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5. Dezember 2010 ISSN 1436-607X Friede ist möglich Missionarisch n Warum Singen zum Methodismus gehört. Seite 13 Willkommen n Warum ein behindertes Kind das Leben bereichert. Seite 10 Umstritten n Stuttgart 21 beschäftigt viele Leser. Seite 25 Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche 25/2010 Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche

unterwegs 25/2010

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Das Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche

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5. Dezember 2010ISSN 1436-607X

Friede ist möglich

Missionarischn Warum Singen zum

Methodismus gehört. Seite 13

Willkommenn Warum ein behindertes Kind

das Leben bereichert. Seite 10

Umstrittenn Stuttgart 21

beschäftigt viele Leser. Seite 25

Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche 25/2010Magazin der Evangelisch-methodistischen Kirche

::: Vorweg2

kurz gesagt

So erreichen Sie UnS:Redaktion »unterwegs« Telefon 069 242521-150 E-Mail: [email protected]: 0711 83000-0

nach 25 Jahren hat Pastor Wilfried Bolay (Foto links) sein Amt als Leiter der EmK-Zeltmission offiziell abgegeben. Gleichzeitig wurde Hans-Martin Kienle (rechts) von Bischöfin Rosemarie Wenner als

Nachfolger eingeführt. Wenner würdigte Bolays großen Einsatz, gleichzeitig wünschte sie dem neuen Leiter Gottes Segen.

Wird die KirchenSteUer abgeSchaFFt, brechen große Teile unseres sozialen Sektors zusammen. Das sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) in einem Inter-view mit der »Welt am Sonntag«. Dem FDP- Generalsekretär Christian Lindner warf Beck »schnösel-hafte Dummheit« vor. Lindner hatte eine stärkere religiöse Neutralität des Staates angemahnt.

die Zahl der ein-eUro-JobS darf nicht gekürzt werden. Das verlangt die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig und ihr Dia-konisches Werk. Eine Kür-zung könne sich auf zahlrei-che Projekte wie Möbelkon-tore, Grünpflegetrupps und Schulkantinen auswirken, schreiben Kirche und Diakonie in einem Brief an Bundestagsabgeordnete. Die Bundesagentur für Arbeit will die Ein-Euro-Jobs reduzieren, nachdem der

Bundesrechnungshof kriti-siert hatte, dass diese geför-derten Stellen kaum zu regulärer Beschäftigung führ-ten und teilweise in Konkur-renz zur Privat wirtschaft stünden.

aUF die Seite der arMen stellen sich die Methodisten in Großbritannien. »In den letzten zehn bis 15 Jahren des Aufschwungs profitierten einige Teile der Gesellschaft, aber nicht die Ärmsten«, er-klärte Pastor Alison Tomlin, der derzeitige Präsident der Methodistischen Kirche, bei einer Gewerkschaftsver-sammlung in der Methodist Central Hall in London. Ihr Einkommen sei sogar gesun-ken. »Wir werden die Haus-haltskürzungen der Regie-rung dahingehend beurteilen, inwieweit sie die Verletzlichs-ten der Gesellschaft treffen.« Für John Wesley sei es un-denkbar gewesen, »Christus nachzufolgen und das Wohl-ergehen der Armen nicht im Herzen zu tragen«.

erStMalS ZUSaMMen tagten leitende Gremien der Metho-distischen Kirche und der Vereinigten Reformierten Kirche in Großbritannien. Die insgesamt etwa 140 Delegierten beider Kirchen beschlossen, gemeinsam ge-gen Armut und Ungleichheit in der britischen Gesellschaft vorzugehen und weitere kirchliche Partner dazu ein-zuladen. Zudem vereinbarten sie eine Kooperation in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.

kie/epd/BMC/ Übersetzungen: Reinhold Parrinello

Falls Sie schon die Mitte dieses Hefts aufgeschlagen haben, dann haben Sie sie schon entdeckt: die neue Deutschlandkarte der Evan-gelisch-methodistischen Kirche. Nachdem die Vorgängerkarte rund 20 Jahre alt ist und inzwischen auch nicht mehr erhältlich, war es Zeit für einen neuen Überblick über unsere Kirche in Deutschland. Und Sie als »unterwegs«-Leser er-halten die Karte als Erste: In dieser und den kommenden drei »unter-wegs«-Ausgaben wird die Karte jeweils zu einem Viertel in der Mit-te eingeheftet sein. Einfach zusam-menkleben, aufhängen, und Sie haben den Überblick. Und falls Sie nicht kleben wollen: Die Karte wird es demnächst auch am Stück im Format DIN A1 (achtmal so groß wie ein DIN A4-Blatt) geben.Vielleicht geht es Ihnen dann auch wie mir: Als ich diese Karte zum ersten Mal in Gänze gesehen habe, war ich beeindruckt von der Prä-senz, die wir als Kirche in vielen Gegenden Deutschlands haben. Gleichzeitig wurde mir bewusst, wie viele »weiße Flecke« es noch gibt – Orte, ganze Regionen, in denen unsere Kirche nicht präsent ist. Das kann ernüchtern, es kann aber auch zum Nachdenken anre-gen: Ist die EmK schon überall dort, wo sie gebraucht wird? Wo sind Möglichkeiten und Chancen für unsere Gemeinden? Wenn diese Karte auch dazu dienen kann, dann ist sie mehr als eine Landkarte.

Ihr Volker Kiemle Redaktionsleiter

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Die heiligen fünf Wunden sprengen die böse Zeit!« Der Bonner Pfarrer Wilfried Schuma-cher meinte damit die Wunden Jesu an den

Händen, den Füßen und in der Seite. Sie sprengen die Zeit des Unfriedens, des Krieges, des Tötens und der Ausbeutung. An den heiligen fünf Wunden macht sich der auferstandene Herr seinen Jüngern kenntlich, als er ihnen nach Ostern begegnet. »Friede sei mit euch«, begrüßt er sie, im Hebräischen: »Schalom alejchem.« In dem Wort Schalom begegnen sich innerer und äuße-rer Frieden. Frieden mit Gott, Frieden mit sich selbst, Frieden mit der Welt, Frieden in der Welt, Frieden in der Fülle des Lebens: Das ist Schalom. Das und nicht weniger spricht Jesus seinen Jüngern zu.

Das ist mehr als Waffenstillstand, mehr als Gentle-mans Agreement, mehr als die amerikanische Tole-ranzformel: »Wir stimmen darin überein, dass wir nicht übereinstimmen.« Schalom ist die Geborgenheit des Lebens in der Welt und in Gott und zugleich der Aufbruch in neues, unbekanntes, aufregendes Land.

aufbruch in ein aufregendes landJa, der Schalom ist Aufbruch in ein neues, unbekann-tes und aufregendes Land. Das offenbart Jesus seinen Jüngern nach seinem Friedensgruß Schalom. Er sagt ihnen nämlich: »Wie mich mein Vater gesandt hat, so sende ich euch!« Christus schenkt uns also zuerst den Frieden, und dann sendet er uns aus. Wir sollen auf-brechen in ein neues, unbekanntes Land. Wir sind seine Gesandten. Ein Gesandter ist der Vertreter einer politischen Macht in einem anderen, fremden Staat. Wir sind also Vertreter der göttlichen Macht in dieser gottfernen und gottfremden Welt. Diese göttliche Macht aber ist nichts anderes als die Macht der Lie-be. Wir bezeugen und vertreten in dieser Welt die

Macht der göttlichen Liebe. Das ist unser Auftrag. Es ist dieselbe Liebe, um deren Willen Jesus seine fünf Wunden empfing.

Wie dieser Auftrag im Einzelnen aussieht, zeigt uns ein anderer Gesandter Gottes, auf den sich Jesus auch immer wieder bezog, der Prophet Jesaja: »Er (also Gott) hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebun-denen, dass sie frei und ledig sein sollen.« Wir sollen dorthin gehen, wo es Elende gibt, wo es zerbrochene Herzen gibt und wo es Gefangene und Gebundene gibt – es geht hier um die Gefangenen und Gebundenen aus dem Gottesvolk; nicht um nachgewiesene Kriminelle. Die werden wohl gefangen bleiben müssen. Das ent-hebt uns freilich nicht der Aufgabe, auch in ihnen Got-tes geliebte Menschen zu sehen und uns um sie zu kümmern, wo dies möglich und nötig ist.

Am Ende dieser Geschichte bläst Jesus seine Jünger an und stattet sie dadurch mit dem Heiligen Geist aus. Das ist die Kraft, in der die Nachfolger Christi ihre Aufgabe als Gesandte Gottes ausüben. Gott selbst steht hinter dem Tun seiner Gemeinde – wenn sie es tut in seinem Geiste, im Geist der Liebe und des Friedens. Wir werden dabei auch irren, Fehler machen, schei-tern. Jesus wurde mit seiner Friedensbotschaft ans Kreuz geschlagen. Das macht deutlich: Mitten in unse-rem Scheitern kommt Gott durch die Kraft der Aufer-stehung zum Ziel. Nicht Macht und Gewalt sprengen die böse Zeit – es sind die fünf Wunden unseres Herrn.

Die Wunden Jesu sprengenunfrieden und Krieg

Wort auf den Weg ::: 5

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DIEDErICH LüKEN ist pastor im Bezirk Stuttgart-Bad Cannstatt.

»Jesus trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. … Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den heiligen Geist!« Johannes 20,19b–22

Frieden ::: 9

Was ist eigentlich »Frieden auf Erden«?SteFan Von tWardoWSKi: »Frieden auf Erden« erin-nert mich an einen zentralen Vers in der Weihnachts-geschichte im Lukasevangelium: »Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens« (Lukas 2,14). Diese Friedensbotschaft ist nicht zu trennen von der Ehre Gottes, und sie wird zuerst den Ärmsten verkündet, mitten in einer Welt der von der römischen Weltmacht geprägten Unterdrü-ckung und Ausgrenzung. Für Lukas ist der »Friede auf Erden« tatsächlich an das Kind im Stall gebunden, das keiner beherbergen möchte und das fernab von jedem Wohlstand und jedem Sicherheitsverlangen als Gottes Sohn geboren wurde. In diesem Kind liegt für Lukas die Umkehr aller festgefahrenen Verhältnisse. Dahinter steht auch der umfassen-de alttestmentliche Begriff des »Schalom Gottes«. Schalom ist kein zu erreichender Status oder allein die Abwesenheit von Krieg, sondern bezieht sich umfassend auf Beziehungen – Beziehungen zu Gott, der Menschen untereinander und zur ganzen Schöpfung. Schalom bedeutet Wohlsein, Ganzsein, Heilsein – Leben in ge-lingenden, gerechten und versöhnten Beziehungen.

Wie können Menschen Frieden schaffen?SteFan Von tWardoWSKi: Wenn der »Friede auf Er-den« mit der von Gott geschenkten Versöhnung mit und in der Welt im Zusammenhang steht, dann gehört die leidenschaftliche Suche und Gestaltung von ge-rechten und gelingenden Beziehungen zu unseren Ant-worten auf Gottes Liebe und Versöhnung mit uns Menschen. »Frieden schaffen« bedeutet also Umkehr, Neuausrichtung auf die von Gott geschenkte Versöh-nung – in all unserer Begrenztheit und eigener Ver-flochtenheit. Konkret beginnt dies in unseren Bezie-

hungen, in Gemeinschaften, in unseren Gemeinden, bei gesellschaftlichen Fragen bis hin zu den Fragen hinsichtlich der Kriege in unserer Welt. Derzeit wird immer wieder die »Gefahr für den gesell-schaftlichen Frieden« beschworen. Wie groß ist sie?SteFan Von tWardoWSKi: Wenn auch nach den Erfahrungen einer dramatischen Finanzkrise, den Finanzspekulationen und fragwürdigen Geldgeschäf-ten staatlicherseits kaum Einhalt geboten wird und stattdessen durch ein Sparpaket radikale Kürzungen an den einkommensschwächsten Teilen der Gesell-schaft vorgenommen werden, ist tatsächlich der gesell-

schaftliche Frieden in Gefahr. Die (finanz-)politischen Maßnahmen verfestigen eine soziale Schieflage. In einigen europäischen Ländern – wie Griechenland – ließ sich im vergangenen Jahr erkennen, zu welchen Reaktionen eine solche Schieflage und die Folgen der Finanzkrise führen können.

Wird die Welt in zehn Jahren friedlicher oder kriegerischer sein?SteFan Von tWardoWSKi: Für Europa hängt dies sehr von der Frage ab, ob das europäische Projekt gelingt oder nicht. Darin verflochten sind viele Fragen wie die der Wirtschaft, der Sozialpolitik, der Integration, der Bildung und der Umwelt. Weltweit wird es davon ab-hängen, wie die knapper werdenden Ressourcen ge-recht verteilt und ausgetauscht werden können. Not-wendig ist eine stärkere und mutigere internationale Regelung von Finanztransaktionen. In den verschiede-nen Herausforderungen bedarf es eines demokrati-schen Gleichgewichts und eines Ausgleichs der gesell-schaftlichen Akteure. Kirche ist dabei herausgefordert, ihren Platz als ein Akteur wahrzunehmen.

Wie es »Friede auf Erden« wird

Ist ein umfassender »Friede auf Erden« zu erreichen? und wie? Darüber hat volker Kiemle mit Stephan von twardowski gesprochen. Er hat sich eingehend mit Friedensfragen beschäftigt.

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»Frieden beginnt in menschlichen Beziehungen.«

Stephan von Twardowski, Pastor auf Probe

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Mission durch das LiedSingen gehört seit den anfängen zum Methodismus. »Im Lied geboren« heißt deshalb auch ein neues Buch, das die Eigenheiten methodistischer Lieder und methodistischen Singens beleuchtet. volker Kiemle hat mit dem Herausgeber des Buches, pastor Hartmut Handt, über methodistische Hymnologie gesprochen.

Warum wurde der Methodismus »im Lied geboren«?hartMUt handt: Der Methodismus hat sich mit Hilfe seiner Lieder ausgebreitet – in Großbritannien, dann auch in den USA. Lieder waren ein ganz starkes mis-sionarisches Instrument. John und Charles Wesley ha-ben nicht von ungefähr gemeinsam 63 Liederbücher herausgegeben. John Wesley hat das Singen stark be-fördert und Anleitungen für das Singen gegeben – etwa, dass man nicht brüllen soll, sondern auf die anderen hören. Er hat auch eine kleine Musiklehre geschrieben, in der er den Leuten das Singen anhand der Tonleiter nahebringt. Es ging also nicht nur um zeitgemäßes, sondern auch um qualitativ gutes Singen. Zudem gründet sich der Methodismus – im Unterschied zu Konfessionskirchen – nicht auf Bekenntnisse oder Lehrsätze. Das grundlegend Theologische, auf das sich die Methodistinnen und Methodisten noch heute be-ziehen, sind die 53 Lehrpredigten John Wesleys und die Liedtexte von Charles Wesley.

Hatten die Wesleys geplant, ihre Mission durch das Lied voranzubringen?hartMUt handt: Im Hause der Wesleys wurde bei den Hausandachten viel gesungen. Man sang aber nicht die in der Kirche von England üblichen Psalmlieder, sondern qualitativ höherwertige, etwa die von Isaac Watts. Besonders wichtig war eine Erfahrung, die die Brüder Wesley während ihrer Überfahrt in die USA gemacht haben: Als das Schiff in einen Sturm geriet, setzte eine Gruppe von Herrnhutern ihre Singstunde unbeirrt fort. John war tief beeindruckt von dieser Glaubensstärke: Er wollte die Lieder kennenlernen. Deshalb begann er, Deutsch zu lernen. Schon wenige Monate nach seiner Ankunft im US-Bundesstaat Geor-gia brachte er sein erstes Gesangbuch heraus, das auch einige eigene Übersetzungen von deutschen Liedern enthielt. Dabei hatte er die Übersetzungen metrisch so angelegt, dass man nur sechs Melodien beherrschen musste, um alle Lieder singen zu können. Wesley woll-te die Menschen zum Singen bringen, deswegen hat er es ihnen leicht gemacht.

Welchen Stellenwert hat das Lied heute im deutschen Methodismus?hartMUt handt: Musik spielt nach wie vor eine wich-tige Rolle. Es gibt in jeder Jährlichen Konferenz Beauf-tragte und Arbeitskreise für Kirchenmusik. Die meis-ten Gemeindechöre sind Mitglieder im Christlichen Sängerbund (CS), im CS gehören der erste und zweite Vorsitzende, der Kantor, der Geschäftsführer/Verlags-leiter zur EmK. Entsprechendes gilt auch im Bund christlicher Posaunenchöre Deutschlands. Den hohen Stellenwert des Liedes in der EmK zeigt unser aktuelles Gesangbuch: Es ist in unseren Gemeinden sehr positiv aufgenommen worden, und ich hoffe, dass es das le-bendige Singen gefördert hat. Dazu kommt: Es gilt bei Gesangbuchkundlern aus verschiedenen Kirchen als das beste, das derzeit im deutschsprachigen Bereich im Gebrauch ist – vor allem wegen des breiten stilistischen und aktuellen Spektrums und der Qualität seiner Tex-te, Melodien und Sätze.

Was ist der methodistische Beitrag zum zeitgenössischen Kirchenlied?hartMUt handt: Wir können vor allem den interna-tionalen Blick und die internationale Praxis einbringen – sowohl methodistisch als auch darüber hinaus. Un-ser Gesangbuch hat viel mehr internationale Lieder als alle anderen deutschsprachigen Gesangbücher. Das liegt nicht nur an dem »globalen Dorf«, in dem wir leben, sondern daran, dass wir als Methodistinnen und Methodisten ständig Kontakte in alle Welt haben und sie auch leben. Viele nach 2002 erschienene Lieder- und Gesangbücher nehmen davon inzwischen etwas auf. Das ist neu: Es gab zwar schon immer einen Trans-port von Liedern aus anderen Gesangbüchern in unse-re; der umgekehrte Weg ist aber ebenso neu wie die Tatsache, dass sich die deutschsprachige Gesangbuch-kunde auf Tagungen und Seminaren mit methodisti-scher Hymnologie beschäftigt.

interview :::

Hartmut Handt (Hg.): »... im Lied geboren.« Beiträge zur Hymnologie im deutschsprachigen Methodismus. EmK-Geschichte Monografien Bd. 54, Medienwerk der EmK, Frankfurt am Main 2010, 26,50 Euro. ISBN: 978-3-940463-01-2

16unterwegsinfoUnter dem Motto »Gott baut ein Haus, das lebt« feierte die Gemein-de Carlsfeld am 31. Oktober ihr 85-jähriges Kirchbaujubiläum.

Doch schon vor dem Bau der Kirche gab es in Carlsfeld eine

methodistische Gemeinde. Leider liegen die Anfänge der Gemeinde im Dunkeln. Es gibt keine Jahres-zahl und kein Datum der Gemein-degründung. Es wird vermutet, dass die Anfänge etwa auf das Jahr 1910 zurückgehen.

Die Gemeinde traf sich zu ihren Gottesdiensten in den Wohnungen der Geschwister. Bald aber reichte der Platz nicht mehr aus, sodass der Wunsch nach einem Kirchbau immer dringender wurde.

Im Spätherbst des Jahres 1925 wurde die Kirche eingeweiht und die Gemeinde hatte ein neues Zu-hause gefunden. Im Rückblick wurde deutlich, welch großer Se-gen von der Gemeinde ausging.

1992 begann die Arbeit mit deutschstämmigen Aussiedlern, die bis 2007 getan wurde. Viele von ihnen kamen regelmäßig zu den Gottesdiensten, einige wurden auch getauft.

Es wurde eine Kleiderkammer im Aussiedlerheim in Carlsfeld ein-gerichtet. Dort halfen Geschwister des Gemeindebezirks mit. Jeden Montag gab es eine Stunde der Be-gegnung.

Im Festgottesdienst erinnerten wir uns an Gottes Treue zu seiner Gemeinde. Gott hat seinen Sohn Jesus Christus zum Eckstein einer Gemeinschaft gemacht, die zuerst nach Gottes Willen fragt und bereit

ist, verantwortlich vor Gott und den Menschen zu leben. Dann wird sie in aller Verschiedenheit, in aller Vielfalt ihrer Lebendigkeit vereint sein – nämlich in einem gemeinsa-men Ziel: ein Tempel Gottes zu werden, so wie Gott selbst ihn will – ein Haus des Friedens, des Lebens und der Freiheit, mit Jesus Christus als Eckstein und mit uns als vielen verschiedenen, einzigartigen und lebendigen Steinen. Klaus Leibe

Carlsfeld: Kirche feiert 85. Geburtstag

kurz &bündigZUM abSchlUSS der »Molly-

aKtion der Süddeutschen Jährlichen Konferenz« gab es neben dem ansehnlichen Ergeb-nis von rund 27.000 Euro auch drei glückliche Gewinner. Die Gewinnerin des 2. Preises, Friedhilde Ebler, hat ihren Preis jetzt eingelöst. Sie schrieb uns: »Ein schönes Wochenende in Norddeutschland erlebte ich mit meinem Mann. Die Ostsee-küste Mecklenburg-Vorpom-merns war uns bis dahin völlig

unbekannt. Daher wählten wir Graal- Müritz, einen Ort in der Nähe von Rostock, für den kurzen Aufenthalt. Es war ein einzigartiges Erlebnis. Gerne werden wir uns an diese Tage erinnern. Dem Spender danken wir ganz herzlich für das groß-artige Geschenk!« Die »Molly-Aktion« läuft zum Jahresende aus. Christine Flick

www.5000x1000.de

Von der KinderMUSiKWoche in Friedrichroda im Haus der Stille berichtet der zehnjährige Vincent Mauersberger aus

Tabarz: »Wir waren 15 Mädchen und sechs Jungen. Das Thema der Woche lautete: Jesus spricht: ›Ich bin …‹. Bis zum Mittagessen probten wir jeden Tag mit Uwe Nürnberger für unseren Auftritt am Sonntag in der EmK-Christus-kirche in Friedrichroda. Wir san-gen verschiedene Lieder und un-ser großes Projekt war das Einstu-dieren der Kinderkantate Barti-mäus. Nachmittags hatten wir Freizeit mit verschiedenen Unter-nehmungen. Der Auftritt im Gottes dienst hat uns, unseren Eltern, Großeltern, Geschwistern und allen anderen sehr gefallen.«

Die Kirche in Carlsfeld ist 85 Jahre alt geworden. Foto: prIvat

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Rund 30 junge Menschen waren Ende Oktober nach Braunfels ge-kommen, um sich über den haupt-amtlichen Dienst in der EmK zu informieren. »Gottes Berufung entdecken – und leben« war das Motto der »exploration«. Uwe Onnen hat Teilnehmern und Mit-arbeitern drei Fragen gestellt.

g Warum bist du hergekommen?h Wie hast du das Wochenende

erlebt?j Was bedeutet es für dich,

in der EmK zu arbeiten?

Pastorin heidrun hertigg Ich war bei der Explo 2008 als Mitarbeiterin dabei. Schon da fand ich die Begegnung mit Menschen, die auf der Suche nach ihrer Beru-fung und ihrem Platz im Leben sind, sehr wertvoll. Es hat mir auch diesmal wieder viel Freude ge-macht, mit ihnen gemeinsam zu fragen und zu beten, ihnen von meiner Geschichte mit Gott zu er-zählen und gemeinsam ein Stück des Weges zu gehen.h Das Wochenende war reichlich gefüllt mit vielen Gesprächen und Begegnungen, Herausforderndem und toller Musik. Ich fand es span-nend und sehr schön zu erleben, wie viele junge und auch schon ein wenig ältere Leute doch darum ringen, den Ruf zu entdecken, den Gott für sie bereithält, und den Le-bensweg zu gehen, der ihnen Sinn-erfüllung schenkt. Also unterm Strich: sehr ermutigend. j Nach so einem Wochenende: sehr viel!

teilnehmerin Sinaa bleig Ich hatte gehofft, eine Möglich-keit für einen Beruf zu finden, he-rauszufinden, was es alles für Be-rufsmöglichkeiten gibt.h Sehr interessant, und es hat mir viel weitergeholfen. Ich hatte hohe

Erwartungen, die sogar noch übertroffen wurden. j Das wäre klasse!

teilnehmer Jan Sören reil g Ich suche nach einer Alternative zum Pastorenamt in der EmK.h Meine Erwartungen wurden nicht in dem Sinne erfüllt, wie ich es gehofft habe. Ich habe aber Klar-heit über den momentanen Lebens-weg bekommen. Der nächste Schritt steht fest.j Ein Traum würde in Erfüllung gehen.

Student (thr) daniel Schopf g Die Explo liegt mir sehr am Herzen. Sie ist eine gute Plattform für alle Interessierten, miteinander ins Gespräch zu kommen. Die Teil-nehmer haben alle dieselbe Frage: Was hat Gott mit mir vor?«h Sehr vielseitig, nachdenklich aber mit viel Witz und Charme. Es gab viel Zeit, über ernsthafte Fra-gen nachzudenken; und über allem stand viel Freude.j Der Weg in der EmK ist offen, es gibt viele Möglichkeiten, was auch eine Herausforderung ist. Es gibt viele Möglichkeiten, meine Gaben einzubringen.

»Dienst in der EmK: klasse!«

teilnehmerin Stefanie Parlar g Durch ein persönliches Ge-spräch mit Uwe Onnen, in dem es um die Frage ging, welche Mög-lichkeiten ich nach dem Theologi-schen Grundkurs habe, weiterzu-machen. h Das Wochenende war sehr inspi-rierend. Es gab viele Möglichkeiten, sich auszutauschen und Fragen zu stellen. Besonders gefallen hat mir – neben den Workshops – die Arbeit in den Kleingruppen. Es gibt noch viele Fragen. Aber ich für mich per-sönlich durfte an diesem Wochen-ende wieder erfahren, dass ich »auf dem Weg« bin und Fragen und Zweifel dazugehören, wenn es da-rum geht, Gottes Berufung leben zu wollen. Es ist gut, seine Nähe immer wieder neu zu spüren und zu wis-sen, dass er mitgeht.j Dazu habe ich mir bisher noch keine wesentlichen Gedanken ge-macht. Ich befinde mich in der Phase der Orientierung. Mit An-fang  40 ist es für mich zunächst einmal ein großes Geschenk, mich hinsichtlich meiner Berufung noch einmal neu ausrichten zu dürfen. Wohin die Reise geht, wird Gott mir zeigen. Ich weiß, dass ich mich darauf verlassen kann und darf!

Fragen und zweifel mit anderen teil-nehmern disku-tieren – auch das gehört zur »exploration«.

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Wer sind wir? Die EmK in unserem 500-Seelen-Dorf Brombach ist »konkurrenz-los«, wobei sich unsere Gemeinde bis Frankfurt verteilt. Kaum 30 Kilometer von Frankfurt entfernt, befinden wir uns mitten im Hoch-taunus. Mit den landeskirchlichen und katholischen Geschwistern aus den Nachbarorten verbinden uns seit Jahrzehnten gute ökumenische Beziehungen.

Wo kommen wir her? Mit mehreren Hauskreisen im 20 Kilometer entfernten Friedrichs-dorf hat es 1851 angefangen. Unter

den hier im 17. Jahr-hundert angesie-

delten Hugenot-ten setzte sich eine Erweckung

der 1820-er Jahre mit Hilfe der ersten Methodistenprediger »hü-gelaufwärts« fort. 1862 nahmen einige Brombacher an »methodis-tischen Versammlungen« in Wehr-heim teil. Wenig später gab es diese auch in der Brombacher Mühle. 1894 begann Brombach mit dem Bau einer Kapelle. 1960 wurde der Bezirk von Friedrichsdorf unab-hängig sowie die Kapelle 1965 und 1994 zu einem attraktiven Ge-meindezentrum erweitert.

Was ist um uns herum los? Anspruchsvolle Ausbildungen ha-ben die Jugendlichen immer schon zum Verlassen der Region gezwun-gen. So fehlen in Brombach vor al-lem junge Erwachsene! Starke be-rufliche Beanspruchung ist überall zu spüren. Gemeindefusionen und das Zusammenlegen von ganzen pastoralen Räumen bestimmen derzeit das Klima in der Ökumene.

Was machen wir? Trotz der genannten Belastungen blühen in Brombach vor allem die Jungschar- und Jugendarbeit (25 bis 50 Kinder, 15 bis 25 Jugendliche), weil das Engagement der Leitenden und die Möglichkeiten des Gemein-dezentrums sich herumgesprochen

Gemeinde im zeichen der »Brombeere«Mehr als 260 Bezirke gibt es in der Evangelisch-methodisti-schen Kirche in Deutschland. alle haben ihre eigene prägung. um diese vielfalt zu zeigen, stellen sich in »unterwegs« regelmäßig EmK-Bezirke vor. In dieser ausgabe geht es nach Brombach.

haben. Mehr als 95 Prozent davon sind nicht aus der EmK, auch die Leitungsteams rekrutieren sich über-wiegend aus der Ökumene! Seit mehreren Jahren wird die Musik von Gemischtem Chor und Männerchor vom Lobpreis- und Musikteam be-reichert. Von der gesunden Luft im Hochtaunus profitieren jährlich 10 bis 12 Kinder aus Tschernobyl, die zu Gast bei uns sind.

Warum machen wir das alles? Mit dem Bild vor Augen »ein Schiff, das sich Gemeinde nennt« zu sein, helfen uns beim Navigieren folgende Sätze: Weil Gott uns liebt und Leben schenkt, setzen wir uns zum Ziel: einzuladen zu dieser Lie-be Gottes, Gottesdienste zu feiern, die Orientierung zu geben, mitei-nander im Glauben zu wachsen, für Menschen da zu sein, die unse-ren Einsatz brauchen. Dass es da-bei auch stürmische Zeiten gibt, ist für niemanden wirklich neu. Aber unser Glaube beruht auf der Zusa-ge Gottes, dass Er unser »Steuer-mann«, unser Vater und Hirte ist!

Was haben wir in den nächsten Jahren vor? 1. Öfter noch erleben, was persön-liche Lektüre, Kleingruppenarbeit und Gottesdienst in Verbindung bewirken können. 2. Gästegottes-dienste gestalten, die nicht nur Gästen »Fundamente« vermitteln. 3. Unseren Jugendlichen Begeg-nung mit Christus und untereinan-der in der Region ermöglichen.

Ralf Gründler

nzum Bezirk gehören 158 Mitglieder sowie 140 angehörige, zugehörige und Freunde.

n Brombach ist ein ortsteil der Gemeinde Schmitten und liegt etwa 30 Kilometer nordwestlich von Frankfurt am Main im Natur-park Hochtaunus.n Gottesdienst: Sonntag, 10 uhr, Merzhausener Straße 5, Schmitten-Brombach.n Kontakt: telefon 06084 3348, E-Mail: [email protected]

beZirK broMbach

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»Mit Scheitern leben lernen« ist viel-leicht die schwierigste Lektion, die im Lebenszentrum Ebhausen zu lernen ist. Zur Vergangenheit Ja-Sagen kön-nen, die Gegenwart aushalten und für die Zukunft Hoffnung bekommen. So könnte das tägliche Mühen unserer therapeutischen Arbeit umschrieben werden. Oft ist es für unsere Bewohner ein langer und auch mühsamer Weg, sich diesem Prozess zu stellen.

Dr. Reiner Knieling beschreibt in seinem Buch: »Mit Scheitern leben lernen« konkrete Schritte, die dazu beitragen, mit der komplexen Erfah-rung eigenen Scheiterns konstruktiv umzugehen.

1 Sich dem Scheitern stellenDas bedeutet zunächst: Zulassen,

wahrnehmen, genau anschauen, rea-lisieren, was passiert ist. Dazu braucht

es viel Mut! Es kann ziemlich weh tun, sich eingestehen zu müssen: Es gelingt nicht, was ich mir so sehr wünsche und vorgenom-men habe. Sich eigenem Scheitern stellen bedeutet: Un-angenehme Gefühle können hoch-kommen und mancher Schmerz ist nochmals zu durchleben.

2 Gefühle zulassen – Inneres aussprechen

Zum Scheitern gehören Schmerz und Ohnmacht, Hilflosigkeit und Unsicher-heit, Trauer und Traurigkeit, Ärger und Wut, Scham und Angst. Zerbrechen tut weh und die eigene Ohnmacht dabei ist schwer auszuhalten. Hilfreich ist es, einen Menschen zu finden, der zu-hört, Schmerzen und Tränen teilt und auf billigen Trost verzichtet.

3 Bewertungen überprüfen

Scheitern hat viel mit per-sönlichen Bewertungen und

unseren eigenen Maßstä-ben zu tun. Ob wir etwas als

gelungen oder als gescheitert be-trachten, hängt von den Maßstäben ab, an denen wir etwas messen. Woran scheitere ich?

• An meinen eigenen Idealen und Ziel-vorstellungen?

• An den Werten und Normen unserer Gesellschaft?

Das Leben, der Glaube, die Hoffnung, die Liebe und die Barmherzigkeit sich selbst und anderen gegenüber, die aus dem Scheitern erwachsen, sind trag-fähig und widerstandsfähig, weil sie sich in den dunklen Seiten des Lebens bewährt oder neu entzündet haben.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Freunde!

Mit Scheitern leben lernen, Krisen bewältigen, nehmen wir ein Thema auf, das uns in der täglichen Arbeit im Lebenszentrum beschäftigt. Die Biographien unserer Bewohner sind vielfach gezeichnet von Lebensbrü­chen, Verletzungen, Ab­

brüchen und Rückfällen. Scheitern, Krisen, Rückfälle sind im LZE keine Seltenheit, auch wenn sie manchmal geleugnet, verschwiegen, gedeckt, bagatellisiert oder als Katastrophe an­gesehen werden. Wer selbst suchtkrank ist oder mit suchtkranken Menschen arbeitet und ihnen helfen will, der er­lebt einen Rückfall häufig als Scheitern oder Vertrauensverlust. Oft verbirgt sich auch ein Hilfeschrei dahinter.

Früher wur­den unsere Bewohner (auch in den Fachkliniken) nach einem Rückfall entlas­sen. Seit vielen Jahren praktizieren wir einen anderen Umgang mit Rückfälli­gen. Bei klarer Motivation versuchen wir mit rückfälligen Bewohnern inten­siv an ihrer Problematik zu arbeiten und haben dazu ein extra Rückfallpro­gramm erarbeitet. Dennoch belastet und lähmt jeder Rückfall die Gruppe sowie die Mitarbeiter und wir müssen bei Gewaltanwendung, starker Aggres­sivität oder fehlender Motivation Ein­zelne doch entlassen. Ein »Rückfall muss keine Katastrophe sein«. Eine ehrliche und offensive Auseinander­setzung kann zu einer ermutigenden Perspektive führen. Ein Scheitern sollte über die erste Betroffenheit hinaus als

Chance zum Neuanfangen

gesehen werden:• nicht weglaufen

vor der Krise, • sie als Hilfe zu neuen Veränderungs­

prozessen sehen,• aushalten von Spannungen und

Konflikten,• wachsen und an Reife und Stärke

gewinnen.Für uns Mitarbeiter ist es wichtig, unsere Grenzen zu sehen, Mut zu machen und Perspektiven aufzuzeigen. Zu wissen, dass Gott unsere Arbeit begleitet, befreit uns dazu, loszulassen und hilft uns, gelassen und besonnen zu reagieren. Mit herzlichen Grüßen

Pastor Kurt Wegenast

Mit Scheitern leben lernen

L E B E N S Z E N T R U M E B H A U S E N 19

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StudienbeginnMit dem Beginn meines FSJs im Lebenszentrum begann

für mich auch ein neuer Weg in meinem Leben. Wohin mich dieser Weg führen sollte, konnte und wollte ich damals noch nicht wissen. Im Laufe des Jahres reifte bei mir der Entschluss, dass ich mit Menschen, die ein

Suchtproblem haben, arbeiten möchte, ihnen helfen möchte, ihr Leben wieder leben zu können. Jetzt habe ich

mich wieder auf den Weg gemacht und absolviere mein Studium der Sozialen Arbeit an der Dualen Hochschule in Villingen-Schwenningen sowie meine Praxisphasen im Lebenszentrum, um meinem Ziel ein Stück näherzukommen. Florian Mißler

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4 Biblische Texte (Psalmen) zu Hilfe nehmen

»Gott hilf mir! Denn das Wasser geht mir bis an die Kehle.« So fl eht David in Psalm 69,1.»Meine Ruhe werde ich nur fi nden, wenn ich mich hinabwage in meine Schattenseiten. Du Gott wirst mich be-gleiten, auf dich setze ich mein Ver-trauen« (Gebet nach Psalm 55, Du hast mir Raum geschaffen, P. Stutz).

5 Vergebung wagenWo es um persönlich zu verantwor-

tende Schuld geht, ist die angemesse-ne Form damit umzugehen: Eigene Schuld einzugestehen und betroffene Menschen und Gott um Vergebung zu bitten oder anderen Vergebung zu gewähren. Loslassen und Weggeben hieße dann: Ich lasse meine Vorwürfe anderen gegenüber los.

6 Auf den vertrauen, der Menschen liebt, wie sie sind – nicht wie sie

sein sollten.Jesus als Menschenfreund kennen zu lernen, ist uns im LZE ein wichtiges Anliegen.

Darauf verzichten können, mich vor mir selbst oder vor anderen zu recht-fertigen, entfacht eine beglückende Dimension des Lebens. So erleichtert Gottes unwiderrufl iches Ja zu den Menschen auch das anzuschauen, was besonders unangenehm ist.

 7 Gegebenheiten ertragen lernennach dem Motto von F. C. Oetinger:

»Gott gebe mir die Gelassenheit, Din-ge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.«

8 Im Nicht-Perfekt-Sein-Müssen gemeinschaftsfähig werden.

Es besteht ein Zusammenhang zwi-schen dem Realisieren und Annehmen eigenen Scheiterns und der Offenheit für andere Menschen, für ihre Schmer-zen und ihr Ergehen. Menschen erzäh-len im Rückblick: »Durch mein Schei-tern und die Auseinandersetzung da-mit, bin ich barmherziger geworden.« Oder: »Ich habe angefangen, nachzu-fragen statt den Kopf zu schütteln.« Wenn Menschen ihr Scheitern realisie-ren und sich damit auseinander setzen (statt es zu verdrängen oder zu kulti-vieren), werden sie in der Regel barmherzig(er) und damit gemein-schaftsfähig(er), weil Verstehen, auch für die dunklen Seiten und Zeiten im Leben wächst.

Menschen können in christlicher Ge-meinschaft die Erfahrung machen: Hier darf ich sein (und andere auch!) mit meinen Fehlern und meinen Ma-cken. Ich kann es wagen, zu mir und zu meinem Versagen und Scheitern zu stehen.Gerhard Vogelgsang, Mitarbeiter im LZE

Dieser Artikel bezieht sich auf das Buch: »Mit Scheitern leben lernen« von Reiner Knieling, Dr. theol., Dozent an der Evangelisten-schule Johanneum in Wuppertal.

 Krise bedeutet aus dem griechi-schen übersetzt (Ent-)Schei-dung, Beurteilung oder auch

Wendepunkt. Im Lebenszentrum er-leben wir häufi g, dass durch Krisen ein Wendepunkt eingeleitet wird. Gerade bei Rückfällen, wenn erneut Alkohol oder Drogen konsumiert wurden, stehen unsere Bewohner so-wie die Mitarbeiter des LZE vor einem Wendepunkt. Ein individueller Um-gang mit Rückfällen ist uns wichtig, um eine für den Be-troffenen sowie die Mitbe-wohner adäquate Lösung zu erarbeiten. Innerhalb der Krisenintervention be-trachten wir die auslösende Situation, die zu Rückfallge-danken bzw. einem Verlangen nach dem Suchtmittel geführt hat. Neben dem Hergang des Rückfalls werden auch der Abstinenzwunsch und die Ziele des Klienten erfragt. Mit dem Wissen, dass Rückfälle zur Sucht da-zugehören und auch Chancen sein können, bedeutet ein solcher nicht unmittelbar den »Rausschmiss« aus der Einrichtung. Dennoch ist uns ei-ne ernsthafte Auseinandersetzung

mit dem rückfälligen Verhalten wich-tig, so dass der Bewohner einen Ver-weis mit gezielten Aufl agen erhält und sich während einer erneuten Probezeit intensiv in Einzel- und Gruppentherapie mit seiner Absti-nenzmotivation und entsprechen-den Schutzmaßnahmen auseinan-dersetzt. Ist der Betroffene hierzu nicht bereit, wird die Therapie und

somit der Aufenthalt im LZE been-det. Immer wieder erleben wir,

dass Bewohner nach einem Rückfall über eine realere Selbstwahrnehmung und Einschätzung ihrer indivi-duellen Risikosituationen

verfügen und ihr Umfeld mit möglichen Gefährdungen sen-

sibilisierter wahrnehmen. Auch Leichtsinn und Selbstüberschätzung werden bewusster empfunden und können zu einer Verhaltensänderung führen.

»Krisis als Entscheidungsschritt vom Alten zum Neuen ist typisch menschliche Form des Wachstums, ist also nicht Katastrophe, sondern Aufgabe« (Zitat Margret Wanner).

Sarah Mohrlok, Mitarbeiterin im LZE

Ausfl ug zum»Karlsruher Grat«

1921Lebenszentrum Ebhausen :::

Nachfolge geregeltPastor Herbert Link zum Leiter des Lebenszentrum Ebhausen gewählt.

Die Mitgliederversammlung des Vereins Lebenszentrum Ebhausen e. V. hat im Frühjahr diesen Jahres Pastor Herbert Link zum neuen Leiter des Lebenszentrum ab 2012 / 2013 gewählt. Bischöfi n Rosemarie Wenner und das Kabinett der Süddeutschen Jährlichen Konferenz haben der Wahl zugestimmt.

Zur Zeit ist Herbert Link noch Pastor im Gemeindebezirk Schönaich (Kreis Böblingen). Neben seiner Tätigkeit in der Gemeinde hat er bereits mit der Einarbeitung im Lebenszentrum be-gonnen. Nach dem jetzigen Stand der Planung wird er ab Herbst 2012 eine vollzeitliche Dienstzuweisung für das LZE erhalten. Zu seiner Vorberei-tungsphase gehört wesentlich die Weiterbildung zum Sozialtherapeut / Sucht, die drei Jahre dauern wird.

Vorstand und Mitgliederversammlung sind zuversichtlich, dass mit dieser Entscheidung in den nächsten Jahren ein guter Übergang in der Leitung des Lebenszentrum hier in Ebhausen möglich sein wird.

Junge Männer für FSJ und Zivi gesuchtSeit September absolvieren Marvin Dreger und Jan Reil (v. links) ihr Freiwilliges Sozia-les Jahr (FSJ) im LZE. Alexander Gogolin (rechts) hat seinen Zivildienst im November beendet. Um ein adäquates Freizeitangebot sowie das tägliche Arbeitstraining innerhalb des Therapieplans für unsere Bewohner an-bieten zu können, ist das LZE auf Diakoni-sche Helfer, Zivis bzw. Bundesfreiwilligen-dienstleistende angewiesen. Bewerbungen für das Jahr 2011 / 2012 nehmen wir gern entgegen.

Chance

Krise

18

StudienbeginnMit dem Beginn meines FSJs im Lebenszentrum begann

für mich auch ein neuer Weg in meinem Leben. Wohin mich dieser Weg führen sollte, konnte und wollte ich damals noch nicht wissen. Im Laufe des Jahres reifte bei mir der Entschluss, dass ich mit Menschen, die ein

Suchtproblem haben, arbeiten möchte, ihnen helfen möchte, ihr Leben wieder leben zu können. Jetzt habe ich

mich wieder auf den Weg gemacht und absolviere mein Studium der Sozialen Arbeit an der Dualen Hochschule in Villingen-Schwenningen sowie meine Praxisphasen im Lebenszentrum, um meinem Ziel ein Stück näherzukommen. Florian Mißler

20 ::: Lebenszentrum Ebhausen

4 Biblische Texte (Psalmen) zu Hilfe nehmen

»Gott hilf mir! Denn das Wasser geht mir bis an die Kehle.« So fl eht David in Psalm 69,1.»Meine Ruhe werde ich nur fi nden, wenn ich mich hinabwage in meine Schattenseiten. Du Gott wirst mich be-gleiten, auf dich setze ich mein Ver-trauen« (Gebet nach Psalm 55, Du hast mir Raum geschaffen, P. Stutz).

5 Vergebung wagenWo es um persönlich zu verantwor-

tende Schuld geht, ist die angemesse-ne Form damit umzugehen: Eigene Schuld einzugestehen und betroffene Menschen und Gott um Vergebung zu bitten oder anderen Vergebung zu gewähren. Loslassen und Weggeben hieße dann: Ich lasse meine Vorwürfe anderen gegenüber los.

6 Auf den vertrauen, der Menschen liebt, wie sie sind – nicht wie sie

sein sollten.Jesus als Menschenfreund kennen zu lernen, ist uns im LZE ein wichtiges Anliegen.

Darauf verzichten können, mich vor mir selbst oder vor anderen zu recht-fertigen, entfacht eine beglückende Dimension des Lebens. So erleichtert Gottes unwiderrufl iches Ja zu den Menschen auch das anzuschauen, was besonders unangenehm ist.

 7 Gegebenheiten ertragen lernennach dem Motto von F. C. Oetinger:

»Gott gebe mir die Gelassenheit, Din-ge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.«

8 Im Nicht-Perfekt-Sein-Müssen gemeinschaftsfähig werden.

Es besteht ein Zusammenhang zwi-schen dem Realisieren und Annehmen eigenen Scheiterns und der Offenheit für andere Menschen, für ihre Schmer-zen und ihr Ergehen. Menschen erzäh-len im Rückblick: »Durch mein Schei-tern und die Auseinandersetzung da-mit, bin ich barmherziger geworden.« Oder: »Ich habe angefangen, nachzu-fragen statt den Kopf zu schütteln.« Wenn Menschen ihr Scheitern realisie-ren und sich damit auseinander setzen (statt es zu verdrängen oder zu kulti-vieren), werden sie in der Regel barmherzig(er) und damit gemein-schaftsfähig(er), weil Verstehen, auch für die dunklen Seiten und Zeiten im Leben wächst.

Menschen können in christlicher Ge-meinschaft die Erfahrung machen: Hier darf ich sein (und andere auch!) mit meinen Fehlern und meinen Ma-cken. Ich kann es wagen, zu mir und zu meinem Versagen und Scheitern zu stehen.Gerhard Vogelgsang, Mitarbeiter im LZE

Dieser Artikel bezieht sich auf das Buch: »Mit Scheitern leben lernen« von Reiner Knieling, Dr. theol., Dozent an der Evangelisten-schule Johanneum in Wuppertal.

 Krise bedeutet aus dem griechi-schen übersetzt (Ent-)Schei-dung, Beurteilung oder auch

Wendepunkt. Im Lebenszentrum er-leben wir häufi g, dass durch Krisen ein Wendepunkt eingeleitet wird. Gerade bei Rückfällen, wenn erneut Alkohol oder Drogen konsumiert wurden, stehen unsere Bewohner so-wie die Mitarbeiter des LZE vor einem Wendepunkt. Ein individueller Um-gang mit Rückfällen ist uns wichtig, um eine für den Be-troffenen sowie die Mitbe-wohner adäquate Lösung zu erarbeiten. Innerhalb der Krisenintervention be-trachten wir die auslösende Situation, die zu Rückfallge-danken bzw. einem Verlangen nach dem Suchtmittel geführt hat. Neben dem Hergang des Rückfalls werden auch der Abstinenzwunsch und die Ziele des Klienten erfragt. Mit dem Wissen, dass Rückfälle zur Sucht da-zugehören und auch Chancen sein können, bedeutet ein solcher nicht unmittelbar den »Rausschmiss« aus der Einrichtung. Dennoch ist uns ei-ne ernsthafte Auseinandersetzung

mit dem rückfälligen Verhalten wich-tig, so dass der Bewohner einen Ver-weis mit gezielten Aufl agen erhält und sich während einer erneuten Probezeit intensiv in Einzel- und Gruppentherapie mit seiner Absti-nenzmotivation und entsprechen-den Schutzmaßnahmen auseinan-dersetzt. Ist der Betroffene hierzu nicht bereit, wird die Therapie und

somit der Aufenthalt im LZE been-det. Immer wieder erleben wir,

dass Bewohner nach einem Rückfall über eine realere Selbstwahrnehmung und Einschätzung ihrer indivi-duellen Risikosituationen

verfügen und ihr Umfeld mit möglichen Gefährdungen sen-

sibilisierter wahrnehmen. Auch Leichtsinn und Selbstüberschätzung werden bewusster empfunden und können zu einer Verhaltensänderung führen.

»Krisis als Entscheidungsschritt vom Alten zum Neuen ist typisch menschliche Form des Wachstums, ist also nicht Katastrophe, sondern Aufgabe« (Zitat Margret Wanner).

Sarah Mohrlok, Mitarbeiterin im LZE

Ausfl ug zum»Karlsruher Grat«

1921Lebenszentrum Ebhausen :::

Nachfolge geregeltPastor Herbert Link zum Leiter des Lebenszentrum Ebhausen gewählt.

Die Mitgliederversammlung des Vereins Lebenszentrum Ebhausen e. V. hat im Frühjahr diesen Jahres Pastor Herbert Link zum neuen Leiter des Lebenszentrum ab 2012 / 2013 gewählt. Bischöfi n Rosemarie Wenner und das Kabinett der Süddeutschen Jährlichen Konferenz haben der Wahl zugestimmt.

Zur Zeit ist Herbert Link noch Pastor im Gemeindebezirk Schönaich (Kreis Böblingen). Neben seiner Tätigkeit in der Gemeinde hat er bereits mit der Einarbeitung im Lebenszentrum be-gonnen. Nach dem jetzigen Stand der Planung wird er ab Herbst 2012 eine vollzeitliche Dienstzuweisung für das LZE erhalten. Zu seiner Vorberei-tungsphase gehört wesentlich die Weiterbildung zum Sozialtherapeut / Sucht, die drei Jahre dauern wird.

Vorstand und Mitgliederversammlung sind zuversichtlich, dass mit dieser Entscheidung in den nächsten Jahren ein guter Übergang in der Leitung des Lebenszentrum hier in Ebhausen möglich sein wird.

Junge Männer für FSJ und Zivi gesuchtSeit September absolvieren Marvin Dreger und Jan Reil (v. links) ihr Freiwilliges Sozia-les Jahr (FSJ) im LZE. Alexander Gogolin (rechts) hat seinen Zivildienst im November beendet. Um ein adäquates Freizeitangebot sowie das tägliche Arbeitstraining innerhalb des Therapieplans für unsere Bewohner an-bieten zu können, ist das LZE auf Diakoni-sche Helfer, Zivis bzw. Bundesfreiwilligen-dienstleistende angewiesen. Bewerbungen für das Jahr 2011 / 2012 nehmen wir gern entgegen.

Chance

Krise

202022 ::: Lebenszentrum Ebhausen

IMPRESSUM FÜR DIESE EINHEFTUNGHerausgeber: Lebenszentrum Ebhausen e.V. • Verantwortlich: Pastor Kurt Wegenast • Anschrift: Carl-Schickhardt-Straße 27, 72224 Ebhausen, Telefon (0 74 58) 99 92-0 Fax (0 74 58) 99 92-22, E-Mail: [email protected] • Internet: www.emk.de/lebenszentrumSpendenkonto: Evangelische Kreditgenossenschaft Kassel (BLZ 520 604 10), Konto-Nr. 100 417 092 • Fotos: Lebenszentrum Ebhausen e.V.

Hallo,das ist das letzte Mal, dass du von mir hörst. Ich konnte viel zu lang nicht

ohne dich leben, jetzt will ich nicht mehr mit dir leben. Du hast den Platz in

meinem Leben verloren. Ich fange ganz neu an und das ganz sicher ohne

dich! Der Abschied von dir ist der wichtigste meines Lebens und fällt mir

trotzdem nicht leicht. Deine süßen Versprechungen haben mich zu sehr

gelockt und vieles um mich herum an Bedeutung verlieren lassen und bald

nach unserem Kennenlernen habe ich mich selbst verloren.

Anfangs habe ich dir noch alles geglaubt, dass du für mich da bist, wenn

mir die Kraft ausgeht. Dass du mir Halt gibst gegen den Rest der Welt.

Dass du mir hilfst, wenn ich glaube, es geht nicht mehr weiter und so habe

ich dir kritiklos Macht über mein Leben gegeben, was mich fast umgebracht

hätte. Aber ich würde mich selbst belügen, wenn ich heute behaupte, es

wäre nicht schön mit dir gewesen. Nein, es war richtig toll mit dir. Gerade

die guten Zeiten mit dir werde ich nie bis an mein Lebensende vergessen.

Ich hatte es genossen, wenn du mit all deiner Wärme durch meinen Kör-

per geschossen bist. Ich habe mich anfänglich richtig gut gefühlt und alles

ohne fremde Hilfe bewältigen können. All der Stress im Alltag war kein

Problem mehr. Es gab keine Situation, der ich mit deiner Hilfe nicht

gewachsen wäre. Du hast mir die Angst vor meinen Problemen genommen.

Heute kann ich dich nicht mehr lieben. Ich HASSE dich so sehr, für alles,

was du mir angetan hast. Denn die Furchtlosigkeit und das starke

Selbstbewusstsein waren nur Schein und nicht von langer Dauer.

Ich habe viel zu spät bemerkt, wie süchtig ich nach dir bin. Als es mir be-

wusst wurde, konnte ich schon nicht mehr ohne dich leben. Mein ganzes All-

tagsleben war von dir abhängig. Nichts konnte ich mehr ohne dich machen.

Jeder Versuch von dir loszukommen war von kurzer Dauer. Die Sehnsucht

nach dir trieb mich immer wieder zurück. Tag für Tag bin ich dir hinterher

gelaufen. Geben konntest du mir kaum noch etwas, dafür hatte ich mich zu

sehr an dich gewöhnt. Ich brauchte dich um weiter zu funktionieren.

Von dem anfänglich tollen Gefühl war schnell nichts mehr da. Ich hasse

dich, weil du Macht über meinen Willen hattest und weil du meinen Körper

radikal zerstören wolltest. Heute, durch die räumliche Trennung von dir,

kann ich mit klarem Kopf über dich nachdenken und wenn auch das

Schöne in meinem Kopf eingebrannt ist, all das Schlechte bleibt auch

unvergessen.

Ich werde dich nicht mehr suchen, denn ich will endlich wieder frei sein!

D.H.

Seit Juni 2010 bin ich, Winfried Schwab, im Jakob-Albrecht-Haus in Pfullingen vier Tage pro Woche tätig.

Schwerpunkte sind hier die Be-treuung einzelner Bewoh-

ner sowie Freizeit- und Beschäftigungsange-bote. Einen weiteren Tag arbeite ich im Le-

benszentrum in Ebhau-sen und betreue auch hier

Bewohner im Ambulant Betreuten Wohnen. Aufgewachsen bin ich in Überberg bei Altensteig und habe nach der Schule und einer Berufsausbildung in Ham-burg Sozialpädagogik studiert. Nach einigen Jahren Berufstätigkeit bin ich mit meiner Frau nach Portugal umge-siedelt, wo wir in den vergangenen 14 Jahren in der Jugendhilfe tätig waren. Wieder zurück in Überberg mit meiner Frau und drei Kindern, stellt mein neues Arbeitsfeld in der Nach-sorge für suchtkranke Menschen eine interessante Herausforderung für mich dar, der ich mich gerne mit Freude stelle.Winfried Schwab, Mitarbeiter im Jakob­Albrecht­Haus

Neuer Mitarbeiter in der Außenwohngruppe Pfullingen

Heilig Abend2010 feiern wir zum letzten Mal in der Wohnung von Familie Wegenast in Ebhausen Heiligabend. Diese gemeinsame Feier ist seit vielen Jahren ein Erlebnis für Bewohner, Ehemalige und Wegenasts. Keiner soll an diesem Abend allein sein. Mit einem leckeren Essen, Bescherung, Geschichten, Erzählungen aus früheren Zeiten, Weihnachtserleb-nissen aus Kindheit, Haft oder Suchtzeit wird diese Feier zu einem wertvollen Weihnachtsfest. Einige nehmen vorher an der Nagol-der Christvesper und dem traditionellen Ebhausener Weihnachts-feuer teil.

Diese gemeinsame Feier ist seit vielen Jahren ein Erlebnis für Bewohner, Ehemalige und Wegenasts. Keiner soll an

Herzliche EinladungAm Donnerstag, 16. Dezember um 18.30 Uhr lädt das Lebenszentrum Ebhausen e. V. Bewohner, Ehemalige sowie Vereinsmit-glieder zur jährlichen Weihnachtsfeier ein. Ein leckeres Essen sowie ein buntes Pro-gramm werden wieder für einen gemütlichen und abwechslungsreichen Abend sorgen.

Abschiedsbrief an den Alkohol

11

Eine spannende Erlebnisreise in weithin unbekanntes Gebiet…

Spiritualität und die Gabe der Evangelisationwird das Thema eines der Workshops sein. Dabei soll es unter anderem um die Erklärung verschiedener Begriffe und das Ausräumen zahlreicher Missverständnisse auf diesem Gebiet gehen. Dann soll es ganz konkret werden: »Habe ich vielleicht die Gabe der Evangelisation? Und wenn ja bzw. nein, was bedeutet das dann jeweils?«

Hier ein kurzer Aufriss des Workshops:A Reisevorbereitungen1. Paradigmenwechsel: Gabenorien-

tiertes Denken in der Gemeinde2. Systemwechsel: Gabenorientiertes

Arbeiten in der GemeindeB Reisebeginn3. Spurensuche: Was ist die Gabe der

Evangelisation?• Welche biblischen Personen z. B.

hatten sie? • Wie können wir sie beschreiben? • Was gehört dazu?4. Entdeckungsreise: Habe ich selbst

vielleicht die Gabe der Evangelisa-tion? Vorstellung zweier bekannter Gabentests:

• Die drei Farben deiner Gaben (NGE/Ch. Schwarz)

• D.I.E.N.S.T. (Willow Creek)C Reisestrecke5. Test-Stress: Ein Fragebogen

wird ausgefüllt6. Das Test-Ergebnis wird ausgewertet7. Mache ich etwas falsch? • Ignorieren der Gabe • Projektion der Gabe • Einsatz der Gabe ohne Begleitung

und Schulung8. Fehlerkorrektur: Lebendiges geist-

liches Leben vermeidet Fehler • durch die Liebe • durch die vier »G«D Reiseziel9. Reiseziel: Herausforderungen

erkennen und annehmen 10. Zielbahnhof: Anwendung in der

Praxis der Ortsgemeinde: • Folgende Schritte möchte ich

persönlich in den nächsten Tagen gehen …

• Auswertung und Schlussrunde

EVANGELISATIONS WERKder Evangelisch-methodistischen Kirche

23

… soll das »Forum E« vom 3. bis 5. Februar 2011 in Braunfels werden. Bei vielen Auswertungen der NGE-Ergebnisse (»Natürliche Gemeindeentwicklung«) landete Spiritualität, also geistliches Leben, ganz oder sehr weit unten. Das hat uns als Sekretäre im Evangelisationswerk nachdenklich gemacht, waren doch geistli-ches Leben und Evangelisation Kernstücke und Markenzeichen der methodistischen Kirche und Theologie. Das hat uns dazu bewogen, das »Forum 2011« unter dieses Thema zu stellen, denn wir stellen gleichzeitig fest, dass der Hunger nach Spiritualität auch in vielen unserer Gemeinden groß ist.

EVANGELISATIONS WERKder Evangelisch-methodistischen Kirche

::: Ökumene22 ::: Ökumene::: Ökumene:::224 ::: Evangelisationswerk

IMPRESSUM FÜR DIESE EINHEFTUNGHerausgeber: Evangelisationswerk der Evangelisch-methodistischen Kirche • Redaktion: Pastor Wilfried Bolay, Sekretär für Evangelisation Fotos: Evangelisationswerk • Geschäftsstelle: Im Brühl 28–32, 89150 Laichingen, Telefon 07333 50-61/-62, Telefax 07333 21186Spendenkonto: EmK Zeltmission, Volksbank Laichingen, BLZ 63091300, Konto 8570000 • www.evangelisationswerk.de

… Gemeinsam mit Hartmut Kraft und mir entdecken Sie »9 Wege, um Gott zu begegnen« auf eine sehr praktische Weise. Jörg Ahlbrecht lässt uns teilhaben an den Erkennt-nissen der »Reveal-Studie« (Willow Creek Deutschland): Wie werden Menschen geistlich erwachsen?…

Pastor Christhard Elle, Sekretär für Gemeindeaufbau, schreibt:

Maren Herrendörfer wird uns in der Anbetung leiten, Simone Focke konnten wir für die Bibelarbeiten gewinnen …Als Sekretäre des Evangelisationswerkes laden wir Sie ganz herzlich ein und freuen uns auf die Begegnung mit Ihnen. Wilfried Bolay, Pastor; Sekretär für Evangelisation

Jörg Ahlbrecht ist verheiratet mit Andrea und Vater von Ronja und Hanna. Er hat in Hamburg und London studiert, war elf Jahre lang Pastor einer Baptistengemeinde und hat parallel für verschiedene Rundfunksender als Autor und Sprecher gear-beitet. Seit 2004 ist er für Willow Creek Deutschland als Refe-rent tätig. Er lebt mit seiner Familie in Weimar (Lahn).

Wilfried Bolay, 60 Jahre, lebt in Laichingen. Er ist Pastor und Sekretär für Evangelisation im Evangelisationswerk.

Christhard Elle, 44 Jahre, lebt mit seiner Frau Karin und seinen beiden Kindern an der Nordsee. Er ist Pastor im Bezirk Bremerhaven und Sekretär für missionarischen Gemeindeaufbau im Evangelisationswerk

Hartmut Kraft, 48 Jahre, verheiratet mit Irene Kraft, 2 Söhne, Pastor in den Bezirken Minden und Hannover, Sekretär für Evangelisation der Norddeutschen Konferenz.

Eberhard Schilling ist Pastor des von ihm mit gegründeten JesusCentrums Nürnberg und Sekretär für missionarischen Gemeindeaufbau im Evangelisationswerk.

Barry Sloan (D.Min.), verheiratet, 2 Kinder, Missionspartner der irischen Methodistenkirche, seit 10 Jahren Pastor in Chemnitz-Erlöserkirche, Sekretär für missionarischen Gemeindeaufbau im Evangelisationswerk.

Hans-Hermann Schole, 45 Jahre, verheiratet, 3 Kinder, ist Leiter von Haus Höhenblick und weiterer Pastor im Bezirk Braunfels.

Simone Focke, 36 Jahre, seit September 2010 Gemeindereferentin in Leipzig, davor Missionspartnerin in der Gemeinde in Bangor (Nordirland)

Maren Herrendörfer ist Pastorin in Osnabrück, 36 Jahre alt, beschäftigt sich gerne mit Mystikern, sammelte selbst Erfahrungen mit besonderen Einkehrzeiten in Norwegen.

In diesem Jahr mit dabei: Weitere Workshops:

Workshop 1: Komm in die Stille (Maren Herrendörfer)Das Gebet ist für die Begegnung mit Gott ein ganz wichtiger Schlüssel. In diesem Workshop soll es darum gehen, den Segen des hörenden Gebets (neu) zu entdecken und die biblische Praxis der Lectio Divina (eine Form des hörenden Betens) kennen zu lernen. Durch Beiträge ver-schiedener christlicher Autoren, Gespräche, Übungen und Anregungen zum persönlichen Nachdenken wollen wir lernen, Gottes Stimme in unserem Alltag besser zu hören.

Workshop 2: Fragt nach den Wegen der Vorzeit: Keltische Spiritualität und unsere Mission heute (Barry Sloan)Der heilige Patrick legte das Fundament des christlichen Glaubens in Irland so gründlich, dass es durch die Arbeit von Patricks Nachfolgern die gesamte mittelalterliche Kultur in Europa prägte. Von der Spiritualität dieser früh-keltischen Missionare mit ihrer Art, Gott gerade in den alltäglichen Dingen zu begegnen, können wir viel lernen.

Workshop 3: Mitarbeiter zu geistlichen Leitern heran bilden (Eberhard Schilling)Stichworte wie Mitarbeiterförderung, Mentoring oder Coaching sind heute in aller Munde. Aber es geht dabei nicht nur um Weitergabe von fachlichem Know-How und Persönlichkeitsbildung. Zumindest im Kontext von Kirche und Gemeinde ist die Frage, was wir tun können, um Menschen geistlich zu fördern und ihr Potential als geistliche Leiter auszuschöpfen. Eberhard Schilling, Sekretär im Evangelisationswerk und Pastor im JesusCentrum Nürnberg, gibt grundsätzliche Prinzipien weiter, gemischt mit Anschauungsmaterial aus der Praxis.

Workshop 5: Begeistert Gemeinde leben (Hans-Hermann Schole und Team)Begeistert Gemeinde leben – das geht nur, wenn wir in der Gemeinde Raum und Zeit haben, uns miteinander für Christus zu begeistern. Gemeinsames Beten, Zeiten der Anbetung, ein klarer Blick für den Auf-trag der Gemeinde und aufrichtige Gemeinschaft in Kleingruppen sind u.a. wichtig, um diese Begeisterung zu leben und zu fördern. Der Work-shop will zu einer – vielleicht ganz neuen – Begeis terung für Christus und seine Gemeinde führen. Persönliche Erfahrungsberichte aus verschiedenen Gemeinden tragen dazu bei.

Workshop 4: Gebetsträume – mit allen Sinnen beten (Simone Focke)Wie haben Gebetsräume und die 24/7 Gebetsbewegung die Methodistische Kirche in Irland verändert? Ich werde von Erfahrungen und Erlebnissen in Irland berichten, praktische Hilfen/kreative Ideen zum Einrichten von Gebetsräumen weitergeben und wir werden Zeit für eigenes Gebet und das Erleben eines Gebetsraumes haben.

leserbriefe

Ihre Leserbriefe erreichen uns am schnellsten per E-Mail:[email protected] Leserbriefe geben nicht in jedem Fall die Meinung der redaktion wieder. Wir behalten uns vor, Leserbriefe zu kürzen. Ein anspruch auf veröffentli-chung von Leserbriefen besteht nicht.

aus briefen an die redaktion ::: 25

Fakten wurden geschönt!Zu »Stuttgart 21 – ja!« (21/2010)

Eines steht schon heute fest – das hat schon die erste Schlichtungsrunde gezeigt: Alle Zahlen und Fakten wurden in der Vergangenheit geschönt. Wir als Bürger wurden nach Strich und Faden

belogen. Ich frage mich wie man als Privatmann reagieren würde, wenn die Gesteinsstrukturen Gips-keuper aufweisen würden? Man würde nicht bauen! Der Engelberg-tunnel vor Stuttgart muss jedes Jahr mit über 70.000 Euro saniert werden, da der Gipskeuper die Fahrbahn anhebt und dieser Tun-nel ist nur etwa zwei Kilometer lang. Wer gegen Stuttgart 21 ist ist kein Trendsetter, sondern der macht sich ernsthafte Gedanken über Sinn und Unsinn eines solchen Megaprojektes. Hermann Beck,

Stuttgart Möhringen

obrigkeitsgläubigEs ist in höchstem Maße ärgerlich, das hier einer seine sehr einseitige Meinung zu Stuttgart 21 exponiert darstellen darf, ohne dass ein be-gleitender, ausgewogenerer Hinter-grundartikel in derselben Nummer erscheint. Da erwarte ich, wenn das Thema schon angeschnitten wird, eine ganz andere Themen-präsenz. Hier soll wohl der Ein-druck erweckt werden, dass man in der EmK eher gegen die meiner Meinung nach sehr verantwor-tungsbewussten Proteste gegen dieses milliardenverschlingende Großprojekt ist und im Zweifel ob-rigkeitsgläubig zu sein hat. Unser soziales Bekenntnis lehrt mich da etwas anderes.

Karl Ernst Kreutter, Hochdorf

MachtspieleDer Beitrag von Pastor Volker Sey-bold kann nicht unwidersprochen bleiben. Nach dem Besuch des In-formationszentrums zu »Stuttgart

• Die von Ihnen geschmähte Polizei hat meiner Meinung nach in dem einen oder anderen Fall überrea-giert. Ich habe aber im Fernsehen selbst gesehen, wie sich Polizisten Steinwürfen und Pfefferspray-Atta-cken radikaler Demonstranten zu erwehren hatten.

Harald Nündel, Heidenheim

Märtyrer heuteZu »Märtyrer« und »Warum das Bürgertum protestiert« (22/2010)Ergänzend zu dem Bericht über frühchristliche Märtyrer ist zu er-wähnen, dass weltweit 200 Millio-nen Christen verfolgt werden; viele Tausende werden jährlich wegen ihres Glaubens getötet (nach »Wort und Weg« in den neunziger Jahren) 160.000 Menschen pro Jahr. Es gab noch nie so viele Märtyrer wie heute.Das nur lokal interessierende Stutt-gart 21-Problem gehört in keine Kirchenzeitung; es wird mehr als genug in der Tages- und der Boule-vardpresse behandelt. Stattdessen gibt es doch geeignetere Themen, wie etwa: Warum verliert die EmK in der BRD prozentual mehr Mit-glieder als die anderen Kirchen? Warum gibt es heute mehr Leibei-gene als Sklaven zu Wesleys Zei-ten? Warum nimmt die ACK in der Öffentlichkeit nie zu ethischen und sozialen Fragen Stellung?

Manfred Schneider, Nußloch

21« und eigenen Erfahrungen mit der Deutschen Bahn sind wir zur völlig gegenteiligen Einschätzung gekommen. Gewiss ist »Stuttgart 21« bereits seit etlichen Jahren ge-plant. Allerdings wurde die Alter-native »K 21«, Kopfbahnhof Stutt-gart 21, nicht wirklich als Alterna-tive ins Auge gefasst. Angesichts einer mehrjährigen Planungsphase mag es einem doch erstaunlich vor-kommen, dass der Statiker gegen-über seinen Berechnungen Beden-ken äußert, dass der Architekt Zweifel bekommt und dass techni-sche Notwendigkeiten nicht in aus-reichendem Maße in Betracht ge-zogen worden sind. Oder sind das wirklich nur alles Machtspiele der von den Gegnern von »Stuttgart 21« in Anspruch genommenen Medien? Ann-Marie, Sarah,

Hans Martin Renno, Dorothee Schäfer-Renno, Lahr

ausgewogen berichtenZu »Warum das Bürgertum protestiert« (22/2010)Sicher viele schweigsame Men-schen meinen, dass Sie die Politik den Politikern überlassen und nicht in unser kirchliches Organ hinein-ziehen sollten. Viele »unterwegs«-Leser finden die Texte unseres Kir-chenblattes richtungsweisend, und da haben Sie schon das erste Prob-lem, wenn Sie nicht gleichwertig über beide Seiten des Vorganges berichten. Ich möchte das an drei Beispielen Ihres Berichte verdeutli-chen: • Sie erwähnen, dass der Veranstal-ter der Demonstration von 100.000 Teilnehmern spricht. Es ist jedoch allgemein bekannt, dass die Zähl-weise der Veranstalter aus ver-ständlichen Gründen eine andere ist als die der Polizei, die höchstens auf die Hälfte kommt.• Das Beispiel des Managers, der 30 Jahre CDU gewählt hat und nun im kommenden Jahr die Grü-nen wählen will, suggeriert dem Leser, dass er ein ähnliches Verhal-ten in Erwägung ziehen könnte.

28

Konzentriert sitzen die Kinder im ersten Stock des Gemeindehauses der evangelisch-methodis-tischen Kirchengemeinde Berlin-Neukölln. Auf

den Tischen liegen Schulhefte, Ehrenamtliche sprechen mit den Jungen und Mädchen die Hausaufgaben durch. Ann-Christin Puchta ist beschäftigt: Bilal aus der siebten Klasse braucht Hilfe bei seinen Englisch-Vokabeln. Die Hausaufgabenhilfe für die Kinder aus dem Kranoldkiez, einer nicht unbedingt zu den Villen-vierteln der deutschen Hauptstadt zählenden Wohn-gegend Berlins, gehört seit einigen Jahren zum festen Angebot der dortigen EmK-Gemeinde.

Und Ann-Christin Puchta wollte sich ursprünglich nur ehrenamtlich im Kindertreff »Delbrücke« engagie-ren. Hauptberuflich war die studierte Theologin am Institut für »Kirche und Judentum« der Humboldt-Universität zu Berlin beschäftigt. Doch als ihre Univer-sitätsstelle auslief und die hauptamtlichen Stellen im Kindertreff wegen fehlender Fördergelder gestrichen werden mussten, entschied sich die Diplom-Theologin zum Weitermachen. Sechs Jahre später hat Ann-Chris-tin Puchta eine 35-Prozent-Stelle, die die Gemeinde aus Spenden finanziert. Nebenher arbeitet sie an ande-rer Stelle noch als Sekretärin, um über die Runden zu kommen. »Natürlich ist es eine ständige Ungewissheit, ob es hier weitergeht«, sagt Ann-Christin Puchta. »Aber man sieht eben auch, welchen Fortschritt die Kinder machen.«

Mittlerweile hat die Leiterin des Kindertreffs ein Vertrauensverhältnis sowohl zu Lehrern der benach-barten Silberstein-Grundschule als auch zum Jugend-

amt aufgebaut. Gemeinsam ließen sich Probleme lösen und Hilfen organisieren, bevor es in den Familien brennt, sagt Puchta. »Wir haben hier in der Gegend beides: Ganz großartige Eltern, die sich wirklich um ihre Kinder kümmern, und Eltern, bei denen man sich fragt, warum um alles in der Welt sie sich Kinder ›an-geschafft‹ haben.« Die Mitarbeiter im Kindertreff ver-suchen, für diese Kinder und Jugendlichen »ein Anker außerhalb der Katastrophe« zu sein. Ihnen geht es um Beziehungen, auch um solche, die länger dauern. Manchmal zahlt es sich aus: »Wir haben eine Gruppe Kinder, die nur deswegen auf der Realschule bleiben konnte, weil wir mit ihnen gebüffelt haben«, sagt Puchta. Heute machen zwei davon ihr Berufsprakti-kum im Kindertreff, ein Mädchen will später Sozialpä-dagogin werden. »Und ich zweifele nicht daran, dass sie es schaffen kann.«

Doch oft genug weiß auch Ann-Christin Puchta nicht mehr weiter. Manchmal muss das Jugendamt Kinder aus Familien holen. Weil sie zu Hause geschla-gen oder vernachlässigt werden. »Dann versuchen wir, den Kindern Halt zu bieten«, sagt Puchta. Nicht im-mer gelingt es. »Da bin ich froh, dass es in der Ge-meinde zwei, drei Frauen gibt, mit denen ich selbst in solchen Situationen reden kann«, sagt Sie. Denn auch die Betreuerin braucht zuweilen einfach nur ein offe-nes Ohr. »Und ich bin froh, dass es in der Kirchenge-meinde so viele Menschen gibt, die für uns im Kinder-treff beten«, sagt Ann-Christin Puchta. »Gerade dann, wenn irgendetwas richtig aus dem Ruder läuft, hilft es, das zu wissen.«

»Wir wollen Kindern Halt geben«

Der Berliner Stadtteil Neukölln stellt die Kirchen vor besondere aufgaben: viele Menschen leben dort in schwierigen wirtschaftlichen und sozialen verhältnissen. Die Gemeinde der Evangelisch-methodistischen Kirche hat diese aufgabe angenommen und bietet Kindern einen beschützten raum. Benjamin Lassiwe hat ann-Christin puchta, die Leiterin des Kindertreffs Delbrücke, besucht.

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