethamin/Folinsäure alternierend mit Spiramycin
Negative PCR: Spiramycin
Behandlung bis zur Geburt
Das Screening ist effektiv, läßt sich aber verbessern
• Seronegative: 3 Folgetests in 8-Wochen-Intervallen konsequent durchführen (mit Ersttest also 4 Tests )
• Wenn letzter Test mehr als 8 Wochen vor Geburt: individuelles „Neonatalscreening“ aus Nabelschnurblut (in Wien etabliert)
• Das Follow-up von Kindern infizierter Mütter im ersten Lebensjahr ist unverzichtbar
„Toxoplasmose Nachsorge“ von Kindern infizierter Mütter
Serologie alle 3 Monate bis Seronegativität (15 Monate)
(Sabin Feldman Test, ISAGA-IgM)
Physikalische Untersuchung
Entwicklungsneurologie
Ultraschall, fakultativ MRI/CT
Fundusskopie (indirekt)
Hörtest
Algorithmus Screening
• Toxoplasma spezifisches IgG negativ:nicht infiziert, nicht geschützt
Serologie in regelmässigen Abständenwiederholen (z.B. alle 8 Wochen)
Fehlende Daten zum Geburtszeitpunkt: Nabelschnurblut-Serologie
Algorithmus Screening
• Latente (präkonzeptionelle) Infektion:
Toxoplasma IgG positiv, IgM negativ
• Latente (präkonzeptionelle) Infektion mit Persistenzder IgM-Antikörper:
IgG und IgM positiv, aber stabiler Titer in zwei Tests
Algorithmus Screening
Akute (postkonzeptionelle, gestationale) Toxoplasma Infektion
• Serokonversion (erster Titer negativ, Kontrolle positiv):
Infektion in der Schwangerschaft bewiesen
• signifikanter Tieranstieg (innerhalb von 2 Wochen):
Infektion sehr wahrscheinlich
• primär hoher Titer (IgG und IgM im Ersttest hoch):Infektion möglich:Zusatztest: IgG-Avidity
Therapie der konnatalen Toxoplasma Infektion
Konnatale Toxoplasmose (klinisch manifest): erste sechs Lebensmonate Pyrimethamin/Sulfadiazin/Folinsäure, danach alternierend vier Wochen Spiramycin und vier Wochen Pyrimethamin/Sulfadiazin/Folinsäure
Konnatale Toxoplasma-Infektion (klinisch unauffällig): erste sechs Lebenswochen Pyrimethamin/Sulfadiazin/Folinsäure, danach alternierend sechs Wochen Spiramycin und vier Wochen Pyrimethamin/Sulfadiazin/Folinsäure
Therapiedauer: 12 Monate
Titerverlauf im ersten Lebensjahr
Monate
Sabin Feldman Test
Der Lebenszyklus von Toxoplasma gondii
• Protozoon aus der Klasse der Apicomplexa; Ordnung Coccidia
• Obligatorisch intrazellulär
• Wirte: Vögel, Warmblütler, Vorkommen: weltweit
Katzen sind Endwirte des Parasiten
• Infektiös:Oozysten, Tachyzoiten and Gewebszysten
• Parasitämie als Tachyzoiten
Screening in Österreich und Frankreich
Die beiden einzigen Länder mit verpflichtendem Pränatalscreening
Frankreich: individuelles Aufklärungsgespräch in der Schwangerschaft verpflichtend
Seronegative: Österreich: drei Tests empfohlenFrankreich: alle 4 Wochen IgG und IgM obligat
Therapie:Österreich: primär Sulfadiazin/Pyrimethamin, Spiramycin nur bei negativer PCRFrankreich: primär Spiramycin, Sulfadiazin/Pyrimethamin nur bei positiver PCR