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Regionale Dokumentation des Leistungsgeschehens und Qualitätsindikatoren Stefan Weinmann Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie und Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ)

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Regionale Dokumentation des Leistungsgeschehens und Qualitätsindikatoren

Stefan Weinmann

Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und

Gesundheitsökonomie

und

Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ)

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Entgeltsystem und Qualität

Wie kann ein Entgeltsystem für stationäre psychiatrische Behandlung positiv auf die sektorübergreifende Ergebnisqualität wirken?

Wirkungen:

Klinik„Gemeinde“

Niedergelassene, Komplementärsystem

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Qualitätsmessung und Daten

Keine Qualitätsmessung ohne Daten

Daten:

• Routinedaten

o Rechenschaftspflicht/ Dokumentation

o Vergütung

o (interne) Steuerung

o (externe) Steuerung

• Primärdaten für Forschungs- und andere Zwecke

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Daten zur Psychiatrie in DStationär: Psychiatrie/Psychotherapie (Abrechnungsdaten, QM, BADO ...)

Ambulant (EBM, AmBADO, Praxis-Doku)

Komplementäres Versorgungssystem (BADO-K, Dokumentation)

Versorgungsregion

Land (Psychiatrieberichterstattung)

Bund - Epidemiologie

Individualisiert/ fallbezogen

Anonymisiert/ aggregiert

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Sektorübergreifende Daten

Es gibt keine Berichterstattung (Bundesstatistiken, Statistiken der Leistungserbringer), die die Wirkungen und die Kosten von verschiedenen Maßnahmen erfassen, die Patienten gleichzeitig oder nacheinander (Querschnitt und Längsschnitt) erhalten.

Die Kostenträger besitzen zunehmend sektorübergreifende (abrechnungsrelevante) Inanspruchnahmedaten, aber ohne gute Verknüpfung zu klinischen Prozessen und Ergebnissen

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Messungen/proxies zur ErgebnisqualitätSchweregrad/Funktionsniveau

BADO-Daten (Validität?)

Elektronische Patientenakten ( inkonsistente Dokumentation, aufwändige Erhebung)

Lebensqualität, Zufriedenheit, Behandlungszufriedenheit

Subjektiv, Erwünschtheitsbias,

Selbstbestimmung, Integration, Zugang zu Versorgung

Messbarkeit, Aufwand, Bsp. HoNOS

Inanspruchnahme

Daten verfügbar, Aussagekraft, andere Einflussfaktoren?

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Outcome-Domänen

1. Symptome

2. Funktion/soziales Funktionsniveau

3. Lebensqualität

4. Patientenzufriedenheit

5. Kosten/Inanspruchnahme

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

BADO

Bei fehlenden Fallregistern in Deutschland fall- und personenbezogene Auswertungen begrenzt möglich

Methodisch aufwändige Datenauswertungen zum Klinikvergleich, Prozessen, Behandlungswegen, Suizidalität, Zwangsbehandlung, Verweildauer

Aber: Therapieevaluation??

Güte (Validität, Reliabilität) der Datenqualität

Keine ergebnisbezogene Dokumentation möglich

Keine personenbezogene, sektorübergreifende Datenerfassung

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

BADO: Aussagen

Items, die potentiell die Ergebnisqualität betreffen:

GAF, Schweregrad (CGI; PANSS), soziales Outcome (?), (kumulierte) Verweildauer, Wiederaufnahmerate

Die Betrachtung der Ergebnisseite eines isolierten, zeitlich limitierten Prozesses wie der einzelnen stationären Behandlung bringt für die Gesamtbeurteilung der Ergebnisqualität wenig

Eigene Logik/ Subsystem

Case Mix

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Datenquellen

Die Auswahl der Datenquellen hat einen bedeutenden Einfluss auf die Beurteilungder Behandlungsqualität

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Probleme

Mehr Routine-Erfassung von Prozess- und Ergebnisdaten durch Ärzte?

Der Therapeut ist nicht in einer Position objektiver Erfassung seiner Behandlungsergebnisse (Observer bias)

Selection bias

Attrition bias

Detection bias

Ausgewählte unabhängige Ratings (kostengünstiger) ?

Verfeinerung der Darstellung der Prozessdaten Leitlinienkonformität?

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

„Some outcome data are better than no outcome data?“ (Dickey und Wagenaar 1994)

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Caveat: Daten

• Vollständigkeits- und Wissensdrang o Datenfriedhöfe

• Interne Servicefunktion, lernendes System• „Verdichtung“ Indikatoren?

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

„Individualisierung“

1. Individualisierte Ziele auf Patientenebene

sind wünschenswert, erschweren aber die

Messung von Leitlinienkonformität und

Ergebnisqualität

2. Bsp. Für Erfassung individualisierter

Outcomes: Goal Attainment Scale (GAS)

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Evaluation von Auswirkungen im System

Begleitforschung

Zusätzliche Datenerhebung/ -auswertung

Auswertung von Routinedaten im weiteren Verlauf

Validierte Indikatoren

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Optionen

Einige (grobe) Bereiche der Behandlungsqualität (Inanspruchnahme, absolute Standards) lassen sich gut mittels Routine-Daten abbilden

Hier sind harte Qualitätsindikatoren möglich

Detaillierte Behandlungsprozesse lassen sich nicht mittels Routinedaten abbilden

Hier müssen Surrogate validiert werden

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Messung der Qualität

Indikator

Evaluationsstudien

Abnahmeder Komplexi-tät

Realität (Qualität der Versorgung)

Daten zur Abbildung der Realität

Index

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Qualitätsindikatoren

Qualitätsindikatoren sind quantitative Maße, welche die Qualität der Versorgung nicht direkt abbilden, sondern für deren Bewertung geeignet sind.

Qualitätsindikatoren = Quotienten (Anteil der Patienten mit Zielerfüllung an gesamter Zielpopulation)

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

AOK-Projekt

„Qualitätsindikatoren für die Integrierte Versorgung von Menschen mit Schizophrenie“

• Erarbeitung eines Sets von Qualitätsindikatoren, die im Sinne eines kontinuierlichen Qualitätsmonitoringsder Versorgung von Menschen mit einer Schizophrenie geeignet sind.

• Unterstützung der Zielerreichung von Modellen Integrierter Versorgung auf der Basis von Verträgen nach § 140 a – d SGB V

• Beitrag zur Messung und Vergleich der Behandlungsqualität

2008 - 2009

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Methodik der Qualitätsindikatoren-Entwicklung

Eigenschaften guter Qualitätsindikatoren

• Bedeutsamkeit (meaningfulness)

• Machbarkeit (feasibility)

• Handlungsrelevanz (actionability)

Hermann et al. 2004; Hermann et al. 2002

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Eigenschaften guter Qualitätsindikatoren

► Bedeutsamkeit (meaningfulness)

• Klinische Bedeutung– Bezug zur Versorgung (IV)– Versorgungsstrukturen– Praxisrelevanz – Hat der Indikator etwas mit „Qualität“ zu tun?

• Deckung des Bedarfs der an der Behandlung Beteiligten– Weist der Indikator auf Versorgungsprobleme hin?– Trägt der Themenbereich zur Bedarfsdeckung bei?

• Validität– Herleitung aus relevanter Fachliteratur– Evidenz/ wissenschaftliche Fundierung

Hermann et al. 2004; Hermann et al. 2002

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Eigenschaften guter Qualitätsindikatoren

► Machbarkeit (feasibility)

• Operationalisierung– Klinischer Prozess– Zielpopulation– Datenquelle

• Verfügbarkeit von Daten– Qualität der Daten?– Bestehende Daten?– Neue Datenerhebung erforderlich?

Hermann et al. 2004; Hermann et al. 2002

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Eigenschaften guter Qualitätsindikatoren

► Handlungsrelevanz (actionability)

• Nutzbarkeit für die Verbesserung der Behandlungsqualität– Richtige Handlungsebene?– Haben die Beteiligten Einfluss?– Manipulierbarkeit?

• Veränderungssensitivität– Verändert sich der Indikator, wenn sich die Qualität der

Behandlung verbessert?

Hermann et al. 2004; Hermann et al. 2002

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Methodik der Qualitätsindikatoren-Entwicklung

Systematisierung der IndikatorenThematische Zusammenfassung ähnlicher Indikatoren

(verschiedene Operationalisierungen)

• Darstellung der Eigenschaften der Indikatoren:– Evidenz, die der Empfehlung zugrunde liegt– Validierungsgrad: Gibt es Studien, die zeigen, dass eine

Verbesserung des Erfüllungsgrades des Indikators mit einer Verbesserung der Behandlung verbunden ist?

– Studien zu Konformitätsraten: Bei wie vielen Patienten in der Praxis ist der Indikator erfüllt?

– Gibt es Schwellenwerte in der Literatur?– Datenquellen

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Methodik der Qualitätsindikatoren-Entwicklung

Auswahl der Indikatoren

„Expertenworkshop“(je 1 Vertreter Fachhochschule – komplementäres System -, BVDN, Betroffene – BPE -, Angehörige – BApK, psychiatrische Pflege, stationäre Psychiatrie, DGPPN)

– Auswahl eines Sets von Indikatoren aus den recherchierten Indikatoren nach den Kriterien Relevanz, Nutzbarkeit im Rahmen der IV, Aussagekraft

– Fehlen wesentliche Aspekte?– Gewichtung der Indikatoren nach „essentiell“, „ergänzend 1. Wahl“,

„ergänzend 2. Wahl“ – Priorisierung nach Punktesystem

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Recherche und Auswahl QI

78 Indikatoren

12 Basis-Indikatoren (Strukturqualität, Verwendung als Case-Mix-Variablen im IV-Modell)

22 behandlungsbezogene Qualitätsindikatoren

5 „essentiell“ (Priorität 1)

14 „zusätzlich 1. Wahl“ (Priorität 2)

3 „zusätzlich 2. Wahl“ (Priorität 3)

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Behandlungsbezogene QIQ1 Anteil mit ambulanter Behandlung zeitnah nach einem stationären psychiatrischen Aufenthalt Q2 Wiederaufnahme innerhalb kurzer Zeit nach der Entlassung aus dem Krankenhaus Q3 Anteil von gleichzeitiger Verschreibung mehrerer Antipsychotika (Polypharmazie)Q4 Halbjährliches Monitoring auf extrapyramidale Nebenwirkungen und systematische Erfassung von

somatischen Nebenwirkungen der MedikationQ5 Anteil der Personen, die untergebracht sind oder im Rahmen einer stationären Aufnahme eine

Zwangsbehandlung erfahrenQ6 Systematische Erfassung der Wohnsituation und der Fähigkeit zum eigenständigen Leben und Deckung

des HilfebedarfsQ7 Abbruch der Behandlung in einem Zeitraum von 90 Tagen nach dem letzten Kontakt Q8 Über 12 Monate kontinuierliche Verschreibung von Antipsychotika in empfohlener DosierungQ9 Unterstützung durch Case ManagerQ10 Systematischer Einbezug von Angehörigen in die Behandlung Q11 Plan zum Vorgehen bei Rezidiven nach Absetzen der MedikationQ12 Anteil der Personen mit psychotherapeutischer BehandlungQ13 Jährliche körperliche Untersuchung durch Internisten oder Allgemeinarzt Q14 Durchführung suchtmedizinischer Behandlungen bei Doppeldiagnose Psychose/SuchterkrankungQ15 Informationsverfügbarkeit für Patienten und systematische InformationQ16 Verfügbarkeit eines Krankheitsschulungs- und -selbstmanagementprogrammesQ17 Anteil der Personen, die mit ihrer Behandlung zufrieden sindQ18 Anteil der Personen mit einem GAF-Wert unter 40, bei denen innerhalb von sechs Monaten eine

Verbesserung von mindestens 10 Punkten erreicht wirdQ19 Anzahl der Suizide und Suizidversuche Q20 Kontaktabbruchraten bei der Behandlung der ErsterkrankungQ21 Verschreibungsanteil von atypischen AntipsychotikaQ22 Anteil der Personen in Programmen beruflicher Wiedereingliederung

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

22 behandlungsbezogene Qualitätsindikatoren

Evidenzbasis der den QI zugrunde liegenden Empfehlung:

N=3: A (Evidenz aus RCT)

N=4: B (quasiexperimentelle Studien)

N=15 C (Konsens oder keine Evidenz)

Validierung der QI

N=0: A (experimentelle Studien zum Outcome bei Projekten mit demZiel der Erhöhung der Indikatorkonformität)

N=6: B (Indirekte Evidenz einer Verbesserung der Behandlungsergebnisse aus Beobachtungsstudien)

N=16: C (keine Validierungsbasis)

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

22 behandlungsbezogene Qualitätsindikatoren

Domäne:

N=18 Prozessqualität

N=4 Ergebnisqualität

Datenerfordernisse zur Messung der Indikatoren

N=12: nur Routine-Abrechnungsdaten

N=8: Abrechnungs- und zusätzliche IV- oder Leistungserbringerdaten

N=2: Patientenbefragungen

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Priorisierung durch Expertenworkshop

Die Evidenzbasis und der Validierungsgradspielten für die Priorisierung durch Experten und Patienten nur eine untergeordnete Rolle.

Für 11 von 22 Indikatoren wurde eine Case-Mix-Adjustierung nicht als notwendig erachtet.

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Beispiel für Validierung eines Indikators

Validierungsstudie B: Antipsychotika-Dosis in Akuttherapie

Owen et al. Int J Quality Health Care 2000

- Quasiexperimentelle Studie an 116 Patienten mit Schizophrenie in 2 Kliniken: Sekundärauswertung

- Patienten mit stationärem Index-Aufenthalt- 6-Monate-Follow-up: BPRS-Rating durch unabhängigen

Rater

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Owen et al. Int J Quality Health Care 2000

- Prozess-Indikator: Adäquate Antipsychotika-Dosis bei Entlassung (300-1000 CPZ)

- Outcome: BPRS-Score nach 6 Monaten- Statistik:

- Multiple lineare Regressionsmodelle zur Assoziation zwischen Dosis <300 oder > 1000 CPZ und BPRS-Score nach 6 Monaten unter Kontrolle von Baseline-BPRS-Score)

- Case-Mix-Adjustment: Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Krankheitsdauer, Komorbidität mit Sucht, Medikamentencompliance

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Owen et al. Int J Quality Health Care 2000

n=15n=41n=13(nur orale Atipsychotika)

41,2*35,241,4*Ohne Case-Mix-Adj.

n=42n=60n=14(Gesamte Stichprobe)Adjustierter BPRS-Mittelwert

37,035,240,5Ohne Case-Mix-Adj.

39,036,741,3Mit Case-Mix-Adj.

46,3**38,242,7Mit Case-Mix-Adj.

>1000300-1000<300CPZ-Dosis-Range

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Owen et al. Int J Quality Health Care 2000

- Für Patienten mit oralen Antipsychotika war der BPRS nach 6 Monaten bei denjenigen mit leitliniengerechter Dosierung niedriger als bei denjenigen mit niedrigerer oder höherer Dosis

- Dieses Ergebnis blieb nach Case-Mix-Adjustierung für diejenigen mit höher als empfohlener Dosierung bestehen

- Verbesserung der Dosierung in der Routine-Behandlung könnte kurz- bzw. mittelfristige Behandlungsergebnisse (Symptomreduktion) verbessern ?

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Owen et al. Int J Quality Health Care 2000

- Hinweise auf Validität dieses Prozessindikator, aber:

- Nicht gemessene Patientenfaktoren könnten für die Varianz in den Ergebnissen verantwortlich sein (Confounding)

- Eine Behandlungseinrichtung, die bei diesem Indikator schlecht abschneidet, könnte in anderen Domänen (Kontinuität der Behandlung, soziales Funktionsniveau, Einbezug der Familie, Psychoedukation) sehr gut abschneiden.

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

GAF als ErgebnisparameterGreenberg 2005, Veterans Administration (273.000 ambulante Patienten, 70.700 stationäre Patienten)

Stationäre Patienten: 42,5(±16,1)

Ambulante Patienten: 53,6 (±12,9)

GAF 20% niedriger bei Schizophrenie, Alzheimer als bei Depression

„GAF eignet sich jedoch weniger gut zum Vergleich verschiedener Einrichtungen, als zum zeitlichen Vergleich in bestimmten Einrichtungen. Der GAF sollte nur zusammen mit objektiveren Maßen angewendet werden, er kann nicht zwischen adäquater und inadäquater Behandlung differenzieren und die Behandlungsqualität nicht direkt abbilden. Es sollten zudem vor einer breiten Anwendung Rater-Trainings und Quailtätsmanagement-Maßnahmen zur Verbesserung der Reliabilität erfolgen.“

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Administrative Daten zur Messung der Leitlinienkonformität

Hudson et al. 1999 „The Feasibility of Using Automated Data to Assess Guideline-Concordant Care for Schizophrenia).“ J Med Systems 4: 299-307

N=28 Patienten mit Schizophrenie: Prozessindikatoren aus Leitlinien:Antipsychotische Dosis 300-1000 CPZ 120 Tage nach EntlassungAmbulanter Nachsorge-Termin bis 30 Tage poststationär

Patientenakten

vs.

Elektronische administrative Klinikdaten zu Abrechnungszwecken

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Administrative Daten zur Messung der Leitlinienkonformität

Entlassung

Adäquate Dosierung: 15/21 (71%) Übereinstimmung in Name und Dosis des Antipsychotikums

Adäquate Dosierung: 17/21 = 81% (elektronisch) vs. 18/21 = 86% (Patientenakten)

120 Tage-Follow-up

Adäquate Dosierung: 11/21 = 52% (elektronisch) vs. 5/21 = 24% (Patientenakten)

Ambulante Nachsorge: 38% (elektronisch) vs. 32% (Patientenakten), aber: Übereinstimmung nur bei 6/19 (32%)

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Beispiel Vergütung: Evaluation Integrierter Versorgung

Monroe-Livingston Capitation System, New York

Bisheriges Mental Health System in New York 1990• „inefficiency“• „unnecessary overlap in programs“• „inadequate provision for care of chronic mentally ill patients“• „inadequate information resources“

Umstellung auf:- neue Verträge mit Therapeuten/Kliniken/Ambulanzen- neues longitudinales Informationssystem (bessere Datenbasis über alle Sektoren)- Integrated Mental Health, Inc., Koordinator Integrierter Versorgung = koordiniert alles(ambulante und stationäre Versorgung)- Fallpauschale nach Intensität vorheriger stationärer Behandlung

41.000 US$ (>270 stationäre Tage in 3 Jahren), 14.000 US$ (45-270 Tage), 5.000 US$)- Diagnose nicht Einschlusskriterium

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Beispiel: Evaluation Integrierter Versorgung USA

Monroe-Livingston Capitation System, New York

• Prä-randomisierte Studie: nur Patienten, die vorab zustimmten, in dem neuen Versorgungssystem behandelt zu werden, und die mit der Möglichkeit einer 50%-Chance, dort teilzunehmen, einverstanden waren

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Beispiel Monroe-Livingston

• Primäre Outcome-Parameter:– Zahl der stationär verbrachten Tage (2-Jahres-Zeitraum)– BPRS-Positiv- und Negativ-Symptome– Soziales Funktionsniveau GAF

- Messungen (Symptome – BPRS, SADS, SANS), soziales Funktionsniveau (GAF), Quality of Life Interview, Family Burden Scale, Ressourcen, medikamentöse Nebenwirkungen (AIMS):- Baseline, 1-Jahres- und 2-Jahres-Follow-up

– Interviewer waren verblindet (wussten nicht, in welcher Gruppe die Patienten waren)

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Beispiel Monroe-Livingston

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Beispiel Monroe-Livingston

• Signifikant weniger stationär verbrachte Tage für diejenigen Patienten in der Integrierten Versorgung, die in den 2 Vorjahren mehr als 270 stationäre Tage hatten

• Keine Veränderung in den Krankheitssymptomen und im sozialen Funktionsniveau

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Deutsches Beispiel: Regionales Psychiatrie-Budget Itzehoe

• Modellregion Schleswig-Holstein, Kreis Steinburg– Klinikum Itzehoe, Psychiatrisches Centrum Glückstadt

• Jahresbudget für die Behandlung einer definierten Patientenzahl

• System muss damit die Versorgung aller Patienten sicherstellen, die– stationär eingewiesen oder als Notfall aufgenommen werden, oder– die Vorrausetzungen zur Behandlung in einer Institutsambulanz

erfüllen

• Vertragsärzte und komplementäre Versorgung ausgeklammert

• Bei Budgetüber- oder -unterschreitung um >6%: Neuverhandlung

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Deutsches Beispiel: Regionales Psychiatrie-Budget Itzehoe: Evaluation

• Prospektive Kohortenstudie– Modellregion MR versus (vergleichbare) Kontrollregion KR

• Konsekutiver Einschluss: Alkoholerkrankung, Schizophrenie, affektive Störungen

• Informed consent• Baseline-Erhebung (t0):

• CGI• GAF• EQ-5D• diagnosespezifische Skala – PANSS, BRMAS, Tage mit Alkohol• Selbstbeurteilung SCL-90 (Belastung mit psych. Symptomen)• CSSRI (Fragebogen zur Inanspruchnahme Gesundheitsökonomie)

• Follow-up nach 1,5 Jahren (t3)

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Deutsches Beispiel: Regionales Psychiatrie-Budget Itzehoe: Evaluation

• Kostenberechnung: Extrapolation von 6-Monatsdaten (CSSRI-Fragebogen)

• Gesamtgesellschaftliche Perspektive/ Schätzwerte, teilweise kalkulatorische Größen

• Vergleich der zwei Regionen (MR versus KR): Random-Effects-Regressionsmodell

• Ergebnisse (1):• GAF MR 52,4 60,5 (8,1 Punkte ↑), KR 56,1 58,9

(2,8 Punkte ↑)• Keine Unterschiede in der Krankheitsschwere im

Verlauf zwischen MR und KR

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Deutsches Beispiel: Regionales Psychiatrie-Budget Itzehoe: Evaluation

• Ergebnisse (2):• Kosten:

– Stationär-psychiatrische Kosten (pro Halbjahr)- KR: Baseline: 2275 € Abnahme um 332 € pro Halbjahr- MR: Baseline: 3729 € Abnahme um 827 € pro Halbjahr

– Gesamtkosten (pro Halbjahr)- KR: Baseline: 3906 € Abnahme um 591 € pro Halbjahr- MR: Baseline: 5063 € Abnahme um 925 € pro Halbjahr

Signifikante Unterschiede in allen Kostenkategorien gab es nur bei der Subgruppe der Patienten mit einer Schizophrenie!

Virtuelle Kosten, da MR Pauschale erhielt !

-495 €

signifikant

-335 €

nicht signifikant

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Deutsches Beispiel: Regionales Psychiatrie-Budget Itzehoe: Auswirkungen

• Abbau vollstationärer Kapazitäten• Aufbau teilstationärer Kapazitäten und Home Treatment• Geringerer Ressourcenverbrauch

• Längerdauernde Stabilisierung der Patienten?• Mehr personelle Kontinuität?• Versorgungsqualität?

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Evaluation einer Veränderung des stationären Entgeltsystems

Wie ändern sich die Prozesse in der Klinik?

Wie ändern sich die Prozesse/ Strukturen außerhalb der Klinik?

Wie ändert sich der Gesamtverlauf der Behandlung ?

Wie ändert sich das gesamteBehandlungsergebnis?

SonstigeEinflussfaktoren (Zeit, andere Entwicklungen)

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Anforderungen an Begleitforschung

Auswahl geeigneter Vergleichsgruppe

Baseline-Erhebung (standardisiert)

Erfassung der Änderung der Prozesse

Standardisierte (unabhängige?) Erfassung von Outcomes auf verschiedenen Ebenen

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Anforderungen an sektorübergreifendes Dataset

Zugänglichkeit der Versorgung (accessability)

Rechtzeitigkeit der Versorgung (timeliness)

Angemessenheit der Versorgung (appropiate)

Kontinuität der Versorgung (continuity)

Wirksamkeit unter Idealbedingungen (efficacy)

Wirksamkeit im Alltag (effectiveness)

Wirtschaftlichkeit der Versorgung (efficiency)

Patientenorientierung (patient prespective)

Sicherheit in der Versorgungsumgebung (safety)

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Anforderungen an Dokumentationssystem

Doku als ein im Arbeitsalltag hilfreiches Vorgehen

Gleichzeitig nutzbar zur Beurteilung der Prozess- und Ergebnisqualität

Anschlussfähigkeit (sie APK-Projekt „Integriertes Psychiatrisches Dokumentationssystem“)

Hierarchische Struktur

Vgl. Dokumentation in Integrierter Versorgung: Einheitliche Steuerung, einheitliche Dokumentation

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Fragen

• Muss nicht die Krankenhausbedarfsplanung auf epidemiologischen Daten beruhen (und nicht nur auf Fortschreibung/Anpassung) ?

• Wechsel des Vergütungs-/Entgeltsystems: kontrollierte Überprüfung?

• Datenerhebung und –struktur:o Interne/betriebswirtschaftliche/

Einrichtungsinteressen?o Kostenträgerinteressen?o Patientenperspektive?

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Schlussfolgerung

•Messung des Erreichungsgrades von prospektiv festgelegten Zielen

•Beurteilung der Ergebnisqualität bisher nur unzureichend möglich

•Shift von Prozessen zu Ergebnissen hat Vor und Nachteile („Ergebnis“ muss definiert werden) Prozess UND Ergebnis

•„Qualität“ muss immer auf verschiedenen Ebenen definiert werden

• Wir müssen etwas vom Patienten wissen, auf den der Qualitätsbegriff angewendet wird

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Schlussfolgerung

•Sektorübergreifende Daten sind unabdingbar zur Beurteilung der Behandlungsqualität

•Betriebs- (institutionelle) und gesamtgesellschaftliche Qualitätsdimensionen müssen in Einklang gebracht werden

•Balance zwischen Flexibilisierung und Standardisierung von Prozessen

•Für begleitende Evaluation ist Baseline-Situation und Kontrollgruppe wichtig

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Psychiatrische Versorgung und neues Entgeltsystem

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit