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Universität Regensburg Institut für Organische Chemie Prof. Dr. O. Reiser 3. Klausur zum Organisch-Chemischen Praktikum I für Studierende der Chemie und der Biochemie im SS 1999 am Freitag, dem 23. Juli 1999 M U S T E R L Ö S U N G Name: _________________ Vorname:__________________________ Arbeitsplatz: ___ Assistent: __________________ Aufgabe 1 2 3 4 5 6 7 8 Summe Punkte max. 8 12+2 16 8 8 8 30+8 10 100 + 10 Erreichte Punkte Summe der erreichten Punkte: __________________ Bitte schreiben Sie mit Füller oder Kugelschreiber, aber nicht in rot! Lesen Sie bitte die Aufgabenstellung gründlich und beantworten Sie NUR das, was auch wirklich gefragt ist, unter Beachtung der Vorgaben! Es sind insgesamt 100 (+7) Punkte zu erreichen, 95 sind zum Erreichen der Note 1.0 nötig. Nur die Ruhe und viel Glück!!!

Musterlösung 3. Klausur - Organische Chemie · Universität Regensburg Institut für Organische Chemie Prof. Dr. O. Reiser 3. Klausur zum Organisch-Chemischen Praktikum I für Studierende

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Universität RegensburgInstitut für Organische ChemieProf. Dr. O. Reiser

3. Klausur zum Organisch-Chemischen Praktikum Ifür Studierende der Chemie und der Biochemie

im SS 1999am Freitag, dem 23. Juli 1999

M U S T E R L Ö S U N G

Name: _________________ Vorname:__________________________ Arbeitsplatz:___

Assistent: __________________

Aufgabe 1 2 3 4 5 6 7 8 Summe

Punkte max. 8 12+2 16 8 8 8 30+8 10 100 + 10

Erreichte Punkte

Summe der erreichten Punkte: __________________

Bitte schreiben Sie mit Füller oder Kugelschreiber, aber nicht in rot! Lesen Sie bitte die

Aufgabenstellung gründlich und beantworten Sie NUR das, was auch wirklich gefragt ist,

unter Beachtung der Vorgaben! Es sind insgesamt 100 (+7) Punkte zu erreichen, 95 sind zum

Erreichen der Note 1.0 nötig. Nur die Ruhe und viel Glück!!!

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Name: Vorname Seite 2 von 12

Aufgabe 1 (8 Punkte): Ermitteln Sie bei der folgenden Reduktion das Hauptprodukt, und zeichnenSie in einer Sägebockkonformation in der korrekten absoluten Konfiguration den Übergangszustand(inkl. Angriff des Nucleophils), der das Hauptprodukt erklärt. Geben Sie eine kurze Begründung,warum Sie eine bestimmte Konformation der Übergangszustände gewählt haben. Wie heißt dasModell, das Sie verwenden?

PhCH3

Me

O

Hauptprodukt

ÜZ

NaBH4

CH3Ph

Me

OH

CH3O

HMe

Ph

H

Felkin-Ahn-Modell

Großer Substituent Phantiperiplanar zu Nu

Mittlerer Substituent CH3 auf der Seite derCarbonylgruppe

Andere Schreibweise auch OK

2

1

2

1

1

1

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Name: Vorname Seite 3 von 12

Aufgabe 2: (12 Punkte): Synthetisieren Sie ein Dipeptid aus 2 chiralen Aminosäurederivaten Ihrer

Wahl (verwenden Sie dabei die Aminosäuren in der absoluten Konfiguration, die in der Natur

vorkommt). Geben Sie die Reagenzien und einen detaillierten Mechanismus für die Peptidkupplung

an. (Zum Erreichen der vollständigen Punktzahl ist nur ein Aktivierungsreagenz für die Carbon-

säure nötig). 2 Bonuspunkte können erzielt werden, wenn Sie das Dipeptid Aspartam synthetisieren

(nur 1 Bonuspunkt gibt es, wenn Sie die Aminosäuren nennen können, aus denen Aspartam

zusammengesetzt ist).

Aspartam:

NH2

NH

O

CO2CH3

CO2H

Ph

Asparaginsäure Phenylalanin(methylester)

NH

O

O

R

BocH

NH

NH

O

CO2CH3

R

R

Boc

N

C

N

R

R

R = Me, iPr etc.

NH

O

O

R

Boc NH

NR

R

NH2

O

R

OMe

für Addukt

für komplette Pfeile

geeignetes Aminosäurederivat,N geschützt, (S)-konfiguriert!

für Peptid

2

2

2

2

2

(S)

für DCC o.ä.

1

Bonus

Bonus 0.5Bonus 0.5

Max. 2 Bonuspunkte

geeignetes Aminosäurederivat,O-geschützt, (S)-konfiguriert!

2

für komplette Pfeile

1

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Name: Vorname Seite 4 von 12

Aufgabe 3 (16 Punkte): Erklären Sie die folgenden Sachverhalte anhand geeigneter stereoelektro-

nischer Argumente und Orbitalwechselwirkungen.

(a) Wie erklärt sich der unterschiedliche pKs Wert von Ketonen und Carbonsäureestern?

RO

O

H

H3C

O

H

pKs = 30 pKs = 26

RO

O

RO

O

CH3

O

CH3

O

lpC→ π*CO nicht so gut wegen lpO→ π*CO

lpC→ π*CO keine weiteren WW

ResonanzstabilisierunglpO→ π*CO wird durchDeprotonierung teilweiseaufgehoben

4

(b) Warum bevorzugen in Kohlenhydraten Hydroxygruppen am anomeren Zentrum die axialen

Positionen stärker als in Cyclohexanderivaten (verdeutlichen Sie den Sachverhalt an geeigneten

Modellverbindungen)

4

H

OR

im Vergleich zu O

OR

σCH→ σ*CO lpO→ σ*CO

σCH

σ*CO

lpO

bessereOrbital-WW

(c) Erklären Sie, warum Ester im IR eine höhere, Amide aber eine niedrigere Carbonylschwingungaufweisen.

4

lpO→ π*CO

σ*CN

lpN

O

NH2H3C

1675 cm-1νCO = ~

O

OCH3H3C

1735 cm-1νCO = ~

O

CH3H3C

1720 cm-1νCO = ~

lpO

σ*CO

π*CO

(1)

(2)

O

CH3 OMe

O

CH3 NH2

(1) lpO→ σ*CN verstärkt C=O

O

CH3 OMe

O

CH3 NH2

lpO2→ π*CO lpN→ σ*CN schwächt C=O(2)

Summebessere WW schlechtere WW

bessere WWschlechtere WW

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Name: Vorname Seite 5 von 12

Aufgabe 3 Fortsetzung

(d) Im abgebildeten Gleichgewicht ist das axiale Konformer C bevorzugt. Identifizieren Sie alle

hyperkonjugativen Wechselwirkungen, die C gegenüber B stabilisieren.

4

σPMe→ σ*CO

σ*PC

lpP

lpO

σ*CO

σPMe

Summe

gut

schlecht

lpO→ σ*PC

lpP→ σ*CO

O

PO Me

B

O

PO

Me

C

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Name: Vorname Seite 6 von 12

Aufgabe 4 (8 Punkte): Welches sind die Reaktionsprodukte folgender Umsetzungen? Achten Sieauf korrekte Stereochemie wo nötig (mit kurzer Begründung)!

OH

H

LiAlH4

Ph3P C(CH3)2

H2C S(CH3)2H

H

O

H

H

CH2

H

OHH

H

Angriff von derkonvexen Seite desMoleküls

Angriff von derkonvexen Seite desMoleküls

2

1

2

2

1

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Name: Vorname Seite 7 von 12

Aufgabe 5 (8 Punkte):

(a) Hier ist eine Olefinierungsreaktion (Peterson Olefinierung), die Sie in der Vorlesung nicht

kennengelernt haben, die der Wittig Reaktion aber ganz analog ist. Man nutzt hier die Triebkraft

aus, eine äußerst stabile Silicium-Sauerstoffbindung zu bilden. Schlagen Sie einen plausiblen

Mechanismus für die Reaktion vor:

(b) Phosphonate, die für Horner-Wadsworth-Emmons Reaktionen benötigt werden, synthetisiert

man aus Trimethylphospit und Bromessigsäuremethlyester (Arbuzov-Michaelis Reaktion). Geben

Sie einen plausiblen Mechnismus an, der die Reaktion erklärt.

2

1

CNMe3Si

Li

+ O

CN

+ Me3SiO Li

OMe3Si

NC

für Zwischenstufe

für Pfeile 1

2

1

für Zwischenstufe

für Pfeile 1

Br CO2MeP(OMe)3 + (MeO)2P CO2Me

O

P CO2Me

OMe

MeOMeO

Br

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Name: Vorname Seite 8 von 12

Aufgabe 6 (8 Punkte): Peptide kann man sequenziell analysieren, indem man vom N-terminalen

Ende eine Aminosäure nach der anderen abspaltet (Peptidabbau nach Edmann). Hierzu setzt man

das Peptid mit Phenylisothiocyanat A zum Thioharnstoff des Peptids um, welcher nachfolgend,

durch verdünnte Säure katalysiert, in B und das Restpeptid gespalten wird. Geben Sie den

Mechanismus für die zwei Teilschritte an.

H2NNH

HN

RestpeptidN

CS

R1

O R2

O

A

Thioharnstoff des Peptids

H+

NH

SHN

R1

O

H3N

HN

Restpeptid

R2

O

B

+

NH

PhN

S

H

R

O

N

R

NH

O

RestpeptidH2

2

für Zwischenstufe

für Pfeile

für Protonierung

2

2

2

1

2

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Name: Vorname Seite 9a von 12

Aufgabe 7 (30 Punkte + 8 Bonuspunkte): Epibatidin (1) ist ein im Jahre 1992 aus Fröschen

isoliertes Alkaloid (750 Frösche = 1 mg), das etwa 200 bis 500 mal wirksamer ist als Morphium.

Aufgrund dieser attraktiven Eigenschaft begann während der letzten Jahre ein wahres Wettrennen

um Synthesen zu 1. Einen eleganten Zugang zu racemischen 1 fand E. J. Corey (Nobelpreis 1991),

J. Org. Chem. 1993, 21, 5601 (ich habe die Synthese allerdings leicht modifiziert), vervollständigen

Sie fehlende Reagenzien oder Zwischenprodukte (Schema auf Seite 10). Die Stereochemie ist

bewußt von mir weggelassen worden, ergänzen Sie wo nötig! (12 Punkte +3 Bonus)

Beantworten Sie dann noch anliegende Fragen (s. Nummern ❶ bis �, nicht benötigte Molekülteile

können Sie natürlich mit R abkürzen, alle Mechnismen inkl. Pfeile!)

❶ (3 Punkte + 2 Bonus) Mit dem hier aufgeführten Phosphonat kann man selektiv cis-Olefine

synthetisieren. Geben Sie einen Mechanismus für die Olefinbildung an. 2 Sonderpunkte,

wenn in Ihren Zwischenstufen die korrekte Stereochemie angegeben ist, die zum cis-Olefin

führt.

O

PEtOEtO

O

OMe R' H

O

R'

O

P

CO2Me

O OEtOEt

+

R'

OP

O

OEtOEt

CO2Me

R'

CO2Me syn-Eliminierung

2

1

1

+ S.P. fürStereochemie1 für Pfeile

❷ (3 Punkte) Geben Sie einen detaillierten Mechanismus für die Reaktion an!

3

O

R OMe OH+R

OH

O

OMeR

O

OH

+ OMe

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Name: Vorname Seite 9b von 12

❸ (6 Punkte) Geben Sie einen detaillierten Mechanismus für die Reaktion an!

3

+

R

O

O

H

Me2N H

O

S

O

Cl Cl - ClMe2N CH

OS

Cl

O

Cl

Me2N

Cl

H- SO2

-Cl

-H-Cl

Me2N

O

H

O

R Cl

O

R Cl+

O

Me2N H

3

für korrekte Zwischenstufen

für korrekte Pfeile

❹ (3 Bonus, keine regulären Punkte) Geben Sie einen detaillierten Mechanismus und denNamen für die Reaktion an!

2

R N

O

N N R N

O

R N C O

RNH

O

OH

RNH2

- N2

H2Oein- oderzweistufigist OK!

- CO2

Curtius-Umlagerungoder Curtius Abbau

Pfeile in Umlagerung

Zwischenstufen

0.5

0.5

❺ (3 Punkte) Geben Sie einen detaillierten Mechanismus für die Reaktion an! Was für eine

Reaktion liegt vor? In Ihrem Molekül haben Sie zwei Bromatome, die reagieren könnten.

Warum reagiert selektiv nur das eine?

Br NR

R'Br

NR

Br

HH

R'

SN2-Reaktion, intramolekular

Rückseitenangriff unter Inversiontrans-ständiges Brom wird substituiert

1

1

1

❻ (3 Punkte) Geben Sie einen detaillierten Mechanismus für die Reaktion an!

1

1

1

N N

CNNC NC

2- N2

Bu3Sn H

NC

H-

Bu3Sn

Bu3Sn + R Br Bu3Sn Br + R

Bu3Sn HR + R H + Bu3Sn

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N Cl

OHC

N Cl

CO2CH3

N Cl

CO2H

N Cl

N3

O

N Cl

NHCOCF3

N Cl

NHCOCF3Br

Br

N Cl

190°C

NCOCF3

SOCl2

Br

Br

Me2NCHO

1) Hitze

2) H2O, H+

cis

N

als gegebenakzeptieren!

H

Br2

N

KOtBu

Cl

Bu3SnH, AIBN

H

NaOMe

1

Geben Siedie korrekte Stereochemiean!

(CF3CH2O)2PCH2CO2Me

O

Base

(CF3CO)2O

NEt3

NaN3

Ar

CO2Me

NaOH

bei LiOH

Ar

Cl

O

Ar

NH2

Br NHR

ArBr

N

R

Ar

H

N

R

Ar

HBr

H

2

3

1

2

2

2

S.P.

S.P.

1

1 Produkt

Stereochemie

1

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Name: Vorname Seite 11 von 12

Aufgabe 8 (10 Punkte): Spektroskopie

Das 60 MHz-1H-NMR-Spektrum einer Verbindung der Summenformel C6H3BrN2O4 ist auf Seite

12 abgebildet.

(a) Werten Sie das NMR-Spektrum aus (δ-Werte, Multiplizität, J) und erstellen Sie ein Schema für

die Aufspaltung.

(b) Geben Sie die Struktur der Verbindung an.

(c) Wie kann die Verbindung aus Benzol hergestellt werden?

δ [ppm] 8.75 8.4 8.5

Mult. D D von D D

J [Hz] 3 3 und 9 9

HX HAHB

Br

NO2

NO2

H

H

H

A

B X

b)

a)

c)

Br Br

NO2

NO2

Br2

FeBr3

HNO3/

H2SO4

∆T

1

2

3

1

3

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Name: Vorname Seite 12 von 12

60 MHz-1H-NMR-Spektrum, Summenformel C6H3BrN2O4

89

1 mm = 2 Hz

ppm