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Technische Universität München Psychosomatische Klinik Palliativmedizinischer Dienst 2015 Palliativmedizin und Psychosomatik 5 Jahre Palliativmedizinischer Dienst am Klinikum rechts der Isar Kommunikation in der Palliativmedizin P. Herschbach

Kommunikation in der Palliativmedizin · Psychosomatische Klinik Technische Universität München Palliativmedizinischer Dienst 2015 Belastungen von Ärzt/Innen in der Onkologie Die

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Technische Universität München Psychosomatische Klinik Palliativmedizinischer Dienst

2015

Palliativmedizin und Psychosomatik 5 Jahre Palliativmedizinischer Dienst am Klinikum rechts der Isar

Kommunikation in der Palliativmedizin

P. Herschbach

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2015

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2015

Belastungen von Ärzt/Innen in der Onkologie

Die 8 stärksten Einzelbelastungen von OnkologInnen (Range 0-5)

1.  Miterleben von langem Krankheitsprozess 3.3

2.  Einschränkungen von Privatkontakten durch Arbeitsumfang 3.3

3.  Zu viele Büroarbeiten 3.2

4.  Zeitdruck 3.1

5.  Aufklärungsgespräche über Rezidive/Rückfälle 3.1

6.  Telefon klingelt zu oft 3.0

7.  Mangelnde Unterstützung durch Angehörige 3.0

8.  Unsicherheit ob ich dem Pat. wirklich geholfen habe 3.0

Herschbach 1991

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2015

Was ist für Sie der schwierigste Gesprächsinhalt?

44%

23%

21%

6%

5%

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50%

Heilung kann nicht mehrZiel der Therapie sein

Themen am Ende desLebens

Mitteilung eines Rückfalls

Mitteilung der Diagnose

Gespräch mit der Familie

Umfrage ASCO 1998

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2015

Ehrlich sein, ohne Hoffnung zu zerstören 55%

Auf Emotionen angemessen reagieren 29%

Umfrage ASCO 1998

Was macht das Gespräch so schwierig?

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2015

Was möchte der (palliative) Patient?

Ehrliche Information über Prognose und Optionen, ohne die Hoffnung genommen zu bekommen > ... von einem „empathischen Profi“ ... nach der Metastasierung oder später ... unter Einbindung der Familie

Gaston& Mitchel 2005 Fallowfiled et al. 2002 Hagerty et a. 2005 Clayton et al 2008

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2015

Was möchte der (palliative) Patient?

•  71% der Pat. möchten Informationen über die Prognose/Lebenserwartung

•  17,6% erhielten diese Informationen •  Pat. überschätzen Ihre LE deutlich, weniger die Patienten, mit denen darüber

gesprochen wurde

•  Das Erfragen von Infos über Prognose / LE war nicht mit erhöhtem distress/ verbunden

Enzinger et al. JCO, 2015

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2015

•  Auffassungen, Wünsche und Bedürfnisse des Patienten kennen lernen

•  Balance zwischen Informieren und Hoffnung aufrecht erhalten (im Prozess)

• Umgang mit dem Emotionen des Patienten - und den eigenen.

Bousquet et al. JCO 2015 Metaanlyse über qualitative Studien, 40 Artikel, Einschluss von 600 Onkologen

Zentrale Merkmale der Kommunikation in der Onkologie

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2015

„Die Hoffnung stirbt zuletzt“

„Wir können nichts mehr für Sie tun“

„Die Hoffnung stirbt zuletzt“

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2015

... weniger bei den Palliativmedizinern als im Übergang zwischen kurativer und palliativer Medizin > Therapiezieländerung

... wenn der behandelnde Arzt dem Patienten mitteilen soll, dass er jetzt in eine palliative Situation gekommen ist und der PMD geholt werden soll

Herausforderungen in der Praxis

... der Arzt muß akzeptieren, dass eine Heilung nicht mehr erreicht werden kann, ohne dies als sein Versagen zu werten

... Der Patient muss die Situation akzeptieren, ohne die Hoffnung zu verlieren

... er muss der Verführung widerstehen, wenn der Pat. „lieber unbegründete Hoffnung als begründete Perspektivlosigkeit“* will

* Lauterbach 2015

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2015

•  die beste aktuell verfügbare Therapie anbieten •  versichern, dass Schmerzen zu kontrollieren sein werden •  weiß alles über meinen Krebs •  versichern dass es viele Therapien gibt, die das Wachstum

verlangsamen •  alle Behandlungsoptionen nennen •  manchmal Humor haben •  anbieten, alle Fragen zu beantworten

Hagerty et al. 2005

Nicht auf Heilung, sondern ...

Hoffnung worauf ?

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2015

Äußere Bedingungen

•  Die Familie – Unterstützung und Behinderung

•  Institutionelle Probleme

Zeitmangel Raummangel Kommunikationsprobleme im Team Telefonklingeln Mangelnde Kommunikationskompetenz

•  Kulturelle Faktoren: Patientenautonomie – Rolle der Familie

Bousquet et al. JCO 2015

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2015

Wir können nichts mehr für Sie tun sollte aus dem Sprachschatz

eines jeden Arztes/Therapeuten gestrichen werden. Die Hoffnung des Patienten sollte bis zum letzten Atemzug gestützt werden - die Hoffnung stirbt wirklich zuletzt.

Achtung Regel

sollte aus dem Sprachschatz

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2015

Relevanz von Kommunikation

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2015

Ziel 12a

Kommunikative Kompetenz aller in der Onkologie

tätigen Berufsgruppen

Ziel 13

Umsetzung einer Partizipativen

Entscheidungsfindung

Ziel 12b

Stärkung der

Patientenkompetenz

Ziel 11Informations-,

Beratungs- und Hilfsangebote

Patienten-orientierung

NKP Handlungsfeld 4

„Alle in der onkologischen Versorgung tätigen Leistungserbringer verfügen über die notwendigen kommunikativen Fähigkeiten zu einem adäquaten Umgang mit Krebspatienten und ihren Angehörigen“.

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2015

© Leitlinienprogramm Onkologie | S3-Leitlinie Palliativmedizin | Mai 2015

1

S3-Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung Langversion 1.0 – Mai 2015

AWMF-Registernummer: 128/001OL

© Leitlinienprogramm Onkologie | Psychoonkologie bei erwachsenen Krebspatienten | Januar 2014

1

6��/HLWOLQLH��3V\FKRRQNRORJLVFKH��'LDJQRVWLN��%HUDWXQJ�XQG��%HKDQGOXQJ�YRQ�HUZDFKVHQHQ�.UHEVSDWLHQWHQ�

Version 1.0 – Januar 2014

AWMF-Registernummer: 032/051OL

Leitlinie �/DQJYHUVLRQ��

Leitlinien

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2015

Empfehlung 9.6 Vor der Informationsübermittlung soll erfragt werden, mit welchem Wissen, mit welchen Vorstellungen, Hoffnungen, und Befürchtungen im Zusammenhang mit seiner Erkrankung der Patient in das Gespräch geht.

Empfehlung 9.7 Informationen sollen schrittweise übermittelt werden mit regelmäßiger Rückversicherung, ob und inwieweit der Patient diese verstanden hat ...

Empfehlung 9.8 Dem emotionalen Erleben und den spirituellen Bedürfnissen sollen ausreichend Raum gegeben werden. Beides sollte gezielt angesprochen werden, auch wenn der Patient es nicht zum Ausdruck bringt.

S 3-Leitlinie Palliativmedizin:

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2015

Das Schwierigste beim Mitteilen von „schlechten Nachrichten“ ist für Ärzte der Umgang mit den dabei aufkommenden Emotionen.

Buckman. BMJ 2002; Baile et al. Cancer 1999

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2015

•  Die Mitteilung, dass der Patient in die palliative Situation kommt, gehört zu den größten Herausforderungen für den Arzt

•  Der Patient möchte aufrichtig informiert werden, ohne die Hoffnung genommen zu bekommen

•  „Wir können nichts mehr für Sie tun“ ist ein Kunstfehler.

•  Das schwierigste ist, die Emotionen, die man auslöst anzusprechen.

•  Die erforderliche kommunikative Kompetenz kann und sollte durch praktisches Üben trainiert werden.

Resümee