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Seite 1 © 2010 Schön Klinik Achtsamkeit in der Behandlung von Zwängen Dr. Bernhard Osen Johanna Schriefer Münster, 8. September 2012

Achtsamkeit in der Behandlung von Zwängen · Definition von Achtsamkeit „Mindfulness“ Gemeinsamkeit bisheriger Beschreibungen: Nicht wertendes Gewahrsein (bewusstes Registrieren

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Achtsamkeit in der Behandlung von Zwängen

Dr. Bernhard Osen

Johanna Schriefer

Münster, 8. September 2012

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Definition von Achtsamkeit „Mindfulness“

Gemeinsamkeit bisheriger Beschreibungen:

Nicht wertendes Gewahrsein (bewusstes Registrieren

sensorischer und mentaler Reize) der gegenwärtigen

Erfahrung (Chambers et al., 2009).

Bisher keine ausreichende Operationalisierung von

Achtsamkeit (Fairfax, 2008, Bishop et al., 2004).

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Definition von Achtsamkeit „Mindfulness“

Bisher keine ausreichende Operationalisierung

von Achtsamkeit (Fairfax, 2008, Bishop et al.,

2004).

Gemeinsamkeit bisheriger Beschreibungen:

Nicht wertendes Gewahrsein (bewusstes

Registrieren sensorischer und mentaler Reize)

der gegenwärtigen Erfahrung (Chambers et al.,

2009).

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„Autopilotenmodus“ bedeutet:

Sich in Zukunftsideen oder Erinnerungen verlieren

Selbstvergessenheit

Kategorisierung der Wahrnehmung

Verhindert flexibles und situativ angemessenes Verhalten

Begünstigt automatisierte und starre Verarbeitungsmuster

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Achtsamkeit

Haltung

Strategie

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Achtsamkeit

Äußere Achtsamkeit:

5 Sinne: Hören, sehen,riechen, schmecken, tasten

Innere Achtsamkeit:

Gedanken,Gefühle, Köperreaktionen

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Achtsamkeit

Formelle Achtsamkeit:

AtemmeditationBody-Scan

Informelle Achtsamkeit:

Alltägliche Verrichtungen

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Gründe für Achtsamkeit bei Zwangspatienten

CBT/ERP Effektstärken von 1,4, Y-BOCS- Reduktion im Durchschnitt 30-50%

Pharmakotherapie Effektstärken von ca. 1,3, Y- BOCS-Reduktion von 20-40%

Langfristig Rückfallquoten von bis zu 50% (Pharmakotherapie ca. 80%)

Hohe Drop-out Raten von 20-30% bei CBT/ERP (10-12% bei

Pharmakotherapie mit

SSRI)

Weitere 30% zeigen keine Veränderung: Dissoziation/ geringe emotionale

Aktivierung durch kognitive Vermeidung (Durchhalten, Neutralisierung)

Ergebnisse der etablierten Behandlungsverfahren noch nicht ausreichend.

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Phänomenologie der Zwangserkrankung

Grübeln

Gedanken-Handlungs-Fusion

Selektive Aufmerksamkeit

Zwanghaftes Zweifeln

Unvollständigkeitsgefühl/ Nicht -Ganz-Richtig Gefühl

Erfahrungsvermeidung

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Wenn ich so etwas denke

tue ich es irgendwann

auch. Ich muss etwas

tun um es zu

verhindern !

Diese Gedanken

entstehen einfach ohne,

dass ich sie denke.

Disidentification

Decentering

Doing mode Being mode

Gedanken Handlungs-Fusion

Ich bin nicht meine

Gedanken, sondern ich

habe Gedanken. Sie

Sind nicht die

Realität !

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Ziel der Therapie:

Es geht nicht darum eine

Katastrophe zu verhindern,

sondern mit einem

situationsunangemessenen

Gefühl umgehen zu lernen.

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Achtsamkeit bedeutet:

Gedanken und Gefühle und körperliche Empfindungen als das, was sie

sind, nämlich vorübergehende Ereignisse, anzunehmen.

Sich de-identifizieren: „Ich habe....“ statt „Ich bin….“

„Mental gap “ (Chambers, 2009)

Im Hier und Jetzt flexibel teilnehmend handeln.

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Ich lasse die Anspannung

kommen und halte sie aus, bis

Sie von selbst wieder

abnimmt.

Ich beobachte und akzep-

tiere alle Gedanken und

Empfindungen, ohne sie

zu bewerten.

Aushalten Akzeptieren

Exposition

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Unterschiede auf den Punkt gebracht

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Zusammenfassung

In den letzten 20 Jahren wurde Achtsamkeit als Ergänzung bestehender

therapeutischer Verfahren entdeckt.

Bisher keine einheitliche Operationalisierung.

Kein einheitliches Modell über Wirkmechanismen.

Wenig indikationsspezifische Verfahren und empirische Evidenz.

Erste Ergebnisse weisen auf die Wirksamkeit in verschiedenen

Anwendungsbereichen hin.

Weitere Untersuchungen sind nötig um den Nutzen nach evidenzbasierten Kriterien

beurteilen zu können.

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Zusammenfassung - OCD

Soweit man von einer Zielsetzung bei Achtsamkeit sprechen kann, weicht diese

nicht von der bisherigen Zielsetzung in der Behandlung der Zwangsstörung ab:

Distanzierung zu den Zwangsgedanken und Aufbau von Bereitwilligkeit und

Toleranz gegenüber Gefühlszuständen.

Der Weg ist ein anderer: Im Sinne des dialektischen Prinzips kommt es über

Akzeptanz zu einer Veränderung.

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Zusammenfassung - OCD

Zwangspatienten kann über Achtsamkeit generell der Zugang zu und die Toleranz

von belastenden emotionalem Erleben erleichtert werden.

Bei Exposition:

Bereitschaft kann erhöht werden

Durchführung kann erleichtert werden

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Zusammenfassung - OCD

Über die De-Identifikation zu den Gedanken, Gefühlen und Körperreaktionen ist es

eher möglich aktiv teilzunehmen. Paradoxon: Mehr Kontrolle durch Aufgabe von

Kontrolle.

Achtsamkeit kann aber, wie alle Strategien bei OCD-Patienten auch als

Vermeidung eingesetzt werden: Achtsamkeit darf nicht zu einem Sicherheitsmantra

werden.

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Vermeidung oder Bewältigung?

Durch Achtsamkeit wird Distanz geschaffen – allerdings nicht im Sinne einer

Vermeidung, sondern eher so, wie wenn man ein Bild, das einem direkt vor der

Nase hängt, klarer sieht, wenn man etwas mehr Abstand dazu hat.

In diesem Sinne........

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !