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91 Polypharmazie Actoris, Förstermann, Hofmann, Starke. Allgemeine Pharmakologie und Toxikologie. 10. Auflage2009 Stoppe, Mann. Geriatrie für Hausärzte. 1. Auflage 2001

Polypharmazie - Startseite paulscom.depaulscom.de/Literatur_AZM/Fachliches/Pharma/Seiten aus Skript Ege_Auszug.pdf · 99 Beispiel für pharmakodynamische Interaktionen der NSA´s:

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Polypharmazie

Actoris, Förstermann, Hofmann, Starke. Allgemeine Pharmakologie und Toxikologie. 10. Auflage2009Stoppe, Mann. Geriatrie für Hausärzte. 1. Auflage 2001

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Pharmakodynamische und pharmakokinetische Interaktionen

Pharmakodynamik1:Die Wirkungen des Pharmakons auf das Lebewesen.

Pharmakokinetik1:Die Wirkungen des Lebewesenes auf das Pharmakon

Pharmakodynamische Interaktionen: zwei Wirkstoffe greifen an einem Rezeptor, einem Erfolgsorgan oder in

einem Regelkreis synergistisch oder antagonistisch einBeispielHyperkaliämie bei NSA´sPharmakokinetische Interaktionen:Resorption (Nahrungsaufnahme), Verteilung und Metabolismus

(Organfunktionen, genetische Faktoren, Alter, Geschlecht) únd Ausscheidung werden durch Wirkstoffe gegenseitig beeinflusst

BeispielToxische Medikamentenkonzentrationen durch kompetitive Hemmung der Ausscheidung bei NSA´s

.1Rudolf Buchheim (1820-1879) Gründer der Pharmakologie

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Fakten zur Problematik

Aufnahme wegen UAW: 5 % der Patienten in der Inneren 20 % der Patienten in der Geriatrie

Alten-und Pflegeheime: 9,8 % der KH-Einweisungen wegen UAW, 42 % vermeidbar

Die häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) waren gastrointestinale Blutungen, Hirnblutungen, Nierenversagen, Elektrolytstörungen und Hypotonie, verursacht vor allem durch unsachgemäßen Einsatz von Rheumamitteln, Diuretika, Antihypertensiva und starken Schmerzmitteln

Thürmann 2006, Gurwitz 2005

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Gründe für häufige UAW/Interaktionen

S. Holt. Potenziell inadäquate Medikation für ältere Menschen: Die Priscus-Liste. Dtsch ÄB 9.08.2010

Medikamentenzahl u. dosis

Organfunktionen Niere, Leber

Körperzusammensetzung

UAW´sInteraktionen

ComplianceAdhärenz

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Beziehung zwischen Medikamentenanzahl und UAW´s

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Medikamente in der Zahnarztpraxis

Analgetika: Ibuprofen, Paracetamol, Novalgin

Antibiotika: Amoxicillin mit/ohne Clavulansäure, Metronidazol, Clindamycin

Anästhetika: Ultracain, Xylocain

Sedativa: Dormicum

Cortisonpräparate

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NSA Nichtsteroidale AntirheumatikaAntipyretische Analgetika

Einzeldosis beim Erwachsenen

Plasmahalb-wertszeit

Hauptelimi-nationsweg

Acetylsalicyl-säure

1g (bis 5g/d) 0,25 h Hydrolyse

Diclofenac 0,05-0,1 g 2h HydroxylierungIbuprofen 0,4-0,6g (bis

1,6g/d)2-3h Leber: Hydroxylier.

Niere: Ausscheidung

Paracetamol 0,5-1g (bis 4g/d) 2h Leber: GlucuronidierungNiere: Ausscheidung

Metamizol 0,5-1g (bis 4g/d) Darm:Hydrolyse zu 4-AminophenazonNiere: Ausscheidung

SAURE

NSA

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Unerwünschte ArzneimittelwirkungenSaure antipyretische Analgetika

Nebenwirkungen:Reduktion der Mucus- und Bicarbonatbildung im Magen:Magen- und schleimhautblutungen. Gleichzeitige Gabe von Protonen-pumpenhemmern, H2-Rezeptorantagonisten oder Misoprostol (KI SS),verringert Risiko.Reduktion der Nierendurchblutung:Niereninsuffizienz, Hyperkaliämie

Vorteil Ibuprofen: selten GIT-NW, auch Thrombofunktion gestört. Keine Kumulation, geringes Vergiftungsrisiko. Nurofen® ab 3 Mon.!

Nicht saure antipyretische Analgetika

Paracetamol-Nebenwirkungen:Leberschädigung. Dosen >6g oral können tödlich sein. Sy.erst nach 24 h.Metamizol-Nebenwirkungen:Bei 1-wöchiger Therapie Risiko für Agranulozytose 1:1MillionSchock bei i.v.-Gabe, deshalb langsam <1ml/minl.

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Beispiel für pharmakodynamische Interaktionen der NSA´s:Hyperkaliämie:ACE-Hemmer (z.B. Captopril, Enalapril…), Sartane (Candesartan,

Valsartan…), Diuretika (Spironolacton, Triamteren) steigern den Kaliumspiegel. Hyperkaliämien sind häufige Ursache von Krankenhauseinweisungen (1994 2,4 /1000 Pat, 2001 11/1000 Pat.). Oft manifestiert sich die Hyperkaliämie, wenn zusätzlich ein NSA (herabgesetzte Nierendurchblutung, Niereninsuffizienz) appliziert wird. Deshalb regelmäßige Elektrolytkontrolle oder alternative Medikamente.

Beispiel für pharmakokinetische Interaktionen der NSA´s:Toxische Spiegel verschiedener Pharmaka:NSA´s und andere Substanzen (Lithium, Methotrexat, Ciclosporin,

Tacorlimus) konkurrieren um die Ausscheidung über die Nieren. Es kann zu erhöhten Spiegeln und Intoxikationen von Lithium, Methotrexat (z.B. Agranulozytose), Cicolsporin und Tacrolimus kommen.

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Medikamente in der Zahnarztpraxis

Analgetika: Ibuprofen, Paracetamol, Novalgin

Antibiotika: Amoxicillin mit/ohne Clavulansäure, Metronidazol, Clindamycin

Anästhetika: Ultracain, Xylocain

Sedativa: Dormicum

Cortisonpräparate

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AntibiotikaEinzeldosis

beim Erwachsenen

Plasmahalb-wertszeit

Hauptelimi-nationsweg

Amoxicillin 0,5-1,0 g oral (3 mal pro d)

1h Unverändert über Niere

Amoxicillin undClavulansäure

875/125 mg oral(2 mal pro d)

1h Leber: Metabol.Niere: Ausscheidung

Metronidazol 400 mg, dreimal pro d. oder 500 mg dreimal i.v.

Leber: Metabol.Niere: Ausscheidung

Clindamycin 0,6-1,8 g tgl. aufgeteilt in 4 Einzeldosen

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Unerwünschte ArzneimittelwirkungenAminopenicillin-Nebenwirkungen:Hautexantheme, treten nach 5-10 T. auf.Mit Clavulansäure:Sehr selten Leberfunktionsstörungen, cholestatischer Ikterus.

Metronidazol-Nebenwirkungen:Bitteres Aufstoßen, metallischem Geschmack.Neurologische Störungen: Kopfschmerzen, Ataxie, Parästhesie, periphere Neuropathien.Erhöhung der Marcumar-Konzentration, verstärkte Gerinnungshemmung

Clindamycin-Nebenwirkungen:Antibiotika-assoziierte Colitis durch Clostridium difficile Enterotoxin.Therapie: Metronidazol 4x250mg/d oral.Nach längerer Therapie: Hämtolologische Störungen – Thrombopenie, Leukopenie.

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Beispiel für pharmakokinetische Interaktionen des Metronidazols:

Cytochrom-P450-EnzymeCYP 3A4 ist wichtigstes CytochromP45060 % aller Arzneistoffe sind Substratedes CYP 3A4

Inhibitoren des CYP P450 3A4Amiodaron, Verapamil, Diltiazem

MetronidazolGrapefruitsaft……

Induktoren des CYP P450 3A4 Carbamazepin, Phenytoin

RifampicinJohanniskraut….

Substrate des CYP P450 3A4Midazolam, Diazepam

SimvastatinMarcumar, Theophyllin, Sildenafil…

Konz. Konz.

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Medikamente in der Zahnarztpraxis

Analgetika: Ibuprofen, Paracetamol, Novalgin

Antibiotika: Amoxicillin mit/ohne Clavulansäure, Metronidazol, Clindamycin

Anästhetika: Ultracain, Xylocain

Sedativa: Dormicum

Cortisonpräparate

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Lokalanästhetika, Sedativa, CortisonEinzeldosis

beim Erwachsenen

Plasmahalb-wertszeit

Hauptelimi-nationsweg

Articain(Ultracain®, Ultracain D-S)

1ml=40mg (max. 500mg,12,5 ml)D-S: 0,006 mg EpinephrinD-S forte: 0,012 Epinephrin

MittellangWD 1-2h

Leber: Metabol.Niere: Ausscheidung

Lidocain(Xylocain®)

Midazolam(Dormicum®)

7,5 -15 mg/dOd.0,05-0.2 mg/kg

1,5-2,5h

WD 12-15 min

Prednisolon(DecortinH®)

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Unerwünschte Arzneimittelwirkungen

LokalanästhetikaInhibitorische Wirkung auf Aktionspotenziale an Herz und Gehirn

Gehirn:Erbrechen, Rededrang, Euphorie, Angst, Unruhe, starke ErregungVerlust der OrientierungKrämpfe klonischen TypsKoma, zentrale Atemlähmung

Herz- und Kreislauf:Negative Chronotopie bis zum HerzstillstandNegative Dromotropie, negative InotropieDurch Gefäßdilatation Kreislaufversagen

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Strategien zur Vermeidung von UAW´s

• Indikation für Medikamente regelmäßig auf Notwendigkeit, Ansprechen und Nebenwirkungen überprüfen - nur absolut notwendige Präparate nach Nutzen-Risiko-Abwägung verordnen (auch Lebenserwartung und AZ miteinbeziehen)

• Interdisziplinarität leben! RS mit Hausarzt, Internist evtl. Pharmakologen

• Bei Start eines Medikamentes-KG, Nieren- und Leberfunktion miteinbeziehen-außerdem Allergieanamnese-bekannte Interaktionen mit den anderen Medis berücksichtigen-start slow, go slow-Patientenpräferenzen berücksichtigen-klären ob, der Patient das Medikament selbst einnehmen kann

.

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v.a. bei Kombin.mit ACE-Hemmernund Diuretika

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Hilfsmittel zur Vermeidung UAW´s

www.RpDoc.de (von der Arzneimittelkommission der DeutschenÄrzteschaft (AkdÄ), des Bundesgesundheitsministeriums, des Verbands Deutscher Krankenhausapotheker und der KV Saarland).Sehr hilfreich wäre ein Arzneimittelinformationszentrum, wo Experten der Pharmakologie bzw. Pharmazie Medikamentencocktails auf Anfrage der Ärzte durchchecken und Änderungsvorschläge anbieten. So ähnlich wie es mitgroßen Erfolg in den skandinavischen Ländern schon seit einigen Jahren angeboten wird und dessen ökonomischer Nutzen eindeutig aufgezeigt werden konnte

• www.psiac.de Diese Online-Datenbank für die Interaktionspharmakologie wird herausgegeben von Christoph Hiemke (Psychiatrische Klinik der Universität Mainz), Matthias Dobmeier (Universität Regensburg), Ekkehard Haen (Universität Regensburg) und Gabriel Eckermann (Bezirkskrankenhaus Kaufbeuren), Programmierung Anton Köstlbacher (Universität Regensburg). Die Datenbank enthält derzeit ca. siebentausend Paarungen von ZNS-Substanzen mit Psychopharmaka, und von ZNS-Medikamenten mit einer Vielzahl von internistischen (aktuell auch onkologischen) und allgemeinmedizinischen Medikamenten. Sie wird wöchentlich aktualisiert. In dieser Datenbank wird sowohl auf pharmakodynamische wie auf pharmakokinetische medikamentöse Wechselwirkungseffekte genau eingegangen.

•  .

Levy et al.1980; Bates et al.1997;Pirmohamed et al.2004