6
K. Leopold und A. Pfennig teilen sich die Erstau- torenschaft. Nervenarzt 2013 · 84:1310–1315 DOI 10.1007/s00115-013-3834-4 Online publiziert: 12. Oktober 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 K. Leopold · A. Pfennig · E. Severus · M. Bauer Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum  Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden Prävention bipolarer  Störungen In der gesamten Medizin gewinnt der Aspekt der Prävention zunehmend an Bedeutung. Dabei haben sich die Be- grifflichkeiten in den letzten Jahren verändert. Die herkömmliche Eintei- lung in primäre, sekundäre und ter- tiäre Prävention ist einem noch wei- ter ausdifferenzierten Modell gewi- chen, in dem man in der Primärprä- vention die universelle, selektive und indizierte Prävention vor Erstmani- festation einer Erkrankung unter- scheidet. Es handelt sich hierbei um präventive Strategien für die Gesamt- bevölkerung (universelle), Risikoper- sonen ohne Symptomatik (selektive) und Personen mit Symptomatik ohne Erreichen der Diagnosekriterien (indi- zierte). In der Psychiatrie sind in den letzten beiden Jahrzehnten vor al- lem Ansätze für die indizierte Präven- tion psychotischer Erkrankungen ent- standen. Ausgehend vom Begriff der Psychose, wie er z. B. in der ICD-9 verwendet wur- de, umfasst die Prävention psychotischer Störungen auch die der affektiven Psycho- sen und damit auch die bipolaren Störun- gen. Bei näherer Betrachtung wird jedoch klar, dass bei den bisher bestehenden Pro- jekten und Forschungsvorhaben vor al- lem die Erkrankungen aus dem schizo- phrenen Formenkreis im Fokus standen. So erfassen die bisher entwickelten und validierten Instrumente zur Identifika- tion von (Hoch-)Risikogruppen subklini- sche psychotische Symptome (SIPS/SOPS, [16]) und sog. Basisstörungen schizophre- ner Erkrankungen (SPI-A, [23]). Ebenso zielen die unterschiedlichen Ansätze für einen niederschwelligen Zugang zur psy- chiatrischen Versorgung vor allem auf Erkrankte mit Psychosen aus dem schi- zophrenen Formenkreis. Psychotische Symptome stehen jedoch bei der Mehr- zahl der bipolar Erkrankten nicht im Vor- dergrund. Somit können die bestehenden Ansätze in der Früherkennung von Psy- chosen nur einen Teil der Personen mit Risikostatus oder Erstmanifestation einer bipolaren Störung erreichen. Da die bi- polaren Störungen jedoch wie die Erkran- kungen aus dem schizophrenen Formen- kreis schwere rezidivierende, im Verlauf oftmals nur partiell remittierende, psych- iatrische Erkrankungen sind und oft eine lange Latenz zwischen ersten Symptomen und Diagnosestellung und damit adäqua- ter Behandlung vorliegt [11, 19, 22], ist die Ausweitung der präventiven Strategien auf diese Personengruppe sehr wichtig. Ziel ist es hierbei, weitreichende negati- ve Konsequenzen wie häufige und lang- fristige Arbeitsunfähigkeit, vorzeitige Be- rentung, schlechtes Ansprechen auf The- rapie, lange stationäre Aufenthalte etc. für den Betroffenen als auch für das Versor- gungssystem zu vermeiden. Welche Erkenntnisse und Errungen- schaften aus der Prävention von Psycho- sen lassen sich auf die Prävention bipola- rer Störungen übertragen, und welche As- pekte der Erkrankungen machen ein ge- sondertes Vorgehen nötig? Gemeinsame Aspekte bei der Prävention von Psychosen und bipolaren Störungen Bei der Prävention schwerer psychiatri- scher Erkrankungen sind die möglichst frühzeitige Diagnosestellung und adäqua- te Therapie im Sinne einer Vermeidung oder zumindest Verringerung von Krank- heitsfolgen entscheidend. Sowohl bei den Schizophrenien als auch bei den bipolaren Störungen zielt dies auf eine Vermeidung von chronifizierten Erkrankungsverläu- fen mit Einschränkungen des Funktions- niveaus, schlechterem Ansprechen auf Therapien und Entwicklung von soma- tischen und psychiatrischen Komorbidi- täten. Bei Letzterem spielen die substanz- assoziierten Erkrankungen eine wesentli- che Rolle (s. auch [1]). Dafür ist eine ver- besserte Aufklärung der Bevölkerung zu- sammen mit Anti-Stigmaarbeit notwen- dig, um das Wissen und die Akzeptanz psychiatrischer Erkrankungen zu erhö- hen, damit Betroffene frühzeitig Hilfe in Anspruch nehmen. Da sich erste Sympto- me vor allem im jugendlichen und jungen Erwachsenenalter manifestieren [15, 19], ist die Ausrichtung der Maßnahmen auf diese Zielgruppe entscheidend. So soll- ten vor allem die neuen Medien genutzt und Personen aus dem Umfeld der Ju- gendlichen bzw. jungen Erwachsenen in- tegriert werden. Konkreter gesprochen ist die Schulung von Lehrern, Schulpsycho- logen, Sozialarbeitern, Mitarbeitern von Jugendämtern, Mitarbeitern von Kon- takt- und Beratungsstellen sowie Haus- und Kinderärzten zielführend. Eine en- ge Kooperation mit der Kinder- und Ju- gendpsychiatrie ist unverzichtbar, um eine umfassende und adäquate Diagnostik und kontinuierliche Betreuung zu gewährleis- ten. Hier ist die Nutzung bereits bestehen- der Netzwerke und Projekte für die Prä- vention von Psychosen oder aber ein Auf- bau nach deren Vorbild sinnvoll. Auch ein Leitthema 1310 | Der Nervenarzt 11 · 2013

Prävention bipolarer Störungen; Prevention of bipolar disorders;

  • Upload
    m

  • View
    217

  • Download
    3

Embed Size (px)

Citation preview

K. Leopold und A. Pfennig teilen sich die Erstau-torenschaft.

Nervenarzt 2013 · 84:1310–1315DOI 10.1007/s00115-013-3834-4Online publiziert: 12. Oktober 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

K. Leopold · A. Pfennig · E. Severus · M. BauerKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum 

Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden

Prävention bipolarer Störungen

In der gesamten Medizin gewinnt der Aspekt der Prävention zunehmend an Bedeutung. Dabei haben sich die Be-grifflichkeiten in den letzten Jahren verändert. Die herkömmliche Eintei-lung in primäre, sekundäre und ter-tiäre Prävention ist einem noch wei-ter ausdifferenzierten Modell gewi-chen, in dem man in der Primärprä-vention die universelle, selektive und indizierte Prävention vor Erstmani-festation einer Erkrankung unter-scheidet. Es handelt sich hierbei um präventive Strategien für die Gesamt-bevölkerung (universelle), Risikoper-sonen ohne Symptomatik (selektive) und Personen mit Symptomatik ohne Erreichen der Diagnosekriterien (indi-zierte). In der Psychiatrie sind in den letzten beiden Jahrzehnten vor al-lem Ansätze für die indizierte Präven-tion psychotischer Erkrankungen ent-standen.

Ausgehend vom Begriff der Psychose, wie er z. B. in der ICD-9 verwendet wur-de, umfasst die Prävention psychotischer Störungen auch die der affektiven Psycho-sen und damit auch die bipolaren Störun-gen. Bei näherer Betrachtung wird jedoch klar, dass bei den bisher bestehenden Pro-jekten und Forschungsvorhaben vor al-lem die Erkrankungen aus dem schizo-phrenen Formenkreis im Fokus standen. So erfassen die bisher entwickelten und validierten Instrumente zur Identifika-tion von (Hoch-)Risikogruppen subklini-sche psychotische Symptome (SIPS/SOPS, [16]) und sog. Basisstörungen schizophre-ner Erkrankungen (SPI-A, [23]). Ebenso zielen die unterschiedlichen Ansätze für einen niederschwelligen Zugang zur psy-

chiatrischen Versorgung vor allem auf Erkrankte mit Psychosen aus dem schi-zophrenen Formenkreis. Psychotische Symptome stehen jedoch bei der Mehr-zahl der bipolar Erkrankten nicht im Vor-dergrund. Somit können die bestehenden Ansätze in der Früherkennung von Psy-chosen nur einen Teil der Personen mit Risikostatus oder Erstmanifestation einer bipolaren Störung erreichen. Da die bi-polaren Störungen jedoch wie die Erkran-kungen aus dem schizophrenen Formen-kreis schwere rezidivierende, im Verlauf oftmals nur partiell remittierende, psych-iatrische Erkrankungen sind und oft eine lange Latenz zwischen ersten Symptomen und Diagnosestellung und damit adäqua-ter Behandlung vorliegt [11, 19, 22], ist die Ausweitung der präventiven Strategien auf diese Personengruppe sehr wichtig. Ziel ist es hierbei, weitreichende negati-ve Konsequenzen wie häufige und lang-fristige Arbeitsunfähigkeit, vorzeitige Be-rentung, schlechtes Ansprechen auf The-rapie, lange stationäre Aufenthalte etc. für den Betroffenen als auch für das Versor-gungssystem zu vermeiden.

Welche Erkenntnisse und Errungen-schaften aus der Prävention von Psycho-sen lassen sich auf die Prävention bipola-rer Störungen übertragen, und welche As-pekte der Erkrankungen machen ein ge-sondertes Vorgehen nötig?

Gemeinsame Aspekte bei der Prävention von Psychosen und bipolaren Störungen

Bei der Prävention schwerer psychiatri-scher Erkrankungen sind die möglichst frühzeitige Diagnosestellung und adäqua-te Therapie im Sinne einer Vermeidung

oder zumindest Verringerung von Krank-heitsfolgen entscheidend. Sowohl bei den Schizophrenien als auch bei den bipolaren Störungen zielt dies auf eine Vermeidung von chronifizierten Erkrankungsverläu-fen mit Einschränkungen des Funktions-niveaus, schlechterem Ansprechen auf Therapien und Entwicklung von soma-tischen und psychiatrischen Komorbidi-täten. Bei Letzterem spielen die substanz-assoziierten Erkrankungen eine wesentli-che Rolle (s. auch [1]). Dafür ist eine ver-besserte Aufklärung der Bevölkerung zu-sammen mit Anti-Stigmaarbeit notwen-dig, um das Wissen und die Akzeptanz psychiatrischer Erkrankungen zu erhö-hen, damit Betroffene frühzeitig Hilfe in Anspruch nehmen. Da sich erste Sympto-me vor allem im jugendlichen und jungen Erwachsenenalter manifestieren [15, 19], ist die Ausrichtung der Maßnahmen auf diese Zielgruppe entscheidend. So soll-ten vor allem die neuen Medien genutzt und Personen aus dem Umfeld der Ju-gendlichen bzw. jungen Erwachsenen in-tegriert werden. Konkreter gesprochen ist die Schulung von Lehrern, Schulpsycho-logen, Sozialarbeitern, Mitarbeitern von Jugendämtern, Mitarbeitern von Kon-takt- und Beratungsstellen sowie Haus- und Kinderärzten zielführend. Eine en-ge Kooperation mit der Kinder- und Ju-gendpsychiatrie ist unverzichtbar, um eine umfassende und adäquate Diagnostik und kontinuierliche Betreuung zu gewährleis-ten. Hier ist die Nutzung bereits bestehen-der Netzwerke und Projekte für die Prä-vention von Psychosen oder aber ein Auf-bau nach deren Vorbild sinnvoll. Auch ein

Leitthema

1310 |  Der Nervenarzt 11 · 2013

niederschwelliger, alternativer Zugang zu professioneller Hilfe, idealerweise mit der Möglichkeit der anonymen Kontakther-stellung ist, wie am Beispiel der vorhan-denen Früherkennungszentren (s. bei-spielsweise [13]) zu erkennen, ein wichti-ger Teilaspekt. Dabei sollte eine zu enge, selektive Fokussierung der Angebote auf ausschließlich psychotische oder affektive Störungen vermieden werden, da in den Frühphasen der Erkrankungen eine weit-gehende Überlappung der Symptome be-steht [8] und eine sehr frühe Differenzie-rung nach dem aktuellen Kenntnisstand nur fraglich möglich ist. Zum Teil gibt es sogar Modelle für ein gemeinsames Risi-kostadium mit erst späterer Ausdifferen-zierung [17], sodass erst in der Verlaufs-beobachtung eindeutige Zuordnungen zu den Erkrankungen Schizophrenie und psychotische Episoden, schizoaffektive Psychosen und bipolare Störungen sinn-voll sind.

Unterschiede bei Psychosen und bipolaren Störungen

Die eigentliche Kernsymptomatik bipola-rer Störungen bilden die affektiven Sym-ptome gekoppelt mit den Veränderungen des Antriebs und der Aktivität (s. auch DSM-V, http://www.dsm5.org). Wie be-reits zuvor genannt, sind psychotische Symptome nicht obligat, genauso wie bei Erkrankungen aus dem schizophre-

nen Formenkreis affektive Symptomatik zwar ausgesprochen häufig und auch im Rahmen von Frühsymptomatik auftritt, aber nicht Voraussetzung für die Diagno-se ist. So können bereits bestehende De-finitionen affektiver oder affektiv assozi-ierter Prodromalsymptome aus den Früh-erkennungsinstrumenten für Psychosen mit verwendet werden.

D Es braucht jedoch Instrumente zur Erfassung aller manifesten affektiven und der noch unterhalb der diagnostischen Schwelle angesiedelten Symptome.

Dies ist bei der Entwicklung der Bipolar Prodrome Symptom Scale-Prospective (BPSS-P, [7]) erfolgt: Hier werden subkli-nische depressive und manische Sympto-me erfasst sowie Schweregrad, Frequenz und Dauer abgebildet. Zusätzlich erfolgt auch die Berücksichtigung eines geneti-schen Risikos, kombiniert mit Funktions-einschränkung nach dem Vorbild der Ska-la für Prodromalsymptome der Psychosen (SOPS). Jedoch ist davon auszugehen, dass ähnlich den für schizophrene Erkrankun-gen beschriebenen Basisstörungen, abge-bildet in dem Schizophrenia Proness Ins-trument (SPI-A), auch bei den bipolaren Erkrankungen weitere Merkmale und Ri-sikofaktoren Beachtung finden sollten (. Abb. 1). So ergeben sich aus den ret-rospektiven Daten bipolarer Patienten [6,

8, 10, 15] und prospektiven Daten bei Ri-sikogruppen wie Kinder bipolar Erkrank-ter [9, 18] zusätzliche klinische Merkma-le und Risikofaktoren wie Veränderungen des Schlafes und des zirkadianen Rhyth-mus, Ängste, Verhaltensauffälligkeiten in der Kindheit und Jugend, Lebensereignis-se, Vorliegen eines ADHS, erhöhte Kreati-vität, Funktionseinschränkungen und pe-riodischer Substanzkonsum. Dies führt zu einem multifaktoriellen Risikoprofil, bei dem neben klinischer Symptomatik und genetischer Disposition auch biologische Marker Eingang finden [14].

Ein weiterer wesentlicher Unterschied zu den Erkrankungen aus dem schizo-phrenen Formenkreis ist der regelhaft phasenhafte Verlauf der bipolaren Störun-gen mit zumindest in den frühen Phasen der Erkrankung symptomfreien Interval-len. Residuale oder persistierende Sym-ptomatik ist deutlich seltener als bei den Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, zumindest in den ersten Erkrankungsjahren. Infolgedessen und unter Berücksichtigung der Symptomatik differieren auch Ausprägung und Art der Funktionsniveaueinschränkungen. So ist anzunehmen, dass die unterschiedlichen psychosozialen Funktionsbereiche wie so-ziale Interaktion, berufliche Leistungsfä-higkeit etc. unterschiedlich stark betroffen sind und Funktionseinbußen einem eher dynamischen Muster folgen.

Diese dargestellten Unterschiede stel-len Limitationen für ein gemeinsames Prodromalkonzept der Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis und der bipolaren Störungen dar. Schon die Definition der Erstmanifestation der Er-krankung ist bei den bipolaren Störungen durch die unterschiedlichen affektiven Phasen nicht eindeutig. So ergeben sich beim Vergleich der Klassifikationssyste-me DSM-V und ICD-10 unterschiedliche Definitionen für die Manifestation der bi-polaren Störungen [24]. In der im deut-schen Versorgungssystem verwendeten ICD-10 ist die Diagnose bei fehlender de-pressiver Episode erst mit Vorliegen einer zweiten (hypo)manen Episode gestattet, in der DSM-V-Klassifikation, die in For-schungsprojekten und somit auch in den meisten Früherkennungszentren der dia-gnostischen Zuordnung zugrunde liegt, reicht für die Diagnose bereits eine ein-

Akut oder anamnestischVerhaltens-

au�älligkeiten/ADHD

Substanz-abusus

Verminderung des psychosozialen

Funktionsvermögens

-Unterschwellige depressive Symptome-Unterschwellige hypomane Symptome

-Stimmungsschwankungen-Zirkadiane Rhythmik inkl. Schlaf-A�ektive Ansprechbarkeit-Ängstlichkeit/Angst-Dissoziative Symptome

Kreativität

Life events

Depression mit atypischen Merkmalen

Unterschwellige psychotische

SymptomePositiveFamilienanamnese

Abb. 1 8 Risikokonstellation für die Entwicklung bipolarer Störungen. (Adaptiert nach [5, 14, 25], mit freundl. Genehmigung von Elsevier)

1311Der Nervenarzt 11 · 2013  | 

zelne (hypo)mane Episode. Die Mehrzahl bipolarer Patienten erlebt jedoch vor der ersten (hypo)manen Episode bereits eine oder mehrere depressive Episoden [2, 4, 26], sodass im Unterschied zur Schizo-phrenie von verschiedenen Risikophasen ausgegangen werden sollte, mindestens von einer prämanischen und einer präde-pressiven.

Strategien der Frühintervention

Die Behandlung von Personen in Risi-kostadien muss nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung erfolgen. Die im Fol-genden diskutierten Behandlungsoptio-nen bewegen sich teilweise außerhalb des Zulassungsbereiches („off-label“), sodass unter Umständen keine ausreichende Evi-denz vorliegt. Somit ist die sorgfältige und umfassende Aufklärung des Patienten im Rahmen der individuellen Therapieent-scheidung essenziell.

Grundsätzlich sollten 2 Zielsetzungen in der Therapie unterschieden werden: F  zum einen die symptomorientierte

Therapie, die auf die Linderung aktu-ell bestehender Symptomatik abzielt, und

F  zum andern die präventive Therapie, die auf die Verhinderung der Konver-sion ausgerichtet ist.

Bei der symptomorientierten Therapie besteht die Frage, ob Betroffene, obwohl sie aktuell die Kriterien einer manifesten Erkrankung nicht erfüllen, aufgrund ihres Risikostatus eine entsprechende Therapie erhalten sollten. Dies wäre z. B. der Fall bei Risikopersonen mit noch unterhalb der diagnostischen Schwelle angesiedel-ten affektiven Symptomen und geneti-schem Risiko oder Personen, die anam-nestisch die Kriterien einer psychischen Erkrankung erfüllen, jedoch aktuell re-mittiert sind. Aber auch bei Patienten mit eindeutiger Indikation für eine symptom-orientierte Therapie, weil sie die Kriterien einer anderen manifesten Erkrankung aktuell erfüllen und symptomatisch sind, wie z. B. im Rahmen einer aktuellen de-pressiven Episode oder Angststörung, gilt es abzuwägen, ob die Maßnahmen einen positiven oder negativen Einfluss auf eine mögliche Konversion haben könnten. So ist der monotherapeutische Einsatz von

Antidepressiva bei bipolaren Störungen umstritten (s. S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie bipolarer Störungen 2012, http://www.leitlinie-bipolar.de), bei Per-

sonen mit unipolarer Depression, Angst- oder Zwangserkrankungen jedoch Mit-tel der Wahl (s. hier entsprechende Leit-linien, beispielsweise S3/NVL-Leitli-

Zusammenfassung · Summary

Nervenarzt 2013 · 84:1310–1315   DOI 10.1007/s00115-013-3834-4© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

K. Leopold · A. Pfennig · E. Severus · M. BauerPrävention bipolarer Störungen

ZusammenfassungPräventionsmaßnahmen bei Psychosen wa-ren bislang vor allem auf schizophrene Er-krankungen fokussiert. Ziel der Ausweitung auf bipolare Störungen, welche oft lange Zeit nicht erkannt und damit nicht adäquat be-handelt werden, ist die Minimierung weitrei-chender negativer Konsequenzen. Gemein-same Aspekte der Prävention von Psychosen und bipolaren Störungen sind u. a., dass ers-te Symptome sich im jugendlichen und jun-gen Erwachsenenalter manifestieren und eine Überlappung der Symptomatik besteht. Um die rechtzeitige Inanspruchnahme pro-fessioneller Hilfe zu verbessern, sind Aufklä-rung über psychiatrische Erkrankungen und niedrigschwellige Angebote für diese Ziel-gruppe sowie eine Kooperation zwischen Er-wachsenen- und Kinder- und Jugendpsychi-atrie nötig. Unterschiede sind u. a., dass psy-chotische Symptome bei bipolaren Störun-gen eine vergleichsweise untergeordnete Rolle spielen. Spezifische biologische Mar-ker wie Störungen des Schlafes und der zir-kadianen Rhythmik und klinische Merkma-le wie Substanzkonsum und Verhaltensauf-

fälligkeiten in Kindheit und Jugend ergän-zen (sub)klinische Symptome zu einem mul-tifaktoriellen Risikoprofil. Dabei sind neben Schweregrad und Frequenz der Symptomatik auch spezifische periodische Verlaufsmuster entscheidend. Bezüglich Strategien der Früh-intervention ist eine sorgfältige Risiko-Nut-zen-Abwägung Voraussetzung. Zwei Zielset-zungen sollten unterschieden werden: Sym-ptomorientiertheit zur Linderung bestehen-der Symptomatik und Prävention zur Verhin-derung der Konversion. Aktuell laufen erste Studien zu Nutzen und Risiken dieser Inter-ventionen. Kompetenzen und Ressourcen auf dem Gebiet der Früherkennung von Psycho-sen und bipolaren Störungen sollten gebün-delt werden. Gemeinsame Standards bilden die Grundlage für eine Weiterentwicklung und Implementierung präventiver Strategien bei bipolaren Störungen.

SchlüsselwörterFrüherkennung · Risikokonstellation · Psychose · Frühintervention · Biologische Marker

Prevention of bipolar disorders

SummaryIn the past, preventive measures for psycho-ses have focused mainly on schizophren-ic disorders. Bipolar disorders are often diag-nosed and treated with a significant delay. The expansion of preventive measures for bi-polar disorders aims at minimizing the sub-stantial negative consequences associated with the disease. Some of the shared aspects of prevention in psychoses and bipolar dis-orders are that the first symptoms common-ly appear during adolescence and early adult-hood and that there is a symptomatic over-lap between the disorders. To improve efforts to seek early help, public information about mental illness, low threshold services as well as cooperation between adult, child and ad-olescent psychiatry are needed for this tar-get group. One differences is that psychotic symptoms play a minor role in bipolar dis- orders. Specific biological markers, such as disturbances of sleep and circadian rhythm and clinical characteristics, such as substance 

use and behavioral problems in childhood and youth supplement (subsyndromal) clin-ical symptoms in a multifactorial risk model. Besides severity and frequency of symptoms, specific periodic course patterns are crucial. Strategies of early intervention require a care-ful consideration of risks and benefits. Two aims should be distinguished: the improve-ment of current symptomatology and the prevention of conversion to bipolar disorder. Currently, studies evaluating risks and bene-fits of such interventions are first conducted. Expertise and resources for early recognition of psychoses and bipolar disorders should be pooled. Common standards are the basis for advancement and implementation of pre-ventive strategies for bipolar disorders.

KeywordsRisk constellation · Early intervention · Early recognition · Biological markers · Psychosis

1312 |  Der Nervenarzt 11 · 2013

nie Unipolare Depression, http://www. depression.versorgungsleitlinien.de). Daten zum Einsatz von Antidepressiva bei Personen mit (Hoch-)Risikoprofil für eine bipolare Störung, die aufgrund einer an-deren psychiatrischen Erkrankung Anti-depressiva erhalten, fehlen bisher. Der Einsatz eines Stimmungsstabilisierers bei solchen Patienten hingegen bedarf bisher einer speziellen Indikation, wie z. B. eines erhöhten Suizidrisikos oder der Phasen-prophylaxe bei unipolar depressiven Epi-soden für Lithium oder der augmentati-ven Strategie für Quetiapin. Ein Einsatz als präventive Strategie aufgrund einer Risikokonstellation für bipolare Störun-gen sollte also genauso wie der Einsatz eines Antipsychotikums bei Hochrisiko-patienten für Psychosen durch eine soli-de Datenlage in entsprechenden Studien untermauert sein, um den Einsatz unter Berücksichtigung des nicht unerheblichen Nebenwirkungsrisikoprofils dieser Subs-tanzen zu rechtfertigen. Konsens sind die Bestrebungen, Therapieformen für Per-sonen mit (Hoch-)Risikokonstellationen

zu implementieren, die sowohl bei der be-stehenden Symptomatik als auch bei bi-polaren Störungen nachweislich wirk-sam und zugelassen sind. Dies trifft vor allem für die kognitive Verhaltensthera-pie und bei Betroffenen im Kindes- und Jugendalter für die familienfokussier-te Psychotherapie zu. Im Rahmen klini-scher Studien wird eine präventive Wirk-samkeit dieser Therapieformen, teilwei-se durch bipolar spezifische Elemente er-gänzt, untersucht (für ein Review s. [21]). Als Basis für alle Personen mit (Hoch-)Risikoprofil für die Entwicklung einer bi-polaren Störung ist der Einsatz von all-gemeinen und spezifischen präventiven Maßnahmen, bei denen von einem gene-rellen Nutzen ohne nennenswerte Neben-wirkungen auszugehen ist, sinnvoll. Hie-runter fallen Angebote wie Schlafhygie-ne, Achtsamkeitstraining, Psychoeduka-tion und Beratung bezüglich eines Subs-tanzgebrauchs. Allerdings müssen hier Kosten-Nutzen-Aspekte bedacht werden.

D Unabhängig von der gewählten Therapiestrategie ist die engmaschi-ge Überprüfung von Symptomatik, Therapieerfolg und evtl. Neben-wirkungen dringend erforderlich.

Zusammengefasst werden die Abwägun-gen bezüglich Therapieoptionen bei Per-sonen mit Risikostatus für die Entwick-lung einer bipolaren Störung unter Be-rücksichtigung des Schweregrades der Symptomatik und der psychosozialen Einschränkung wie in bisher publizierten Staging-Modellen [3, 12] sowie der Art der Symptomatik und des Vorhanden-seins manifester und Lebenszeitdiagno-sen in dem in . Abb. 2 vorgestellten Ka-tegorienmodell.

Resümee

Die Prävention bipolarer Störungen hat trotz umfangreicher Forschungsarbeit der letzten ca. 5 Jahre noch wenig Ein-gang in die aktuelle Versorgung gefun-den. Die Erweiterung bereits bestehender

Früherkennungsinitiativen für Psycho-sen auf affektive Störungen, wie bereits an einigen Standorten in Deutschland und in spezialisierten Einrichtungen an-derer Länder (wie beispielsweise in Aus-tralien) geschehen, sollte vorangetrieben werden, um Kompetenzen und Ressour-cen zu bündeln. Die Arbeit an der Wei-terentwicklung, Validierung und Imple-mentierung von Instrumenten zur Iden-tifikation von Personen mit Risikokons-tellationen für die Entwicklung bipola-rer Störungen sollte forschungsgruppen- übergreifend nach einem gemeinsamen Standard erfolgen. Um Synergien zu nut-zen, sind Forschungsnetzwerke wichtig, wie beispielsweise das Network for Ear-ly Recognition and Intervention in Bipo-lar Disorders (NERIBID, [20]), genauso wie die enge Kooperation zwischen Kin-der- und Jugendpsychiatrie und Erwach-senenpsychiatrie.

Um valide Daten über die Wirksam-keit präventiver Strategien zu erlan-gen, sind langfristig angelegte prospekti-ve Untersuchungen an möglichst großen Stichproben nötig. Auch dies setzt die De-finition gemeinsamer Standards, sehr gute Kooperationen und letztlich auch finan-zielle Ressourcen voraus.

Fazit für die Praxis

F  Bipolare Störungen sind schwere, re-zidivierende, im Verlauf oftmals nur 

partiell remittierende, psychiatrische Erkrankungen, deren Früherkennung und adäquate Therapie für eine Ver-ringerung negativer Krankheitsfolgen nach heutigem Wissenstand wesent-lich sind.

F  Das Erstmanifestationsalter und die Art der Symptomatik von (Hoch-)Risi-kogruppen für Psychosen und bipola-re Störungen überschneiden sich teil-weise, daher sind gemeinsame Früh-erkennungsinitiativen anzustreben.

F  Instrumente zur Identifikation von (Hoch-)Risikogruppen umfassen neben mit noch unterhalb der diag-nostischen Schwelle angesiedelter und manifester Symptomatik auch biologische Marker und klinische Merkmale.

F  Therapiestrategien im Rahmen einer Frühintervention sind notwendig, da bei der Mehrzahl der Personen vor der Erstmanifestation einer bipola-ren Störung bereits andere manifes-te psychiatrische Erkrankungen vor-liegen. Allerdings ist der Einfluss ein-zelner Interventionen auf die Konver-sionsrate bisher nicht untersucht. Da-her sollten Therapiestrategien mit be-legter Wirksamkeit und guter Verträg-lichkeit bei manifesten bipolaren Stö-rungen, die zudem die Indikation für die anderen ggf. vorliegenden mani-festen Erkrankungen besitzen, präfe-riert werden.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Dr. M. BauerKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psycho-therapie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität DresdenFetscherstr. 74, 01307 [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt.  K. Leopold hat Vortragshonora-re von AstraZeneca, BMS & Otsuka, Pfizer, Janssen-Ci-lag, Lundbeck und Eli Lilly erhalten. A. Pfennig hat For-schungsunterstützung von GlaxoSmithKline und von AstraZeneca erhalten sowie Vortragshonorare von As-traZeneca und Lundbeck; sie ist Mitglied der Interna-tional Group for the Study of Lithium Treated Patients. E. Severus hat in den letzten 5 Jahren Vortragshonora-re von AstraZeneca, Bristol-Myers Squibb, Eli Lilly and Company und Lundbeck erhalten; er ist Mitglied der International Group for the Study of Lithium Treated Patients. M. Bauer hat Forschungsunterstützung vom Stanley Medical Research Institute, NARSAD, der Deut-schen Forschungsgemeinschaft, der European Com-mission (FP7) und der American Foundation of Suici-de Prevention erhalten; er ist als Berater für Alkermes, AstraZeneca, Bristol-Myers Squibb, Ferrer Internacio-nal, Janssen, Lilly, Lundbeck, Otsuka, Servier, Takeda tä-tig und hat Vortragshonorare von AstraZeneca, Bristol-Myers Squibb, GlaxoSmithKline, Lilly, Lundbeck, Otsu-ka und Pfizer erhalten; er ist Mitglied der International Group for the Study of Lithium Treated Patients.   Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Literatur

  1.  Angst J, Gamma A, Endrass J et al (2006) Is the as-sociation of alcohol use disorders with major de-pressive disorder a consequence of undiagnosed bipolar-II disorder? Eur Arch Psychiatry Clin Neuro-sci 256:452–457

  2.  Bechdolf A, Ratheesh A, Wood SJ et al (2012) Ra-tionale and first results of developing at-risk (pro-dromal) criteria for bipolar disorder. Curr Pharm Des 18:358–375

  3.  Berk M, Conus P, Lucas N et al (2007) Setting the stage: from prodrome to treatment resistance in bipolar disorder. Bipolar Disord 9:671–678

  4.  Berk M, Dodd S, Callaly P et al (2007) History of ill-ness prior to a diagnosis of bipolar disorder or schizoaffective disorder star. J Affect Disord 103: 181–186

  5.  Conus P, Ward J, Lucas N et al (2010) Characterisa-tion of the prodrome to a first episode of psychotic mania: results of a retrospective study. J Affect Di-sord 124:341–345

  6.  Correll CU, Hauser M, Penzner JB et al (2013) Type and duration of subsyndromal symptoms in youth with bipolar-I disorder prior to their first mania episode. Bipolar Disord (im Druck)

  7.  Correll CU, Olvet D, Auther A et al (2013) The bi-polar prodrome symptom scale-prospective: scale description and validation a clinical high risk psy-chiatric sample and healthy controls. Bipolar Di-sord (im Druck)

Kategorie 3:Kriterien für aktuelle

MDE erfüllt

Kategorie 2:Kriterien f. aktuelle psychiatrische

Erkrankung ausgenommen MDE1/Psychose erfüllt

Kategorie 1:Kriterien für aktuelle

psychiatrische Erkrankung nicht erfüllt

Behandlungs-optionen

Psychoedukation und allgemeine präventive Maßnahmen

Psychotherapie (am ehesten kognitive Verhaltenstherapie oder Familien-fokussierte Therapie)

Stimmungs-stabilisierer

Antidepressiva (am ehesten SSRI)

Spezi�sche präventive Maßnahmen: MBSR, Schlafhygiene

Kategorien

1a: ohne Life-time- Diagnose

1b: mit Life-time-Diagnose

2a: ohne Life-time-Diagnose

2b: mit Life-time-Diagnose

Abb. 2 8 Klinisches Kategorienmodell mit Behandlungsoptionen für Personen mit (Hoch-)Risikopro-fil für die Entwicklung bipolarer Störungen. Stimmungsstabilisierer: Lithium und Quetiapin (mit Zulas-sung für MDE). MDE „major depressive episode“, MBSR „mindfulness-based stress reduction“, SSRI „selective serotonin reuptake inhibitor“

1314 |  Der Nervenarzt 11 · 2013

Leitthema

  8.  Correll CU, Penzner JB, Frederickson AM et al (2007) Differentiation in the preonset phases of schizophrenia and mood disorders: evidence in support of a bipolar mania prodrome. Schizophr Bull 33:703–714

  9.  Duffy A, Alda M, Hajek T et al (2010) Early stages in the development of bipolar disorder. J Affect Di-sord 121:127–135

10.  Egeland JA, Hostetter AM, Pauls DL et al (2000) Prodromal symptoms before onset of manic-de-pressive disorder suggested by first hospital ad-mission histories. J Am Acad Child Adolesc Psy-chiatry 39:1245–1252

11.  Hirschfeld RMA, Lewis L, Vornik LA (2003) Percep-tions and impact of bipolar disorder: How far have we really come? Results of the national depressive and manic-depressive association 2000 survey of individuals with bipolar disorder. J Clin Psychiatry 64:161–174

12.  Kapczinski F, Dias VV, Kauer-Sant’Anna M et al (2009) Clinical implications of a staging model for bipolar disorders. Expert Rev Neurother 9:957–966

13.  Leopold K, Pfeiffer S, Correll CU et al (2013) Early recognition centers for mental disorders – a com-plementary supply in the German health system. Psychiatr Prax 40:264–270

14.  Leopold K, Ritter P, Correll CU et al (2012) Risk constellations prior to the development of bipolar disorders: rationale of a new risk assessment tool.  J Affect Disord 136:1000–1010

15.  Lish JD, Dimemeenan S, Whybrow PC et al (1994) The National Depressive and Manic-Depressive As-sociation (Dmda) survey of bipolar members.  J Affect Disord 31:281–294

16.  McGlashan TH, Miller TJ, Woods SW (2011) Struc-tured interview for prodromal syndromes (version 3.0). PRIME Research Clinic, Yale School of Medici-ne, New Haven, Connecticut

17.  McGorry PD, Nelson B, Goldstone S et al (2010) Cli-nical staging: a heuristic and practical strategy for new research and better health and social out- comes for psychotic and related mood disorders. Can J Psychiatry 55:486–497

18.  Mesman E, Nolen WA, Reichart CG et al (2013) The Dutch bipolar offspring study: 12-year follow-up. Am J Psychiatry 170:542–549

19.  Perlis RH, Miyahara S, Marangell LB et al (2004) Long-term implications of early onset in bipolar di-sorder: data from the first 1000 participants in the systematic treatment enhancement program for bipolar disorder (STEP-BD). Biol Psychiatry 55:875–881

20.  Pfennig A, Correll CU, Leopold K et al (2012)  Early recognition and intervention for bipolar di-sorders: state of research and perspectives.  Nervenarzt 83:897–902

21.  Pfennig A, Correll CU, Marx C et al (2013) Psycho-therapeutic interventions in individuals at risk of developing bipolar disorder: a systematic review. Early Interv Psychiatry [Epub ahead of print]

22.  Pfennig A, Jabs B, Pfeiffer S et al (2011) Versor-gungserfahrungen bipolarer Patienten in Deutsch-land: Befragung vor Einführung der S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie bipolarer Störungen.  Nervenheilkunde 30:333–340

23.  Schultze-Lutter F, Addington J, Ruhrmann S et al (2007) Schizophrenia Proness Instrument, Adukt version (SPI-A). Fioriti, Rome

24.  Severus E, Bauer M (2013) Diagnosing bipolar di-sorders in DSM-5. Int J Bipolar Disord 1:14

25.  Skjelstad DV, Malt UF, Holte A (2010) Symptoms and signs of the initial prodrome of bipolar dis- order: a systematic review. J Affect Disord 126: 1–13

26.  Zeschel E, Correll CU, Haussleiter IS et al (2013) The bipolar disorder prodrome revisited: is there a symptomatic pattern? J Affect Disord [Epub ahead of print]

G. Gründer, O. Benkert (Hrsg.)Handbuch der PsychopharmakotherapieSpringer 2012, 2., 1260 S., 235 Abb.,  (ISBN 978-3-642-19843-4), geb., 189.95 EUR

Dieses große Stan-

dardwerk zur Psy-

chopharmakologie 

gibt zunächst einen 

breiten Überblick über 

präklinische Grund-

lagen. Anschließend 

werden die einzelnen 

Substanzgruppen vorgestellt. 

Nichtpharmakologische somatische Therapie-

verfahren werden ebenfalls berücksichtigt. 

Im Abschnitt „Klinische Psychopharmako-

therapie“ geht es detailliert um die medika-

mentösen Behandlungsstrategien bei den 

jeweiligen psychiatrischen Krankheitsbildern. 

Im Großkapitel „Spezielle Psychopharma-

kotherapie“ kommen wichtige Themen wie 

„Psychopharmaka und Recht“ und „Psycho-

pharmaka bei internistischen, neurologischen 

Erkrankungen“ zur Darstellung, letztere sind 

hilfreich für den Geronto- und Konsiliarpsy-

chiater. Ein Kapitel über „Psychopharmaka im 

Kindes- und Jugendalter“, das auch haftungs-

rechtlich relevante Thema „Psychopharmaka 

in Schwangerschaft und Stillzeit“ und das 

praktisch so wichtige Thema „Psychopharma-

ka und Fahrtüchtigkeit“ runden die Gesamt-

darstellung ab.

Was ist in der 2. Auflage neu?F. Holsboer ist bei der 2. Auflage als Heraus-

geber ausgeschieden. Dafür wurde M. Koch 

aus Bremen, als „Section Editor“ für die prä-

klinischen Kapitel gewonnen. Die Sektion 

„Funktionale Psychopharmakotherapie“ aus 

der 1. Auflage wurde mit dem Einleitungs-

kapitel zusammengefasst, um die Bedeutung 

dieses Abschnittes zu unterstreichen. Er soll 

in zukünftigen Auflagen ausgebaut werden. 

Durch genaue genetische/biologische Cha-

rakterisierungen intermediärer Phänotypen 

bzw. Endophänotypen, sie gelten als Marker, 

ergeben sich neue Konzepte von gesunder 

und gestörter Hirnfunktion. Dies eröffnet 

neue Ansätze für eine funktionale Psycho-

pharmakotherapie. In einzelnen Kapiteln 

wurden weitere Schwerpunkte gesetzt: Zum 

Beispiel kam bei dem Kapitel „Pharmakoki-

netik, Pharmakogenetik und therapeutisches 

Buchbesprechungen

Drug Monitoring“ von C. Hiemke und P. Bau-

mann J. Stingl als Koautorin hinzu, sodass die 

Pharmakogenetik, deren Kenntnis für eine 

kompetente Pharmakotherapie wichtig ist, 

ausgeprägter dargestellt wurde. G. Gründer 

hat mit dem Kapitel „Cognitive Enhancers“ 

dieser relevanten Entwicklung Rechnung 

getragen. Beim jetzigen Entwicklungsstatus 

der klinischen Psychopharmakologie liegt das 

Augenmerk u.a. auch auf Risikoaspekten wie 

der QTc-Zeit-Verlängerung. Diese Probleme 

werden in der aktuellen Auflage deutlich her-

ausgearbeitet und machen das Werk auch für 

den Praktiker zu einer hervorragenden Quelle. 

Das Studium der entsprechenden Kapitel 

bringt der Psychopharmakotherapie im All-

tag Sicherheit. Die Übereinstimmung mit der 

Nomenklatur des Kompendiums (Benkert/

Hippius, Kompendium der Psychiatrischen 

Pharmakotherapie, 9. Aufl., Springer Medizin 

Heidelberg 2013) wurde optimiert. Definitio-

nen und grundlegende Informationen finden 

sich in blauen Kästchen, die in die Darstel-

lungen integriert wurden. Sie erleichtern das 

Lesen wesentlich.

Fazit:Es ist DAS umfassende Standardwerk der Psy-

chopharmakotherapie im deutschen Sprach-

raum. Studierenden und dem Facharztkandi-

daten dient es als Lehrbuch und Nachschlage-

werk, erfahrenen Psychiatern, Neurologen 

und auch in Kliniken tätigen Psychologen als 

verlässliche Referenz. Für den Forscher bietet 

das Buch viele Hinweise, die ihn auf seinem 

eigenen Weg weiterführen. 

Dieses Buch ist für den Psychiater ein Muss! 

Es sollte in der Bibliothek jeder Klinik stehen. 

Auch jeder niedergelassene Facharzt hat 

von diesem Buch nicht nur einen wissen-

schaftlich-theoretischen, sondern auch einen 

großen praktischen Nutzen. Es ist eines der 

wichtigsten Werke des psychiatrischen Fach-

gebietes.

G. Eckermann (Kaufbeuren)

1315Der Nervenarzt 11 · 2013  |