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1832 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT, 13. JAHRGANG. Nr. 51 22. DEZEMBER i934 KURZE WISSENSCHAFTLICHE MITTEILUNGEN. OBER DIE GLYKAMISCHE REAKTION BEIM HYPO- PHYSEKTOMIERTEN KANINCHEN. Won G. KUSUNOKI nnd K. NAKAMURA. HOUSSAY hat im vorletzten Jahre in dieser Wschr. fiber den Kohlehydratstoffwechsel hypophysektomierter Tiere zu- sammenfassend berichtet und darin die Versuche beschrieben, die er mit MAGENTA (I924, 1927, I929) zusammen ausgeffihrt haf~e, um die verst~rkte Empfindlichkeit hypophysektomierter Hunde ffir die hypoglyk~mische Insulinwirkung festzustellen. Unabhangig yon HOUSSAY und seinen Mitarbeitern hatten SAITO nnd SAKAMOTO an unserer I~linik im Jahre 1924 das- selbe Ergebnis in Versuchen an hypophysektomierten Eanin- chen erhalten und im M~rz des folgenden Jahres ver6ffentlicht. Uber die Abschw~chung der Hyperglyk~tmie nach Adrenalin- injektion beim hypophysektomierten Kaninchen hatten SAITO und SAKAMOTO schon 1923 berichtet. In den folgenden Jahren (1925--1931) wurden die Versuche fiber den Kohlehydrat- stoffwechsel yon hypophysektomierten Tieren yon uns weiter- geftihrt. Wir ver6ffentlichen deshalb in Kfirze einige Befunde, die uns insbesondere im Zusammenhange mit den Unter- suchungen von FLUCHT, GREINER und LoEwI von Interesse erscheinen. Diese Autoren fanden n~mlich, dab die Glyko- genolyse in der Leber yon hypophysektomierten Fr6schen er- schwert ist. Sie versuchen, auf diese Weise die antidiabetische Wirkung der Vorderlappenexstirpation zu erkl~ren. Unsere Erhebungen an hypophysektomierten Kaninchen sind im folgenden tabellarisch zusammengefagt. Kbrpergewicht . . . . . . . . . Gewicht der linken Nebenniere . Adrenalingehalt beider Neben- nieren . . . . . . . . . . . Cholesteringehalt der Nebenniere. Gewicht der Schilddrfise .... Glykogengehalt der Leber . . . Normalkaninchen Hypophysektomierte 218o g (33) 0,25 g (33) o,211 mg ilO) 6,4% (I4) 0,20 g (lO) 1,6% (9) 191o g (44) o,17 g (44) o, I66 mg (13) 4,6% (II) o,17 g (21) o,95 % (19) Die Zahlen sind Durchschnittswerte; die in Klammern gesetzten Zahlen geben die Anzahl der untersuchten Tiere an. Die Nebennieren hypophysektomierter Kaninchen sind demnach sowohl ldeiner als ~irmer an Adrenalin und Choleste- fin als die yon normalen Tieren. Die Schilddrfise erscheint ebenfalls verkleinert, sie sieht blab aus; das mikroskopische gild zeigt im allgemeinen groge Follikel und reichliches Kolloid. Aus diesen Befunden dart man vielleicht schlieBen, dab auger dem verringerten Glykogengehalt der Leber auch die Funktion der Nebenniere und der Schilddrfise des hypophys- ektomierten Tieres minderwertig wird. Bekanntlich f~llt nun bei Hypofunktion der Schilddrfise bzw. der Nebenniere die Adrenalinhyperglyk~mie schw~cher und die Insulinhypoglyk- ~mie starker aus. Das Verhalten der hypophysektomierten Tiere nach Adrenalin- bzw. Insulininjektion entspricht also in diesem Punkte unseren anatomischen Befunden. BRAIER berichtete uber eine schwere sekund~re Hypo- glyk~mie bei hypophysektomierten Tieren nach Adrenalin- injektion. Wir sahen bei hypophysenlosen Kaninchen auch nach Pilocarpininjektion eine schw~chere Hyperglykamm und darauffolgend st~rkere Hypoglyk~mien als bei normalen Tieren. Von den gleichsinnigen Versnchsresultaten an 12 normalen und 5 hypophysektomierten Kaninchen seien je 2 als Beispiel angeffihrt. Blutzucker (mg%) nach subcutaner Pilocarpininjektion (2 mg pro Kilo K6rpergewicht). NormalechenKanin- { Hypophysekto- { mierte Kaninchen Vor der Injektmn lO6 9 ~ 125 IiO x/2 Std. 119 145 lO2 113 Nach der Injektion z Std. zStd. 3 Std. 108 104 9Z 139 105 1OO 88 8O 64 lO8 72 7~ 4 Std. 92 IOI 73 77 BREIERS und nnsere Befunde scheinen uns aui eine ver- ~nderte Reaktionsweise sowohl des sympathischen als para- sympathischen Nervensystems der hypophysektomierten Tiere zu deuten. Wit glauben ferner, dab aus unseren Ver- suchen hervorgeht, dab zur Erkl~rung der ver~nderten An- sprechbarkeit hypophysektomierter Tiere ffir Insulin nicht nur die erschwerte Glykogenolyse in der Leber, sondern auch noch andere Faktoren herangezogen werden mfissen. (Aus der 1I. Medizinischen Klinik der Kaiserlichen Kyushu-Universi- t~t zu ~ukuoka [Vorstand: Pro]. Dr. H. Takeya].) UBER DIE NOMENKLATUR IN DER ELEKTROKARDIOGRAPHIE. Von C. J. ROTItBERGER. Aus dem Instltut fur allgememeund experlmenteUe Pathologae der Umversit~tt Wien. Bei der immer weiter fortschreitenden Anwendung der Elektro- kardiographie in Deutschland hat sich vielfach eine gewisse Nach- l~ssigkeit und Unsicherheit in der Benennung der einzelnen Teile des Elektrokardiogramms (Ekg.) eingeschlichen, die zwar im wesentlichen nur einen Sch6nheltsfehler darstellt, abet auch ge- eignet ist, dem Lernenden Schwierigkeiten zu bereiten. Es m6gen daher die folgenden Bemerkungen gestattet sein, wobei ich reich yon der eigentlich selbstverst~indlichen Forderung Ieiten lasse, dab Deutsche deutsch schreiben solleu, ohne Rfick- sicht darauf, ob die gew~hlten Namen far fremdsprachige L~nder schwerer verst~ndlich sind. Eine durchgreifende Verdeutschung soil damit nicht angestrebt werden; es hat sich aber vielfach die Neigung ausgebildet, Ausdrticke, die zuerst z. ]3. in der englischen Literatur gebraucht worden sind, unver~ndert in das deutsche Schrifttum zu iibernehmen, was nicht nur unsch6n, sonderI1 auch unn6tig ist. Wer ffir praktische Krzte, die mit dem Ekg. nicht so vertraut sind, Befunde zu schreiben hat, wird sich nicht ant die Anfflhrung yon Einzelheiten beschr~nken dfirfen, mit denen der Praktiker nichts anzufangen weiB, sondern er wird die Form in groBen Ziigen beschreiben und dann erst auf die genauere Analyse eingehen. Man muf3 daher die einzelnen Teile des Ekg. so bezeichnen, wie sm sich auf den ersten BEck voneinander abgrenzen. Da haben wit nun zuerst die Vorhofzacke und dann in einem genau meBbaren Abstand dell IKammerteil (start ,,Kammerkom- plex"). Dieser besteht wieder aus zwei Hauptteilen, die durch ein in der Norm mehr oder weniger waagerechtes Stfick verbunden sind. Diese Teile heiflen An/angsschwankung, Zwischenstitck und Nach- oder besser Endsehwankung. An diese schlieBt sich die meist nicht deutliche U-SChwankung, die nach L~wIs bei Oesunden vorkommt, nach TRENDELENBURG sogar 1miner. Der ]3efund wird also m grot3en Ziigen Form, Richtung und Breite der einzelnen Schwankungen anzugeben haben (abgesehen natfirlich yon Frequenz und Uberleitungszeit). "Wenn man schreibt, dab die Anfangsschwankung bei Ableitung II und III hauptsach- lich nach abw~rts gerichtet ist (vielleicht auch verbreitert und gespalten), so ist dies im gegebenen Falle das Wichtigste, was fiber die Anfangsschwankung zu sagen ist, und es ist viel weniger yon ]~edeutung (abgesehen yon einer groBen Q-Zacke bei Ableitung III), ob diese Schwankung zwei- oder drelphaslsch ist. Aul3erdem macht die Bezeichnung mit emzelnen Buchstaben Schwierigkeiten in den ~'~llen, wo, wie z. ]3. bei Zwerehfellhoehstand, der KammerteiI bei

Über die Glykämische Reaktion Beim Hypophysektomierten Kaninchen

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1832 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T , 13. J A H R G A N G . N r . 51 22. DEZEMBER i934

K U R Z E W I S S E N S C H A F T L I C H E M I T T E I L U N G E N .

OBER DIE GLYKAMISCHE REAKTION BEIM HYPO- PHYSEKTOMIERTEN KANINCHEN.

Won G. KUSUNOKI n n d K. NAKAMURA.

HOUSSAY h a t im vor l e t z t en Jah re in dieser Wschr . fiber den Koh lehydra t s to f fwechse l h y p o p h y s e k t o m i e r t e r Tiere zu- s a m m e n f a s s e n d be r i ch t e t und dar in die Versuche beschr ieben, die er mi t MAGENTA (I924, 1927, I929) z u s a m m e n ausgeff ihr t haf~e, u m die ve r s t~ rk te Empf ind l i chke i t h y p o p h y s e k t o m i e r t e r H u n d e ffir die hypog lyk~mische Insu l inwi rkung festzustel len. U n a b h a n g i g yon HOUSSAY und seinen Mi ta rbe i t e rn h a t t e n SAITO nnd SAKAMOTO an unserer I~linik im Jah re 1924 das- selbe Ergebn i s in Ver suchen an h y p o p h y s e k t o m i e r t e n E a n i n - chen e rha l t en und im M~rz des fo lgenden Jahres ver6ffent l ich t . U b e r die Abschw~chung der Hyperglyk~tmie nach Adrenal in- in jek t ion be im h y p o p h y s e k t o m i e r t e n K a n i n c h e n h a t t e n SAITO und SAKAMOTO schon 1923 ber ich te t . I n den fo lgenden J a h r e n (1925--1931) wurden die Versuche fiber den K o h l e h y d r a t - s toffwechsel yon h y p o p h y s e k t o m i e r t e n Tieren yon uns wei ter - geft ihrt . Wir ver6f fen t l ichen desha lb in Kfirze einige Befunde, die uns insbesondere im Z u s a m m e n h a n g e mi t den U n t e r - suchungen v o n FLUCHT, GREINER und LoEwI von In te resse erscheinen. Diese Au to ren fanden n~mlich, dab die Glyko- genolyse in der Leber yon h y p o p h y s e k t o m i e r t e n F r6schen er- schwer t ist. Sie versuchen, auf diese Weise die an t id iabe t i sche W i r k u n g der V o r d e r l a p p e n e x s t i r p a t i o n zu erkl~ren.

Unsere E r h e b u n g e n an h y p o p h y s e k t o m i e r t e n K a n i n c h e n sind im folgenden tabe l la r i sch zusammenge fag t .

Kbrpergewicht . . . . . . . . . Gewicht der linken Nebenniere . Adrenalingehalt beider Neben-

nieren . . . . . . . . . . . Cholesteringehalt der Nebenniere. Gewicht der Schilddrfise . . . . Glykogengehalt der Leber . . .

Normalkaninchen Hypophysektomierte

218o g (33) 0,25 g (33)

o,211 mg ilO) 6,4% (I4) 0,20 g (lO) 1,6% (9)

191o g (44) o,17 g (44)

o, I66 mg (13) 4,6% (II) o,17 g (21) o,95 % (19)

Die Zahlen sind Durchschnittswerte; die in Klammern gesetzten Zahlen geben die Anzahl der untersuchten Tiere an.

Die Nebenn ie ren h y p o p h y s e k t o m i e r t e r K a n i n c h e n s ind d e m n a c h sowohl ldeiner als ~irmer an Adrena l in und Choleste-

f in als die yon no rma len Tieren. Die Schilddrfise e r sche in t ebenfal ls verkle iner t , sie s ieht b lab aus; das mikroskopische g i l d zeigt im al lgemeinen groge Follikel und reichl iches Kolloid.

Aus diesen B e f u n d e n da r t m a n viel leicht schlieBen, dab auger dem ve r r inge r t en Glykogengeha l t der Leber auch die F u n k t i o n der Nebennie re und der Schilddrfise des h y p o p h y s - ek tomie r t en Tieres minde rwer t ig wird. Bekann t l i ch f~llt n u n bei H y p o f u n k t i o n der Schilddrfise bzw. der Nebenniere die Adrena l inhyperg lyk~mie schw~cher und die Insu l inhypoglyk- ~mie s t a rke r aus. Das Ve rha l t en der h y p o p h y s e k t o m i e r t e n Tiere nach Adrenal in- bzw. Insu l in in jek t ion en t sp r i ch t also in diesem P u n k t e unseren a n a t o m i s c h e n Befunden.

BRAIER be r i ch te t e uber eine schwere sekund~re H y p o - glyk~mie bei h y p o p h y s e k t o m i e r t e n Tieren nach Adrenalin- in jekt ion. Wir sahen bei h y p o p h y s en l o s en K a n i n c h e n auch nach Pilocarpininjektion eine schw~chere H y p e r g l y k a m m und darauf fo lgend s t~rkere Hypog lyk~mien als bei no rma len Tieren. Von den gleichsinnigen Ver snchs re su l t a t en an 12 no rma len und 5 h y p o p h y s e k t o m i e r t e n K a n i n c h e n seien je 2 als Beispiel angeff ihr t .

B l u t z u c k e r (mg%) n a c h s u b c u t a n e r P i l o c a r p i n i n j e k t i o n (2 mg pro Kilo K6rpergewicht).

NormalechenKanin- {

Hypophysekto- { mierte Kaninchen

Vor der Injektmn

lO6 9 ~

125 IiO

x/2 Std.

119 145 lO2 113

Nach der Injektion

z Std. zStd. 3 Std.

108 104 9Z 139 105 1OO

88 8O 64 lO8 72 7 ~

4 Std.

92 IOI

73 77

BREIERS und nnsere Be funde scheinen uns au i eine ver- ~nder te Reakt ionsweise sowohl des s y m p a t h i s c h e n als para- s y m p a t h i s c h e n N e rv en s y s t ems der h y p o p h y s e k t o m i e r t e n Tiere zu deuten . W i t g lauben ferner, dab aus unse ren Ver- suchen he rvorgeh t , dab zur Erk l~ rung der v e r ~ n d e r t e n An- sp rechbarke i t h y p o p h y s e k t o m i e r t e r Tiere ffir Insul in n ich t nur die e r schwer te Glykogenolyse in der Leber, sondern auch noch andere F a k t o r e n he rangezogen werden mfissen. (Aus der 1I. Medizinischen Klinik der Kaiserlichen Kyushu-Universi- t~t zu ~ukuoka [Vorstand: Pro]. Dr. H. Takeya].)

UBER DIE NOMENKLATUR IN DER ELEKTROKARDIOGRAPHIE. Von

C. J. ROTItBERGER. Aus dem Instltut fur allgememe und experlmenteUe Pathologae der Umversit~tt Wien.

Bei der immer weiter fortschreitenden Anwendung der Elektro- kardiographie in Deutschland hat sich vielfach eine gewisse Nach- l~ssigkeit und Unsicherheit in der Benennung der einzelnen Teile des Elektrokardiogramms (Ekg.) eingeschlichen, die zwar im wesentlichen nur einen Sch6nheltsfehler darstellt, abet auch ge- eignet ist, dem Lernenden Schwierigkeiten zu bereiten.

Es m6gen daher die folgenden Bemerkungen gestat tet sein, wobei ich reich yon der eigentlich selbstverst~indlichen Forderung Ieiten lasse, dab Deutsche deutsch schreiben solleu, ohne Rfick- sicht darauf, ob die gew~hlten Namen far fremdsprachige L~nder schwerer verst~ndlich sind. Eine durchgreifende Verdeutschung soil damit nicht angestrebt werden; es hat sich aber vielfach die Neigung ausgebildet, Ausdrticke, die zuerst z. ]3. in der englischen Literatur gebraucht worden sind, unver~ndert in das deutsche Schrift tum zu iibernehmen, was nicht nur unsch6n, sonderI1 auch unn6tig ist.

Wer ffir praktische Krzte, die mit dem Ekg. nicht so vertraut sind, Befunde zu schreiben hat, wird sich nicht ant die Anfflhrung yon Einzelheiten beschr~nken dfirfen, mit denen der Praktiker nichts anzufangen weiB, sondern er wird die Form in groBen Ziigen beschreiben und dann erst auf die genauere Analyse eingehen.

Man muf3 daher die einzelnen Teile des Ekg. so bezeichnen, wie sm sich auf den ersten BEck voneinander abgrenzen.

Da haben wit nun zuerst die Vorhofzacke und dann in einem genau meBbaren Abstand dell IKammerteil (start , ,Kammerkom- plex"). Dieser besteht wieder aus zwei Hauptteilen, die durch ein in der Norm mehr oder weniger waagerechtes Stfick verbunden sind. Diese Teile heiflen An/angsschwankung, Zwischenstitck und Nach- oder besser Endsehwankung. An diese schlieBt sich die meist nicht deutliche U-SChwankung, die nach L~wIs bei Oesunden vorkommt, nach TRENDELENBURG sogar 1miner.

Der ]3efund wird also m grot3en Ziigen Form, Richtung und Breite der einzelnen Schwankungen anzugeben haben (abgesehen natfirlich yon Frequenz und Uberleitungszeit). "Wenn man schreibt, dab die Anfangsschwankung bei Ableitung II und III hauptsach- lich nach abw~rts gerichtet ist (vielleicht auch verbreitert und gespalten), so ist dies im gegebenen Falle das Wichtigste, was fiber die Anfangsschwankung zu sagen ist, und es ist viel weniger yon ]~edeutung (abgesehen yon einer groBen Q-Zacke bei Ableitung III), ob diese Schwankung zwei- oder drelphaslsch ist. Aul3erdem macht die Bezeichnung mit emzelnen Buchstaben Schwierigkeiten in den ~'~llen, wo, wie z. ]3. bei Zwerehfellhoehstand, der KammerteiI bei