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Schöpfungslehre, Anthropologie, Eschatologie (systemat.-theol.)
Prof. Dr. Lucia Scherzberg
WS 2009/10
Christus erfreut die Seele mit Geigenspiel(Buchmalerei um 1497 von Rudolf Stahel, Martinus-Bibliothek Mainz)
Das Verhältnis von Leib und Seele
Altes Testament
Kein Dualismus von Leib und Seele, sondern ganzheitliches Verständnis des Menschen
Neues Testament
• „Seele“ = unzerstörbare Beziehung des Menschen zu Gott
• Kein Dualismus von Leib und Seele
Das Verständnis der Seele bei Platon
• immaterielle Natur
• göttliche Herkunft
• Vereinigung mit dem Leib für die Dauer des Lebens
• Behinderung durch den Leib
• Streben nach wahrer Erkenntnis Ideen
• Weltseele und Individualseele
Das Verständnis der Seele bei Platon
3 Seelen“teile“
- das Begehrliche
- das Muthafte
-das Vernünftige
Donatello, Büste eines jungen Mannes, 1460 (Florenz, Bargello)
Das Verständnis der Seele bei Aristoteles
• Prinzip aller Lebewesen
• Je komplexer das Lebewesen desto komplexer die Seele: Pflanzen: vegetatives Prinzip, Tiere: sinnliches Prinzip, Mensch: vernünftiges Prinzip (Geistseele)
• anima forma corporis (Unterscheidung von Materie und Form)
• Keine Trennung vom Körper
Rezeption der platoni-schen Seelenvorstellung bei den Kirchenvätern
Trennung der Seele vom Leib
Unsterblichkeit der Seele
Minderbewertung des Körpers
Dormitio Mariae. Fresko aus der Giotto-Schule in Santa Maria die Penitenti in Piove di Sacco
Der Cartesianische Dualismus
René Descartes (1596-1650)(Porträt von Frans Hals 1648) Substanzdualismus
• res cogitans = geistige oder mentale Substanz/ denkende(r) Seele (Geist)
• res extensa = körperliche, materielle Substanz
Geist ist kein Körper, hat keine materiellen Attribute oder physische Eigenschaften.
Körper ist kein Geist, hat keine mentalen Attribute oder geistigen Eigenschaften
Wie kann es dann eine Wechselwirkung zwischen Körper und Geist geben?
Descartes glaubte, dass die Zirbeldrüse der Ort der Interaktion zwischen Körper und Geist sei.
Das ist nicht nur ein empirischer Irrtum, sondern eine Wechselwirkung ist unmöglich, wenn von substanzdualistischen Voraussetzungen ausgegangen wird.
Prinzip der kausalen Geschlossenheit der physischen Welt
Die folgenden drei Sätze sind nicht widerspruchsfrei:
• Mentale Zustände sind nicht-physische Zustände (Dualismus)
• Mentale Zustände sind im Bereich physischer Zustände kausal wirksam.
• Der Bereich physischer Zustände ist kausal geschlossen.
Wenn der zweite Satz richtig ist, können der erste und der dritte nicht beide zutreffen.
Abschied vom Dualismus?
„Wir haben herausgefunden, dass im menschlichen Gehirn neuronale Prozesse und bewusst erlebte geistig-psychische Zustände aufs Engste miteinander zusammenhängen… Die Daten, die mit modernen bildgebenden Verfahren gewonnen wurden, weisen darauf hin, dass sämtliche innerpsychischen Prozesse mit neuronalen Vorgängen in bestimmten Hirnarealen einhergehen - … . Auch wenn wir die genauen Details noch nicht kennen, können wir davon ausgehen, dass all diese Prozesse durch physikochemische Vorgänge beschreibbar sind.“
(aus: Das Manifest. Elf führende Neurowissenschaftler über Gegenwart und Zukunft der Hirnforschung, in: Gehirn und Geist v. 15. 2004 http://www.gehirn-und-geist.de/artikel/852357&_z=798884)
Abschied vom Dualismus?
• JA: Abschied von der Vorstellung immaterieller Geister oder nicht-physischer Seelen (res cogitans)
• NEIN: kein Abschied von mentalen Attributen und geistigen Eigenschaften
Person ist ein Wesen mit zwei Seiten, einer körperlichen und einer geistigen, kein Doppelwesen
Zukunft der Hirnforschung?!
„Dann lassen sich auch die schweren Fragen der Erkenntnistheorie angehen: nach dem Bewusstsein, der Ich-Erfahrung und dem Verhältnis von erkennendem und zu-erkennendem Objekt. Denn in diesem zukünftigen Moment schickt sich unser Gehirn ernsthaft an, sich selbst zu erkennen.“ (Manifest s.o.)
Homunculus-Fehlschluss
• Das Gehirn ist kein Erkenntnissubjekt, sondern das Organ der Erkenntnis.
• Fehlschluss von einer Eigenschaft des Ganzen auf die Eigenschaften eines seiner Teile
Wie viel Dualismus ist nötig?
• Identität einzelner innerpsychischer Ereignisse (token) mit einzelnen neuronalenVorgängen
Beispiel: Ein Gedanke ist ein neurophysiologisch beschreibbares Ereignis.
• Nicht-Identität mentaler und physischer Ereignis-und Zustandstypen
Beispiel: Ein Gedanke gehört zu einem mentalen Ereignistyp (ist z.B. ein Gedanke mit einem bestimmten Inhalt).
• Abhängigkeit des Psychischen vom Physischen
• Bestimmung des Psychischen durch das Physische akausal und synchron
Beispiel: Eine Entscheidung (Ereignistyp) ist in einem physischen Vorgang (Ereignistyp) realisiert, aber nicht durch den physischen Vorgang hervorgerufen. (Entscheidung als token ist der physische Vorgang als token, aber keine Identität der Ereignistypen)
Ist der Abschied vom Substanzdualismus ein Problem für die Theologie?
• ganzheitliche Sicht des Menschen in der Bibel
• Seele als unzerstörbare Beziehung zu Gott
• Problem für die Eschatologie: Was steht für die Kontinuität und Identität der Person nach ihrem Tod?