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Archiv ftir klinische u. experimentelle Demar 226, 178--181 (1966) Experimentelle Untersuchungen zur Hydroxyprolin-Ausscheidung nach Verbrennungen W. R~A~B ~ediziniseh-chemisehes Institu~ der Universit~t Wien (Vorstand: Prof. Dr. F. SE~IzC~) Eingegangen am 20. Jmli 1966 Summary. In rats, hydroxyproline excretion in urine was determined following third degree burns. Concomitantly with the resorption of thermal necrosis, a significant increase in hydroxyproline excretion was found. The highest 24 hours values were observed on the third day following thermal burns. The biochemical signfficance of these findings are briefly discussed. Zusammen/assung. Bei Ratten erfolgten Bestimmungen der Hydroxyprolin- Ausscheidung im t~arn nach drittgradigen Verbrennungen. Gleichzeitig mit dem Einsetzen der Resorptionsphase land sich ein signifikanter Anstieg der Hydroxy- prolin-Ausscheidtmg; am 3. Tag nach der Verbrennung lagen die h6chsten Werte vor. Der biochemische Weg, der zur vermehrten .~usscheidung yon Hydroxyprolin fiihrt, wird kurz besproehen. Die Aminosiiure ttydroxyprolin kommt nur in zwei EiweiBk6rpern des tierischen und menschlichen Organismus vor: im El~stin und im Kolla- gen [3,6J. Der Hydroxyprolin-Stoffwechsel kann in relativ einfacher Weise durch Bestimmung der Hydroxyprolin-Ausscheidung im Ham er- faBt werden. Da das Elastin trod das Kollagen der Itaut in metabolischer Hinsicht weir wenigor aktiv sind sis das Knochenkollagen, h~ngt die Hydroxyprolin-Ausscheidung im ttarn unter normalen Bedingungen in erster Linie vom Stoffwechsel des Knochenkollagens ab; unter hydroxy- prolin-freier Dii~t k6nnen St6rungen des Knochenanbaus oder -abbaus durch Bestimmung der Hydroxyprolin-Ausscheidmlg im Ham erfaBt werden [5, 8,13,18]. Erkrankungen des Hautbindegewebes bewirken keine signifikante Ver/~nderung der Hydroxyprolin-Ausscheidung [14]. Bei Patienten mit Verbrennungen land sich eine gleichzeitig re_it der Resorptionsphase einsetzende Steigerung der Hydroxyprolin-Ausschei- dung im Ham [11,12]. Die zum Tell recht tmterschiedlichen Wer~e gehen auf die Verschiedenheit der Kreislaufreaktionen sowie auf die unter- schiedliche Tiefe und Ausdehnnng der Verbrennungsherde zuriick. Es erschien nun yon Interesse, unter konstanten Bedingungen die J~nderungen der Hydroxyprolin-Ausscheidung nach experimentellen Verbremmngen zu bestimmen und dutch den Tierversuch die klinischen Ergebnisse zu iiberprtifen.

Experimentelle Untersuchungen zur Hydroxyprolin-Ausscheidung nach Verbrennungen

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Page 1: Experimentelle Untersuchungen zur Hydroxyprolin-Ausscheidung nach Verbrennungen

Archiv ftir klinische u. experimentelle Demar 226, 178--181 (1966)

Experimentelle Untersuchungen zur Hydroxyprolin-Ausscheidung nach Verbrennungen

W. R~A~B

~ediziniseh-chemisehes Institu~ der Universit~t Wien (Vorstand: Prof. Dr. F. SE~IzC~)

Eingegangen am 20. Jmli 1966

Summary. In rats, hydroxyproline excretion in urine was determined following third degree burns. Concomitantly with the resorption of thermal necrosis, a significant increase in hydroxyproline excretion was found. The highest 24 hours values were observed on the third day following thermal burns. The biochemical signfficance of these findings are briefly discussed.

Zusammen/assung. Bei Ratten erfolgten Bestimmungen der Hydroxyprolin- Ausscheidung im t~arn nach drittgradigen Verbrennungen. Gleichzeitig mit dem Einsetzen der Resorptionsphase land sich ein signifikanter Anstieg der Hydroxy- prolin-Ausscheidtmg; am 3. Tag nach der Verbrennung lagen die h6chsten Werte vor. Der biochemische Weg, der zur vermehrten .~usscheidung yon Hydroxyprolin fiihrt, wird kurz besproehen.

Die Aminosiiure t tydroxyprol in kommt nur in zwei EiweiBk6rpern des tierischen und menschlichen Organismus vor: im El~stin und im Kolla- gen [3,6J. Der Hydroxyprolin-Stoffwechsel kann in relativ einfacher Weise durch Best immung der Hydroxyprolin-Ausscheidung im H a m er- faBt werden. Da das Elastin trod das Kollagen der I t au t in metabolischer Hinsicht weir wenigor akt iv sind sis das Knochenkollagen, h~ngt die Hydroxyprolin-Ausscheidung im t t a rn unter normalen Bedingungen in erster Linie vom Stoffwechsel des Knochenkollagens ab; unter hydroxy- prolin-freier Dii~t k6nnen St6rungen des Knochenanbaus oder -abbaus durch Best immung der Hydroxyprolin-Ausscheidmlg im H a m erfaBt werden [5, 8,13,18]. Erkrankungen des Hautbindegewebes bewirken keine signifikante Ver/~nderung der Hydroxyprolin-Ausscheidung [14].

Bei Pat ienten mit Verbrennungen land sich eine gleichzeitig re_it der Resorptionsphase einsetzende Steigerung der Hydroxyprolin-Ausschei- dung im H a m [11,12]. Die zum Tell recht tmterschiedlichen Wer~e gehen auf die Verschiedenheit der Kreislaufreaktionen sowie auf die unter- schiedliche Tiefe und Ausdehnnng der Verbrennungsherde zuriick.

Es erschien nun yon Interesse, unter konstanten Bedingungen die J~nderungen der Hydroxyprolin-Ausscheidung nach experimentellen Verbremmngen zu best immen und dutch den Tierversuch die klinischen Ergebnisse zu iiberprtifen.

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Hydroxyprolin-Ausscheidung nach Verbl~nnungen 179

Material und Methoden Die Versuche warden an 6 Monate allen Albinoratten yon 170--180 g KSrper-

gewicht durchgeffihrt. Die Tiero erhielten t~glich 10,0 ml Wasser mit der Schlund- sonde verabfolgL ttm eine Ausseheidung mSgliehs~ gleiehm~i3iger Harnmengen zu erzielen. Der Ham der Ratten warde in Stoffwechselk~figen aufgefangen und in 24 Std-Portionen untersucht. Nach Bestimmung der norma]en Hydroxyprolin- Ausseheidung bei 50 Tieren wurde bei 20 Tieren in Nembutalnarkose eine ober- fl~chliche drittgradige Verbrennung am Riicken yon 25 cm 2 Ausdehnung gesetzt. ~ber einen Zeitraum yon 7 Tagen nach der Verbrenmmg erfolgten t~gtiche Be- stimmungen der Hydroxyprolin-Ausscheidung im Harn. Zu Kon~rollzwecken er- hielten fiinf Tiere nur eine Nembutalnarkose.

2,0 ml des 24 Std-Harnes warden dareh 3 SCd bei 120~ mit 1,0 ml 10 n HC1 hydrolysiert. Nach Kl~rung mi~ Tierkohle und Einstellen des pH-Wert~s auf 7,0 warde mit desti]liertem Wasser auf 8,0 ml aufgefiiilt. 2,0 ml dieser L6sung warden zur Hydroxyprolin-Bestimmung nach STEG~A~ [22] verwendet.

Ergebnisse Der Normalwert der Hydroxyprolin-Ausscheidung im H a m bei

50 KontroUtieren betrug 0,56 H 0,20 mg/24 S~d. Am ersten Tag naeh der Verbrennung land sich eine normale Hydroxyprolin-Ausseheidung im H a m der Ra~ten (0,58 ~- 0,22 rag/24 Std). i m Zeitraum zwischen 24 and

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Abb. 1. Hydroxyprolin-Ausscheidung im Rattenharn (24Std-Wert) nach experimenteller Ver- brennung

48 Std naeh der Vorbrennung war ein Anstieg der Hydroxyprolin-Aus- scheidung auf 0,81 • 0,21 mg/24 Std festzustellen. Am drit ten Tag naeh der Verbrennung fanden sich noeh hShere Hydroxyprolin-Werte (1,46 • 0,37 rag/24 Std). Am 4., 5., 6. und 7. Tag naeh der Verbrennung lug clio Hydroxyprolin-Ausseheidung nur mehr wenig fiber dem Normalwert (0,72 • 0,14, 0,70 -[- 0,17, 0,62 =[= 0,16 und 0,59 H 0,18 mg/24 Std).

Eine Nembutalnarkose bewirkt keine )~nderung der Hydroxyprolin- Ausscheidung.

Die Ergebnisse sind in Abb. 1 dargestellt.

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180 W. RX~B:

Bespreehung

Die Ausscheidung yon Itydroxyprolin im Harn erfolgt in der Form yon Peptiden, nut wenige Prozent ]iegen als freie Aminos~ure vor. In den vorHegenden Untersuchungen wurde das ,,Gesamt-Hydroxyprolin" be- stimmt. Die Normalwerte der Hydroxypro]in-Ausscheidung bei dem ver- wendeten Rattenstamm (0,56 4- 0,20 rag/24 Std) unterscheiden sich nur unwesentlieh yon den Angaben anderer Autoren (vg]. [9,10,15,16,19]). DaB eine I~embutalnarkose keine Wirkung auf die Hydroxyprolin- Ausscheidung im Harn hat~ war zu erwarten.

Am zweiten Tag nach der Verbrennung war bei den Ratten eine Zunahme der Hydroxyprolin-Ausseheidung im Ham auf 160~ des Normalwertes festzustellen ; am dritten Tag naeh der Verbrennung lagen die Hydroxyprolin-Werte noch h6her (2600/0 des Normalwertes). Dies stimmt mit den klinisehen und his~ologischen Beob~ehtungen iiberein, wonach ab dem zweiten Tag naeh Ausbildung einer drit~gradigen Ver- brennung der Abbau des neka'otischen Gewebes einsetzt [23]. Kollagen- bausteine gelangen in den Kreislauf, der ttydroxyprolin-Pool wird iiber- lastet und es erfolgt eine vermehrte Ausscheidung des Hydroxypro]ins im Harn. Bei tiefreiehenden drit~gradigen Verbrennungen tritt eine Sch~- digung der Gef~i~e ein und der resorptive Abtransport der Kollagen- bausteine ist gest6rt [12]. In den hier beschriebenen Versuehen war des AusmaB der Verbrennung so gewi~hlt, dab keine Sch/idigung der tiefen Gef/~Be erfolgte und die Resorption m6glichst gleichmiiBig vonsta~ten gehen konnte. Dementsprechend fend sieh ab dem vierten Tag nach der Verbrennung jeweils nur noch eine geringe ErhShung der Hydroxy- prolin-Ausseheidung im Ham.

Unter normalen ]3edingungen erfolgt kein Abbau nativen Kollagens dureh Enzyme des Organismus. Clostridien hingegen enthalten eine eehte ,,Kollagenase". Aueh bestimmte SeMangengifte seheinen die ~ahig- keit zu besitzen, natives Kollagen abzubauen [4,7,20]. Unter patholo- gisehen Bedingungen sind in den Geweben der Si~ugetiere Enzyme naeh- weisbar, die natives Kollagen abbauen (vgl. [2,21]). Denaturlertes Kolla- gen kann dutch versehiedene proteolyCisehe Enzyme des Organismus abgebaut werden [1,17]. Bei drittgradigen Verbrennungen erfolgt eine Hitzedenaturierung des Kollagens im Hantbindegewebe uncles kann so- mit ein Abbau des ]~ollagens dutch k6rpereigene Proteasen einsetzen. Als Folge der KoUagenolyse finde~ sich eine Erh6hung der Hydroxyprolin- Ansseheidung im Harm

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Hydroxyprolin-Ausscheidung naeh Verbrennungen 181

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Dr. W O L ~ RA~J~ Universit~tsinstitut ffir medizinische Chemie A-1090 Wien, Wahringerstr. 10, 0sterrcich