Geistiges Leben 2007-4

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    SPENDENKONTENBaden-Wrttemb. Bank AG Bietigheim-Bissingen

    Kto.: 7818500173 BLZ: 60050101

    BIC: SOLADEST IBAN: DE27 6005 0101 7818 5001 73Postgiro Stuttgart Kto. 9096-705 BLZ 600 100 70

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    IMPRESSUMHerausgeber: Lorber-Gesellschaft e.V.Verwaltungsanschrift: Postfach 114

    83731 Hausham / DeutschlandTel.: 08026-8624 / Fax: 08026-3294

    E-Mail-Anschrift: [email protected]

    Internet-Seite: www.Lorber-Gesellschaft.deSchriftleitung: Klaus W. Kardelke

    Redaktion: Hans-Gerd Fischer, Angelika Penkin,

    Michael Nolten

    INHALTMargarete Friebe Das Wort S. 2

    Klaus W. Kardelke Editorial S. 3

    Jakob Lorber Die Notwendigkeit der Selbstprfung S. 5Erhard Gaiduk Einatmen und Ausatmen S. 10

    Jakob Lorber Der vergangene, zuknftige

    und gegenwrtige Christus S. 26Hans-Gerd Fischer Die Trnen der Ewigen Liebe S. 28

    Thomas Merton Vom eigenen Nichts S. 33Heinrich Seuse Bei sich selber bleiben S. 34

    Johannes Tauler Erneuerung des Geistes S. 35

    F. M. Dostojewski Kann man Richter sein ber seinesgleichen S. 36Psalm 139 Herr Du erforschest mich S. 38

    Ulrich Schtz Heute leb ich - heute hab ich Zeit S. 39

    Antoine de St.-Exupery Gebet S. 42

    Jakob Lorber Zeichen der Gegenwart des Herrn S. 436000 Punkte fr den Himmel S. 45

    Jakob Lorber Von Einsiedlern und der Sittenreinheit S. 51

    Zu schnell gefahren S. 53

    Verschiedenes S. 55

    Mit Namen des Verfassers versehene Beitrge mssen nicht mit der Auffassung derSchriftleitung bereinstimmen.

    Die Zeitschrift erscheint zweimonatlich auf freiwilliger Spendenbasis.

    Beitrge richten Sie bitte an die Schriftleitung.

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    Jahrgang 27 2007 Heft 4

    - Zeitschrift im Geiste christlicher Mystik -

    Hier bin Ich, ein guter Hirte unter Meinen Lmmern,und fliehe nicht, so da Wlfe sich Meiner Herde nahen;

    denn diese Lmmer sind Mein eigen. Ich bin keinMietling, der die Flucht ergreift, wenn er den Wolf unterseine Herde kommen sieht. Der Mietling flieht, weil die

    Schafe nicht sein eigen sind. Was kmmert ihn dasEigentum seines Dienstherrn?!

    Ich aber bin der Herr Selbst, habe lieb Meine Schafe,

    weil sie Mein eigen sind, Mich kennen und MeineStimme allzeit wohl vernehmen, wenn Ich sie rufe.(Gr.Ev.Joh. Bd. 7, Kap. 154,2-3)

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    2 GL 4/2007Das Wort

    DAS WORT

    Das Wort kann Leben spenden,

    kann alles zum Guten wenden.Das Wort, es kann Dich beleben,ja, zum Himmel Dich erheben.

    Doch ist das Wort dster, verwirrend, lieblos und leer,dringt es in Dein Herz wie ein tdlicher Speer.

    Getroffen musst Du nun mit Dir tapfer ringen;wird es Dir wohl gelingen

    zu heilen die schmerzende Wunde?

    Im Stillen ertnt MEINER Stimme frohe Kunde:

    Lass MEIN WORT in Dir auferstehen,und alles bittere Leid wird sodann vergehen.

    Hre MEIN WORT, es umarmt Dich in barmherziger Gte,und nun sieh: alles gedeiht in herrlicher Blte.

    Bleibe, MEIN Kind, in MEINEM WORT immerdar;lerne auch Du denken, reden und handeln klar und wahr.

    Dann erlebst Du MICH im herrlichsten Licht,und Du bist erlst von allem Gericht.

    Doch noch kannst Du MICH nicht erreichen;Dir fehlt das Hchste, MIR ganz zu gleichen.

    Jetzt ist es Zeit, und hier ist der rechte Ortzu erleben MEIN tnend mchtig WORT:

    Demut und Liebe vermisse ich in Deinem Herzen sehr,d'rum denke und rede keine lieblosen Worte mehr.

    Lass Dich nicht ein auf weltlich eitles Geplapper und finst'res Tun,dann kannst Du an MEINER liebenden Vaterbrust ruh'n.

    Hier bist Du im Reich MEINER WAHRHEIT verkndenden Sonnen

    in Einheit mit MIR, der heiligsten LIEBE-Wonnen.

    Margarete Friebe

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    Editorial

    Als Adam und Eva durch ihren Ungehorsam in Sndeund somit aus der Gegenwart Gottes gefallen waren,versteckten sie sich vor Seinem Angesichte.

    Und Gott der Herr rief Adam und sprach zu ihm: Wobist du?(1. Mos. 3,9)

    Nicht dass der allwissende Gott nicht wusste wo Adamsich versteckte, sondern er fragte vielmehr um Adamwillen, damit dieser sich erkenne und in sich gehe.

    Dies war die erste Frage Gottes an den gefallenen undsndig gewordenen Menschen. Es war der Beginn der Suche Gottes nach

    dem Menschen, der Suche des Vaters nach seinem Kinde, denn er hatuns zuerst geliebt. (1.Joh.4,19) noch lange bevor wir etwas von Ihmwussten.

    Die Frage, welche Gott an den Adam stellte, als dieser schon von derverbotenen Frucht gegessen hatte, die also lautete: ,Adam (oder Mensch),wo bist du? dauert noch immer fort und wird auch fortdauern bis ans

    Ende dieser Welt, solange es irgend Menschen geben wird, die da liebervom Baume der Erkenntnis als vom Baume des Lebens essen

    werden. (Gr.Ev.Joh. Bd. 9; 84,01)So fragt der Herr uns auch heute immer wieder, weil wir uns doch nur

    allzu oft mit unserem Verstandesdenken in der Welt verstricken und unsdann aus Scham vor seinem Angesichte zu verstecken suchen.

    Vielfach ergeht an uns diese Frage, doch entweder hren wir sie garnicht mehr oder wir sind nicht gegenwrtig, wenn der Herr nach uns ruft,da wir mehr im Kopf als im Herzen zuhause sind und uns in Gedanken undTagtrumen in der ueren Welt verloren haben.

    Ja selbst, wenn wir gerade damit beschftigt sind, den Herrn imueren zu suchen und nachzufolgen, kann es uns passieren, dass wir vorlauter uerer Ttigkeiten Seinen Ruf in unserem inneren Herzens-kmmerlein nicht wahrnehmen.

    Selbst im Gebet und in der Stille sind wir selten genug gegenwrtig inder Gegenwart des Herrn; unsere Gedanken und Gefhle kreisen gerade indieser stillen Zeit lautstark in uns umher und lassen sich schwerlich zurRuhe bringen und sich gengen an der alleinigen Anschauung des Herrn.

    Tausend Nichtigkeiten fordern stndig unsere Aufmerksamkeit undBeachtung und so dringt der Ruf des Herrn in unseren Herzen selten durch.

    In unserer Not rufen wir dann nach dem Herrn, weil wir Ihn nicht mehrvernehmen. Doch nicht der, der da spricht: ,Herr, Herr, wo bist Du? So

    Editorial

    Klaus W. KardelkeGeschftsfhrender

    Vorsitzender derLorber-Gesellschaft

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    4 GL 4/2007Editorial

    ich als Dein Geschpf Dich suche und zu Dir rufe aus der finstern Tiefemeiner Lebensnacht, warum lssest Du Dich nicht finden, und warumantwortest Du mir nicht und sagst: ,Hier bin Ich!?, wird Gott den Herrn

    finden und zu Ihm kommen, sondern nur der, der Gott in aller Liebe,Sanftmut, Demut, Geduld und vollster Selbstverleugnung sucht, derfindet Ihn, als das hchste Lebensgut. (Gr.Ev.Joh. Bd. 10, Kap. 97,9+6)

    Wenn wir jedoch in unser Herz hineinhorchen werden wir die Antwortauf unser Flehen vernehmen: Ich bin allezeit bei dir, aber wo bist du?

    Gott ist immer bei uns, aber wir sind nicht bei uns eingekehrt in unserGott liebendes Herz und wie soll uns der Vater finden, wenn wir nichtzuhause anzutreffen sind?

    Frage aber ja nie: ,Herr! wo bist Du? Da werde Ich dir nichtsagen: ,Hier bin Ich! sondern frage sorgfltig dein Herz, ob es Michliebt, und Ich werde in deinem Herzen, das Mich liebt, zu dir rufen:

    ,Hier bin Ich zu Hause in aller Flle Meiner Liebe, Gnade undErbarmung! (Jugend Jesu Kap. 247,22-24)

    In der Heiligen Schrift lesen wir von Mose, Samuel, Jeremia, Jakob,Ananias und vielen anderen, die von Gott gerufen und berufen wurden.Ihre Antwort auf Gottes Ruf war stets: Herr hier bin ich! DieseMenschen waren bereit fr die Berufung Gottes, sie waren in ihren Herzen

    in der Liebe zu Gott gegenwrtig, als der Ruf an sie erging, denn nur sovermochten sie ihn zu vernehmen.

    Wie wird unsere Antwort auf Gottes Ruf an uns ausfallen? Sind auchwir bereit alles fr den Herrn hinzugeben und Ihm auf Seinem Ruf zuantworten:Herr, hier bin ich! Die Welt ist mir zum Ekel geworden. Duaber bist mir alles, alles, alles! Ich will nun nichts mehr als Dich allein!

    (Himmelsgaben Bd. 1_41.08.10,05)

    Nur ein Ihn liebendes und von aller Welt gelutertes Herz, vermag des

    Herrn Ruf in sich zu vernehmen und Ihm Antwort zu geben und bis dahingelte uns Sein Rat:Du aber bewahre und reinige dein Herz, auf dass, so Ich dereinst

    etwa unerwartet zu Dir kommen mchte, dasselbe also bestellet sei, dassIch nicht gentigt werden mchte, zu verziehen oder gar umzukehren! Denke: Eines nur tut Not! Und wer sich dieses eine erwhlet hat, der hatsich schon den besten Teil erwhlet! (Himmelsgaben Bd. 1_41.08.10,08)

    Euer Klaus W. Kardelke

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    Die Notwendigkeit der Selbstprfung

    Nehmet euch alle Mhe und prfet euch, ob ihr nichts unterlasset,

    auf dass ihr am Ende nicht sagen msset: ,Da, sieh her, nun habe ich vollezehn bis zwanzig Jahre hindurch alles getan, was mir die neue Lehrevorschrieb, und dennoch stehe ich stets gleich auf einem und demselbenFlecke, verspre noch immer nichts von einer besonderen Erleuchtung inmir, und vom so genannten ewigen Leben empfinde ich auch noch ganz

    blutwenig in mir! Woran fehlt es denn noch?Ich aber sage zu euch darum: Prfet euch sorgfltig, ob nicht noch

    irgend starke weltliche Vorteilsgedanken euer Herz beschleichen, obnicht zeitweiliger Hochmut, eine gewisse, zu berspannte Sparsamkeit eine jngste Schwester des Geizes , die Ehrsucht, richterlicher Sinn,

    Rechthabelust, fleischlicher Wollustsinn und dergleichen mehreres euerHerz und somit auch eure Seele gefangen halten! Solange das bei demeinen oder dem andern der Fall ist, wird er zu der Verheiung, das heit zuihrer vollen Erfllung an ihm, nicht gelangen.

    Denn betrachtet nur den Most und den reinen, geistvollen Wein ineinem Fasse oder Schlauche! Solange sich grobe und fremde Bestandteileim Moste befinden, wird er gren und zu keiner Reinheit gelangen, sind

    aber diese samt und smtlich einmal hinausgeschafft, so wird es ruhigerund ruhiger im Fasse, der Most klrt sich und wird zum reinen,vollgeistigen Weine.

    Es wird oft so manchem gar nicht vieles fehlen von der vollenBesitznahme des Gottesreiches in seiner Seele, und dennoch wird er esnicht einnehmen, weil er sich zu wenig prft und nicht acht darauf hat,was etwa noch Irdisches an seiner Seele klebt. Wird er sich abersorgfltiger prfen, so wird er bald finden, dass er entweder noch sehr

    empfindlich ist und ihn gar bald eine Kleinigkeit beleidigt.,Ja, sagt da jemand, ,soll ein Mensch denn gar kein Ehrgefhl haben?O ja, sage Ich, der Mensch kann allerdings ein Ehrgefhl haben, aber dasmuss von der edelsten Art sein! Hat dich irgendein noch schwachgeistigerMensch beleidigt, so werde ihm darum nicht gram, sondern gehe hin undsage zu ihm: ,Freund, mich kannst du mit nichts beleidigen; denn ich liebedich und alle Menschen! Die mir fluchen, die segne ich, und die mir blestun, denen tue ich nach allen meinen Krften nur Gutes! Aber es ist nichtfein, dass ein Mensch den andern beleidigt; darum unterlasse das fr dieFolge zu deinem hchst eigenen Heile! Denn du knntest bei deiner stetswachsenden Beleidigungssucht einmal an einen kommen, der dir die Sachesehr bel nhme und dir dann groe und gewiss sehr unliebsame

    Die Notwendigkeit der Selbstprfung

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    Ungelegenheiten bereiten knnte, und du msstest es dann nur dir selbstzuschreiben, dass dir Unangenehmes begegnet ist!

    Werdet ihr mit einem, der euch beleidigt hat, ohne den geringsten Groll

    im Herzen also reden, so habt ihr das edle und gttliche Ehrgefhl ineurem Herzen vollkommen gerechtfertigt. Sowie ihr aber darob noch soeine Art kleinen Grolles in euch merket und werdet auf den Menschenbitter und unfreundlich, so ist das noch eine Folge eines kleinen, ineurer Seele verborgenen Hochmutes, der allein noch lange gut gengt,die Vereinigung eurer Seelen mit Meinem Lichtgeiste in euch zuverhindern.

    Oder es spricht einen von euch mehrere Male ein und derselbe Arme umein namhafteres Almosen an. Ihr habet es wohl und knntet dem Armennoch tausendmal soviel geben, als ihr ihm schon gegeben habt; aber es

    berhrt euch seine gewisserartige Unverschmtheit bitter, und ihr weisetihm die Tr mit dem Bedeuten, er solle nicht so oftmals kommen unddenken, dass man ihm allzeit, so oft es ihm einfllt, ein Almosenverabreichen wird!

    Ja sehet, das ist fr einen Weltmenschen wohl eine ganz vernnftigeRede, und es geschieht dem Bettler so eine kleine Zurechtweisung recht;aber derjenige, der dem Armen also begegnet, ist dennoch noch lange nicht

    reif zu Meinem Reiche, der Ich Meine Sonne alle Tage aufgehen undscheinen lasse ber gute und bse Menschen und zum Frommen allerKreatur.

    Derselbe Strahl, der die vergoldeten Palste der Knige verherrlicht undin der Rebe den edelsten aller Sfte reinigt, reift und sehr verst, leuchtetauch ber Pftzen und Kloaken und rgert sich nicht an dem Gequake derFrsche und an dem Gezirpe der Grillen. Eine solche Zurckhaltsamkeit hathinter sich noch etwas Karges, und die Kargheit und die zu konomische

    Sparsamkeit ist eben nicht sehr weit vom Geize entfernt und trbt denLebensmost der Seele; und solange das noch ununterbrochen der Fall ist,wird aus der Seele kein reiner und geistvoller Lebenswein.

    Wer aber als wohlhabend im Geben nur eine recht groe Freude findetund den Armen gar nicht ansieht darum, dass er ihm schon zu fteren Maleneine kleine Gabe verabreicht hat, der ist dann in diesem Punkte schon fhig,in Mein Reich berzugehen, so er etwa keines andern kleinen Fehlers inseiner Seele gewrtig ist.

    Darum sagte Ich zu euch, dass ihr euch stets in allem genauerforschen und euch auf den Lebensstandpunkt erheben sollet, aufwelchem ihr es in euch hell und lebendig wahrnehmet, dass ihr von allenirdischen Schlacken frei seid. (Gr.Ev.Joh. Bd. 5; 125,1-11)

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    Das sage Ich euch auch, dass es fr euch gut ist, dass ihr euerGewissen genau durchforschetund so die ganze Gre all eurer Sndenund Laster, die ihr begangen habt, durchschauet.

    Habt ihr das getan, dann habt ihr euch frs erste der Snden entuert,werdet auch einen rechten Abscheu vor ihnen berkommen und siewahrhaft im Herzen bereuen; dazu werdet ihr dann auch leicht undwirksam den festen Vorsatz fassen, ja keine Snde mehr zu begehen,sondern nur den Wunsch stets lebendiger in euch fhlen, jeden Schaden,den ihr je jemandem zugefgt habt, nach allen euren Krften wiedergutzumachen. Ihr werdet dazu in voller Tat wohl nicht imstande sein,

    besonders bei denen, die sich schon jenseits befinden; aber da werde Icheuren festen Willen frs Werk annehmen und fr euch alles gutmachen,was ihr bles angerichtet habt.

    Aber ihr msset das wohl hchst ernst beherzigen, denn ihr werdetnoch so manche Versuchungen zu bestehen haben! Ein altes Fleisch legtseine alten Gewohnheiten nicht so leicht ab, wie jemand in seinem erstenguten Vorsatze sich das vorstellt. Ihr werdet zwar mit Mir ziehen; aber anMeiner Seite, solange Ich noch auf dieser Erde umherwandeln werde,werdet ihr gleich Meinen anderen Jngern in noch gar mancheVersuchungen kommen, und es wird sich dann auch schon zeigen, wie

    schwach euer Fleisch noch ist, wenn der Geist in euch schon zu einerbedeutenden Strke gediehen ist. Darum aber ist es eben so notwendig,alles aufzubieten, damit die Seele aus der alten Gefangenschaft desFleisches kommen mag, und das kann nur dadurch geschehen, dass ihr dastuet, was Ich euch angeraten habe; denn die Snde verlsst die Seele indem Mae, in welchem die Seele die Snde als Snde erkennt, sie bereut,verabscheut und sie hinfort nicht mehr begeht. (Gr.Ev.Joh. Bd. 7; 163,17-19)

    Willst du vollkommen werden, so musst du dich entdecken, und es

    darf kein Hehl in deiner Seele sein; erst wenn alles Unordentliche ausdir heraus ist, kannst du an der Vollendung zu arbeiten anfangen. Duknntest zwar auch im stillen bei dir selbst alle deine vielen Sndengnzlich ablegen und ein besserer Mensch werden, so dass dich dieMenschen darob achteten und ehrten; denn sie wssten von dir ja nurGutes und nichts Schlechtes, und es wrden viele deinem guten Beispielefolgen! Aber so sie nach der Zeit von einem glaubwrdigen Zeugenerfhren, welch ein grober und groer Snder du so ganz im Verborgenen

    gewesen bist, mit welch bedenklichen Augen wrden dich am Ende alledie ansehen, die dich zuvor als einen reinen Menschen ehrten und deinemBeispiele folgten?! Alle deine Tugend wrde zu einem Schafspelzewerden, hinter dem man einen reienden Wolf zu whnen anfinge, und

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    man wrde dich dann trotz aller deiner an und fr sich tadellosen Tugendfliehen und deine sonst so lehrreiche Gesellschaft meiden.

    Du siehst daraus, dass man, um vollkommen zu sein, nicht nur das

    Sein, sondern auch den Schein des Bsen meiden muss, ohnedem esschwer sein wird, seinem Nchsten wahrhaft zu ntzen, was am Ende dochder Hauptberuf eines jeden Menschen ist und sein muss, weil ohnedemsich keine wahrhaft glckliche Gesellschaft auf dieser Erde denken lsst!

    Denn was ntzete das einer Menschengesellschaft, so auch jederMensch fr sich ganz vollkommen wre, hielte sich aber stets verborgenvor seinem Nachbar? Da wrde einer dem andern zu misstrauen anfangen,und wo irgendeine Mcke um das Haupt eines noch so harmlosen

    Nachbarn sumsete, wrde man lauter fliegende Drachen und Elefantenersehen! Lernen dich aber nun alle kennen, wer und wie du warst, was dugetan und wie du gelebt hast, und du besserst dich nun und wirst vor allerMenschen Augen und Ohren ein anderer Mensch voll Einsicht in deinefrheren bel und voll wahrer und lebendiger Verabscheuung gegendieselben, so wird ein jeder Mensch dich auch mit dem aufrichtigstenVertrauen und Wohlwollen umfassen und dich lieben, wie da ein reinerBruder den andern reinen Bruder liebt. Es muss daher hier von dir zuvoralles offenkundig werden, bevor du wirksam in eine bessere Lehre

    eingehen kannst. (Gr.Ev.Joh. Bd. 4; 63,10-12)Gott braucht Sich beim Menschen nicht durch allerlei Proben und

    Prfungen zu berzeugen, ob er eines groen und wichtigen Amtes wohlauch schon fhig ist; denn Er wei es allzeit am klarsten, wie weit es eineSeele in der inneren Lebensvollendung gebracht hat. Aberdie Seele prfesich selbst, inwieweit sie in aller Selbstverleugnung, was die Lustreizdingedieser Welt betrifft, vorgedrungen ist, und inwieweit sie vollends eins mitdem erwhlten und tatschlich befolgten Willen Gottes geworden ist, ob in

    ihr noch etwas Stmperhaftes oder wohl schon recht Meisterhaftes sichregt, und Gott der Herr wird nicht sumen, in ihr Seines Willens Machtoffenkundig werden zu lassen. (Gr.Ev.Joh. Bd. 10; Kap. 17,11)

    Versuchet euch selbst, ob ihr im Glauben seid; prfet euchselbst! Oder erkennet ihr euch selbst nicht, dass Jesus Christus

    in euch ist? Es sei denn, dass ihr untchtig seid.(2. Kor. 13,5)

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    Einatmen und AusatmenDie zwei Fe der Nachfolge Christi

    Erhard GaidukDie Lehre Jesu ist ein (An-) Gebot an uns Menschen,

    Ihm auf Seinem vorbildlichen Weg an das VaterherzGottes zu folgen. Haben wir uns schon einmal Gedankendarber gemacht, ob es fr unsere Erlsung gereicht htte,wenn Jesus zwar am Kreuz fr unsere Snden gestorbenwre, uns aber keine Lehre hinterlassen htte? Nein, wirknnten mit all Seinem Leben und Sterben und selbst mit

    Seiner Auferstehung gar nichts anfangen. Die neue geistigeSchpfung, welche Jesus mit Seinem Leben, Sterben und mit SeinerAuferstehung begrndet hat, stnde unverstndlich und unerreichbar fruns in weiter Ferne. Erst durch die Lehre wird uns auch eine Karte, eineWegbeschreibung in die Hand gegeben, um dieses Ziel zu erreichen.

    Wir sprechen immer schnell und mit leichter Zunge von unserer Liebezu Jesus. Haben wir uns aber schon einmal gefragt, woran man diese Liebeeigentlich erkennen kann? Einer Frau, einem Mann, kann man seine Liebe

    ja leicht dadurch offenbaren, dass man sich sehr um sie bzw. ihn bemhtund alles daran setzt das Wohlgefallen des anderen zu erwecken. Abersagen auch wir nicht oft: Wenn du mich liebst, dann! und verlangendann einen sichtbaren Liebesbeweis fr unsere Worte.

    Auch Jesus sagt uns in den Worten: Wer meine Gebote hat und siehlt, der ist es, der mich liebt. (Joh 14,21), dass wir Ihm dadurch unsereLiebe beweisen knnen, dass wir Seinen Geboten und Weisungen folgen.Wir betrgen uns selbst wenn wir sagen: Ich liebe Jesus und der Rest istnicht so wichtig. Die Liebe ist die Erfllung des Gesetzes und allerGebote, wird uns in der Schrift gesagt. Aber wir leben sie nicht, indem wiruns in einer falsch verstandenen Freiheit ber alles hinwegsetzen, sondernindem wir alles was Jesus uns fr unsere Vollendung ans Herz legt,freiwillig aus Liebe zu Ihm tun. Jesus hat sich also nicht die Mhegemacht, drei Jahre predigend durch das Land zu wandern und SeineJnger tagtglich in die Wirksamkeit und die Geheimnisse des ReichesGottes einzufhren, um nach den drei Jahren zu sagen: Und nun knnt ihralles wieder vergessen, was Ich euch gelehrt habe, es gengt, Gott ber

    alles zu lieben und den Nchsten wie sich selbst! Dass dies nicht ganz soeinfach ist, erkennen wir, wenn wir diese zwei Gebote erfllen mchten.Denn wir werden erkennen, dass wir unfhig sind, diese Liebe so zu leben

    Einatmen und Ausatmen

    Erhard Gaidukist Sozialtherapeut undlebt mit seiner Familie

    am Bodensee.

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    wie es von Gott erwartet wird. Letztlich knnen wir nur mit und in dieserLiebe die Gebote auch erfllen, doch wie erlangen wir sie? Warum hat unsGott berhaupt diese zwei Liebesgebote gegeben, wenn Er doch wei, dass

    unser natrlicher Mensch dazu gar nicht in der Lage ist? Er hat es getan,damit wir unsere Verlorenheit und Hilfebedrftigkeit von Anfang anerkennen und die Erlserkraft Christi in Anspruch nehmen mssen. Wennwir glauben, wir knnten die Gebote Gottes aus unserer eigenen Krafterfllen, werden wir sehr schnell merken, dass wir unserer gefallenen

    Natur machtlos ausgeliefert sind. Letztlich sind uns alle Gebote und dasGesetz zuerst einmal nur aus dem Grunde gegeben, dass wir uns an ihnendie Zhne ausbeien und sagen: Also mein lieber Jesus, Du scheinst die

    Natur des Menschen wenig zu kennen, wenn Du solche Dinge von unsverlangst. Und genau diesen Satz will Jesus von uns hren, denn er

    beinhaltet schon die erste wichtige Selbsterkenntnis: Ich bin zu schwach.Daneben haben wir dann auch schon den zweiten Schritt getan, wir habenKontakt mit dem Verursacher unserer Miesere aufgenommen und treten ineinen lebendigen Dialog mit Ihm. Hier wird Jesus sich dann die Hndereiben und sagen: Es hat geklappt.

    Was ich also sagen will ist, dass wir diesen uns von Jesusvorgezeichneten Weg zum Vatergott nur in engster Anlehnung an Ihn und

    unter Seiner Fhrung gehen knnen wobei Er uns die Lehre alsWegbeschreibung und Kompass gegeben hat. Wrden wir einmal unserenwahren geistigen Zustand sehen knnen, wrden auch die sich schonwiedergeboren dnkenden unter uns vor Scham im Boden versinken. Wirhaben allesamt gerade einmal die Nase aus dem Morast unserer altenegoistischen, stolzen und hochmtigen Natur an das Licht erhoben undglauben beim Blinzeln durch das geistige Dmmerlicht, wir stnden schonmit unserer alten Natur in der klarsten und hellsten Mittagssonne der

    Erkenntnis und Liebe. Erkenntnisse und Wissen sind zwar eineVorbedingung fr das geistige Wachstum, doch das Kochbuch nutzt unswenig, wenn wir nicht auch einmal an den Herd (der Purista) treten unddie Speisen aus dem Kochbuch (Lehre und Gebote Jesu) zubereiten. Der

    beste Weg zum Ziel ist nutzlos, wenn wir nicht den ersten Schritt auf ihmtun und Fu vor Fu setzen. Und hier kommen wir dann schon zumeigentlichen Thema meines Vortrages mit dem Untertitel Die zwei Feder Nachfolge Jesu.

    Ich wurde im Vorfeld gefragt, ob wir nun unter dem Titel Einatmenund Ausatmen (Die zwei Fe der Nachfolge Jesu) etwas berAtemtechniken hren werden. Ja, das werden wir wirklich, jedoch nichtauf der krperlichen, sondern auf der seelischen Ebene.

    Einatmen und Ausatmen

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    Zu Beginn muss ich aber noch auf etwas Wesentliches bei der Suchenach der Wahrheit hindeuten. Die Wahrheit thront immer auf der Spitzedes Berges, an dessen Fu wir uns aufgemacht haben, diesen Berg zu

    besteigen. Nun gehen wir aber von den verschiedensten Seiten an den Bergbzw. die Wahrheit heran und steigen auf einer fr uns persnlichgangbaren Route diesen Berg hinauf. Ein anderer Bergbesteiger nimmt

    jedoch eine andere Route und beschreibt seinen Weg und seineErfahrungen natrlich auf ganz andere Art und Weise. Missgunst,Verdchtigungen, Neid oder Ablehnung des Gesagten, aufgrund eineranderen Erfahrung oder Betrachtung des Weges, sind hier darumvollkommen fehl am Platz.

    Geistiges empfangen kann nur ein demtiges Herz. Stolz, Hochmut,Besserwisserei und andere geistige Eitelkeiten verstopfen und blockierendie geistigen Aufnahmegefe. Wir sollten darum immer vorsichtig seinmit unseren Beurteilungen dessen, was ein anderer uns aus seiner Sicht derDinge offenbart. Beurteilungen sind unumgnglich notwendig in unseremLeben und auch auf unserem geistigen Weg, denn wir sollen ja alles prfenund fr uns zu einer Beurteilung kommen, ohne welche wir unseremLeben gar keine Richtung geben knnten. Aber wir sollten den schmalenGrad von einer Beurteilung zu einer Verurteilung mglichst nicht

    berschreiten. Nur eines ist sicher und absolut wahr, solange wir uns hierauf der Erde dem Feld der Tuschung befinden, und diese Wahrheitheit: All unser Wissen ist Stckwerk und bruchstckhaft. Wir sind alleauf einer ganz bestimmten Wegstrecke zum Ziel unterwegs und haben vondaher immer nur eine eingeschrnkte Sicht der geistigen Landschaft. Wiees auf der anderen Seite des Berges aussieht, wissen wir nicht. Erst aufdem Gipfel werden wir die ganze Landschaft, die ganze Wahrheiterkennen.

    Und doch sind die Begrndungen und Beurteilungen, mit denen wirunserem Leben einen geistigen Halt geben, notwendig. All unseremomentanen Wahrheiten und Begrndungen, die wir aus so gewichtigenWerken wie der Bibel oder der Neuoffenbarung durch Jakob Lorberherleiten, sind notwendige Stufen zu unserer Vollendung und geistigenWiedergeburt. Doch fatal wird es dann, wenn wir unsere Interpretationender Wahrheit, als DIE WAHRHEIT in den Raum stellen und verbissen inden Gesichts- und Wahrnehmungskreis des anderen stellen wollen.

    Betrachtet man seine Wahrheiten nicht als Stufen (Jakobsleiter) zurWAHRHEIT (zum Himmel), dann wird uns das, was fr uns eine zeitlangnotwendigerweise unsere Wahrheit war, zum Hemmschuh. Unseregeistigen Begrndungen geben uns so lange einen Halt und sicheren

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    Rahmen, bis es zu eng wird in unserem geistigen Leben. Dann stehen wirvor dem Problem, dass das, was uns lange Zeit geschtzt und Wrmegegeben hat, dem Geist pltzlich Unbehagen bereitet. Dies tut sich meist in

    einer gewissen inneren Unruhe und einem Seelenschmerz kund. Diesverwirrt viele Nachfolger Jesu, da sie hierin einen Glaubensverlust oderAngriff des Feindes sehen und so igeln sie sich meist ein und gehen auf

    Nummer sicher, indem sie plakativ an ihren alten und sicherenGlaubensformeln festhalten. Doch wohl dem, der die Zeichen des erneuteninneren Aufbruchs erkennt und nicht im Sicherheitsdenken an altenGewohnheiten und Begrndungen festhlt. Das Boot, dass uns sicher undberaus ntzlich ber den Fluss gebracht hat, mssen wir am anderen Uferstehen lassen. Auf unserem weiteren Weg ber das Land wrde es uns zurdrckenden Last.Das Leben ist eine ewige Geburt, in welchem wir einengeistigen Raum um den anderen durchschreiten. Hrt diese Geburt auf, sotritt der geistige Tod ein. Jesus sagt uns hier: Lass die (geistig) Toten ihreToten begraben, du aber folge mir nach. in einen neuen geistigen Raum,in einen neuen Aufbruch zum Leben.

    Wir kennen alle das wunderbare Entsprechungsbild der Verwandlungeiner Raupe zum Schmetterling. Hier ruft uns der Schpfer im EvangeliumSeiner Natur immer wieder auf, auch unseren Frhling, den Neubeginn

    immer wieder zu vollziehen. Die unansehnliche Raupe, der Erdenwurmund Staubkriecher, befindet sich vor seiner Verwandlung auch in einemgeschtzten, sicheren und warmen Raum, wie der geistig Strebende inseinen Wahrheitsbegrndungen. Doch die Raupe wei hier noch nichtsvon der neuen Lebensperspektive, in welche sie sich schon bald entfaltenwird. Sie fhlt sich noch wohl in ihrer begrenzten Sicht der Welt. Dochirgendwann wird es ihr zu eng in ihrer Welt und angeregt durch eineninneren Impuls und das Licht der Sonne, drngt sie mit Kraft und einiger

    Anstrengung in eine grere Welt und Wahrheit heraus und beginnt, ihre(geistigen) Flgel zu entfalten. Und nun sieht sie als Schmetterling dieWelt pltzlich mit ganz anderen Augen und aus einer anderen, hherenPerspektive.

    Genau so verhlt es sich mit all unseren notwendigen Wahrheiten undBegrndungen auf unserem Weg von der Raupe zum Schmetterling. Allunsere Wahrheiten und Begrndungen, mit denen wir uns auf die Schriften

    berufen, sind nur ein Kokon, der uns so lange gefangen hlt und auch

    schtzt bis wir die Reife erlangt haben, in einen greren, geistigenRaum und Zusammenhang zu treten. Wohl gibt es eine absolute, ewiggltige Wahrheit fr alle vergangenen, gegenwrtigen und zuknftigenZeiten, doch diese WAHRHEIT ist nicht im beschrnkten

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    Fassungsvermgen unseres Verstandes zu Hause. Diese Wahrheit ist beiGott. Und zu dieser Wahrheit sind wir alle als Pilger unterwegs, mitunserer Sicht der Wahrheit.

    Wre es so einfach, nur an Jesus zu glauben, der von sich ja sagt: Ichbin der Weg, die Wahrheit und das Leben!, um schon in dieser Wahrheitund der Flle des geistigen Lebens zu sein, dann gbe es nicht so vielSpaltung und Zerrissenheit im Leibe Christi. Und leider schreiben ja auchwir Neuoffenbarungsleser hier unser eigenes trauriges Kapitel. Nein, soeinfach ist es eben nicht mit der Wahrheit und dem Leben in Christus!Man muss hier das Wort genau betrachten. Jesus sagte zuerst: Ich bin derWeg! Ein Weg ist etwas, was man auch beschreiten muss, wenn man zueinem vorgegebenen Ziel gelangen will. Das Ziel ist auf diesem, SeinemWeg, die Wahrheit und das Leben beim Vatergott.

    Ich mchte nun einen nach den Worten Jesu sehr wichtigenAusrstungsgegenstand oder ein Rstzeug fr diesen Weg ins VaterlandGottes darlegen und uns ermutigen, das grte aller Abenteuer zu wagen,nmlich dem Ruf des Vaters an unser Herz mit Inbrunst und ganzerHingabe zu folgen.

    Atmen wir einmal tief ein und wir werden feststellen, dass dasAusatmen ganz von alleine folgt. Wir haben ausgeatmet, weil das

    Einatmen und das Ausatmen eine Lebensnotwendigkeit ist, die das Lebenerst bedingt. Nur einatmen bringt Atemnot und nur ausatmen tut dasgleiche. Das gilt fr die physische, so wie auch fr die seelische Ebene.

    Das Einatmen entspricht der Verinnerlichung, der Meditation und demGebet. Alles was der Kontemplation dient, ist ein Weg nach innen, in dieInnenwelt. Das kann ein Spaziergang durch den Wald sein, bis hin zurtglich praktizierten Versenkung im stillen Kmmerlein.

    Das Gleichgewicht des geistigen Lebens bildet sich aus der Balance

    zwischen einem kontemplativen Innenleben und einem vitalen und ttigenAuenleben. Jedes geistige Leben, das einseitig in die eine oder andereRichtung gelebt wird, wirft uns aus dem gttlichen Lebensgleichgewicht.Und nur eine Nachfolge Jesu, welche sich auf diesen beiden Ebenen bzw.Fen bewegt, kann Schritt mit Ihm halten und an Seiner Seite bleiben.

    Auch uns Christen fllt es heute oft schwer, gengend Abstand undRaum zur Welt zu finden, um uns wenigstens einmal am Tag ganz demVaterland im geistigen Herzen zuzuwenden. Das ist ja gerade der

    Kunstgriff Satans mit der Welt, dass er uns von morgens bis abends berdie Sinne in die Auenwelt zieht und uns mit einem Heer von glitzernden,lauten, fesselnden und faszinierenden Sinneseindrcken von unsererInnenwelt ablenkt. Von hier aber ruft unaufhrlich die leise Stimme des

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    Geistes in unsere Seele, diesem Ruf zu folgen.Wir sind im Grunde Brger zweier Welten, zumindest, wenn wir

    geistig erwacht sind und diesem Ruf folgen. Dann bewegen wir uns im

    Spannungsfeld zwischen Innen- und Auenwelt.Eine Falle stellt sich uns, wenn wir sagen: Ich bin zu weit weg vonGott, habe keine Kraft, bin unwrdig, unheilig. Ich muss mich erst selbstwieder aus dem Sumpf ziehen, um berhaupt vor Gott treten zu knnen.Dies sind Gedanken des Gegenspielers, die er uns eingibt, denn so werdenwir schn weit weg gehalten von der Erlserkraft Christi und bauen malwieder auf unser eigenes (Un-)Vermgen. Unser Vater erwartet aber keineVollendeten oder starken Glaubenshelden. Er wei, wie schwer in dieserZeit die Nachfolge ist. Wrde die Zeit nicht verkrzt, knnten sogar die

    Auserwhlten Schaden nehmen.Die Erkenntnis unseres bedrftigen Zustandes ist jedoch notwendig.

    Erst dann rufe ich nach Hilfe und Gnade, wenn ich mich demtigen kannvor Gott. Allein unser Wille zur Neuausrichtung ist hier in unsererSchwche gefragt, dann kann Gottes Gnadenkraft und Liebe in unseremLeben aktiv werden. Letztlich geht es darum, dass wir Gott erlauben, unserniederes Ego (den natrlichen Menschen, die alte Adamsschpfung) imStrom der Liebe erlsen zu lassen. Nicht wir erlsen uns durch unsere

    Kraft, sondern Gott erlst uns durch Seine Kraft in Christus.Wir haben in dem Buch BISCHOF MARTIN eine aufschlussreiche

    Begebenheit, in der uns dieses Prinzip der notwendigen Erkenntnis dereigenen Sndhaftigkeit anhand eines Fischfanges vorgestellt wird. Martinerlebt im Jenseits mit Jesus und Petrus, die er jedoch noch nicht erkennt,einen Fischfang in seinem Sndenmeer. Die gefangenen Fische lsen sichan Land in Luft auf, was dem Martin ein wenig zu schaffen macht, zumalihm die Zeitdauer dieser sinnlosen Ttigkeit schon ewig vorkommt. Treten

    wir einmal im Geiste hinzu und werden Zeugen dieses Geschehens.(Bischof.Martin): Sonderbare Welt, sonderbares Sein! Man kann'snehmen und betrachten, wie man's will, so ist's und bleibt's dumm! Diesemeine einzigen Freunde (Jesus und Petrus) sind zwar sehr weise in ihrenWorten, aber dafr desto dmmer im Handeln! Man nehme nur diese ganz

    zwecklose Fischerei an! Was ist das doch fr eine lppisch-tolle Arbeit,und doch betreiben sie diese zwei, als wenn das Heil der Ewigkeit davonabhinge! Aber was will ich machen? Was Besseres habe ich nicht zu

    erwarten, und so muss es in Gottes Namen gut sein! Daher nur lustig dieseLuftfische herausgefischt; vielleicht wird nachher doch wieder etwasanderes zum Vorscheine kommen!

    Petrus fragt den Bischof Martin: Was murmelst du denn so in dich

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    hinein? Bist etwa schon mde?Spricht Bischof Martin: Mde, Freund, bin ich gerade nicht. Aber ich

    muss dir offen gestehen, dass mir diese Arbeit denn doch ein bisschen

    spaig vorkommt, trotzdem ich mehr als berzeugt bin, dass du undbesonders unser Meister sehr weise Mnner seid!Schau, schau, - nun arbeiten wir schon eine ziemlich geraume Zeit blo

    fr die Luft, oder noch besser fr nichts! Der erste groe Fisch ist beimPlunder, und der zweite zehnkpfige? Ich seh' nichts mehr von ihm! DieseKleinfische werden von der Luft schon eher verzehrt, als sie noch denBoden berhren! Frage: wozu ist solch eine leere Arbeit wohl gut?

    Ich erkenne euch wohl als sehr weise Mnner, und es wird diese Arbeitwohl auch einen sehr weisen Zweck haben. Aber lasst mich doch auch einbisschen erfahren, warum wir diese anscheinend hchst leere Arbeitverrichten, wozu das eigentlich gut ist oder sein wird!

    (Petrus:) Ich aber sage dir, diese Arbeit ist bei weitem nicht sogehaltlos, wie da war deine irdische! Darum murmle knftig nicht mehr indich hinein, sondern rede offen, was dich drckt, da werden wir mitunserer Leerfischerei bald zu Ende sein! Aber so du noch lange so einenrmischen Geheimniskrmer machen wirst, werden wir auch noch lange

    zu fischen haben; und der Fang wird noch lange so zunichte werden gleich

    unserer Belehrung in deinem Herzen! - Verstehe das! Nun nimm wiederdeinen Tauchbren zur Hand und arbeite fortan unverdrossen! (Kap.19)

    (Wir sehen hier, wie die Fische der unlauteren Taten im Meer derSnde mit der Hilfe Jesu ans Licht gebracht werden, wo sie dann bewusstund offenbar werden und sich erst dann unter der Gnadensonne Jesuauflsen knnen.)

    Der Bischof tut, wie ihm geraten ward, und spricht: So, jetzt ist mirschon wieder leichter, wenn ich nun ein bisschen wei, warum ich etwas

    tue und wozu so ein leerscheinendes Tun am Ende doch noch gut ist!Soviel ich aus deinen Worten habe entziffern knnen, stellen dieseFische meine Dummheiten vor: die groen meine Kardinal- und diekleineren die Unzahl meiner geringeren Torheiten. Aber wie diese meineverschiedenartigsten Lumpereien zu groen und kleinen Fischen dieses

    Meeres geworden sind, das bringe ich nicht heraus!Daher will ich nun nicht mehr weiter forschen, sondern blo fleiig

    fischen, auf dass mein Sndenanteil ehest mglich aus diesem Gewsser

    mchte gehoben werden!Nun rede Ich: Recht also, sei nur fleiig, Freund. Siehe, auf einenHieb fllt kein Baum, aber mit Geduld lsst sich am Ende allesberwinden! Es ist zwar hier nicht Noahs Gewsser, und noch weniger

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    sind die Fische, die wir hier herausheben, als deine vorweggenommenenSnden in der Noachischen Sndflut zu betrachten. Aber eine Sndflut istdies Gewsser wohl, doch nicht aus deinen vorweggenommenen, sondern

    aus all deinen wirklich auf der Welt begangenen Snden hervor-gehend! (BM 20,1-5)Hier erkennen wir die Notwendigkeit des Anschauens unserer inneren

    Sndhaftigkeit, Verlorenheit und Gottesferne in dem Ma, wie es unsererEntwicklung vertrglich ist. Wir mssen unsere Stellung vor Gott

    begreifen und in diese erste Stufe der Selbsterkenntnis eingehen, die daheit: Nach dem Mastab und vor dem Angesicht Gottes bin ich trotz allmeiner traditionellen Religiositt (Martin war Bischof) noch voller Snde.Ich bin noch nicht dadurch erlst, dass ich Jesu bekenne und anderenvielleicht sogar von Ihm erzhle. Auch Martin hat auf Erden eine Mengereligiser Handlungen vollzogen, gepredigt und den Namen Jesus imMunde gefhrt.

    Nichts ist tdlicher fr die Seele als gespielte Geistigkeit undScheinheiligkeit. Keiner ist mehr vom Leben entfernt als der, der meinter habe alles im Licht. Die groe Gefahr der geistigen Verwstungunseres Innenlebens durch den Hochmut, liegt oft im Vielwissen und dertheoretischen Aneignung geistiger Wahrheiten. Doch all dies bringt

    noch kein Leben hervor. Der Hochmut legt besonders unter denGlubigen und Wissenden seine feinen Schlingen aus. So sind die sichstndig selbst anpreisenden Wiedergeborenen und Vaterworttrger in

    besonderer Mission meist nur Karikaturen des Hochmutes und Abbildereiner geistigen Selbstumkreisung mit religis, elitrem Gehabe. DochSelbstdarstellung und der Hochmutskitzel, etwas Besonderes zu sein,verhindert das geistige Wachstum. Natrlich sollen wir uns gegenseitig aufdem Pilgerpfad untersttzen und in allem Guten dienen. Sobald hier jedoch

    Abhngigkeiten entstehen, sollte unsere Alarmglocke luten, denn dannsind wir nicht mehr auf dem Weg zur geistigen Freiheit IN CHRISTUS,sondern auf dem Weg in eine seelische Knechtschaft.

    Der Vorhang, der uns vom Allerheiligsten dem direkten Zugang zuGott trennte, wurde vor 2000 Jahren von Christus zerrissen, wodurch derdirekte Zugang zum Vaterherzen Gottes fr uns erffnet wurde. Wenn wiraber wiederum nur einem anderen Menschen an den Lippen hngen undvon ihm erwarten, dass er uns den Willen des Vaters offenbart und sagt,

    was wir zu tun haben, dann errichten wir den Trennungsvorhang aufsNeue. Jesus ist seit Golgatha die einzige und direkte Verbindungstr zumVater und Er ist der einzige vor Gott gltige Hohepriester unsers Herzens.Und dieser Hohepriester ruft uns gerade in der Neuoffenbarung auf, uns

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    selbst auf den Weg ins Allerheiligste des Vaterherzens Gottes zu machen,egal wie schwach oder sndig wir noch sind. Des Vaters Herz ist erstglcklich, wenn jeder von uns bei Ihm vorspricht und wir nicht stndig

    irgendwelche Boten mit einer Frage fr uns schicken. Zu gro ist dieGefahr des Personenkultes, wenn wir stndig anderen Personen zu Fssenliegen oder an deren Lippen kleben. Zu oft ergreift geistige Eitelkeit undHochmut den Umschwrmten, der dann gerne seine Jnger mit elitrenBotschaften und Auftrgen beglckt. Satan versteht es sehr gut, denGlubigen mit religisen Schmeicheleien einen Nasenring anzulegen. Aber

    bereits in diesen subtilen Anfngen des geistigen Hochmutes ist der sptereAbsturz vorprogrammiert. Hochmut kommt vor dem Fall. Hier werdendann die gebundenen Anhnger durch den erlebten Seelenschmerz unddie Ent-Tuschung wieder aus ihrer Abhngigkeit befreit. Es bleibt aberimmer eine Wunde oder Narbe zurck, da das Schwert der Trennung nichtvon der eigenen Hand, sondern von auen gefhrt wurde. Darum hngteuch an keinen Menschen, wenn Gott euch ruft. Geht selbst zu IHM in euerstilles Kmmerlein und legt Ihm eure Fragen und Bitten selbst vor und lerntvon IHM. Wir alle aber sollen uns als Geschwister selbstlos unduneigenntzig in der Liebe dienen auf dem Weg zum Vaterherzen Gottes.

    Das Wissen und die Erkenntnis um die eigene Schwche, Verlorenheit

    und Verkehrtheit sollte zur Bescheidenheit und Demut des Pilgers fhrenund ihm die Gnadenabhngigkeit vor Augen fhren. In der Meditationkommt man immer wieder vor eine innere Mauer, die den innerenHerzenstempel umgibt und das Allerheiligste vor unlauterem Zugriffschtzt. Es fhrt nur ein einziges, unscheinbares und winziges Trlein aufdie andere Seite, das von aufrecht stehenden nicht durchschritten werdenkann. Dieses kleine Tor heit Demut. Man wird nicht ber diesen Punkthinwegkommen, wenn man sich nicht in eine wirkliche und ungeheuchelte

    Demut hineinknechtet, vor Gott UND Mensch!Hren wir weiter, was Jesus uns ber Bischof Martin mitzuteilen hat:An dir war auch nicht ein gutes Haar, und du befandest dich schon

    Hals ber Kopf vollkommen in der Hlle! Gott der Herr aber erbarmte sichdeiner, ergriff dich und will dich frei machen von all den Hllenbanden!

    Meinst du wohl, dass solches mglich sein knne, ohne dir zu zeigen, wiedu beschaffen bist?

    Oder hast du auf der Erde nie gesehen, was die Uhrmacher mit einer

    verdorbenen Uhr machen, wenn diese wieder gut und brauchbar werdensoll? Siehe, sie zerlegen sie in die kleinsten Teile, aus denen siezusammengesetzt ist, untersuchen da jedes Stckchen sorgfltigst undreinigen es, machen das Krumme gerade, feilen das Raue hinweg und

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    ergnzen, wo irgend etwas fehlt, und setzen am Ende das Werk wiederzusammen, auf dass es wieder WIRKEND entsprche seiner Bestimmung!Meinst du wohl, dass solch eine ganz verdorbene Uhr zum Gehen kme, so

    der Uhrmacher blo ihr ueres recht blank putzte, das Innere aberbeliee, wie es ist?(Hier erkennen wir die Falle des Selbstbetruges in der bertnchung

    der seelischen Wirklichkeit, der Scheinheiligkeit, der freundlichenGesichtsmaske oder des wissenden Blicks des Eingeweihten. Der Irr-tum, dass Wissen und Kenntnis der Seelenkrankheiten das bel auchschon beseitigen. Das Gegenteil ist der Fall, gerade diejenigen, welcheglauben das Wesen des Stolzes und Hochmutes erkannt zu haben und dar-um sicher vor ihm zu sein, laufen am hufigsten in seine subtilen Fallen.)

    Ebenso aber bist auch du ein Uhrwerk, an dem auch nicht eines RadesZahn in der Ordnung ist! Sollst du gebessert werden, so musst du auch zerlegtwerden in allem deinem verdorbenen Wesen! Es muss alles heraus ans Lichtder ewigen unbestechlichsten Wahrheit, auf dass du dich selbst beschauenkannst und sehen, was alles in und an dir vllig verdorben ist!

    Hast du erst alle deine Gebrechen erkannt, dann erst kann die Raspel, dieFeile, die Zange und endlich auch eine Putz- und Polierbrste angelegtwerden, um aus dir wieder einen Menschen in der Ordnung Gottes zu

    gestalten. Und zwar einen ganz neuen Menschen; denn dein jetziger Mensch,wie du selbst es nun bist, ist dazu vllig unbrauchbar! (BM 21,30-33)

    Wohlgemerkt, der jetzige Mensch Bischof Martins ist der alteAdamsmensch, der in das Reich Gottes nicht eintreten kann. Auch nichtmit all seinen religisen Vorstellungen und Begrndungen. Diese Stufemachen wir alle durch, oder haben sie durchgemacht. Hier zieht sich deralte Mensch nur ein religises Mntelchen ber, ohne wirklich die Stufender Ich-Erkenntnis (Verlorenheit), Reue und Bue durchgemacht zu haben,

    wie wir es in der Schilderung des Traum des Zorel sehen. (Gr.Ev. Bd. 4, 48)Das ist fr uns das Schwerste, uns erst einmal in unserer ganzenVerkehrtheit und Verlorenheit zu erkennen und anzuschauen. Doch vor derErhhung kommt erst einmal die Erniedrigung. Bin ich bereit mich vorGott und Menschen zu demtigen? Es geht hier vor allem um Demut,Unterordnung und Glaubensgehorsam. Das alles sind Reizworte in unsererZeit. Man glaubt auch in der modernen christlichen Glaubenspsychologiehufig an jenen Weg der Selbstverwirklichung, der direkt in die groe

    Freiheit und den Lebensgenuss fhrt. Man erwartet zumindest einRundumpaket auch an weltlichen Vorteilen, Freuden und Lebensgenuss.Hier hat man bei der Bekehrung jedoch das Kleingedruckte desEvangeliums nicht gelesen oder blendet es einfach aus. Dieses

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    Kleingedruckte spricht von einem schmalen und dornigen Pfad und dassder Herr nicht ohne Sein Handgepck das Kreuz kommt, wenn er andie Pforte unseres Lebens anklopft. Jeder hat so seine Liebeleien und lieb

    gewonnenen Schwchen. In der Regel versucht dann der alte Adam bzw.die Eva in uns, hier einen faulen Kompromiss mit dem lockerenChristus, der das alles nicht so eng sieht und Fnfe gerade sein lsst, zuarrangieren. An dieser unsere Schwachstelle sind wir nicht bereit zuverzichten und kreieren unsere falschen Christusse, mit denen auch unserealte Natur klar kommt, ohne zu viele Federn zu lassen. Das heit, nichtwir verndern uns und gehen in das Bild Christi ber, sondern wirverndern Jesus und gleichen Ihn unserer Genussnatur an.Wir machenuns einen Christus, der kompatibel ist mit unseren alten Gewohnheiten.

    Doch der Weg der Nachfolge geht ber Gethsemane unserenSeelengarten, unsere Seelenmitte, mit dem harten Stein der ernstenEntscheidung. Hier wird alles Ich-bezogene abgelegt (Vater, nicht mein,sondern Dein Wille geschehe), auch das, was ich vielleicht noch fr richtigoder brauchbar halte. Zu oft zelebrieren wir nur eine religise

    Selbstdarstellung, unter dem Vorwand Gott zu dienen. Wenn wir wirklicheinwilligen, dass Jesus aus uns eine neue Kreatur nach seinem Bildeschaffen darf, dann mssen wir bereit sein, unser gesamtes altes Leben

    Ihm hinzuhalten. Mit alles meine ich wirklich alles, auch dass, was wir frgut, edel, geistig und brauchbar halten. Das heit, sterben mit Christus,sterben am Kreuz, aber auch AUFERSTEHUNG IN CHRISTUS. Wenn Jesus

    zu uns kommt, um unsere Herzen und Hnde mit einem neuen Leben zufllen, mit Seinem Leben, dann kann dies nur geschehen, wenn unsereHerzen und Hnde bereit sind, das alte vollkommen loszulassen. Dies istauch ein Glaubensprozess, bei welchem Er uns untersttzt und hilft. UnserAnteil ist der unbedingte Wille, sonst kann Er uns nicht verwandeln, das

    Vollbringen bewirkt Er, trotz all unseren Schwchen.Ich kann nicht hoffen, dass ich mich in der Meditation oder im innerenGebet gleich dem Allerheiligsten nhern kann, wenn ich auf meinemgeistigen Weg nicht bereit bin, mich meiner Schattenseiten zu stellen.Durch Leugnung oder Verdrngung kommen wir nicht in die Heiligung.Gottes Bedingung zur Vollendung ist, dass wir nackt und unverhllt voruns selbst und vor Ihn treten. Lass dir von Gott jedes kleinste Restchen

    Stolz und Hochmut zeigen und trenne dich bewusst davon. Sich

    demtigen ist eine aktive Ttigkeit. Es kommt nicht durch eine passiveHaltung auf uns herabgeregnet. Wir mssen etwas dafr tun. Wenn wir ineinen Spiegel schauen, erkennen wir dann einen anderen Menschen alsdenjenigen, der auch schon vor unserer Jesusbergabe in uns lebte. Was ist

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    anders geworden an unserem Leben, grundlegend anders. Sind wirwirklich frei geworden in Christus, oder haben wir nur die Literaturgewechselt und lesen jetzt Lorber und Swedenborg, sind aber im Grunde

    doch noch der alte Mensch geblieben?Wir knnen durchaus ein Leben lang mit Jesus unser Lebenverbringen, ohne Ihm auch die Herrschaft ber unser Leben eingerumt

    zu haben.Nach dem Motto: Jesus spielt bei mir die erste Geige, aber ichfhre den Dirigentenstab.

    Robert Blum ging auch schon eine geraume Zeit mit Jesus und warschon glubig. Doch auch er hatte noch ungeahnte und ihn schreckendeschwarze Lcher in den Kellerrumen seiner Lebenspyramide, an welcheJesus ihn heranfhrte. Solche schwarzen Lcher knnen unserGlaubensleben aufsaugen und ihm alle Kraft entziehen. Darum ist dieOffenbarung unser Schwchen und Snden nicht nur vor Gott, sondernauch vor einem Menschen solch ein wirksames Mittel gegen die Mchteder Finsternis. Denn die Macht Satans in uns liegt in den verborgenen

    Heimlichkeiten unserer seelischen Kellerrume. Gott kann nur die Feilean unser Herz legen, wenn wir Ja zu diesem nicht ganz einfachen Prozessder Durchlichtung und Erlsung unserer Kellerleichen sagen.

    Schon im ersten Jahr seiner Schreibttigkeit offenbarte der Herr in der

    Mitteilung Der krzeste Weg zur Wiedergeburt folgendes Konzentrat frunsere Nachfolge.

    Das aber ist der krzeste Weg zur WiedergeburtGehorsam und Demut sind die Nahrung zur Wiedergeburt des Geistes

    Denn soweit jemand von Mir wiedergeboren sein will, soweit musser seine Snden erkennen und selbe zu seiner Demtigung ffentlichbekennen, das ist: ernstlich durch die Beichte uerlich, und innerlich

    Mir, und muss Mich bitten um Vergebung, wie es in Meinem Gebeteangezeigt ist, und muss gleich einem Petrus wahre Reue und Trauer und

    Angst empfinden und weinen ber den so unschtzbaren Verlust MeinerGnade, und muss sich den allerernstesten Willensvorsatz machen, ja inalle Ewigkeit nicht mehr sndigen zu wollen.

    Dann muss er sich ganz fest vornehmen, mit der Welt ganz zubrechen, und sich ganz Mir bergeben und in seiner Liebe eine groe

    Sehnsucht haben nach Mir und muss in dieser groen Sehnsucht

    tagtglich sich von der Welt und allen Geschften in ihr zurckziehen undwenigstens 7 Viertelstunden lang bei verschlossenen Tren und Fensternweder beten noch etwas lesen, sondern er muss diese Zeit in der vlligen

    Ruhe, blo nur sich in seinem Innersten mit Mir beschftigend, zubringen.

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    Und allzeit aber, sooft sich jemand in diese Ruhe begeben hat, soll erfolgende kleine anregende Rede halten in seinem Herzen an Mich imallerfestesten Ernste und sagen:

    Herr! Hier bin ich. Ich lie Dich, o liebevollster heiliger Vater, langewarten, da Du mir schon seit meiner Kindheit unablssig zugerufen hast:Komm zu Mir, Ich will dich erquicken! Nun, o Vater, ist die Zeitgekommen, dass sich mein Ohr geffnet und mein sonst starrer Wille ganzin den Deinigen ergeben hat voll Demut und Gehorsam vor Dir, wie auchnach Deinem Willen zu allen meinen besseren Brdern. Daher komme Du,mein allerliebster Jesus, zu mir und erquicke meine kranke Seele mit dem

    Balsam Deiner unendlichen Liebe; lass mich finden meine groe Unbild inDeinem bitteren Leiden und Sterben; lasse mich sehen die heiligen fnfWundmale und erkennen darinnen meine groe Missetat! O Jesus, Duberwinder des Todes und der Hlle, komme zu mir und lehre mich

    Deinen Willen erst recht verstehen; lehre mich erkennen mein vlligesNichts und Dein Alles!

    O Du mein sester, liebevollster Jesus, Du Herr aller Heerscharen,komme zu mir Armem, komme zu mir Schwachem, komme zu mir

    Blindem, komme zu mir Taubem, komme zu mir Ausstzigem, kommezu mir Gichtbrchigem, komme zu mir Lahmem, komme zu mir

    Krummem, komme zu mir Besessenem, ja o mein, mein, meinallerliebster Jesus! komme, komme, komme zu mir Totem und lass michnur anrhren Dein heilig Kleid, so werde ich leben. Herr, lasse Dir janicht Zeit, denn ich habe Deiner unendlich ntig; ich kann ja nicht mehrohne Dich sein, da Du mir Alles und alles andere aus Liebe zu Dir

    zunichte geworden ist! Ohne Dich kann ich nicht mehr leben; daher, omein liebster Jesus, komme alsobald zu mir! Doch wie allezeit, so

    geschehe auch diesmal Dein heiliger Wille Amen.

    Nach dem begebet euch zur Ruhe und wachset in der Sehnsucht undLiebe zu Mir. So ihr das nur eine kurze Zeit ben werdet, so sage Ich: Ihrwerdet bald blitzen sehen und donnern hren; aber dann erschrecket nicht,und werdet auch nicht ngstlich; denn nun komme zu jedem Ich erst als

    Richter unter Sturm, Blitz und Donner, und hernach erst in sanftem,heiligen Wehen als Vater! (Himmelsgaben Bd. 3 S. 49ff)

    Hier sehen wir in Krze die wichtigsten Schritte auf dem Weg zurWiedergeburt.

    1. Erkenntnis und Bekenntnis der eigenen sndigen Natur. Offenbarungder Heimlichkeiten und Snden in einer Generalbeichte vor Gott undMensch.

    2. Reue, Trauer, Bue. Die Zeit der Trnen. (siehe den Traum des Zorel)

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    3. Den hundertprozentigen Willen, ganz mit der Welt zu brechen. Diesdann auch vollkommen leben, knnen wir aus unserer schwachen Naturheraus nicht, aber Gott braucht unseren unbedingten Willen dazu, sonst

    kann ER die Erlsung in uns nicht vollbringen. Bei uns liegt dasWollen, bei Ihm das Vollbringen.4. Erwecken und nhren einer groen Gottessehnsucht in der Liebe. Nur

    aus Liebe zu Gott knnen wir alles aufgeben und diesen Weg auchgehen.

    5. Die tgliche Versenkung oder Meditation in Christus und in dasVaterherz Gottes. Hier ist es nun vollkommen belanglos, ob wir dieerwhnten 7 Viertelstunden im Block oder in 7 Einheiten je 15 Minutenaufteilen. Machen wir uns nicht wieder ein ttendes Gesetz aus SeinemWort. Es kommt hier alleine auf den Inhalt an, nmlich dass wir nachunserem Vermgen in Liebe zu Ihm gehen und Ihm ganz unser Herzund unsere Zeit widmen. Lieber zehn Minuten lebendig und authentischan Seinem Vaterherz, als eine Stunde dem Buchstaben Folge geleistet.Hier ist falscher und hochmtiger Ehrgeiz fehl am Platz. Der Vaterkennt unsere Lebensverhltnisse und verlangt keine Buchstaben-erfllung oder kalte Pflichtbungen.Wenn wir dies praktizieren, so sagt uns der Herr, dann werden wir es

    blitzen und donnern hren in unserem Inneren, denn dann kommt Gottzuerst als Richter und erst darauf als liebevoller Vater. Was tut ein Richterschon hier auf Erden? Er versucht jemanden, der sich auerhalb dergesetzlichen Ordnung bewegt, durch geeignete Manahmen wieder aufden rechten Weg zu bringen. Nichts anderes macht Gott auch als Richter.

    Bevor Er als Vater kommen kann, muss er uns zurck in Seine Lebens-ordnung fhren und mit Sich in Einklang bringen. Unser Herz muss erstin Liebe zu Ihm erbrennen und in die gleiche Schwingungsfrequenz

    bergehen, aus welcher das Wesen des Vaters besteht, sonst knnen wirIhn ja gar nicht wahrnehmen und erkennen als das, was Er ist. Und genaudas bewirkt die Meditation in uns. Sie erhebt mit zunehmender Praxis dengesamten Schwingungsbereich unseres dreigliedrigen Wesens. Sie hilftuns dabei, ein neuer Mensch nach dem Willen Gottes zu werden. Es findeteine zweite, geistige Zeugung statt.

    Im Johannesevangelium lesen wir im ersten Kapitel in Vers 12+13:Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu

    werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut nochaus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondernaus Gott geboren sind.

    Dieser Geburt geht aber erst einmal die Zeugung voraus, gefolgt von

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    der mhsamen Schwangerschaft. Darum wird auch gesagt: Gab er Macht,Kinder Gottes ZU WERDEN! Das liegt noch in der Zukunft, nmlichdann, wenn wir durch den engen Geburtskanal der Demut und

    Selbstaufgabe in ein neues Leben IN CHRISTUS eingehen. Dann erst sindwir wirklich aus Gott geboren, wiedergeboren. Die geistige Wiedergeburtist also ein Prozess, zu welchem man sich durch die Willensbergabe

    bereit erklrt hat. Dadurch kann Christus in uns ja erst aktiv werden unduns zu unserer Wiedergeburt leiten.

    Gott sieht immer unsere Lebensverhltnisse und wei um die schweredes Erdenlebens. Gott sieht unsere Trnen, Gott fhlt unseren Schmerz. Erwill uns ja von dieser Mhsal des selbst organisierten Erdenlebens befreienund uns unsere Brde und unser Joch abnehmen. Doch wir mssen auch zuIhm gehen und uns und unser Leben mit allem anbieten, damit Er es unterSeine Regentschaft stellen kann. Es nutzt wenig, es nur mit dem Mund zu

    bekennen, wir mssen es auch praktisch tun. Er mchte vor allem aberkeine mechanischen Zwangseinheiten oder religise Pflichtbungen vonuns, sei es im Gebet oder der Meditation. Wenn wir nicht den Mut haben,vor Gott authentisch zu sein, sind alle unsere religisen oder geistigen

    Anstrengungen vergebens.Der Beweggrund ist magebend fr den Erfolg unserer Bemhungen.

    Meditation und Gebet nur als Technik verstanden, um ein definiertes,geistiges Ziel zu erreichen, ist das Gleiche, wie die Gebote Jesu zu

    befolgen, um sich einen Platz im Himmel zu sichern. Es hiee demBuchstabengesetz Folge leisten, ohne den geistigen Sinn des Gesetzes oderder Gebote begriffen zu haben. Dieses Vorgehen gebiert das Pharisertumund hat den Frust zur Folge.

    Was verhindert die Erfllung der Verheiungen?

    So da jemand sagen wird: Freund, wohl habe ich bisher alles getanund geglaubt, was du mich gelehrt hast; aber von den verheienenWirkungen hat sich bis zur Stunde keine einzige eingestellt! Was soll ichdenn noch tun? Ich habe meine gute, alte Lehre meiner Vter verlassen, inder sie gar oft allen Trost, den besten Rat und die ntige Hilfe in allerlei

    Nten fanden, und diese neue Lehre lsst mich samt meinem Nachbar alsWaise; keine Bitte wird irgend erhrt und kein finsterer Zweifel erhellt!Wo ist dein so herrlicher Gott, von dem aus du uns alles Glck verheien

    hast und anderes Wunderbares?!Du aber sage ihm dann: Freund, daran schuldet nicht die Lehre,sondern dein Unverstand! Wohl hast du die Lehre in deinen Verstandaufgenommen, und hast auch versuchsweise sogar streng danach

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    gehandelt und wartetest auf die vorteilbringende Erfllung derVerheiung; du tatest jedoch das Gute der Lehre nur dervorteilbringenden Verheiung, nicht aber um des Guten willen!Du

    warst nur ttig aus deinem Verstande, nie aber noch aus deinem Herzen!Dieses blieb in sich hart und kalt wie vor dem Empfange der reingttlichen Lehre; daher auch gelangtest du da weder durch die Tat nochdurch den toten und blinden Glauben zu einer Erfllung der dir gegebenenVerheiungen! (mechanisches Kopfchristentum, mechanisches beten undmeditieren)

    Erwecke nun dein Herz! Tue alles, was du tust, aus dem wahrenLebensgrunde!

    Hrt sich ganz simpel an, nicht wahr? Was ist dieser wahreLebensgrund? Die Liebe! Ja, aber wo ist der Schalter auf den man drckenmuss? Wir wollen doch alle, knnen jedoch nicht dauerhaft in Christus

    bleiben, sondern fallen immer wieder auf unsere Nase? Wer kennt nichtden stndigen Wechsel, mal am Honigtopf der Liebe Gottes undanschlieend wieder auf dem eigenen Ego-Misthaufen des Stolzes,Vorteildenkens, der Lge und der menschlichen Schwche.

    Liebe Gott Seiner Selbst willen ber alles und ebenso deinenNchsten! Tue das Gute des Guten willen aus deinem Lebensgrunde

    heraus, und frage nicht ob deines Glaubens und ob deiner Tat nach derErfllung der Verheiung, ob sie wohl kommen werde oder nicht!

    (Will heien, denke an keinen Lohn oder Gewinn dabei.)Denn die Erfllung ist eine Folge dessen, dass du lebendig im

    Herzen glaubst, fhlst und aus dem lebendigsten Liebesdrange herausttig wirst. So aber, wie du bis jetzt geglaubt hast und ttig warst, warst du

    gleich einem Menschen, der im Traume geackert und gest hat undwollte dann im wachen Zustande ernten, fand aber weder Acker noch

    die geste Frucht. (Wir sen irdisch und wollen dann himmlisch ernten.Des Menschenverstandes Wissen, Glauben und Handeln ist eine eitleTrumerei und ist kein Lebensnutz darin. Alles muss der Mensch sich

    zum Herzen nehmen, in dem das Leben weilet; was er ins Herz legt, wirdaufgehen und die verheienen Frchte tragen.

    Wer da nicht also sein Leben zu ordnen versteht oder verstehen willund istSELBSTSCHTIG auch DURCH DEN GLAUBEN UND DURCH

    SEIN DENKEN, der wird nie zu einer Erfllung der Verheiung gelangen;

    denn sie ist die Frucht der (selbstlosen) Ttigkeit des Herzens!(Gr.Ev.Joh. Bd. 3 Kap. 243,1-8)Hier haben wir die vollgltige Antwort fr unser schwaches

    Glaubensleben, es steckt noch zu viel Selbstsucht in uns. Wir sind auch in

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    Glaubensdingen noch viel zu sehr auf unseren Vorteil bedacht. Liebenheit geben, geben und noch einmal geben. Doch nicht aus Zwang,sondern als Freude.

    Wissen ist etwas anderes und Fhlen auch ganz etwas anderes. ZumWissen kann man selbst durch den Flei gelangen und zur Weltklugheitdurch Erfahrungen; aber zum wahren Fhlen gehrt mehr als viel lernenund erfahren. (Gr.Ev.Joh. Bd. 3, Kap. 242,07)

    Der natrliche Mensch das niedere Seelen-Ego strebt stets nach Ich-bezogenem Gewinn und Vorteil. Das hhere Geist-Selbst strebt aus demselbstlosen Beweggrund der Liebe. Es erkennt das Gute und Wahre in denDingen, weil es Teil seiner eigenen Natur ist. Es wei, dass sein Strebendem GANZEN dient und hilft.

    Unsere an uns selbst gerichtete Frage im geistigen Streben sollte alsoeinmal sein: Warum tue ich dies berhaupt? Stellen wir uns einmal ineiner stillen Stunde diese Frage und filtern oder blockieren nicht dieAntworten aus unserem Herzen, wenn sie uns auch nicht schmeicheln,sondern lassen einmal alles zu. Lassen wir den Selbstbetrug von Kopf undVerstand einmal ganz beiseite. Handele ich aus einer Art Vorteilsdenkenoder handele ich aus Liebe zu Gott und aus Liebe fr DAS GANZE? Wirwerden auch bei der Meditation und dem Gebet immer wieder erleben,

    dass sich nichts bewegt, dass sich keinerlei Verheiungen Jesu an unseremLeben erfllen, dass Gott nicht zu uns spricht. Hier muss sich ein jederselbst prfen, was der eigentliche Beweggrund fr sein Beten oderMeditieren ist und was er in seinem Leben tut, um die selbstloseChristusliebe in seinem Herzen zu erwecken und am Brennen zu halten.

    (Fortsetzung folgt)

    GebetHerr! Geschehe da, was da wolle, Du allein bist unser Vater zeitlichund ewig. Von Dir und von niemand anderem hngt unser knftigesWohl ab; denn wir wissen es ja, dass aller Menschen Hilfe, wer sie auchsein mgen, zu nichts ntze ist. Dein Wille geschehe!

    Wir wollen niemand frchten, auer allein Dich, o Herr, und vonniemand eine Hilfe erwarten, als allein von Dir, o Du guter Vater! -

    Dein wollen wir ganz sein im Leben dieser Welt und ebenso in ihremnotwendigen Tode, der uns frei machen wird vom Fleische und unsdann endlich fhren zu Dir hin, der Du bist unsere alleinige lebendige

    Hoffnung durch den Glauben und unsere alleinige Liebe im erwecktenLeben unseres Geistes! (Himmelsgaben Bd.3_48.09.03,20)

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    Der vergangene, zuknftige und gegenwrtige ChristusSiehe, du hast wohl einen recht festen Glauben; aber deine Liebe in

    deinem Herzen ist noch bei weitem nicht so fest wie dein Glaube - und dasdarum, weil du noch stets deine Liebe an Meine sichtbare Persnlichkeithngst und suchest Mich irgend zu vernehmen und zu erschauen. Und erstso du Mich irgend erschautest oder wenigstens vernhmest, da wrde dannauch dein Herz fr Mich vollkrftig entflammen.

    Und siehe, gerade also steht es auch mit deiner Familie! Ihr liebt alleden Christus, der einst lehrte auf der Welt oder der da wiederkommenmchte, zu richten die Welt - also den vergangenen oder den zuknftigenChristus liebet ihr nur!

    Aber das ist gefehlt! Denn bei solcher Verfassung kann Ich Mich euchnicht nahen als euer Vater in der Gegenwart, sondern nur als der derVergangenheit oder der der Zukunft, und kann euch nicht krftigen, weilihr Mich nur in eurer Erinnerung ehret, aber nicht in eurem Herzenlebendig liebet!

    Wie aber die Erinnerung ihre Gegenstnde bald recht lebhaft erfasstund bald wieder ganz fallen lsst, also ist es auch bei euch mit Mir derFall! - Leset ihr gerade etwas Erbauliches von Mir, dann seid ihr wie voll

    Liebe zu Mir - aber das ist nicht Liebe, sondern nur eine zeitweiligeAufregung eures Erinnerungsvermgens. - Sobald ihr euch umkehret undetwas anderes erschauet, da schliet sich eure Erinnerungskammer imKopfe, und Ich bin drauen, als wre Ich kaum je darin gewesen.

    Ihr knnt dann Besuche machen, mit der Welt verkehren, euchbelustigen mit weltlichen Dingen, allerlei Zeug plaudern, euren Leibzierlich bekleiden. Und so irgendein Freund oder eine Freundin euch

    besucht, da knnet ihr mehr Freude haben, als je irgend in der kurzdauernden Erinnerung an Mich!

    Denn an alledem hindert euch der vergangene wie der zuknftigeChristus nicht, der wohl in euerer Erinnerung, aber nicht in euren Herzenwohnet! - Ich aber sage dir und euch allen: Der vergangene und der

    zuknftige Christus wird euch wenig ntzen, so ihr nicht dengegenwrtigen lebendig in euren Herzen traget!

    Ihr freuet euch nun wohl allezeit, wenn ihr von Mir etwas vernehmet.Aber eure Freude ist nicht bleibend, weil sie mit eurer Erinnerung gleichenSchritt geht. Und ihr freut euch dann bald darnach auf irgendein

    vorhabendes weltliches Vergngen mehr als auf Mich und machet Plne,was ihr tun werdet, ohne zu bedenken, dass ihr ohne Mich nie etwas tunknnet und noch viel weniger tun sollet.

    Der vergangene, zuknftige und gegenwrtige Christus

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    Und so Ich euch daran hindern mchte, dann knnet ihr darob sogartraurig werden und sagen: Aber drfen wir denn gar keine Freude haben?!

    Ich aber sage: Ihr sollet ja Freude haben, und nimmer soll die Freude

    von euch genommen werden - aberIch sollte stets eure grte Freudesein!Fraget euch selbst: Was bietet euch wohl eure eigengemachte Freude?

    Wie lange dauert sie? - Wenige Stunden habt ihr wieder unntz mit derdummen Welt vergeudet, dumm verplaudert und verlacht. Dann steht ihrwieder am alten Flecke! Und nur Meiner endlosen Liebe und Geduld habtihr es zu verdanken, dass ihr nach einer jeden weltlichen Freude nichtzurck, also dem Tode nher gekommen seid!

    Bei solchen Verhltnissen ist von einem merklichen Fortschritte zu Mirnoch lange keine Rede, und Ich bleibe stets noch euer vergangener oderzuknftiger Christus.

    Du kennst die Wege zu Mir. Willst du aus dem vergangenen oderzuknftigen Christus dir einen gegenwrtigen, lebendigen Christusbereiten, so musst du vollernstlich auf diesen Wegen wandeln und deinHaus mit dir! - So wirst du Mich von deiner Erinnerung in dein Herz

    bringen und wirst dann erst jene Freude berkommen, die dir keine Weltund keine Ewigkeit mehr wird nehmen knnen auch nur auf einen

    allerkrzesten Augenblick!Diese endlose Freude aber wirst du nicht eher berkommen, als bis du

    mit Paulus wirst sagen knnen: Nun lebe nicht mehr ich, sondern Christuslebet in mir!

    Siehe, alle Welt ist Mein Feind; wie aber kann jemand sagen, dass erMich liebe, so er andererseits dennoch der Welt die Hand zum Grue

    bietet?!Beachte daher diese Meine neue Belehrung und Vermahnung, so wirst

    du bald zu jener Freude gelangen, die niemand mehr von dir nehmenwird! (Himmelsgaben Bd. 2_44.04.21,03-19)

    Gott ist gegenwrtig, lasset uns anbetenUnd in Ehrfurcht vor ihn treten.

    Gott ist in der Mitten. Alles in uns schweigeUnd sich innigst vor ihm beuge.Wer ihn kennt, wer ihn nennt,

    schlag die Augen nieder,kommt ergebt euch wieder.

    Gerhard Tersteegen (1697-1769)

    Der vergangene, zuknftige und gegenwrtige Christus

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    Die Trnen der Ewigen LiebeHans-Gerd Fischer

    Wer mit aufmerksamen Herzen die Offenbarung durchJakob Lorber liest wird sehr viele Liebesbilder erleben, diedas Herz fr die Liebe zu Jesus und aus dieser heraus auchzum Nchsten weit ffnen knnen. Besonders ergreifendeSzenen finden wir dort, wo unser liebster himmlischerVater Trnen weint. Trnen der Erbarmung, des Mitleides,der Freude und der innigsten Wonne und Liebe.

    Hinfhrung zur ersten TrneDie erste Trne finden wir in der Haushaltung Gottes Bd. 1, Kap 5,22:

    Und siehe, die Liebe wurde gerhrt bis ins Innerste, und es floss dieerste Trne aus dem Auge der ewigen Liebe, und diese Trne floss ausdem Herzen der Gottheit und hie und heit und wird ewig heien die

    Erbarmung.Die Gottheit war von Ewigkeit her die alle Unendlichkeit der

    Unendlichkeit durchdringende Kraft und war und ist und wird sein ewigdie Unendlichkeit Selbst. In der Mitte Ihrer Tiefe war Ich von Ewigkeit die

    Liebe und das Leben Selbst in Ihr. (HGt.01_005,02)Hier erleben wir, lange vor unserer Schpfungsperiode - der unendliche

    Raum war noch gnzlich leer -, wie es der Gottheit gefiel, mit der in ihrerMitte sich befindenden Liebe in einem fr uns nicht vorstellbarenSchpfungsakt Wesen ihresgleichen zu schaffen. Wir erleben u.a. dieErschaffung des Lichttrgers, seinen Fall, seine Rettung bzw. Rckfhrungund die Erschaffung der gesamten sichtbaren Schpfung, insbesondereunserer Erde durch die Ewige Liebe.

    Und siehe, da entstand ein groes Rauschen, Brausen und Toben, undsiehe, die Liebe ward gengstigt und gedrckt von allen Seiten, so dass dieLiebe bis ins Innerste erbebte! Und die Liebe gewahrte es, und dasRauschen ward zum Tone, der Ton aber ward in der Liebe zum Worte, unddas Wort sprach: Es werde Licht! Und da loderte im Herzen die

    Flamme der entzndeten Liebe auf, und es ward Licht in allen Rumen derUnendlichkeit. (HGt.01_005,03)

    Durch diesen hochdramatischen Verschmelzungsakt verband Sich dieGottheit mit der Liebe ewiglich, und aus dieser Verbindung ging das Lichthervor. Groe Gedanken formten sich in der Liebe und dadurch in derGottheit. Ein unzhliges Heer von Geistern von unendlicher Schnheitwurde schrittweise, d.h. ber viele Stufen der Entwicklung in die hchste

    Die Trnen der Ewigen Liebe

    Hans-Gerd FischerMitglied der LG und

    Heilpraktiker

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    Freiheit gesetzt. Im Originaltext heit es:Und da sprach die Liebe in der Gottheit: Lasset Uns die Gedanken

    der Herrlichkeit festhalten und heraustreten, dass sie frei werden und Uns

    empfinden und sehen, wie Wir sie empfinden und sehen und Wir sieempfanden und sahen, ehe noch das Licht ihre Formen erleuchtete!Da ging das Wort in die Gottheit ber, und Sie ward berall Liebe. Und

    siehe, da sprach die Gottheit zum ersten Male: Es werde! Und es wardein Heer der Geister aus Gott frei, deren Zahl kein Ende hat, und die Liebe

    sah Sich Selbst verunendlichfltigt und sah Ihre unendliche Schnheitvollkommen.

    Aber alle die Wesen waren noch nicht lebendig undempfanden nochnicht und sahen noch nicht; denn sie waren noch auer der Liebe in derGottheit fixierte Formen.

    Und es dauerte die Liebe, und Sie regte Sich, und das Regen stieg in derGottheit empor, und die Gottheit gab Ihre Gefangenen der Liebe, und Liebedurchdrang alles. Und siehe, da wurden die Formen lebendig und staunten

    sich an und wrmten sich an den Flammenstrmen der gttlichen Liebeund bekamen dadurch selbstndige Bewegung und Regsamkeit! Aber sieerkannten sich noch nicht

    Da sprach die Liebe abermals: Lasset Uns machen, dass sie sich

    erkennen, damit sie dann Mich und durch Mich auch Dich erkennenmgen!

    Da stieg wieder das Wort in der Gottheit empor, und in der Gottheitertnte das Wort, und das Wort ward zum Gesetze, und das Gesetz war die

    Liebe und strmte in alle ber. (HGt.01_005,06 10)Und siehe, da wurden gebildet drei, und aus ihnen gingen hervor

    sieben! Und die drei waren gleich der Liebe, dem Lichte und der Gottheit;und die sieben waren gleich den sieben Geistern Gottes. (HGt.01_005,12)

    Allen geschaffenen Wesen wurde das Gesetz der Liebe, gleich densieben Geistern Gottes, verkndet aber ebenso auch die Folgen derbertretung dieses Gesetzes.

    Und so ward die Anbetung der Gottheit in der allerhchsten Furchtihnen geboten, und es ward ihnen geboten die Liebe der Liebe. Und siewurden hinausgestellt in der hchsten Freiheit und konnten tun, was siewollten, und nichts soll sie hindern in ihrer Freiheit und bis zur Zeit, da sie

    sich werden erkannt haben in ihrer Freiheit und ihrer Demut, damit das

    Gesetz ihr eigenes werde und sie dann vollkommen frei wrden.Allein nun erkannten sie sich in ihrer groen Macht und allesberstrahlenden Herrlichkeit und Majestt, und der Oberste der drei,

    gleich dem Lichte der Gottheit, entzndete sich in seiner Begierde, um

    Die Trnen der Ewigen Liebe

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    sich der Gottheit vollends zu bemchtigen. Durch ihn entzndete sich eingroer Teil der Geister, die durch ihn wurden; und durch sie erbrannteauch die Gottheit in Ihrem Grimme gleich den zwei niederen Geistern der

    drei und schleuderte die bse Rotte in die Tiefe der Tiefe ihres Zornes.Und die zwei und die aus ihnen hervorgingen und die sieben, derenZahl gerecht war, wurden gefunden in der Treue ihrer Demut und wurdenaufgenommen in die Kreise der Macht Gottes; und die Liebe sah, dass sierein waren befunden, und freute Sich in ihrer Vollendung.(HGt.01_005,1315)

    In Kapitel 40 drfen wir den tiefen Fall des Lichttrgers, aus seinerSicht erzhlt, erleben. Der Fall und die Rckfhrung berichtet uns der indem Moment hellschauende Adam, der ja zur Ruhesttte des Lichttrgerswurde.

    O meine Kinder! Sehet mich, den ersten Menschen dieser Erde, ja,was sage ich, sehet mich als den sein sollenden Ersten, der aller Kreaturim Geiste als Kreatur voranging und war leuchtend mehr denn der

    Sonnen Mitte und wollte sein grer denn Gott! Und Gott zeigte mir dieMacht Seiner Heiligkeit, und ich ward verdammt und wurde geworfen indie unendlichen Tiefen des gttlichen Zornmeeres und wurde da von einemGrimme in den andern durch unendliche Tiefen geschleudert. Ja, esmochten da wohl Ewigkeiten um Ewigkeiten verronnen sein.

    Und als ich so von einer Unendlichkeit zur andern fiel und immer fortund fort fiel ewig, ewig und immer ewig, da fing ich an zu gewahren dieGre und unendlich und ewig fortdauernde Macht Gottes, und mir wurdeklar mein eitles Bestreben.

    Und seht, als solche Reuegedanken in mir sich durchtauschten, dabemerkte ich denn auf einmal ein mir hnliches Wesen aus den ewigen

    Hhen mir nachschweben. Das Wesen erreichte mich in Blitzesschnelle,erfasste mich mit gewaltiger Hand und blickte mich sanft lchelnd an und

    sprach: ,Luzifer, du armer, gefallener Geist, kennst du Mich?Und ich sprach: ,Wie sollte ich dich erkennen in dieser wesenleeren,finsteren Nichtigkeit?! Wenn du kannst so vernichte mich !!

    Und hrt, das Wesen sprach: ,Hre! Nicht vernichten will Ich dich,sondern erhalten und zurckfhren auf fremden Wegen dahin, von wo duvoll sndiger Hoffart ausgegangen bist!

    Und ich sagte: ,Tue, was du kannst; aber bedenke die Gre desZornes Gottes! Denn ich war gro und bin zunichte geworden; daher

    bedenke und wrest du irgend noch grer denn ich entstanden , dassGott ewig und unendlich und voll flammenden Zorngrimmes ist!Und das Wesen erwiderte: ,Hast du denn nie auch die Liebe in Gott

    gemessen? Siehe, sind auch die Zornfluten gro, so reicht aber doch

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    Seine Liebe noch dahin, wo die tiefen Strme des Grimmes ewig versiegtsind unter den endlosen Rndern der Unendlichkeit, wo eine zweiteUnendlichkeit ihren Anfang nimmt!

    Und ich erwiderte darauf: ,Siehe, als ich noch war ein Frst allesLichtes, da wurde mir gezeigt ein mattes Flmmchen. Dieses htte ichsollen anbeten; denn es wre die ewige Liebe Gottes. Dieses konnte ichnicht glauben in meinem Strahlenglanze und sah mich weit erhaben berdas matte Flmmchen. Und siehe, da ergriff mich der Grimm meiner

    Lichthhe. Ich entzndete mich noch mehr und wollte vernichten mitmeinem Lichte das Flmmchen gnzlich; allein da erfasste mich der

    gttliche Zorn, und ich wurde geschleudert hierher in diese ewige, finstereLeere, welche ich erst nach Ewigkeiten erreicht habe.

    Und seht, da sah ich auf einmal das Flmmchen ber dem Hauptedieses Wesens schweben, und das Wesen aber sprach wieder zu mir:

    ,Luzifer, erkennst du Mich jetzt? Und ich antwortete: ,Ja, Herr, icherkenne Dich; Du bist Gottes Liebe und reichst weiter als Seine unendliche

    Zornflut. Sieh mich an in Deiner Gnade, und schaffe mir ein festesPltzchen, damit ich Ruhe finden mchte in dieser ewigenLeere!(HGt.01_40,2 -11) (im spteren Menschen Adam )

    Nun sieh weiter, was alles die Liebe tat, und Gott in der Liebe, und die

    Liebe in Gott! Und es dauerte die Liebe der Verlorenen; aber dieGottheit erbebte in Ihrem Grimme, und es ward gehrt in allen Rumender Unendlichkeit Gottes ein groer Donner. Und der Donner drang bis

    zum Innersten der ewigen Liebe, und die Liebe allein verstand den Donnerder Gottheit, und der Donner ward in Ihr zum Worte und sprach: Alle

    Macht sei Dir untertan; tue nach Deinem Gefallen und sprich ,Es werde!,und es wird sein!(HGt.01_005,21)

    Und siehe, die Ewige Liebe wurde gerhrt bis ins Innerste, und es floss

    die erste Trne aus dem Auge der ewigen Liebe, und diese Trne floss ausdem Herzen der Gottheit und hie und heit und wird ewig heien dieErbarmung.(HGt.01_005,22)

    Diese Trne ward zum groen Gewsser und ergoss sich in alle Rumeder Unendlichkeit und daraus entstand die ganze sichtbare Schpfung.

    Und siehe, der Geist Gottes in Seiner Kraft wehte sanft ber denGewssern der Erbarmung, und die Gewsser teilten sich. Und Gott

    sprach aus Seiner Liebe, und Seine Liebe war das Wort, und das Wort

    stieg in die Tiefe der Tiefen und schwebte ber den Gewssern, und dieGewsser wurden geschieden wie Tautropfen und wurden verteilt in ground klein nach der Zahl der Verlorenen, die kein Ende hat, in alle Rumeder Unendlichkeit.

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    Und siehe, der letzte Tropfen, der zurckblieb, der war der innersteder Gewsser und war der innerste der Erbarmung; und der wurde nichtverteilt, sondern blieb, wo er brig blieb, und wurde bestimmt zum

    Mittelpunkte und zum Schauplatze der grten der Taten der ewigenLiebe. (der Menschwerdung der Ewigen Liebe in Jesus und seinErlsungsweg)

    Und nun siehe: Dieser letzte Tropfen ward geschaffen zur Erde, diedu und deine Brder bewohnen! Und die anderen Tropfen wurden

    geschaffen zu Sonnen, Erden und Monden aller Art, deren Zahl keinEnde hat; und siehe, so entstanden der sichtbare Himmel mit seinenSternen, der Sonne, dem Monde und die sichtbare Erde mit den Meerenund festem Lande! (HGt.01_005,2426)

    Hren wir abschlieend noch einmal Adam: Und seht, aus der Mitteder Trne Gottes schwamm diese Erde zu mir herauf, und die Liebe

    segnete und hauchte sie an, und die Erde blhte wie ein Garten und warglatt, schn und eben; aber es war noch kein lebendes Wesen daselbst zugewahren. Allein die Liebe blickte die Erde an, und es wimmelte aufderselben, wie in den Meeren und anderem Gewsser, auf den Festen, wiein der regen Luft von Leben aller Art. (HGt.01_040,13)

    Ist es nicht ein tiefes Erlebnis, wie durch die erste Trne der Ewigen

    Liebe - die Trne der Erbarmung - die sichtbare Schpfung entstand?

    Tugend und SchwcheDie Gre der eigenen Tugend war schon oft fr manche

    Veranlassung zum Verderben. Wenn nmlich die Tugend dem Lasterentgegentritt, so empfindet das Herz dabei ein gewisses Wohlbehagen; undso kann es vorkommen, dass dann eine rechtschaffene Seele die

    umsichtige Furcht ablegt und sich im Vertrauen auf sich selbst der Ruheberlsst. Da naht dann der schlaue Verfhrer und zhlt der lau werdendenSeele alles auf, was sie Gutes getan hat, und macht sie eitel und stolz durchden Gedanken, sie berrage die anderen weit. In der Erinnerung an das,was sie getan hat, macht sie sich gro und wird damit klein in den Augendes gerechten Richters, der der Urheber der Demut ist. Darum muss sichdas Auge der Seele, wenn ihr die Gre ihrer Tugenden schmeichelt,wieder zu den eigenen Schwchen hinwenden und sich gleichsam wiederselbst demtigen. Nicht das Gute, das wir getan haben, sondern das wirunterlassen haben, ist dann zu betrachten; so soll das vom Anblick dereigenen Schwche gedemtigte Herz bei Gott fester in der Tugendgegrndet werden. (Gregor der Groe; 540-604 n.Chr.)

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    Vom eigenen NichtsThomas Merton (1915-1968)

    Was bedeutet es, mein eigenes Nichts zu erkennenund zu erfahren?Es gengt nicht, wenn ich mich mit Abscheu von

    meinem Selbstbetrug, meinen Fehlern undUnvollkommenheiten abwende und mich von ihnenlossage, als gbe es sie nicht und als wre ich nicht der, derich bin! Diese Form der Selbstzerstrung ist eine noch weitschlimmere Form des Selbstbetrugs, eine lediglich zurSchau getragene Demut, die, wenn sie sagt ich bin nichts, im Grundedamit meint: Ich wollte, ich wre nicht, was ich bin.

    Dieser Verhaltensweise mag ein lebhaftes Bewusstsein unserer Unzu-lnglichkeiten und Hilflosigkeit zugrunde liegen; sie bringt uns jedochkeinen inneren Frieden. Um unser Nichts wahrhaftig zu erkennen,mssen wir es auch lieben. Und wir vermgen es nicht zu lieben, wennwir nicht begreifen, dass es gut ist. Und die Einsicht, dass es gut ist, bleibtuns unzugnglich, wenn wir es nicht in seinem So-Sein annehmen.

    Die bernatrliche Erfahrung unserer Begrenztheit fhrt zu einer

    Demut, die ber alles andere hinaus den Zustand unserer ethischen undmetaphysischen Hilflosigkeit in der Konfrontation mit Gott liebt undanerkennt.

    Um also in diesem Sinn unser Nichts zu lieben, drfen wir nichts ver-werfen, was unser eigen ist, nichts, was wir besitzen, nichts, was wir sind.Wir mssen einsehen und zugeben, dass dieses Nichts uns ganz gehrtund dass es vollkommen gut ist, gut in seinem positiven Wesenskern, da esvon Gott kommt, gut auch trotz unserer Unzulnglichkeiten, da unsere

    Hilflosigkeit, ja unsere moralische und geistliche Not das gttliche Erbar-men auf uns herabziehen.Um unser Nichts zu lieben, mssen wir alles in uns lieben, was der

    stolze Mensch liebt, wenn er sich selbst liebt. Doch ist der Grund fr dieseunsere Liebe ein vllig anderer als der, welcher den stolzen Menschen zurLiebe veranlasst.

    Um unser Nichts zu lieben, mssen wir uns selbst lieben.Der hochmtige Mensch liebt sich selber, weil er annimmt, dass er es

    um seiner selbst willen verdient hat, geliebt, geschtzt und geehrt zuwerden. Er bildet sich ein, er msse von Gott und von den Menschengeliebt werden. Er glaubt, mehr als alle anderen ein Anrecht auf Liebe,Verehrung und Achtung zu besitzen.

    Vom eigenen Nichts

    Thomas MertonChristlicher Mnch

    und Mystiker

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    Auch der demtige Mensch liebt sich selber und trachtet danach,geliebt und geachtet zu werden, jedoch nicht, weil Liebe und Verehrungihm zustehen, sondern weil sie ihm nicht zustehen. Ihm ist daran gelegen,

    von Gottes Erbarmen geliebt zu werden. Er sehnt sich nach demliebreichen und hilfsbereiten Entgegenkommen seiner Mitmenschen. Da erwei, dass er nichts hat, wei er auch, dass er in allem bedrftig ist. Undso scheut er sich nicht, um das zu bitten, was er bentigt, und es sich zu

    beschaffen, wo immer er vermag.Der hochmtige Mensch liebt seinen Selbstbetrug und findet an sich

    selbst Genge.Der geistlich arme Mensch hingegen liebt vor allem seineUnzulnglichkeit. Der stolze Mensch beansprucht, geachtet zu werden,weil er ber Dinge verfgt, die kein anderer besitzt. Der demtige Menschmchte an dem teilnehmen drfen, was ein jeder empfangen hat. Auch ersehnt sich danach, sich bis zum berma zu sttigen an Gottes Gte undBarmherzigkeit.

    Bei sich selber bleibenHeinrich Seuse (1300-1365)

    Ein beginnender Mensch mag, ehe er in Gott dauernd gefestigt wird,

    gar leicht in die Irre gehen. Dagegen gibt es kein besseres Mittel, als dassder Mensch, sosehr er nur vermag, grndlich allen zerstreuenden Dingenentsage, sich in seinem eigenen Inneren einen Weg bahne und bei sichselber bleibe.Denn der bringt seinen Herzensfrieden in Gefahr, der sichohne zwingende Notwendigkeit der ueren Welt ausliefert. Man erzhltvon dem groen Meister Albert, er habe gesagt: Ich gehe nie zurKlosterpforte, ohne als ein Geringerer von dort zurckzukehren.

    Ein Mensch soll sich von Herzen allezeit mit Gott vereinigen. Dazu

    gehrten Stillschweigen und tiefe Betrachtung, wenig Worte und vielhartes Wirken. Was Gott einem Menschen an Leiden schickt, soll erfreudig annehmen, aller Menschen Mngel in Geduld bersehen, von denverfhrerischen Dingen sich abkehren, niemandem viel zuhren, seineSinne hten, jemandem wenig Zeit oder Worte opfern, sich selbstsorgfltig beobachten, sich unter Gott und alle Menschen beugen, von denMenschen Gutes sprechen, sich selbst fr nichts achten, Gott frhlichdienen und den Menschen ein gutes Beispiel geben, sich vor dem gerings-ten wie vor dem grten Fehler hten, Gott in allen Dingen vor Augenhaben und auf solche Weise allezeit mit Gott verbunden sein; denn aufsolche Art kann ein Mensch in Gott festen Platz erhalten, die verloreneZeit wieder einbringen und neues Gut von Gott erwerben. Amen.

    Bei sich selber bleiben

  • 8/2/2019 Geistiges Leben 2007-4

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    GL 4/2007 35

    Erneuerung des Geistes

    Johannes Tauler (1301-1361)

    Wenn der Geist in der Kontemplation vllig einsinktund einschmilzt mit seinem Innersten in Gottes Innerstes,so wird er da erneuert und neu gebildet. Und so viel mehrwird der Geist vom Geiste Gottes berflutet und berformt,so viel er diesen Weg nach innen bewusst und reinenHerzens gegangen ist und nichts als Gott im Sinne gehabthat: so vllig erfllt Gott sein Wesen, wie am Morgen derSonne Licht die Luft erfllt und sie mit Helle durchstrahlt.

    Wer knnte diese Einswerdung scheiden, da der Geist eingekehrt und einsgeworden ist mit dem Abgrund seines Ursprungs. Wre es mglich, denGeist im Geiste zu sehen, man she ihn ohne Zweifel fr Gott an.

    In dieser Einkehr und Erneuerung schwingt sich der Geist ber sichselbst hinaus und hinein in die Finsternis der Unerkanntheit Gottes, wo er

    jenseits von allen Beilegungen, allem Gewordenen ist: jenseits von Name,Form und Bild, ber alle Weisen und ber alle Wesen.

    Zu dieser Einkehr und Erneuerung des Geistes ist die Nacht und ihre

    Stille sehr ntzlich und frderlich. In der Stille der Nacht soll er sich allenSinnen und Neigungen entziehen und sich recht in sich hineinsenken, sichber alle Bilder, Formen und Krfte hinausschwingen und hinein in dieFinsternis der Unerkanntheit Gottes; darin berlasse er sich vllig Gott undfrage nach nichts und fordere nichts, wende sich nur mit seiner ganzenLiebe Gott zu und werfe in ihn alle seine Schwchen, Sorgen und Fehler,alle Dinge, die er vor hat und die sein Herz bewegen