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SS 06 GK III 11.Sitzung Strukturen I: Klassische Handlungsmilieus der internationalen Beziehungen - Internationale Anarchie, Internationale Staatengesellschaft oder Internationale Gesellschaft ?

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SS 06 GK III 11.Sitzung

Strukturen I: Klassische Handlungsmilieus der internationalen Beziehungen -

Internationale Anarchie, Internationale Staatengesellschaft oder Internationale

Gesellschaft ?

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Veranstaltungsevaluationen

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Hilfs- und Infoseite: http://egora.uni-muenster.de/pol/ evaluationen/evaluationen.shtml

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Jeder Teilnehmer bediene sich bitte mit einer TAN-Nummer im Tutorium – nur so können Sie auf der angegebenen Website

Zugang zum Evaluationsfragebogen gewinnen !

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Gliederungselemente

Der SystembegriffDas Westfälische StaatensystemKlassische Handlungsmilieus der IBStaatenzentrische und globalistische Sicht

internationaler BeziehungenStaatenzentrische und postinternationale

Weltpolitik

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Definition vereint drei Systemkonzepte> Strukturales Systemkonzept

» Beziehungen der Elemente zueinander> Funktionales Systemkonzept

» Verhalten eines Systems, seine Außensicht> Hierarchisches Systemkonzept

» Teil-Ganzes-Beziehungen

Ein System ist das Modell einer Ganzheit, die Beziehungenzwischen Attributen aufweist, die aus miteinander verknüpftenTeilen besteht, und die von ihrer Umgebung abgegrenzt wird

Ein System ist das Modell einer Ganzheit, die Beziehungenzwischen Attributen aufweist, die aus miteinander verknüpftenTeilen besteht, und die von ihrer Umgebung abgegrenzt wird

Allgemeiner SystembegriffAllgemeiner Systembegriff

Ein System besteht aus einer angebbaren Menge von Akteuren, zwischen denen Prozess- und/oder Strukturbeziehungen bestehen, und die durch eine Systemgrenze von ihrer Umwelt oder anderen Systemen abgegrenzt werden.

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Strukturales SystemkonzeptStrukturales Systemkonzept

AbteilungsleiterRechnungswesen

Finanzbuchhaltungssoftware

SachbearbeiterRechnungswesen

SystemSystemkomponente

Beziehung

erteilt

Anweisungen

nutzt

Beziehungen der Elemente zueinander

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Funktionales SystemkonzeptFunktionales Systemkonzept

Verhalten eines Systems, seine Außensicht

SystemEingabeAusgabe

Menge vonKundenaufträgenProduktionsplan

Reaktion auf Umwelteingabe

Erfüllung der Systemfunktion

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Hierarchisches SystemkonzeptHierarchisches Systemkonzept

Teil-Ganzes-Beziehungen

Ist Teil von

Ist Teil von

Computer

System

(Teil-) System

(Teil-) System

Betriebssystem

Festplatte

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Literaturtip

• Helmut Willke: Systemtheorie I: Grundlagen. 6.Aufl. Stuttgart 2000. UTB

• David J. Krieger: Einführung in die allgemeine Systemtheorie. 2.Aufl. Stuttgart 1996 UTB

• Dirk Baecker: Schlüsselwerke der Systemtheorie. Wiesbaden 2005 VS Verlag

• David Easton: A Systems Analysis of Political Life. Chicago 1979, Pb. U.of Chicago Press

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Das Westfälische System

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Ausgangspunkt: das nullsummenspielartig organisierte Staatensystem

• Das Staatensystem besteht aus unabhängigen, souveränen Staaten. Über ihnen gibt es keine andere Autorität oder Macht. Die Staaten bestimmen selbst über ihr Zusammenwirken oder ihre Konflikte, freiwillig oder unter dem Druck äusserer oder innerer Umstände.

• Jeder Staat setzt sich seine Ziele selbst. Die Beziehungen der Staaten untereinander beruhen auf dem Prinzip der Selbsthilfe. Selbsthilfe bedeutet den Einsatz von Macht. Von ihr hängen das Bestehen des Staates und die Erreichung seiner Ziele ab. Die Staatengesellschaft ist folglich an-archisch. Daraus folgt die Unsicherheit des einzelnen Staates als dauerndes Merkmal seiner Existenz (Sicherheitsdilemma)

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Kennlinien des klassischen Realismus

Historischer Hintergrund:

Radizierung von Herrschaft

Genese der friedens- und sicherheitsstiftenden Funktion des Territorialstaats

Trennung von Innen und Aussen

Entstehung des europäischen Staatensystems seit 1648/1713

Ideengeschichtliche Quellen:

Machiavelli

Hobbes

Idealtypisch-metaphorische Charakteristika der internationalen Politik

Entwicklung des Staatsräsongedankes als legitimatorischer Bezugspunkt für die Selbstbehauptung des modernen Territorialstaats.

Überwindung des innergesellschaftlichen Naturzustands durch die gesellschaftsvertragliche Begründung des Leviathan;

Legitimation von Herrschaft als Garant einer territorial abgegrenzten sicherheitsgemeinschaftlichen Schutzzone: Basis der Souveränitätsanspruchs; Freisetzung des Naturzustands-Konzepts zur Charakterisierung der Beziehung zwischen solchen Schutzzonen (d.h. souveränen Staaten)

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Idealtypisch-metaphorische Charakteristika der internationalen Politik

Systemebene

anarchische Struktur

Sicherheitsdilemma: Erhöhung der eigenen Sicherheit durch Stärkung militärischer Fähigkeiten verringert die Sicherheit anderer; Folge: spiralenförmiger Rüstungswettlauf

Gleichgewicht der Mächte durch Abschreckung

Internationale Politik als Nullsummenspiel staatlicher Akteure um Macht, Ressourcen, Einfluss

Akteursebene

exklusiver Handlungsanspruch der Akteure im Bereich der „high politics“

Territorialität: Schutzfunktion der harten Schale

zweckrationales, nutzenmaximierendes /nutzen-optimierendes Handeln

Prinzip der (notfalls militärischen) Selbsthilfe bei der Durchsetzung von Interessen

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Literaturtip

• Hans J. Morgenthau: Macht und Frieden. Grund-legung einer Theorie der internationalen Politik. Gütersloh 1963.

• Benjamin Frankel (Hrsg.): Roots of Realism. London 1996.

• Stefano Guzzini: Realism in International Relations and International Political Economy. The Continuing Story of a Death Foretold. London 1998.

• Charles W. Kegley, Jr. (Hrsg.): Controversies in International Relations Theory. Realism and the Neoliberal Challenge. New York 1995.

• John A. Vasquez: The Power of Power Politics. From Classical Realism to Neotraditionalism. Cambridge 1998

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Grundsätze des klassischen Staatensystems

• Rex est imperator in regno suo – Souveräne sind keiner höheren Gewalt unterworfen, sondern unabhängig und anderen Souveränen gleich

• Cuius regio, eius religio – Der Herrscher bestimmt die Religion der Untertanen, Fremde haben kein Recht, aus religiösen Gründen in eine souveräne Jurisdiktion zu intervenieren

• Balance of Power – Gleichgewichtspolitik soll durch Bildung von Koalitionen und den jederzeit möglichen Wechsel der Partner verhindern, dass sich ein Staat zur Vormacht über alle anderen aufschwingt

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Konsequenz I:

• Ausbildung einer durch rechtsförmige Verfahren regulierten, labilen, als Ganzes aber dennoch dauerhaften Staatengesellschaft, die durch die Idee des Gleichgewichts überwölbt wird und Selbstbe-hauptung und Überleben der Staaten dadurch sichert, dass die grossen Mächte sich gegenseitig in der Balance halten.

• Beziehungen der Staaten zueinander gebunden durch einen gemeinsamen Wertekanon:

• gemeinsame Intereressen, • gemeinsame Rechtsordnung,• gemeinsame philosophische & politische Werte, • gemeinsamer Zivilisationsstandard

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Konsequenz II

• Vergesellschaftung zwischenstaatlicher Beziehungen im Rahmen gemeinschaftlich anerkannter Verhaltensregeln und über Zeit ausgebildeter formeller wie informeller Institutionen

• Motivation durch das aufgeklärte, rationale Selbst- Interesse der Staaten an der durch Eigenbindung garantierten Erwartungsverlässlichkeit künftigen Akteurshandelns

• „a civil order even in the context of anarchy“ (Linklater)

• Literaturtip: Meyers 1997, 381 ff (auf der GK III – CD !!)

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Konsequenz III

• Ausbildung eines Minimalkonsenses der Staaten über individuell wie gemeinschaftlich zu verfolgende Ziele:

• 1) Erhaltung und Schutz der Staatengesellschaft selber # universalistische und transnational- revolutionäre Akteure

• 2) Erhaltung der Unabhängigkeit und Souveränität ihrer Mitglieder

• 3) Erhaltung des negativen Friedens als Normalzustand zwischenstaatlicher Beziehungen

• 4) Einhegung tödlicher Gewalt, Einhaltung von Verpflichtungen [pacta sunt servanda], Garantie der Verfügungsgewalt über das Eigentum durch wechselseitig anerkannte Rechtsnormen

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Konsequenz IV• Regulierung der Anarchie im Binnenverhältnis der

(zunächst europäischen, dann europäisch-atlantischen) Staatengesellschaft verknüpft sich mit der Expansion nach aussen, vorangetrieben vom Prozess der technologischen, sozioökonomischen und politischen Modernisierung

Kreuzzüge des Mittelalters Streben nach überseeischen Kolonialreichen des 16.

– 18. Jhs. bei gleichzeitigem Ausbau der BofP Ausweitung des europazentrischen Staatensystems

auf einen europazentrischen Weltzusammenhang (Imperialismus, 19.Jh.)

Ausweitung des Gleichgewichtsrahmens auf die Flügelmächte USA und UdSSR nach 1917; Übergang zur bipolaren Systemstruktur nach 1945

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Literaturtip

• Edward L. Morse: Modernization and the Transformation of International Relations. New York 1976.

• Adam Watson: The Evolution of International Society. A comparative historical analysis. London 1992.

• William Brown/Simon Bromley/Suma Athreye (Hrsg.): Ordering the International. History, Change, and Transformation. London 2004.

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Handlungsmilieus in der Perspektive klassischer IB-Theorien

• Vgl. auch: Friedensschaffende Leit-prinzipien klassischer Grosstheorien (aus der letzten Sitzung)

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Großtheorie Akteur Milieu Strukturprinzip

Realismus

National-

staat

Staatenwelt als anarchischer

(Natur-) Zustand

vertikale Segmentierung,

unlimitiertes Nullsummenspiel

um Macht, Einfluss, Ressourcen

Englische Schule

Staatenwelt als rechtlich verfasste

internationale Staatengesell-

schaft

vertikale Segmentierung, durch Norm und

Übereinkunft geregeltes

Nullsummenspiel

Idealismus Individuum Weltgesellschaft als internationale

Gesellschaft der Individuen

universalistische Verfassung

GROSSTHEORIEN INTERNATIONALER BEZIEHUNGEN

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GROSSTHEORIEN INTERNATIONALER BEZIEHUNGEN

Großtheorie Akteur Milieu Strukturprinzip

Interdependenz-orientierter Globalismus

individuelle oder gesellschaftliche

Akteure

transnationale Gesellschaft

funktionale, grenzübergreifende

Vernetzung

Imperialismus-theorien

individuelle oder gesellschaftliche

Akteure, die Klasseninteressen

vertreten

internationale Klassengesell-

schaft

gesellschaftlich: horizontale grenz-

übergreifende Schichtung;

(macht-)politisch: vertikale Segmen-

tierung der imperia-listischen

Konkurrenten

Dependenztheo-rien und

Theorien des kapitalistischen

Weltsystems

gesellschaftliche und

nationalstaatliche Akteure, die

Klasseninteressen vertreten

kapitalistisches Weltsystem als

Schichtungssystem von Metropolen und Peripherien

horizontale Schichtung nationaler Akteure im

Weltsystem; strukturelle Abhängigkeit der

Peripherien von den Metropolen; strukturelle

Heterogenität der Peripherien

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Eckwerte des Rationalismus im Vergleich zum Realismus Eckwerte des Rationalismus im Vergleich zum Realismus

Realismus Rationalismus (Englische Schule)

Akteure

Prozesse

Strukturprinzip

Milieu

Handlungsziel

Nationalstaaten

Nullsummenspielartige Konkurrenz um Macht, Einfluss und Ressourcen

Sicherheitsdilemma

Staatenwelt als internationaler an-archischer Naturzustand

Sicherheit des Akteurs (als Voraussetzung seines Über-lebens)

Nationalstaaten

Konflikt und Kooperation im Rahmen gemeinschaftlich anerkannter Verhaltensregeln und (informeller wie formeller) Institutionen

Regulierte Anarchie

Staatenwelt als rechtlich verfaßte internationale Staatengesellschaft

Kontrolle des Machtstrebens und der Machtausübung der Akteure in der internationalen Anarchie; Garantie der Erwartungsverläss-lichkeit des Akteurshandelns in der internationalen (Rechts-) Ordnung („pacta sunt servanda“)

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(Erklärungs-)Ansatzebene

Mittel

(außengerichtetes) Aktions-/Interaktionsverhalten der Akteure („unit-level-explanation“)

Machtakkumulation, (gewaltsame) Selbsthilfe zur Durchsetzung von Eigeninteressen, Abschreckung, Gleichgewichtspolitik

Vergesellschaftung/ Systembildung der Akteure; Phänomen der „governance without government“

Ausbildung eines Konsenses der Akteure über gemeinschaftliche Interessen, (selbstbindende Verhaltens-) Regeln und Institutionen; insbes. Anerkennung/ Befolgung von Verhaltensregeln, die die Gewaltausübung in der Staatengesellschaft einhegen, beschränken, reduzieren

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Das Westfälische System – ein zerklüftetes System ?

• Die Welt politisch anno 2001

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Zerklüftung: Einkommensverteilung im Weltmasstab

• These maps, original to the Atlas of Global Inequality, show the ratio of income in one country to the world mean. Countries colored red have less than one quarter of the world mean income. Countries colored dark blue have more than three times mean world income. The remaining colors indicate incomes between these extremes: dark pink (0.25 — 0.75), light

pink (0.25-1.25) and light blue (1.25-4). • Income is here measured as GDP/capita (purchasing power parity

). This is a measure of average national output of goods and services per person. Purchasing power parity means that outputs are compared across countries using the cost of a common set of commodities for each country. The global mean is the total global GDP (measured at purchasing power parity) divided by total world population

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Zerklüftung: 1980

                                                                                            

                  

                                                                                            

                

 

                                                                                            

                  

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Zerklüftung: 1990

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Zerklüftung: 2000

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Das Westfälische System – ein Konfliktsystem ?

Page 33: SS 06 GK III 11.Sitzung Strukturen I: Klassische Handlungsmilieus der internationalen Beziehungen - Internationale Anarchie, Internationale Staatengesellschaft

Aus Konfliktbarometer 2003

Page 34: SS 06 GK III 11.Sitzung Strukturen I: Klassische Handlungsmilieus der internationalen Beziehungen - Internationale Anarchie, Internationale Staatengesellschaft

Aus Konfliktbarometer 2003

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Prämissen der staatenzentrischen und globalistischen Sicht internationaler Beziehungen

Prämissen der staatenzentrischen und globalistischen Sicht internationaler Beziehungen

Staatenzentrische Prämissen Globalistische Gegenpositionen

Die Staaten sind die einzigen bedeutenden Akteure der internationalen Beziehungen. Zu erforschen sind daher ihre Motive und Verhaltensweisen - oder genauer: die Motive und Verhaltensweisen der sie nach außen vertretenden politischen Entscheidungsträger. Anderen internationalen Akteuren kommt allein in ihrer Funktion als Mittel, Agenten oder Auftragnehmern der Staaten Bedeutung zu.

Internationale Beziehungen sind das Ergebnis einzelstaatlicher außenpolitischer (Inter-) Aktionen, die das Ziel der Erhaltung der in Kategorien militärischer Macht sowie territorialer und/ oder weltanschaulicher Herrschaft definierten nationalen Sicherheit (sog. „high politics“) verfolgen. Andere Ziele werden als „low politics“ definiert und belegen im Ziel- und Wertinven-tar der Staaten einen nachrangigen Stellenwert.

Staaten sind nicht die einzigen bedeutenden Akteure der internationalen Beziehungen. Manche internationalen Transaktionen und deren Resultate können nur im Hinblick auf die Motive und Verhaltensweisen internationaler gouvernementaler bzw. nicht gouvernementaler Organisationen oder Bürokratien, längerfristig be-stehender oder ad hoc gebildeter transnationaler Koalitionen von Entscheidungsträgern und Beamten, multinationalen Konzernen, transnationalen gesellschaftlichen Gruppierungen oder anderen in der staatenzentrischen Sicht für bedeutungslos gehaltenen Akteuren erklärt werden

Internationale Beziehungen sind das Ergebnis von grenzüberschreitenden Aktionen internationaler Akteure, die das Ziel der Wahrung und Verbesserung ihres eigenen, in den Kategorien Pro-Kopf-Einkommen, Beschäftigungsniveau und Lebensqualität definierten Wohlstandes verfolgen. Die Bedeutung, die nationale Regierungen derartigen Zielen zumessen, und die innenpolitischen Vorteile oder Nachteile, die mit der Verwirklichung oder Nichtverwirklichung dieser Ziele verknüpft sind, lassen ihre Verfolgung als „high politics“ erscheinen.

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Die internationalen Beziehungen sind ein Nullsummenspiel; der (Macht- und Status) Gewinn eines Akteurs im internationalen System geht zu Lasten eines/mehrerer/aller anderen Mitspieler. Der Austragungsmodus des Spiels ist der Konflikt; (militärische) Gewalt dient latent oder offen als Konfliktentscheidungsmittel

Die internationalen Beziehungen sind ein Nicht-Nullsummenspiel; Gewinne der Akteure resultieren aus einer kontinuierlich durch technischen Fortschritt und Verbesserung der internationalen Arbeitsteilung vermehrten Gesamtmenge gesellschaftlicher Ressourcen. Austragungsmodus des Spiels ist der der Kooperation. Alle wesentlichen Spielergebnisse nehmen die Form der Verteilung von Belohnungen unter den kooperierenden Akteuren an.

Internationaler Einfluss resultiert aus dem Einsatz von oder der Drohung mit dem Einsatz von Macht, definiert als aktuelle oder potentielle militärische und/oder wirtschaftliche Handlungsbefähigung.

Internationaler Einfluss resultiert aus dem gekonnten Umgang mit den Banden der internationalen Interdependenz, die die Akteure des internationalen Systems miteinander verknüpfen. Die Überzeugung anderer dient als Hilfsmittel bei der Erringung von Einfluss.

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Literaturtip

• James N. Rosenau: Turbulence in World Politics. A Theory of Change and Continuity. Hemel Hempstead 1990.

• Barry Buzan/Richard Little: International Systems in World History. Oxford 2000.

• Robert H.Jackson/Patricia Owens: The evolution of international society, in: Baylis/Smith 2005, Kapitel 2

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Strukturen und Prozesse staatenzentrischer und postinternationaler Weltpolitik Strukturen und Prozesse staatenzentrischer und postinternationaler Weltpolitik

StaatenzentrischeWeltpolitik

PostinternationaleWeltpolitik

Anzahl der Hauptakteure

Hauptdilemma der Akteure

Hauptziel der Akteure

Letztendliches Mittel der Zielverwirklichung

Wertprioritäten

Kooperationsmodus

Zuständigkeitsanspruch

Regeln für das Interaktionsverhalten der Akteure

Machtverteilung

Akteursinteraktionsmuster

Systemführerschaft

Institutionalisierung

Veränderungsanfälligkeit

Kontrolle über Handlungsresultate

Legitimation von Entscheidungen

kleiner als 200

(militärische) Sicherheit

Erhaltung territorialer Integrität und physischer Sicherheit

militärische Gewalt

Prozesse der Souveränitätswahrung und des Schutzes der Rechtsordnung

Formale Allianzen

Beschränkt auf „High Politics“

Diplomatische Gepflogenheiten, Völkerrecht

Hierarchisches Machtgefälle

Symmetrisch

Großmächte

Verfestigt

verhältnismäßig niedrig

Konzentriert

Formale Autorität, Recht

mehrere Tausend

(Entscheidungs- und Handlungs-) Autonomie

Erhaltung/ Vergrößerung des Anteils am Weltsozialprodukt und Wahrung des Zusammenhalts der Subsysteme

Entzug von Kooperation

Resultate, insbesondere solche, die die Verwirklichung der Menschen-rechte, der (Verteilungs-) Gerechtigkeit und der Wohlfahrt fördern

zeitweilige (Interessen-) Koalitionen

Unbeschränkt

Ad hoc formuliert, funktional und situationsbezogen

Relative Gleichrangigkeit der Initiierung von Handlungen

Asymmetrisch

Innovative Akteure mit umfangreichen Ressourcen

Im Entstehen begriffenverhältnismäßig hoch

Diffus

Funktionale Autorität, erfolgreiche Bedürfnisbefriedigung, effektive politische Führung

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Staatenzentrische Perspektive Akteursorientierte Perspektive

Akteure Staaten und internationale gouvernementale Organisationen; andere Akteure deutlich nachgeordnet

Staatliche und nichtstaatliche (vor allem transnationale Akteure und nicht-gouvernementale internationale Organisationen)

Handlungs-legitimation

Souveränität, Status als Völkerrechtssubjekt; Macht und Herrschaft als de facto-Legitimation

Autonomie; politischer, ökonomischer, gesellschaftlicher Einfluss bei anderen Akteuren

Schichtung und Struktur des interna-tionalen Systems

Staatenhierarchie; Struktur resultiert aus der Macht-verteilung zwischen den Großmächten und Bünd-nissystemen; Systemdominanz des Gleichgewichts-prinzips; deutlich ausgeprägte Abhängigkeits- und Über-/ Unterordnungsverhältnisse

Keine festgelegte Hierarchie; komplexe Interdependenz unterschiedlicher Akteure und Problemfelder/ Sachbereiche; internationale Regime als strukturbildende Momente; grenzübergreifende, -überwölbende oder -unterlaufende Vernetzung der Akteure

Interaktions-muster

Intergouvernemental; vornehmlich diplomatische und militärisch-sicherheitspolitische

Starke Vermehrung der Kommunikationskanäle zwischen den Akteuren; neue (insbesondere ökonomische) Formen der Diplomatie, grass-root diplomacy

Verhaltens-regeln und Normen

Völkerrecht; Durchsetzung letztlich abhängig von der Machtverteilung zwischen den Staaten

Veränderlich je nach Umständen, Randbedingungen und Sachbereichen; Durchsetzung abhängig vom (Selbst-) Interesse der Akteure an ihrer Geltung

Ziel Erhaltung des Staatensystems Erhaltung des internationalen Systems und dessen Anpassung an wechselnde Gegebenheiten bzw.

Randbedingungen

Mittel militärische Selbsthilfe Verhandlungs- und Austauschprozesse zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren; peaceful change

A) Strukturen und Prozesse des internationalen SystemsA) Strukturen und Prozesse des internationalen Systems

Konsequenzen unterschiedlicher Perspektiven für die inhaltliche Füllung von Grundbegriffen

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Staatenzentrische Perspektive Akteursorientierte Perspektive

Politische Rahmenbe-dingungen

Durch Hierarchie und Wettbewerb der Akteure sowie Dominanz nationaler (Sicherheits-) Interessen geprägtes, vertikal (d.h. territorial) segmentiertes Staatensystem; Trennung von Innen- und Gesellschafts- („low“) Politik von Außen- und internationaler („high“) Politik; Konzentration der Macht auf der nationalen, Dezentralisierung der Macht auf der internationalen Ebene

Systemare Mischverfassung staatlicher und nicht-staatlicher Akteure in je nach Sachgebieten unter-schiedlicher horizontaler Schichtung bei dezentralisierter Verteilung von (nicht überwiegend militärisch definiertem) Einfluss bzw. Macht; Ver-knüpfung innergesellschaftlicher und internationaler Angelegenheiten in einem Entscheidungs- und Handlungskontinuum

Politische Prozesse

Politische Beziehungen zwischen Staaten (oder genauer: den Regierungen); Interessendurchsetzung im Wege der Selbsthilfe oder mittels diplomatischer Verhandlungen; systemstabilisierende Ordnungsfunktion des Mächtegleichgewichts schließt periodische Zusammenbrüche nicht aus; nullsummen-spielartige konkurrenzhafte Prozessabläufe

Überwiegen von Beziehungen zwischen (Koalitionen unterschiedlicher gesellschaftlicher und bürokratischer Interessen repräsentierenden) Regierungen, teils auch anderen Akteuren, im Rahmen transnationaler, transgouvernementaler und supra-nationaler Beziehungsgeflechte; Verknüpfung sub-nationaler und transnationaler Interessenartikulation und -Durchsetzung; Ausdifferenzierung staatlicher Handlungsbereiche bei gleichzeitiger Beschränkung der Kontrolle und Beherrschung von (nicht in der eigenen Gesellschaft entstehenden) Ereignissen und Prozessen; zweckgerichtete Kooperation und Koalitionsbildung unterschiedlicher Akteure; Politisierung gesellschaftlicher Handlungsbereiche; Vernachlässigung formaler Statuskriterien (Souveränität) zugunsten funktionaler Handlungskompetenzkriterien (Autonomie); nicht-nullsummenspielartige kooperative Prozessabläufe

B) Verschiedene Gestaltqualitäten der internationalen Politik B) Verschiedene Gestaltqualitäten der internationalen Politik

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Staatenzentrische Perspektive Akteursorientierte Perspektive

Rahmenbe-dingungen

Dominanz des Staatensystems und der zwischen-staatlichen Beziehungen; Hierarchie und Inter-essenwettbewerb der Staaten; Vernachlässigung signifikanter innergesellschaftlicher Einflüsse

Neue Beziehungsnetze und Handlungssysteme zwischen staatlichen und nichtstaatlichen, transna-tionalen und internationalen Akteuren sowie gou-vernementalen und nichtgouvernementalen interna-tionalen Organisationen; enge Verbindung zwischen innergesellschaftlichen und internationalen Handlungsparametern und –Spielräumen

Inhalt Gegenstands-, Problemkomplex- und Zielhierarchie dominiert von nationalen und/oder Sicher-heitsinteressen, die die internationale Machtverteilung widerspiegeln. Vernachlässigung wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und sozialer Problemkomplexe; Trennung von „high politics“ (Sicherung der Existenz eines Staates im internationalen System) und „low politics“ (Erhaltung und Mehrung von Reichtum und Wohlfahrt der Bevölkerung eines Staates)

Je nach Sach- und Gegenstandsbereich veränderliche Gegenstands-, Problemkomplex- und Zielhierarchie; gesteigerte Bedeutung wirtschaftlicher, ge-sellschaftlicher, sozialer, ökologischer und huma-nitärer Problemkomplexe; Verknüpfung von „high politics“ (Diplomatie, Sicherheitspolitik) und „low politics“ (Wirtschafts- Finanz-, Sozial-, Umweltpolitik)

Entschei-dungsprozeß

Dominiert durch politische und administrative Eliten, die für einen als einheitlichen Akteur begriffenen Staat handeln; basiert auf Machtkalkül und rationaler Ziel-Mittel wie Kosten-Nutzen-Kalkulation

Pluralistisch, beeinflusst von einem weiten Spektrum von Interessen und organisierten Interes-senvertretungen, die die innergesellschaftliche und internationale Durchsetzung ihrer Interessen mit-einander verknüpfen; basiert auf Kompromiß- und Konsensbildung durch Verhandlungen und gleich-zeitig oder Zug um Zug erfolgender tauschweiser Befriedigung unterschiedlicher Interessen (Paketlö-sungen)

Umsetzung Außenministerien und diplomatische Kanäle; Drohung mit und Einsatz von nationaler Macht einschließlich militärischer Gewaltanwendung

Außenministerien und andere Regierungsbehörden, parastaatliche und privat(rechtlich organisiert)e Akteure, funktional orientierte Organisationen; wachsende Bedeutung sachgebietsbezogener internationaler Kooperation bei gleichzeitiger Reduzierung des Nutzens militärischer Gewaltanwendung

C) Verschiedene Gestaltqualitäten der Außenpolitik C) Verschiedene Gestaltqualitäten der Außenpolitik

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Zu guter Letzt – ein praktischer Tip fürs Leben…